Fairness-Design -  Hannes Omasreiter

Fairness-Design (eBook)

Eine Systematik, um Organisationen fairer und so erfolgreicher zu gestalten
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
210 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-6443-9 (ISBN)
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Wir alle leben in und mit Organisationen, z.B. Firmen, Projektgruppen, Behörden, Schulen, Vereinen, Kirchen, politischen Parteien oder dem Staat. Wenn Organisationen nicht optimal funktionieren, dann kann es dafür viele Gründe geben, die aber häufig eine gemeinsame Ursache haben: Organisationsmitglieder nutzen ihre Macht zu stark für eigennützige Zwecke auf Kosten anderer aus. Auch wenn diese Ursache oft prinzipiell bekannt ist, fehlt es an konkreten, wirksamen und praxistauglichen Abhilfemaßnahmen. Fairness-Design bietet hierfür eine systematische Lösung an, die an der Wurzel ansetzt. Damit eine Organisation besser - zum Wohl aller Mitglieder - funktionieren kann, hilft Fairness-Design insbesondere durch die Etablierung fairerer Organisationsstrukturen, von mehr Wettbewerb und demokratischeren Entscheidungen. Dadurch können sich z.B. gute Ideen, die dem Wohl der Organisation dienen, einfacher durchsetzen. Organisationsmitglieder können ihre Fähigkeiten besser entfalten, sind zufriedener und die Organisation agiert erfolgreicher.

Dr. Hannes Omasreiter studierte Informatik mit Nebenfach Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität München. Dann promovierte er an der Universität Stuttgart in den Ingenieurwissenschaften über eine Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Umwelt- und Verkehrswesen. Seit über 20 Jahren arbeitet er in der Forschung und Entwicklung von Mercedes-Benz im Bereich Software-Prozessgestaltung.

TEIL 1: EINLEITUNG, ÜBER-BLICK, GRUNDIDEEN

Motivation


Im Oktober 2018 und im März 2019 stürzte jeweils ein Flugzeug des Typs Boeing Max 737 ab, dabei kamen insgesamt 346 Menschen ums Leben. Wie sich in späteren Untersuchungen herausstellte, hatten Mitarbeiter des Unternehmens Kunden und Zulassungsbehörde etwa hinsichtlich des Trainingsbedarfs für Piloten getäuscht – mit dem Ziel, das Flugzeug schneller zulassen zu können und es für die Kunden kostengünstiger zu machen [1].

Im Jahr 2014 startete die brasilianische Bundespolizei die Operation „Hochdruckreiniger“. Die Ermittlungen, die sich in der Folge ergaben, decken einen der größten Korruptionsfälle der Geschichte auf, bei dem ein Netzwerk aus zahlreichen Unternehmen, Managern, Geschäftsleuten, Politikern und politischen Parteien beteiligt war. Beispielsweise sollen dabei vom Ölkonzern Petrobas Aufträge an Baukonzerne zu überhöhten Preisen vergeben worden sein, was dem Konzern einen Verlust von mindestens zwei Milliarden Dollar beschert haben soll. Anteile der Mehreinnahmen der Bauunternehmen flossen an beteiligte Petrobas-Mitarbeiter, Politiker und in Parteikassen [2].

In einem – fiktiven – Stockholmer Softwareunternehmen entwickelte eine Mitarbeiterin eine Methode, mit der es ihr in einem Projekt gelang, die Softwarequalität und die Zufriedenheit im Projektteam signifikant zu erhöhen, ohne die Entwicklungszeit zu verlängern. Ein Teamleiter der Nachbarabteilung erfuhr von der Methode, stellte diese in seiner Abteilung leicht verändert und unter neuem Namen als seine eigene Idee vor und erhielt daraufhin drei neue Mitarbeiter, die in Zukunft diese Methode im Unternehmen anwenden und verbreiten sollten. Die ursprüngliche Methodenentwicklerin wurde zwar in ihrem Projektteam geschätzt, erhielt aber von der Organisation keine besondere Anerkennung für ihre Leistung.

In einer – fiktiven – Pharmafirma aus Porto benötigte ein Projektteam Unterstützung durch einen Werkstudenten. Über einen Aushang an der Universität fand das Team einen passenden Kandidaten. Die Abteilungsleiterin bat jedoch den Projektleiter, stattdessen ihren Neffen einzustellen. Obwohl sich herausstellte, dass dieser im Vergleich mit dem ursprünglichen Kandidaten bei Qualifikation und Einschätzung durch das Projektteam deutlich schlechter abschnitt, entschied sich der Projektleiter für den Kandidaten der Abteilungsleiterin, da er andernfalls Nachteile für seine Karriere erwartet hätte.

Was haben diese vier kurzen Fallbeispiele gemeinsam? Während die ersten beiden Fälle dramatische Auswirkungen zeigen, erscheinen die beiden letzten, erfundenen Beispiele im Vergleich dazu harmlos. Wesentliche Unterschiede gibt es also bei der Schwere des Schadens und der Frage, ob rechtswidrig gehandelt wurde oder nicht. Trotzdem liegt allen Fällen prinzipiell die gleiche problematische Handlungsweise zugrunde. Und während diese Handlungswiese in den beiden „schweren“ Fällen allgemein als schädlich anerkannt ist, so ist dies bei den beiden „harmlosen“ Fällen nicht unbedingt der Fall. Die schweren Fälle werden zu Recht juristisch verfolgt. Die harmlosen Fälle werden häufig nicht weiter beachtet.

Prinzipiell versuchen in allen vier Beispielen einzelne (meist wenige) Personen oder Personengruppen ohne eine angemessene Leistung Vorteile für sich selbst zu erzielen auf Kosten anderer (meist vieler). Einzelne Boeing-Manager versuchen ihre Karriere zu fördern oder sich die Arbeit zu erleichtern – u.a. auf Kosten des Lebens anderer Menschen. Der Teamleiter des Stockholmer Softwareunternehmens versucht ebenfalls mit geringem eigenen Aufwand seine Karriere zu fördern – u.a. auf Kosten einer angemessenen Anerkennung für die Methodenentwicklerin. Politiker und Manager in Brasilien versuchen sich gegenseitig finanziell zu bereichern – u.a. auf Kosten zahlreicher Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen. Die Abteilungsleiterin aus Porto versucht ebenfalls ihren Neffen und damit ihre Familie zu bereichern, indem sie ihm einen Vorteil verschafft – u.a. auf Kosten des geeigneteren Kandidaten.

Um die unangemessenen Vorteile erzielen zu können, ist es stehts nötig, überhaupt die Möglichkeit – also die Macht – dafür zu haben. Diese Macht ist aber in allen gezeigten Fällen nicht für den dort beschriebenen Zweck gedacht, sie wurde also zum falschen Zweck angewendet, also missbraucht. Das Prinzip, das allen gezeigten Fällen zugrunde liegt, ist damit letztlich das Prinzip der Korruption. Nach der Definition von „Transparency International“ ist

Korruption „der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“ [3].

Aus rechtlicher Sicht und wohl auch in größeren Teilen der Gesellschaft würde trotzdem nicht jeder der vier oben aufgeführten Fälle als Korruption wahrgenommen werden. Und natürlich gibt es auch große Unterschiede zwischen der Schwere des Schadens. Um diesem Unterschied Rechnung zu tragen, soll daher im Weiteren – insbesondere auch bei den eher „harmloseren“ Fällen (damit sind v.a. die Fälle gemeint, die nicht rechtswidrig sind oder zumindest im rechtlichen Graubereich liegen) – nicht von „korruptem“, sondern von „unfairem“ Verhalten gesprochen werde.

Unfairness innerhalb einer Organisation soll definiert sein als „Missbrauch der Macht in einer Organisation zum persönlichen Vorteil (und damit zum Nachteil der Organisation)“.

Diese Definition entspricht also im Wesentlichen der von Korruption. Korruptes Verhalten ist also in jedem Fall auch unfaires Verhalten. Und unfaires Verhalten umfasst zwar auch korruptes Verhalten, soll aber im Rahmen dieses Buches insbesondere auch solches Verhalten adressieren, das im Sinne des Gesetzgebers nicht als korruptes Verhalten klassifiziert werden würde, das also nicht illegal/strafbar, trotzdem für die Organisation als Ganzes problematisch ist.

Als entgegengesetztes Verhalten zu Unfairness soll der Begriff

Fairness innerhalb einer Organisation definiert sein als „angemessener Gebrauch der Macht in einer Organisation zum Gesamtwohl der Organisation“.

Fair zu handeln bedeutet also insbesondere auch, nicht unfair zu handeln. Es bedeutet jedoch nicht, keinen persönlichen Vorteil aus einer Handlung ziehen zu dürfen. Eine Leistung, die jemand für die Organisation erbringt, nicht zu honorieren, wäre im Gegenteil selbstverständlich ebenfalls unfair. Entscheidend ist dabei allerdings, dass der persönliche Vorteil, den jemand aus seiner Leistung gegenüber der Organisation zieht, angemessen ist. Und was angemessen ist, sollte wiederum die Organisation als Ganzes festlegen. Genauere Erläuterungen dazu sowie zum Begriff „Gesamtwohl“ folgen später.

Während korruptes Verhalten in der Regel ganz klar als problematisch angesehen wird, gilt das nicht unbedingt für unfaires Verhalten. Im Gegenteil, oft wird Fairness als Schwäche ausgelegt und Unfairness als cleveres Verhalten respektiert. Unfairness führt zwar im Einzelfall typischerweise zu deutlich geringeren Schäden als Korruption. Allerdings kommt unfaires Verhalten in praktisch allen Organisationen so häufig vor, dass in der Summe für ein Unternehmen, eine Behörde oder eine ganze Volkswirtschaft ein erheblicher Schaden entsteht, der möglicherweise den durch Korruption entstehenden Schaden bei Weitem übersteigt. Wäre die Organisation ein Kartoffelfeld, dann könnte Korruption mit einer Wühlmaus verglichen werden, durch die einzelne Kartoffelpflanzen angefressen werden und eingehen. Unfairness könnte dagegen mit vielen, kleinen Käfern verglichen werden, die an einer betroffenen Pflanze zwar nur einen relativ kleinen Schaden anrichten, aber dafür zahlreich über das ganze Feld verteilt sind und so in der Summe den Ernteertrag deutlich stärker dezimieren können als die viel größere Wühlmaus.

Heute wird also Korruption in vielen Ländern und Unternehmen – wenn auch oft nicht ausreichend – mit verschiedenen Maßnahmen bekämpft. Dagegen ist unfaires Verhalten in den meisten Organisationen nicht wirklich ein Thema und wird daher typischerweise auch nicht systematisch verhindert. Und selbst wenn eine Organisation gerne fairer werden möchte, fehlen konkrete und praktikable Methoden, um dieses Ziel zu erreichen.

Vor wenigen Jahrzehnten galt das mangelnde Problembewusstsein, das heute für unfaires Verhalten in Organisationen anzutreffen ist, auch noch für korruptes Verhalten. Das wird zum Beispiel an der Tatsache deutlich, dass in Deutschland bis zum Jahr 2002 Bestechungsgelder noch steuerlich absetzbar waren [4] – was heute nicht mehr vorstellbar ist. Ein Ziel, zu dem dieser Text beitragen möchte, ist, dass eine vergleichbare Entwicklung beim Thema Unfairness entsteht. In der Zukunft sollte es für jede Organisation ein selbstverständliches Ziel sein, Unfairness innerhalb der Organisation systematisch zu verhindern und Fairness systematisch zu fördern. Wie eine solche...

Erscheint lt. Verlag 3.2.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Wirtschaft Betriebswirtschaft / Management Unternehmensführung / Management
ISBN-10 3-7578-6443-3 / 3757864433
ISBN-13 978-3-7578-6443-9 / 9783757864439
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