Evaluation der Narkoseeffizienz mit postoperativer Schmerzausschaltung von Inhalations- und Injektionsnarkose unter Feldbedingungen bei Saugferkeln auf Ökobetrieben

Buch | Softcover
174 Seiten
2022
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-7037-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Evaluation der Narkoseeffizienz mit postoperativer Schmerzausschaltung von Inhalations- und Injektionsnarkose unter Feldbedingungen bei Saugferkeln auf Ökobetrieben - Arlinda Elisa Johanna Richter
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Arlinda Richter (2022):
Evaluation der Narkoseeffizienz mit postoperativer Schmerzausschaltung von Inhalations- und Injektionsnarkose unter Feldbedingungen bei Saugferkeln auf Ökobetrieben

Seit 01.01.2021 dürfen unter acht Tage alte Ferkel in Deutschland nur noch unter Allgemeinanästhesie und der Verabreichung eines schwachen Analgetikums kastriert werden (TierSchG §21). Zwei Methoden stehen zur Verfügung: Die Injektionsnarkose mittels Ketamin und Azaperon und die Inhalationsnarkose mittels Isofluran. Bis dato wurden mit beiden Narkosemethoden flächendeckend nur wenige, und mit zum Teil unterschiedlichen Ergebnissen der Anästhesieeffizienz und Schmerzausschaltung, Erfahrungen gesammelt.

In der hier vorliegenden Studie sollte der Effizienz beider Narkoseverfahren, sowie der peri- wie auch postoperativen Schmerzausschaltung unter Praxisbedingungen nachgegangen werden. Hierfür wurden in der Zeit von März bis Dezember 2019 sieben biologisch wirtschaftende Ferkelerzeugerbetriebe besucht. Die Kastration der 514 männlichen Ferkel erfolgte bei einem Drittel der Tiere mittels Injektionsnarkose (Ketamin + Azaperon) und bei zwei Dritteln mittels Inhalationsnarkose (Isofluran) mit dem Narkosegerät PorcAnest 3000 (Promatec AG, Derendingen, Schweiz, Stand 2019). Jeweils der Hälfte der Tiere beider Narkosegruppen wurde zusätzlich zu der generellen Meloxicamgabe noch Metamizol verabreicht. Die Narkoseeffizienz wurde anhand der Reflextestung vor der Kastration und den Abwehrbewegungen während der Kastration verifiziert. Zusätzlich wurde die Körperkerntemperatur nach der Operation bestimmt, die Nachblutung der Wunden bonitiert und die Aufwachphase zeitlich ermittelt. Die Wundheilung wurde beurteilt und mit Infrarotthermographie-Aufnahmen untersucht. Die Ferkel wurden 72 Stunden lang nach der Kastration gefilmt und ihr Verhalten mit Hilfe eines Ethogramms bewertet.
Zusammenfassend führen beide Narkosemethoden während und nach der Kastration bei einem erheblichen Anteil der Ferkel zu deutlicher Belastung.
Die Reflexe vor, und das Abwehrverhalten während der Kastration unterschieden sich hochsignifikant zwischen beiden Narkoseverfahren. Ferkel, die unter Injektionsnarkose kastriert wurden, zeigen deutlich mehr Reflexe und stärkeres Abwehrverhalten, als Ferkel unter Inhalationsnarkose. Dennoch sind Ferkel unter Inhalationsnarkose noch mit 13 % positivem Zwischenklauen-, 9 % positivem Perianalreflex und etwa 10 % Abwehrbewegungen maßgeblich betroffen. Aufgrund der standardisierten Einstellung der Geräte fehlen Anpassungsmöglichkeiten an die Belange unterschiedlich schwerer Ferkel. Auf Betriebsebene konnte der ruhige und routinierte Umgang mit den Tieren, sowie eine dunkle und ruhige Umgebung in der Anflutungsphase der Narkose als weiterer wichtiger Faktor für eine optimale Narkoseeffizienz identifiziert werden. Eine Auskühlung der Ferkel unter der Narkose war insbesondere nach Injektionsnarkose markant ausgeprägt. Die starke Abkühlung der Ferkel war auch mitverantwortlich für die hochgradige Verlängerung der Nachschlafphase nach Injektionsnarkose. Kürzere Nachschlafphasen bei Ferkeln nach Injektionsnarkose gingen stets zu Lasten der Narkoseeffizienz und einer effizienten Schmerzausschaltung.
Fünf Stunden nach der Kastration zeigten beide Versuchsgruppen Schmerzverhalten. Nach Injektionsnarkose äußerte es sich in aktivem Schmerzverhalten. In der Inhalationsgruppe stellte es sich vor allem durch passives, inaktives Verhalten dar. 72 Stunden später zeigte die Inhalationsnarkosegruppe mehr aktives Schmerzverhalten, als die Injektionsnarkosegruppe. Die zusätzliche Gabe von Metamizol hatte weder peri- noch postoperativ einen positiven Einfluss auf die Schmerzen der Tiere.
In Bezug auf die Wundheilung und die Nachblutung wird der Effekt der Verwendung eines qualitativ hochwertigen Emaskulators deutlich. Unabhängig von den Narkoseverfahren konnte sein Einsatz beide Parameter signifikant verbessern. Der Einsatz einer externen Wärmequelle beeinflusste die Wundheilung und die Aufwachphase positiv. Die Auswertung der Infrarotthermographie korrelierte nicht mit der Wundbonitur, zeigte aber deutlich eine Temperaturerhöhung der Wunden bei Verwendung von Wundsprays. Die Untersuchung der Inhalationsgeräte ergab keine optimale Erregerreduktion an den exponierten Stellen trotz eingehender Reinigung, sodass von einem überbetrieblichen Einsatz der Geräte dringend abzuraten ist.
Schlussfolgernd führen beide Anästhesieverfahren nicht im gewünschten Umfang zur Reduktion peri- und postoperativer Schmerzen, sodass beide Verfahren nicht als tierschutzgerecht im Sinne der EU-Gesetzgebung (schmerzfreie Kastration) angesehen werden können. Damit ist aus Sicht des Tierschutzes von beiden Verfahren abzuraten und auf die Ebermast oder die Immunokastration als Methoden der Wahl zu verweisen. Arlinda Richter (2022):
Evaluation of anaesthesia efficiency with postoperative analgesia of inhalation and injection anaesthesia under field conditions in suckling piglets on organic farms.

Since 01.01.2021, piglets under eight days of age may only be castrated in Germany under general anaesthesia and the administration of a weak analgesic (TierSchG §21). Two methods are available: Injection anaesthesia using ketamine and azaperone and inhalation anaesthesia using isoflurane. To date, only little experience has been gained with both anaesthesia methods throughout the country, and in some cases with varying results in terms of anaesthesia efficiency and analgesia.
The aim of this study was to investigate the efficiency of both anaesthesia methods as well as the peri- and postoperative analgesia under practice conditions. For this purpose, seven organic piglet farms were visited between March and December 2019. Castration of 514 male piglets was carried out in one third of the animals using injection anaesthesia (ketamine + azaperone) and in two thirds using inhalation anaesthesia (isoflurane) with the PorcAnest 3000 anaesthesia device (Promatec AG, Derendingen, Switzerland, as of 2019). In addition to the general administration of meloxicam, metamizole was administered to half of the animals in each of the two anaesthesia groups. The efficiency of anaesthesia was verified by reflex testing before castration and defensive movements during castration. In addition, postoperative core body temperature was determined, postoperative wound bleeding was assessed and the recovery period was timed. Wound healing was assessed and examined with infrared thermography images. The piglets were filmed for 72 hours after castration and their behaviour was assessed using an ethogram.
In summary, both anaesthetic methods cause significant distress in a significant proportion of piglets during and after castration. The reflexes before, and the defensive behaviour during castration differ highly significantly between the two anaesthetic methods. Piglets under injection anaesthesia show significantly more reflexes and stronger defence behaviour than under inhalation anaesthesia, but are still significantly affected with 13 % positive interclaw-, 9 % positive perianalreflex responses and about 10 % defence movements. Due to the standardised setting of the devices, there is a lack of adaptation possibilities to the needs of piglets with different weights. At the farm level, calm and routine handling of the animals, as well as a dark and quiet environment during the anaesthetic induction phase, could be identified as another important factor for optimal anaesthetic efficiency. Cooling of piglets under anaesthesia was particularly pronounced after injection anaesthesia. The severe cooling of the piglets was also partly responsible for the highly prolonged recovery period after injection anaesthesia. Shorter recovery periods in piglets after injection anaesthesia were always at the expense of anaesthetic efficiency and efficient analgesia.
Five hours after castration, both experimental groups showed pain behaviour. After injection anaesthesia, it manifested itself in active pain behaviour. In the inhalation anaesthesia group, it manifested itself mainly as passive, inactive behaviour. 72 hours later, the inhalation anaesthesia group showed more active pain behaviour than the injection anaesthesia group. The additional administration of metamizole had no positive influence on the animals' pain, neither peri- nor postoperatively.
With regard to wound healing and post-operative bleeding, the effect of using a high-quality emasculator became clear. Regardless of the anaesthetic procedures, its use significantly improved both parameters. The use of an external heat source positively influenced wound healing and the recovery phase. Infrared thermography did not correlate with wound score, but clearly showed an increase in wound temperature when wound sprays were used. The examination of the inhalation devices did not show an optimal pathogen reduction at the exposed sites despite thorough cleaning, so that the use of the devices at other sites is strongly discouraged.
In conclusion, both anaesthesia methods did not reduce peri- and postoperative pain to the desired extent. Therefore, both procedures cannot be considered to be appropriate for animal welfare in the sense of EU legislation (painless castration). Thus, from an animal welfare point of view, both procedures should be discouraged and reference should be made to boar fattening or immunocastration as methods of choice.
Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Edition Scientifique
Verlagsort Gießen
Sprache deutsch
Maße 148 x 215 mm
Themenwelt Veterinärmedizin Allgemein
Schlagworte Anästhesiologie • Mastbetrieb • Narkose • Schwein
ISBN-10 3-8359-7037-2 / 3835970372
ISBN-13 978-3-8359-7037-3 / 9783835970373
Zustand Neuware
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