Agiles Projektmanagement (eBook)

Agilität und Scrum im klassischen Projektumfeld
eBook Download: EPUB
2024 | 3. Auflage
268 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-17603-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Agiles Projektmanagement -  Jörg Preußig
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Erfahren Sie, wie Agiles Projektmanagement funktioniert - und zwar nicht nur in IT-Projekten! Jörg Preußig erläutert, wie agile und klassische Arbeitsweisen sinnvoll kombiniert werden, und geht auch auf die Rahmenbedingungen in Organisationen sowie Chancen und Risiken ein. So werden Ihre Projekte den sich wandelnden Anforderungen gerecht und können erfolgreich durchgeführt und abgeschlossen werden! Inhalte: - Was bedeutet 'Agil'? - Klassisches und Agiles Projektmanagement kombinieren - Agile Werte und Prinzipien - Rahmenbedingungen, Chancen und Risiken für Agiles Projektmanagement in Organisationen - Agile Techniken: User Stories, Epics, Story Mapping, Product Backlog, Persona, Sprint, Inkrement, Review, ... - Techniken zur Steuerung agiler Teams: Task Board, Definition of Done, WIP Limits, Daily Scrum, Retrospektiven, Selbstorganisierte Teams, Timeboxing, ... - Techniken zur Kontrolle: Planning Poker, Magic Estimation, Story Points ... - Agile Methoden: Scrum, Kanban & Co. - Improvisationstechniken - Zahlreiche Beispiele und AnwendungsfälleNeu in der 3. Auflage: - Überblick 'Was ist agil' - SAFe - Das Scaled Agile Framework - Virtuelles Arbeiten in agilen Teams - Moderation in agilen TeamsDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.

Dr. Jörg Preußig, Dipl. Informatiker, ist Mit-Geschäftsführer von plan a - Beratung für Organisations- und Personalentwicklung und campus B - Plattform für die Entwicklung von Beratungskompetenz. Zertifizierte Coaches, Trainer und Berater. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Agiles Projektmanagement und Improvisationstechniken. (plan-a-consulting.de und campus-B.com)

Jörg Preußig Dr. Jörg Preußig, Dipl. Informatiker, ist Mit-Geschäftsführer von plan a - Beratung für Organisations- und Personalentwicklung und campus B - Plattform für die Entwicklung von Beratungskompetenz. Zertifizierte Coaches, Trainer und Berater. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Agiles Projektmanagement und Improvisationstechniken. (plan-a-consulting.de und campus-B.com)

1.9 Ein Beispiel aus der Praxis


Das in diesem Kapitel dargestellte Beispiel führt Sie an die wesentlichen Zusammenhänge eines agilen Entwicklungsprozesses heran und macht es einfacher, die theoretischen Aspekte und Techniken des Agilen Projektmanagements gedanklich einzuordnen.

Das Beispiel ist bewusst sehr schlicht gehalten. Es geht dabei nicht um eine möglichst hohe Realitätsnähe, sondern um maximale Verständlichkeit.

1.9.1 Der Projektstart


Maria Müller leitet ein kleines Software-Unternehmen mit vier Entwicklern. Ein Kunde, Paul Schmidt, meldet sich. Er braucht eine Kalender-Applikation. Frau Müller trifft sich mit ihm, um zu verstehen, was genau hinter diesem Wunsch steckt. Dabei lässt sie sich alles beschreiben, was die Kalender-Applikation aus Sicht des Kunden braucht (Techniken »Anwendungsfälle«, »User Storys«).

Paul Schmidt sagt, dass er Termine eintragen und verschieben können will und zwischen einer Tages- und Wochenansicht wechseln möchte. Diese Anforderungen hält Maria Müller einzeln fest:

  • Neuen Termin in den Kalender eintragen

  • Vorhandenen Termin verschieben

  • Zur Tagesansicht wechseln

  • Zur Wochenansicht wechseln

1.9.2 Anforderungen aus Kundensicht


Der Kunde äußert einen weiteren Wunsch: Es soll möglich sein, in der Applikation Terminkategorien wie z. B. »beruflich« und »privat«, zu unterscheiden. Frau Müller will die Anforderungen ihres Kunden richtig verstehen. Dazu muss sie wissen, was genau der Kunde mit der fertigen Applikation an dieser Stelle machen will.

Also fragt sie nach und bekommt heraus, welche konkreten Vorstellungen Herr Schmidt hierzu im Kopf hat. Sie schreibt sie auf:

  • Neue Terminkategorie anlegen (z. B. beruflich, privat, Urlaub)

  • Einem neuen Termin eine bestimmte Kategorie zuweisen

  • Die Kategorie für einen bestehenden Termin ändern

Herr Schmidt beschreibt das Produkt aus seiner Sicht. Er beantwortet Frau Müller die Frage, was er alles mit dem fertigen Produkt machen können will. Dies ist die Basis für eine agile Produktentwicklung, damit der Kunde im weiteren Projektverlauf wirklich mitreden kann. Am Ende des Gesprächs hat Maria Müller ein Verständnis dafür entwickelt, was ihr Kunde eigentlich braucht. Da sie sich in ihrem Geschäft auskennt, kann sie den Aufwand für die Produktentwicklung abschätzen. Sie nennt dem Kunden den Endtermin der Entwicklung, der in zwei Monaten sein wird. Gleichzeitig vereinbart sie mit ihm, alle zwei Wochen ein Teilprodukt zu präsentieren. Außerdem erklärt sich Herr Schmidt bereit, kurzfristig für Nachfragen zu den Anforderungen zur Verfügung zu stehen. Frau Müller hat nun also eine ganze Reihe von sog. Anwendungsfällen gesammelt und versteht auf diesem Beschreibungsniveau, was der Kunde möchte.

Die zu Beginn gesammelten Anwendungsfälle geben erst einmal nur die Richtung für die ersten Schritte der Entwicklung vor. Im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit wird der Kunde noch besser verstehen, was er genau braucht. Er kommt dann vielleicht auf weitere oder neue Ideen. Außerdem werden sich mögliche Missverständnisse aufklären. Änderungen an den Anforderungen werden daher von Anfang an fest eingeplant.

Die Summe der gesammelten Anwendungsfälle bildet den Startpunkt für die Produktentwicklung.

1.9.3 Produktentwicklung: die erste Runde


Nun kann Maria Müller die Produktentwicklung starten. Dazu bespricht sie gemeinsam mit ihrem Team, welche Anwendungsfälle im ersten Schritt innerhalb der ersten zwei Wochen umgesetzt werden sollen. Folgende Entscheidungskriterien spielen dabei eine Rolle:

  • Was ist dem Kunden besonders wichtig?

  • Welche Abhängigkeiten gibt es? Was gehört zusammen?

  • Was sollte z. B. aus technischen Gründen zuerst gemacht werden?

  • Was kann während der zwei Wochen geschafft werden?

Jetzt hat Frau Müller eine To-do-Liste für die nächsten zwei Wochen, die sog. erste Iteration. Diese Liste hängt sie an einer Pinnwand für alle im Projektbüro sichtbar auf (Task Board).

In unserem Beispiel sind die Anwendungsfälle gleichzeitig auch die Arbeitspakete. In der Praxis werden die Anwendungsfälle erst noch auf konkrete Arbeitspakete handlicher Größe (1 bis 5 Tage) heruntergebrochen. Für diese wird dann der Begriff »Tasks« verwendet. Die Tasks werden auf Karten geschrieben und an das Task Board gehängt, und zwar in den Bereich »To-do«.

Die gesammelten Anwendungsfälle als To-do Task Board mit Iterationsplanung

Nun startet die Entwicklung. Jeden Tag trifft Maria Müller sich kurz mit dem Team am Task Board. In diesem Daily Stand-up-Meeting bespricht sie, wer gerade welche Aufgaben hat, und stellt sicher, dass alle gut vorankommen. Wenn jemand ein Problem nicht lösen kann, klärt sie, wer ihn unterstützt.

Wenn ein Entwickler eine Aufgabe vom Task Board übernimmt, hängt er die entsprechende Karte von »To-do« nach »In Work«. Er ist fortan für diese Karte verantwortlich, insbesondere dafür, dass die Karte rechtzeitig nach »Done« kommt, was erst möglich ist, wenn er die Aufgabe erledigt hat. Mit der Zeit wandern die Karten so über das Task Board.

Zwischendurch kommt ein Entwickler zu Frau Müller, weil er nicht weiß, wie genau der Dialog bei »Termin anlegen« aussehen soll. Soll bei der Eingabe des konkreten Datums ein Textfeld erscheinen oder eine kleine Kalenderansicht zur Auswahl eines Datums? Frau Müller klärt die Frage kurzfristig mit dem Kunden, so dass der Entwickler keine Zeit verliert.

Task Board während der Iteration

Wann immer ein Entwickler eine konkrete Frage zu Details eines Anwendungsfalles hat, sorgt die Chefin dafür, dass er schnell eine Antwort bekommt. Viele Fragen kann sie auch direkt beantworten, ohne Rücksprache mit dem Kunden.

1.9.4 Feedback zum Teilprodukt einholen


Nach zwei Wochen ist eine erste Version des Produktes fertig und vorführbereit (Inkrement). Dieses Teilprodukt bzw. Inkrement zeigt Frau Müller Herrn Schmidt. Er kann es nun selber ausprobieren. Er fügt neue Termine ein, verschiebt vorhandene etc. Dabei fällt ihm auf, dass er Termine gar nicht löschen kann. Diese Anforderung, die am Anfang des Projektes vergessen wurde, ist ihm sehr wichtig.

Daher nimmt Frau Müller jetzt also »Einen vorhandenen Termin löschen« als neuen Anwendungsfall auf. Was sie allerdings nicht tut, ist, ihn nun einfach dem Task Board hinzuzufügen! Denn dadurch würden sich Projektkosten und -dauer unkontrolliert verändern.

1.9.5 Die Planung anpassen


Gemeinsam mit ihrem Team schätzt Frau Müller daher erst einmal den Aufwand für den neuen Anwendungsfall. Es gibt grundsätzlich drei Möglichkeiten, wie dann weiter verfahren werden kann:

  1. Der neue Anwendungsfall wird der Planung hinzugefügt. Gleichzeitig wird ein anderer Anwendungsfall mit gleichem Umfang, der dem Kunden aber weniger wichtig ist, aus der Planung gestrichen.

  2. Der neue Anwendungsfall wird der Planung hinzugefügt und es wird vereinbart, dass das Projekt entsprechend länger läuft.

  3. Der neue Anwendungsfall wird der Planung hinzugefügt und es wird vereinbart, dass der Kunde das Budget erhöht. Frau Müller kann dann vorübergehend einen weiteren Entwickler beschäftigen und das Projekt zum vereinbarten Termin abschließen.

Dem Kunden werden diese Optionen vorgestellt. Er entscheidet, wie die Planung angepasst werden soll. Da die Anforderungen aus seiner Sicht beschrieben sind, kann er auch die Konsequenzen von Streichungen und Verschiebungen einzelner Anforderungen besser abschätzen. In der Praxis verschieben sich dadurch häufig Anwendungsfälle, die dem Kunden nicht so wichtig sind, nach hinten in spätere Iterationen. Tendenziell bekommt der Kunde so in frühen Entwicklungsrunden die Produktmerkmale, die ihm besonders wichtig sind (Business Value).

1.9.6 Produktentwicklung: weitere Runden


Mit der angepassten Planung geht es jetzt weiter. Wie vor der ersten Runde legt Maria Müller nun fest, was in den kommenden zwei Wochen entwickelt werden soll. So startet die zweite Entwicklungsrunde. Während der Entwicklung stellen sie und ihr Team fest, dass sie nicht alle Anforderungen schaffen werden, die für diese Iteration geplant sind. Frau Müller kommuniziert ihr Problem rechtzeitig an Herrn Schmidt. Vielleicht bespricht sie dabei auch mit ihm, welche Anforderungen später realisiert werden könnten. Dann reduziert sie den Umfang so, dass sie die Iteration rechtzeitig abschließen können (auf die vertraglichen Aspekte dieser »agilen« Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geht das Kapitel »Der agile Festpreis« näher ein).

Den Umfang zu reduzieren und damit termintreu zu bleiben, ist ein wichtiger Unterschied zur typischen klassischen Vorgehensweise. Im klassischen Projektmanagement werden Meilensteine verschoben, wenn es eng wird. Bei der iterativen Vorgehensweise werden dagegen die Iterationsenden eingehalten und dafür der Umfang reduziert. Das ist wichtig, um das Vertrauen der Stakeholder zu erhalten und immer wieder zeitnah Feedback von ihnen zu bekommen. Frau Müller gleicht damit das Ergebnis der Produktentwicklung immer wieder mit den Vorstellungen des Kunden ab. Runde für Runde (Iteration für Iteration) nähert sie sich so dem Produkt an, das der Kunde wirklich brauchen kann. Die folgende Abbildung zeigt diese Idee des schrittweisen Nachsteuerns.

Eine wesentliche Basis für das Agile Projektmanagement ist die Erkenntnis, dass Projektanforderungen ein bewegliches Ziel darstellen,...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2024
Reihe/Serie Haufe Fachbuch
Haufe Fachbuch
Verlagsort Freiburg
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Projektmanagement
Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
Schlagworte Agiles • Agilität • Jörg Preußig • KANBAN • Organisation • Planung • Projekt • Projektmanagement • Scrum • Task Board • Team • Timeboxing • Unternehmen • User Story
ISBN-10 3-648-17603-X / 364817603X
ISBN-13 978-3-648-17603-0 / 9783648176030
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