Co-Creation (eBook)
256 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-6324-9 (ISBN)
Dr. Georg Michalik hat sich zum Ziel gesetzt, Organisationen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Potenziale entfalten können. Der Organisationspsychologe, Studium in Mannheim und Zürich, war als Leiter Lernen und Entwicklung in verschiedenen globalen Unternehmen Mitgestalter des Wandels. Heute begleitet er Firmen mit der von ihm entwickelten Co-Creation in ihren Transformationsprozessen. Zu seinen Kunden gehören Multinationals genauso wie KMU und Non-Profit-Unternehmen. Der gebürtige Deutsche lebt seit vielen Jahren in der Nähe von Zürich.
Georg Michalik Dr. Georg Michalik hat sich zum Ziel gesetzt, Organisationen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Potenziale entfalten können. Der Organisationspsychologe, Studium in Mannheim und Zürich, war als Leiter Lernen und Entwicklung in verschiedenen globalen Unternehmen Mitgestalter des Wandels. Heute begleitet er Firmen mit der von ihm entwickelten Co-Creation in ihren Transformationsprozessen. Zu seinen Kunden gehören Multinationals genauso wie KMU und Non-Profit-Unternehmen. Der gebürtige Deutsche lebt seit vielen Jahren in der Nähe von Zürich.
2.1 Der Co-Creation-Mindset
Was bisher über Co-Creation geschrieben wurde, zeigt auf, dass Co-Creation einer ganz bestimmten Idee folgt. Dahinter steht eine Sicht auf das Zusammenwirken von Menschen. Was ist die besondere Haltung der Co-Creation, der Co-Creation-Mindset, und wie lässt sie sich erklären?
Der Co-Creation geht es vor allem darum, die Zukunft so zu gestalten, dass wir die Dinge anders tun. Wenn das Neue entsteht, verändert sich das Alte. Menschen gehen unterschiedlich mit Veränderungen um. Die Managementliteratur und die Wissenschaft haben zahlreiche Erklärungsmodelle dafür, wie Menschen Veränderung erleben. Das liegt nicht nur an der individuellen Persönlichkeit, sondern auch daran, wie Menschen in die Veränderung eingebunden werden. Was können wir für die Co-Creation aus dem Umgang mit Veränderung lernen? Gibt es für Menschen vielleicht einen goldenen Weg der Veränderung?
2.1.1 Umgang mit Veränderung
Zwei der bekanntesten Theorien der Veränderung sind die Veränderungskurve von Elisabeth Kübler-Ross (Kübler-Ross, 1972) und die Theorie U von Otto Scharmer (Scharmer, C. O., 2009). Beide lassen sich als Erleben der Beteiligten in Kurvenform darstellen. Im Folgenden sollen diese beiden Graphen miteinander verglichen werden. Ihre Unterschiedlichkeit gibt einen Hinweis auf die Bilder, die wir von Menschen in der Veränderung haben. Das soll die Grundlage sein, um daraus abzuleiten, wie Co-Creation bei den Beteiligten ein positives Veränderungserleben bewirken kann.
Elisabeth Kübler-Ross war eine schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin. Sie befasste sich mit dem Tod und dem Umgang mit Sterbenden, mit Trauer und Trauerarbeit. Sie ist eine der Begründerinnen der modernen Sterbeforschung (Wikipedia). Das Modell der Veränderung nach Elisabeth Kübler-Ross (Kübler-Ross, 1972) ist eine Übertragung der fünf Sterbephasen auf Change-Prozesse.
Abbildung 5: Veränderungskurve nach Kübler-Ross (Kübler-Ross, 1972)Die Abszisse ist die Zeitachse, in der die Veränderung erlebt wird. Auf der Ordinate wird die wahrgenommene eigene Kompetenz dargestellt. Die y-Achse beschreibt also das emotionale Erleben der vom Change »betroffenen« Person.
Im Schock (Phase 1) sinkt die wahrgenommene eigene Kompetenz zuerst. Dann findet in Phase 2, der »Ablehnung«, eine Form der Verneinung statt. In ihr nimmt die wahrgenommene eigene Kompetenz wieder stark zu. Die »Rationale Einsicht« und die »Emotionale Akzeptanz« führen zu einem kompletten Zusammenbruch der wahrgenommenen Kompetenz. In den folgenden drei Phasen erfolgt ein zuerst sprunghafter und dann sich verfestigender Aufbau der eigenen Wirksamkeit. Wie die Darstellung nahelegt, sogar weit über das Ursprungsniveau hinaus.
Die beiden Kernaussagen der sogenannten Veränderungskurve sind: Für Menschen ist eine Veränderung primär negativ besetzt. Sie reagieren zuerst mit Schock, Verunsicherung und Trauer. Die zweite Kernbotschaft ist: Menschen nehmen die Veränderung nicht an, sondern sie reagieren nach dem Schock mit Verneinung, bevor die Einsicht zu wirken beginnt. Am Ende haben sie die veränderten Umstände in ihre Realität integriert und ihre wahrgenommene eigene Kompetenz hat sich erhöht.
Eine andere Darstellung des Erlebens von Veränderung ist die U-Kurve von Otto Scharmer aus seinem Buch »Theorie U. Von der Zukunft her führen« (Scharmer, 2009).
Anders als das Kübler-Ross-Modell beschreibt Scharmer einen Zustand, wie er ist, wenn man die Betroffenen zu Beteiligten macht und ihnen den Raum gibt, Veränderung zu verarbeiten. Zu Beginn müssen Menschen in der Veränderung die Möglichkeit haben, sich ihrer alten Verhaltensmuster bewusst zu werden. Er nennt das »Downloaden« (Scharmer, 2009). Im Deutschen sagen wir dazu: »Jemand muss sich erstmal Luft machen.« Wenn es »ok« ist, sich Luft zu machen und so stehen bleiben kann, dann wird sich die Person ihrer eigenen Gedanken und Empfindungen bewusst. Das ist die Grundlage für eine Neubewertung der Situation, dann können die Menschen die Dinge mit anderen Augen sehen. Übertragen sie ihre Erkenntnis auf die Situation, kann das ein »Gehenlassen« des Bestehenden bringen. Damit wird ihnen auch bewusst, an was nun gearbeitet werden sollte. Jetzt findet der Punkt der Umkehr statt, das »Presencing», in dem die Gegenwärtigkeit passiert. In einem geeignet gestalteten Rahmen trifft die Person eine Entscheidung aus ihrer eigenen Erkenntnis heraus: »Wer bin ich? Und was ist meine Aufgabe?«. Kann der Mensch das für sich klar und selbstbestimmt beantworten, dann hat eine nachhaltige Veränderung in seinem Denken stattgefunden. Die im Anschluss passierenden drei Stufen: Entstehen – »Visionen und Absichten herauskristallisieren«, Integrieren – »Versuche das Neue, verbinde Kopf, Herz und Hand« und Kommunizieren – »Handle nach Berücksichtigung des Ganzen«, sind dann fast zwangsläufig stattfindende Prozesse.
Abbildung 6: Theorie U nach Otto Scharmer (Scharmer, 2009)Scharmer beschreibt somit, wie Entscheider eine Reise beginnen können, die sie mit der Umwelt außerhalb ihrer eigenen Perspektive verbindet. Dazu müssen sie die Möglichkeit erhalten, sich ihrer alten Verhaltensweisen bewusst zu werden. Das ist die Voraussetzung, die Dinge mit anderen Augen zu sehen. Dann erst ist es möglich, das Bestehende loszulassen. An diesem Punkt passiert die eigentliche Einsicht. Diese findet in der Gegenwärtigkeit »Presencing« statt. Aus dieser Erkenntnis heraus hat das Neue die Möglichkeit zu entstehen und seinen Weg in die Welt zu finden.
Wir haben nun zwei unterschiedliche Perspektiven darauf, wie Menschen Veränderung erleben. Wenn wir die beiden Kurven nebeneinanderlegen, dann sehen wir Folgendes:
Abbildung 7: Vergleich der Kübler-Ross- und der Scharmer-KurveWenn sie die grob vereinfachten Darstellungen vergleichen, welchen Unterschied stellen Sie zwischen den beiden Kurven fest?
Abbildung 8: Unterschied der Kübler-Ross- und der Scharmer-KurveDie Antwort liegt auf der Hand. Bei der Veränderungskurve gibt es einen Höcker, den es bei Scharmers U-Kurve nicht gibt. Sagt dieser vorhandene respektive fehlende Höcker nicht mehr über das Bild aus, das die Managementlehre von Veränderung hat, als darüber, wie Menschen Veränderung tatsächlich erleben? Was können wir daraus ableiten, wie Menschen heute in Entscheidungsprozesse einbezogen werden und wie sie in Zukunft in Entscheidungsprozesse einbezogen werden sollten?
Frau Kübler-Ross hatte nicht im Sinn, eine allgemeine Kurve menschlichen Erlebens in der Veränderung zu erstellen. In der Sterbebegleitung beobachtete sie charakteristisches Verhalten der Menschen. Später wurde dies von anderen auf den Umgang mit Veränderungsbotschaften im Allgemeinen übertragen. Die erste Phase nennt Elisabeth Kübler-Ross »Nicht-Wahrhaben-Wollen« (Englisch »denial«) (Kübler-Ross, 1972). Die Patienten erfahren in dieser Situation von ihrer tödlichen Krankheit. Sie reagieren oft so, dass sie diese Botschaft nicht wahrhaben wollen. Sie glauben daran, dass alles nicht so schlimm ist und nur ein böser Traum, aus dem sie bald aufwachen, und dann ist alles wieder gut.
Die Managementlehre hat diese Stelle des Kübler-Ross-Modells zur Erklärung von Widerstand in Change-Prozessen aufgenommen und interpretiert sie wie folgt:
»The first reaction to change is usually shock. This initial shock …, can result in a temporary slow down and loss of productivity. Performance tends to dip sharply, individuals who are normally clear and decisive seek more guidance and reassurance, and agreed deadlines can be missed. The shock is often due to:
-
lack of information,
-
fear of the unknown,
-
fear of looking stupid or doing something wrong.
After the initial shock has passed, it is common for individuals to experience denial. At this point focus tends to remain in the past.«
(University of Exeter, 2019).
Aus der Beschreibung der Universität Exeter wird die Vorstellung von Veränderung, wie sie in der Managementlehre vertreten wird, deutlich, die davon ausgeht, dass Veränderung über die Menschen in einer ähnlichen Weise kommt wie eine tödliche Krankheit, so wie es Elisabeth Kübler-Ross beschreibt. Fremdbestimmt erhalten die Betroffenen wenig Information, viel ist für sie unbekannt und die Zukunft scheint ungewiss.
An dieser Stelle müssen wir uns fragen, was das Verständnis der Managementlehre ist, wie Change in Organisationen durchgeführt wird: wenig Information, wenig Klarheit, wenig Einbezug der Beteiligten und viel Angst vor der Zukunft und den Konsequenzen?
Dass die Change-Kurve immer noch die gängigste Darstellung von Veränderungsprozessen ist, wirft ein trübes Licht auf das Verständnis, wie Veränderungen in Unternehmen gehandhabt werden. Es wirkt, als würde die Zukunft auf strategischer Ebene geplant und die Mitarbeiter dann mit den Ergebnissen konfrontiert, ohne sie in die Überlegungen von Beginn an einzubeziehen.
Otto Scharmer zeigt einen ganz anderen Weg auf, wie wir Menschen in die Veränderung einbinden können:
»Wie können wir eine zukünftige Möglichkeit, die entstehen will, besser wahrnehmen und uns mit ihr verbinden? Ich nannte diese Wirkungsweise aus der entstehenden Zukunft heraus, während diese entsteht, Presencing. … Presencing heißt, sein eigenes höchstes...
Erscheint lt. Verlag | 18.9.2024 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Co-creation • Creation • Georg Michalik • Hörbuch • Kooperation • Unternehmenskultur • Zusammenarbeit |
ISBN-10 | 3-7910-6324-3 / 3791063243 |
ISBN-13 | 978-3-7910-6324-9 / 9783791063249 |
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Größe: 22,3 MB
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