Crashkurs Personalpsychologie (eBook)
196 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-17618-4 (ISBN)
Prof. Dr. Uwe Kanning ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Er wurde mit mehreren Lehrpreisen ausgezeichnet, ist Autor von mehr als 200 Publikationen und schreibt seit 2012 Online-Kolumnen für Haufe. Seit 2017 betreibt er den YouTube-Kanal '15 Minuten Wirtschaftspsychologie'. Er ist seit 20 Jahren in der Beratung von Behörden und Unternehmen bei personalpsychologischen Fragestellungen mit den Schwerpunkten Personalauswahl und Leistungsbeurteilung tätig.
Uwe Kanning Prof. Dr. Uwe Kanning ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Er wurde mit mehreren Lehrpreisen ausgezeichnet, ist Autor von mehr als 200 Publikationen und schreibt seit 2012 Online-Kolumnen für Haufe. Seit 2017 betreibt er den YouTube-Kanal "15 Minuten Wirtschaftspsychologie". Er ist seit 20 Jahren in der Beratung von Behörden und Unternehmen bei personalpsychologischen Fragestellungen mit den Schwerpunkten Personalauswahl und Leistungsbeurteilung tätig.
2.5 Ausgewählte Methoden des Personalmarketings
Im Folgenden wollen wir uns einige klassische Methoden näher anschauen: offene und verdeckte Stellenanzeigen, Headhunting und gezielte Ansprache über soziale Netzwerke, die Anwerbung durch Mitarbeiter und Führungskräfte des eigenen Unternehmens sowie Rekrutierungsveranstaltungen.
2.5.1 Stellenanzeigen und Webseiten
Die Methode der Wahl ist nach wie vor das Schalten von Stellenanzeigen. Waren es früher vor allem Zeitungen und Zeitschriften, so sind es heute jedoch Anzeigen in Online-Jobportalen, in sozialen Netzwerken und auf den Internetseiten der einstellenden Unternehmen.
Die Stellenanzeigen beinhalten üblicherweise fünf Aspekte:
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Vorstellung des Unternehmens
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Beschreibung der vakanten Stelle
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Ansprüche des Arbeitsplatzes an zukünftige Stelleninhaber
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Vorzüge des Arbeitsplatzes
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Kontakt zum Unternehmen und Benennung eines Ansprechpartners
Bei der Formulierung der Inhalte ist wichtig, dass der Arbeitgeber keine offenen oder versteckten Diskriminierungen bestimmter Personengruppen vornimmt, die ihm später vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes Ärger einbringt. Der Arbeitgeber sollte eine möglichst differenzierte Beschreibung des Arbeitsplatzes und des Unternehmens liefern, da die Forschung zeigt, dass differenzierte Darstellungen den Arbeitgeber in den Augen potentieller Bewerber attraktiver erscheinen lassen (Garcia et al., 2010; Robertson, 2005), zudem ziehen differenzierte Informationen vor allem höher qualifizierte Personen stärker an (Walker et al., 2008). Da Stellenanzeigen schon aus Kostengründen eher kurze Informationen bündeln, wäre es somit ratsam, in der Stellenanzeige einen Link zur eigenen Internetseite zu hinterlegen und hier dann ausführlicher zu informieren.
Ziel der Stellenanzeige ist zum einen, potentielle Bewerber auf die Stelle aufmerksam zu machen und zum anderen eine möglichst valide Selbstselektion anzuregen. Es sollen sich möglichst nur die Personen auf die Stelle bewerben, die nach eigener Einschätzung hierfür gut geeignet sind. Funktioniert dies, so erhöht sich hierdurch die Grundquote (s. o.).
Grundsätzlich gilt für Stellenanzeigen, dass die zentralen Informationen leicht zu erfassen sind, damit der potentielle Bewerber schnell sieht, ob sich das Weiterlesen lohnt. Zudem sollten sie sich optisch von anderen Anzeigen abheben, sofern sie wie bei klassischen Anzeigen in Zeitungen in der Masse leicht untergehen könnten. Selbstverständlich muss die Schrifttype gut lesbar sein, wobei dies heute natürlich auch für verschiedene Endgeräte und vor allem für Smartphones gilt.
Eine besondere Variante sind verdeckte Stellenanzeigen. Hierbei bleibt die Identität des Arbeitgebers im Verborgenen. Potentielle Bewerber können im Prinzip alle üblichen Informationen lesen, ohne aber zu erfahren, bei welchem Unternehmen die Stelle ausgeschrieben ist. Diesen ungewöhnlichen Weg beschreiten Unternehmen, z. B. wenn sie ein schlechtes Image haben oder man nicht öffentlich zeigen möchte, dass z. B. eine Geschäftsführungsposition neu zu besetzen ist. Mitunter weiß nicht einmal der derzeitige Geschäftsführer, dass sein Vertrag nicht verlängert werden soll. Die Unternehmen rechnen bei dieser Strategie mit dem Foot-in-the-Door-Effekt: Haben die Bewerber erst einmal etwas investiert, also ihre Bewerbungsunterlagen eingereicht und vielleicht auch ein Interview erfolgreich absolviert, werden sie auch eher bereit sein, ein Angebot von einem Unternehmen mit schlechtem Image anzunehmen. Inwieweit diese Hoffnung berechtigt ist, scheint einstweilen unklar. Eine Studie von Kanning und Bröckelmann-Bruns (2018) zeigt, dass verdeckte Stellenanzeigen von potentiellen Bewerbern durchweg negativer erlebt werden als offene. Verdeckte Stellenanzeigen werden wahrscheinlich den Bewerberpool negativ beeinflussen. Sie sollten daher eine große Ausnahme bleiben.
Grundsätzlich sollten sich Unternehmen aber mit ihrem Image auseinandersetzen. Dies gilt auch für Bewertungen auf Arbeitgeberportalen. Claus und Kanning (2021) konnten zeigen, dass negative Bewertungen auf solchen Portalen eine besonders starke Wirkung entfalten. Negative Informationen sind im Allgemeinen einflussreicher in der Imagebildung als positive. Liegen negative Informationen vor, so reicht es leider nicht aus, einfach positive Informationen zu lancieren. Arbeitgeber sollten die Möglichkeit nutzen, ggf. aktiv Stellung zu beziehen.
Die Webseiten eines Arbeitgebers bieten viele unterschiedliche Möglichkeiten, Informationen zu transportieren. In der Forschung wird in diesem Zusammenhang auch von media richeness gesprochen (Allen et al., 2004). Der Begriff bezieht sich auf die Frage, wie aufwendig oder vielgestaltig die Informationsübermittlung abläuft. Im einfachsten Fall stellt der Arbeitgeber auf seiner Webseite nur Texte zur Verfügung, in denen er z. B. über die Anforderungen der Stelle berichtet. Ein höherer Grad an media richeness liegt vor, wenn zusätzlich Audioinformationen oder Videos abgerufen werden, mit deren Hilfe potentielle Bewerber beispielsweise Erlebnisberichte von Beschäftigten hören, oder einen Rundgang durch das Unternehmen machen können. Der höchste Grad ist erreicht, wenn sie sich zu bestimmten Terminen über die Website direkt mit einem Beschäftigten austauschen können oder ein Avatar rund um die Uhr Fragen beantwortet. Studien zur Wirkung von media richeness kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen. Der höchste Grad scheint nicht immer der beste zu sein (z. B. Allen et al., 2004). Gleichwohl sollte zumindest ein mittlerer Grad angestrebt werden.
Video-Tutorial: Arbeitgeberbewertungen im Internet
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https://www.youtube.com/watch?v=nvpOdcgdY_4
2.5.2 Headhunting
Headhunting – oder »Executive Search« – beschreibt ursprünglich die gezielte Abwerbung von Führungskräften aus einem anderen Unternehmen. Aus der Sicht des Unternehmens, das die Führungskraft derzeit beschäftigt, handelt es sich also um eine feindliche Aktion der Konkurrenz. Eine sehr groß angelegte Studie mit mehr als 2.000 Headhuntingfällen beschreibt die zentralen Schwachstellen der Methode, gegen die man sich wappnen müsste (Hamori, 2010).
Da ist zunächst das Problem, dass der Headhunter eine interessante Person für seine Aktivitäten identifizieren muss. Diese Person sollte ein realer Leistungsträger sein und auch auf dem anvisierten Arbeitsplatz hervorragende Leistung erbringen. De facto ist es aber leider so, dass der Headhunter das Leistungsniveau der Menschen, die er anspricht, nicht einschätzen kann. Er orientiert sich vor allem an Statuskriterien, wie Erfahrung, Alter, Position und Image des derzeitigen Arbeitgebers (Hamori, 2010). Dabei wird ausgeblendet, dass auch Menschen mit hohem Status in ihrer Position Minderleister sein können, die Unternehmen in den Ruin treiben (Kanning, 2019).
Menschen, die von Headhuntern angesprochen werden, nehmen deren Angebot mit umso größerer Wahrscheinlichkeit an, wenn sie auch in früheren Jahren über Headhunting in ihre Positionen gekommen sind (Hamori, 2010). Hierdurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für Blender-Karrieren. Man bleibt nur wenige Jahre in einem Unternehmen und nutzt jede sich bietende Möglichkeit zum Aufstieg in eine prestigeträchtigere und lukrativere Position. Da Headhunter sich oft nicht trauen, die tatsächliche Eignung der Kandidaten scharf, durch anspruchsvolle Auswahlverfahren zu überprüfen, gelingt es ihnen allein über Prestige und Auftreten die Umwelt über ihre mangelnde Eignung hinwegzutäuschen. Je weiter sie aufsteigen, desto leichter fällt es ihnen, die eigenen Fehler anderen in die Schuhe zu schieben. Irgendwann sind sie so weit aufgestiegen, dass sich niemand mehr vorstellen kann, dass sie Blender sind.
Video-Tutorial: Wie funktioniert Headhunting besser?
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https://www.youtube.com/watch?v=V-BesFAAzXI
Kolumne: Headhunting – Eine wirkungsvolle Methode der Personalauswahl?
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https://www.haufe.de/personal/hr-management/kolumne-psychologie-wie-wirkungsvoll-ist-headhunting_80_285356.html
2.5.3 Active Sourcing
In den letzten Jahren ist es auch auf deutlich niedrigerem Hierarchieniveau üblich geworden, Menschen gezielt anzusprechen und zu einer Bewerbung zu bewegen. Dies geschieht in der Regel über soziale Netzwerke und kann bereits Hochschulabsolventen treffen. Einer noch nicht veröffentlichten Studie von Kanning und Freimuth (in Vorbereitung) zufolge, wird dies von den so Angesprochenen keineswegs durchweg positiv bewertet. Dies gilt insbesondere, wenn die Ansprache ohne Auseinandersetzung mit der realen Eignung des Einzelnen erfolgt und über soziale Netzwerke stattfindet, die primär dem privaten Austausch dienen (Facebook). Berufsbezogenen sozialen Netzwerken (z. B. LinkedIn) ist der Vorzug gegenüber privaten Netzwerken (z. B. Twitter) zu geben (Nikolaou, 2014). In einer repräsentativen Umfrage von Thielsch et al. (2021) zeigt sich, dass Active Sourcing im Vergleich zu klassischen Stellenanzeigen und Jobbörsen eine eher ineffiziente Methode der Ansprache ist. Dies gilt insbesondere für private soziale Netzwerke. Nur etwa 8 bis 18 % der Befragten geben an, sich tatsächlich einmal aufgrund von Active Sourcing über private soziale Netzwerke tatsächlich beworben zu haben.
2.5.4 Mitarbeiterwerbung
Bei der...
Erscheint lt. Verlag | 16.5.2024 |
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Reihe/Serie | Haufe Fachbuch | Haufe Fachbuch |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Arbeitszufriedenheit • EmployeeExperience • Evidenzbasiert • HR • kanning • Mitarbeiterbindung • Onboarding • Organisationspsychologie • Personalarbeit • Personalauswahl • Personalmarketing • Personalpsychologie • Recruiting • Wirtschaftspsychologie |
ISBN-10 | 3-648-17618-8 / 3648176188 |
ISBN-13 | 978-3-648-17618-4 / 9783648176184 |
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