Strategie = Umsetzung (eBook)
347 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-5842-9 (ISBN)
Jacques Pijl verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von Unternehmensleitern und Teams führender Organisationen bei der Umsetzung von Strategien und Innovationen. Darüber hinaus ist er an groß angelegten Transformationen im privaten, öffentlichen und halböffentlichen Sektor beteiligt. Er ist Geschäftsführer der Beratungsagentur Turner, Vordenker und gefragter Redner zu den Themen Strategieumsetzung und Innovation.
Jacques Pijl Jacques Pijl verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von Unternehmensleitern und Teams führender Organisationen bei der Umsetzung von Strategien und Innovationen. Darüber hinaus ist er an groß angelegten Transformationen im privaten, öffentlichen und halböffentlichen Sektor beteiligt. Er ist Geschäftsführer der Beratungsagentur Turner, Vordenker und gefragter Redner zu den Themen Strategieumsetzung und Innovation. Jana Fritz Britta Radonić
1.3 Die neuen Realitäten nach der Finanzkrise 2008
Die Welt wird nie mehr so sein wie vor der Finanzkrise 2008. Es hat sehr viele wirtschaftliche, soziale, kulturelle und technologische Veränderungen gegeben. Globalisierung und sich veränderndes Konsumentenverhalten sind ebenfalls zwei wichtige Faktoren. All diese Faktoren lassen die Anforderungen an unsere Geschäftsmodelle in atemberaubender Geschwindigkeit wachsen. Indes beschleunigt sich auch die Geschwindigkeit des Wandels. Mit den Worten von Jan Rotmans, Professor für Transition Management und Sustainability2, leben wir nicht mehr in einem Zeitalter des Wandels, sondern in einem Wandel des Zeitalters. Erlauben Sie mir, einige der Phänomene aufzulisten, die ich in meinem vorigen Buch Het Nieuwe Normaal3 beschrieben habe.
Die Geschäftsmodelle brechen vor unseren Augen zusammen. In vielen Branchen sind die Geschäftsmodelle unter enormem Druck – Tourismus, Immobilien und Finanzdienstleistungen, um nur ein paar zu nennen. Sie werden auch als »Gletscher-Branchen« bezeichnet, da sie aufgrund des Klimawandels in der Geschäftswelt einfach dahinschmelzen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis andere Branchen dasselbe Schicksal ereilt. Studien zeigen, dass der digitale Wandel Auswirkungen auf alle Sektoren hat. Also sind in den kommenden Jahren noch wesentlich mehr dahinschmelzende Geschäftsmodelle zu erwarten.4
Die herkömmlichen Medien stellen eine weitere Gletscher-Branche dar. In einigen Bereichen gehen die Einnahmen um bis zu 10 Prozent pro Jahr zurück. Bei einer Rede zu Beginn des Cannes Advertising Festivals brachte der Chef von Netflix dieses Problem zur Sprache. Er stellte die Frage, wie lange die Media-Einkäufer noch an dieser Veranstaltung teilnehmen würden, um im Namen ihrer Zuschauer zu entscheiden, was diese zu sehen bekommen und zu welchem Zeitpunkt. Bedenken Sie nur einmal, wie eigenartig es ist, dass eine Late-Night-Show ausgestrahlt wird, wenn die meisten bereits zu Bett gegangen sind. Wir verbringen viel Zeit mit fernsehen, und doch ist es eines der wenigen Produkte, das uns nicht erlaubt zu entscheiden, was und wann wir dies tun. Kein Wunder also, dass Netflix so schnell so erfolgreich wurde. Zum Beispiel hatte der Dienst in den ersten sechs Monaten bereits 600.000 Abonnenten. Dies zeigt, dass analoges Fernsehen einen nicht zu gewinnenden Kampf kämpft. In den Vereinigten Staaten werden 75 Prozent der Late-Night-Shows nicht mehr live angeschaut, sondern gestreamt. Und auch Netflix wird bereits durch andere, neuere Konzepte bedroht.
Industrien konvergieren. Das Triple-Helix-Modell der Innovation, in dem Wissenschaft, Industrie und Regierung miteinander verflochten sind, bietet vermutlich genauso viele Chancen wie jeder einzelne dieser Bereiche für sich.5 Die Parteien in dieser Spirale wissen um den Wert von Zusammenarbeit, und sie gehen zunehmend die Herausforderungen gemeinsam an, um Wirtschaftswachstum und Regionalentwicklung zu fördern. Ein Erfolgsbeispiel ist Brainport Eindhoven, ein Zusammenschluss, bei dem die niederländische Regierung, Forschungsinstitute und Unternehmen wie ASML (Anbieter von Lithografie-Systemen für die Halbleiterindustrie) und Philips Medical (Medizintechnik-Unternehmen) zusammenarbeiten. Ein weiteres Beispiel liefert Yes!Delft. Das Unternehmen, das seinen Sitz in der Nähe der international renommierten Forschungszentren der Delft University of Technology hat, bietet Start-up-Programme für junge High-Tech-Unternehmen an.6 In den USA arbeiten Technologie-Unternehmen im North Carolina Triangle Park, im Silicon Valley und am MIT Seite an Seite mit Hochschulinstituten, um ein paar Beispiele von dort zu nennen.
Staatliche und halbstaatliche Institutionen bilden keine Ausnahme. Leitende Angestellte wissen, dass staatliche und halbstaatliche Unternehmen inzwischen genauso anfällig sind wie private. Unter dem zunehmenden Druck der sozialen Medien verlangen Politiker wie Bürger gleichermaßen mehr Transparenz, niedrigere Kosten, besseren Service und größere Effektivität. Viele staatliche und halbstaatliche Unternehmen sind noch nicht bereit dafür, besser zu werden. Besonders schwer ist es, dem Wunsch nach Transparenz zu entsprechen. Nehmen wir nur einmal die Skandale, die die niederländische Regierung in den letzten Jahren erschüttert haben. Das Verteidigungsministerium musste Angestellte entschädigen, die jahrelang hochgiftigem, sechswertigem Chrom ausgesetzt waren. Die Wohnungsbaugesellschaft Vestia ging fast pleite, als sich etliche der hochrangigen Führungskräfte des Betrugs schuldig machten. Und der Gesamtbetriebsrat der niederländischen Polizei hatte sich in korrupte Praktiken verstrickt.
Im Gesundheitswesen offenbart der kometenhafte Aufstieg der digitalen Technologien, E-Health, dass die Regierung, die Unternehmen und die Bürger nicht mit der Einführung von neuen Technologien Schritt halten können. Watson, der Supercomputer von IBM, hat bereits einen Doktor-Titel, und sehr bald schon wird er in der Lage sein, die Arbeit eines Assistenzarztes zu machen.
Die neue Realität ist gekommen, um zu bleiben. Laut VINT, einem Institut für neue Technologien des IT-Unternehmens Sogeti mit Sitz in den Niederlanden, werden Unternehmen bis 2033 im Durchschnitt eine Lebensdauer von nur fünf Jahren haben.7 Die Lebenserwartung der Fortune-500-Unternehmen betrug 1950 noch 75 Jahre. Eine Prognose aus dem Jahr 2001 besagte hingegen, dass diese bis 2012 auf weniger als 15 Jahre fallen sollte, wie wir im Shift Index in Creative Destruction (2001) von Richard Foster und Sarah Kaplan sehen können.8 Andere Indikatoren deuten auf Ähnliches hin. Die Zahlen von Standard & Poor’s zeigen, dass die Lebensdauer eines Unternehmens im Jahr 1980 noch 61 Jahre betrug und nurmehr 18 im Jahr 2011.9 Wir können aus diesen Zahlen ableiten, dass 75 Prozent der Unternehmen, die im S&P 500 gelistet sind, bis 2027 vom Markt verschwunden sein werden.10 Die sogenannte Topple-Rate, das heißt die Geschwindigkeit, mit der die Marktführer in jeder Branche von anderen abgelöst werden, hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt. Loyalität gehört der Vergangenheit an, denn heutzutage bewerten Kundinnen und Kunden immer wieder neu, wer am besten ihre Bedürfnisse befriedigen kann. Das Konkurrenzdenken hat um 100 Prozent zugenommen und Marktpositionen können nicht mehr als selbstverständlich angesehen werden. Das ist eine Realität, die durch harte Fakten untermauert wird.
Abbildung 1 liefert eine Zusammenfassung der Fakten, die zeigen, dass die neue Realität so anders ist. Der Trend ist eindeutig: Kontinuität ist nicht mehr selbstverständlich. Der Hauptgrund dafür ist in der Digitalisierung zu finden.
Abb. 1: Innovationen durchzuführen, ist ein besonders schwieriges Unterfangen, sie bieten aber denjenigen, die in der Lage sind, sie zu erkennen, mannigfaltige Chancen.(Quellen: (1) In Creative Destruction (2001) ermittelte Richard Foster, dass die Lebensdauer von Fortune-500-Unternehmen im Jahr 1950 noch 75 Jahre betrug, bis 2012 sollte diese Zahl jedoch auf weniger als 15 sinken. (2) Standard & Poor’s bestätigte diese Entwicklung. (3) Verkenningsinstituut Nieuwe Technologie, Sogeti IT-Services. (4) Shift-Index-Serie von Deloitte.)
Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts haben sich Unternehmen mehr verändert als in den letzten fünf Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. In den letzten Jahren gab es alles, von der Prozessoptimierung bis hin zu revolutionären Innovationen, von Joint Ventures bis hin zu vollständigen Fusionen und Übernahmen sowie einen ständigen Strom an Change-Programmen. Ein Manager, mit dem ich bei meinen Recherchen zu diesem Buch gesprochen habe, ging sogar so weit zu sagen: »Die letzten fünf Jahre haben mehr Transformationen hervorgebracht als die 50 Jahre davor.« Und für Unternehmen tut sich am Horizont noch viel mehr auf. Die Digitalisierung der Gesellschaft und der Druck, mit disruptiven Innovationen Schritt zu halten zu müssen, wird sich fortsetzen.
2 Jan Rotmans ist Professor für Sustainability Transitions an der Erasmus Universität Rotterdam und Experte auf dem Gebiet von Transitionen und Nachhaltigkeit.
3 Jacques Pijl, Het nieuwe normaal: De 21 spelregels om te overleven in de nieuwe economie. Haystack, 2014.
4 Adam Hayes, »20 Industries Threatened by Tech Disruption«, Investopedia, 06. Februar 2015. http://www.investopedia.com/articles/investing/020615/20-industries-threatened-tech-disruption.asp.
5 Triple Helix Research Group (Stanford University), »The Triple Helix Concept«. http://triplehelix.stanford.edu/3helix_concept.
6 Maurits Kreijveld, De kracht van platformen: Nieuwe strategieën voor innoveren in een digitaliserende wereld. Vakmedianet, 2014.
7 Sander Duivestein, Aniel Kalicharan & Roland Wessel, research into corporate longevity for VINT/Sogeti, presented during the Design to Disrupt Symposium, 17. Juni 2014.
8 Richard N. Foster & Sarah Kaplan,...
Erscheint lt. Verlag | 17.1.2024 |
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Übersetzer | Jana Fritz, Britta Radoni? |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management ► Unternehmensführung / Management |
Schlagworte | Changemanagement • digitalisierte Wirtschaft • Führung • Innovation • Strategie • Strategieumsetzung |
ISBN-10 | 3-7910-5842-8 / 3791058428 |
ISBN-13 | 978-3-7910-5842-9 / 9783791058429 |
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