Identifizierung und Testung niedermolekularer HBV/HDV Entry-Inhibitoren
Seiten
2022
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-7033-5 (ISBN)
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-7033-5 (ISBN)
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Infektionen mit dem Hepatitis B (HBV) und D Virus (HDV) sind die Hauptursache für Lebertumoren als Folge chronischer Hepatitiden. Trotz Verfügbarkeit der Impfung gegen HBV, welche auch erfolgreich vor HDV Infektionen schützt, sterben jährlich mehr als 800.000 Menschen, vor allem in armen Regionen der Welt, an dieser folgenschweren Erkrankung. Antivirale Therapien mit Interferonen und/oder Nukleos(t)id Analoga ermöglichen es, die chronische Hepatitis in den meisten Fällen unter Kontrolle zu halten. Diese Therapien müssen allerdings meist ein Leben lang erfolgen, bei teilweise gravierenden Nebenwirkungen und bergen nur geringe Aussicht auf vollständige Heilung.
Mit dem Jahr 2012 eröffnete sich allerdings ein ganz neues Feld für Therapiemöglichkeiten, da zu diesem Zeitpunkt das ,,Na+/Taurocholate Cotransporting Polypeptide“ (NTCP, Gensymbol: SLC10A1) als spezifischer hepatozellulärer Rezeptor für HBV und HDV identifiziert wurde. NTCP war bis dahin nur als natriumgekoppelter Transporter für Gallensäuren bekannt, welcher in der basolateralen Membran von Leberzellen exprimiert wird und dort Gallensäuren aus dem Blut zurück in Leberzellen transportiert. Somit ist NTCP ein wichtiger Bestandteil des enterohepatischen Kreislaufs der Gallensäuren.
Mit seiner zweiten Funktion als Rezeptor für HBV und HDV stellt NTCP ein interessantes therapeutisch nutzbares Zielmolekül dar. Mit einer medikamentellen Blockierung von NTCP wird versucht, den Eintritt (engl „entry“) der beiden genannten Viren zu verhindern. Es dauerte bis zum Jahr 2020, bis der erste sogenannte „Entry-Inhibitor“ für die Therapie von HDV Infektionen zugelassen wurde. Es handelt sich um ein synthetisches Peptid mit dem Markennamen Hepcludex®, das seinen Ursprung in den Virushüllen von HBV und HDV selbst hat und nach subkutaner Applikation an NTCP bindet. NTCP wird dadurch für eine Virusbindung unzugänglich macht. Da besonders in armen Regionen der Welt Bedarf an Therapeutika besteht, ist ein Entry-Inhibitor auf Grundlage eines injizierbaren Peptides jedoch für diesen Bedarf nicht die beste Wahl, da Anforderung an Lagerung und Transport schwerer zu gewährleisten sind als bei einem Medikament in Tablettenform. Hinzu kommt, dass durch dieses Peptid auch die Gallensäuretransportfunktion von NTCP gehemmt wird und so in die Gallensäurehomöostase eingegriffen wird.
In der vorliegenden Arbeit konnten Struktur-Wirkungs-Beziehungen aufgezeigt werden, die veranschaulichen, dass eine selektive Hemmung der Virusrezeptorfunktion bei erhaltener Gallensäuretransportaktivität an NTCP grundsätzlich möglich ist. Aus der Gruppe der Betulin-Derivate zeigte 3,28-Di-O-acetyl-29-Hydroxybetulin das beste Profil mit einem IC50 der präS1 Peptid Bindung von 8 µM und einem Selektivitätsindex von 125. Unter den Propanolamin-Derivaten weist Substanz A000295231 das beste Profil auf mit einem IC50 von 16 µM und Selektivitätsindex von 65.
Außerdem konnte durch ein einheitliches experimentelles Verfahren ein großer Datensatz generiert werden, der die weitere bioinformatische Aufarbeitung unter Verwendung von Pharmakophor und QSAR Modellen ermöglicht. Es konnte ein virtuelles Screeningverfahren durchgeführt werden, mit dem die Identifizierung neuartiger, potentiell oral anwendbarer Entry-Inhibitoren ermöglicht wird. Unter diesen Substanzen zeigte die Verbindung ZINC000253533654 mit einem IC50 von 9 µM die beste Aktivität, welche auch durch in vitro Infektionsexperimente bestätigt werden konnte. Allerdings liegt der Selektivitätsindex dieser Verbindung bei 1. Trotzdem sind die gewonnenen Daten und Erkenntnisse geeignet, molekulares Medikamentendesign durchzuführen und im Idealfall einen Wirkstoff zu entwickeln, der selektiv die Virusbindung an NTCP hemmt ohne Einfluss auf den Gallensäurekreislauf zu nehmen, bei einfacher oraler Verabreichung.
Das Resultat der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit ist eine Plattform, die sowohl experimentell als auch bioinformatisch derart ausgestaltet ist, dass umfangreiche Grundlagenstudien auf dem Weg zu einem Entry-Inhibitor durchgeführt und analysiert werden können. Die in Kapitel 3 erläuterten Begriffe der Wirkungs-Selektivität, Target-Spezifität und Substrat-Spezifität werden dabei mit einbezogen und sind wegweisend bei der Entwicklung neuer HBV/HDV Entry-Inhibitoren aus der Gruppe der small molecules. Infections with hepatitis B (HBV) and D virus (HDV) are the main cause of liver carcinoma as a result of chronic hepatitis. Despite the availability of vaccination against HBV, which also successfully protects against HDV infections, more than 800,000 people annually die from this serious disease, mainly in poor regions of the world. Antiviral therapies using interferons and/or nucleos(t)id analoga are usually sufficient to keep chronic hepatitis under control. However, these therapeutics usually have to be given livelong causing some serious side effects. Furthermore, the chance of curation is very low.
In 2012, however, a new field of therapeutic opportunities opened up, as the "Na+/taurocholate cotransporting polypeptide" (NTCP, gene symbol: SLC10A1) was identified as the specific hepatocellular receptor for HBV and HDV. Previously, NTCP was known to be a sodium-coupled transporter of bile acids expressed at the basolateral membrane of hepatocytes. There it delivers bile acids from the portal blood back to the liver. Thus, NTCP represents an important component of the enterohepatic circulation of bile acids.
Due to its second function as receptor for HBV and HDV, NTCP represents an interesting drug target. Blocking of NTCP with small molecules is an attempt to prevent the entry of the two mentioned viruses. In 2020, a first so-called entry inhibitor was approved for therapy of HDV infections. It represents a synthetic peptide with the brand name Hepcludex®, which originates from the viral envelopes of HBV and HDV and binds to NTCP after subcutaneous application. This makes NTCP inaccessible for virus binding. However, due to the particular need for therapeutics in poor regions of the world, an entry inhibitor based on an injectable peptide drug is not optimal, since storage and transport requirements are difficult to guarantee. In addition, many substances, including the above-mentioned peptide, also inhibit the bile acid transport function of NTCP, thus interfering with bile acid homeostasis.
The present study demonstrates that structure-activity relationships can be defined for selective inhibition of the viral receptor function of NTCP without tackling its bile acid transport function. Among the group of betulin derivatives, 3,28-di-O-acetyl-29-hydroxybetulin showed the best profile with an IC50 of preS1 peptide binding inhibition of 8 µM and selectivity index of 125. Among the propanolamine derivatives, compound A000295231 showed the best performance with IC50 of 16 µM and selectivity index of 65, respectively.
In addition, the uniform experimental procedure of the present study generated a large dataset enabling further bioinformatics processing by using pharmacophore and QSAR models. A virtual screening could already be performed that identified novel, potential oral HBV/HDV entry inhibitors. Among them, compound ZINC000253533654 showed the best activity against preS1 peptide binding with an IC50 of 9 µM, which was also confirmed by in vitro infection experiments. Unfortunately, the selectivity index of this compound was low at 1. Nevertheless, the data and findings obtained are suitable to perform molecular drug design and to develop a drug that selectively blocks virus binding to NTCP without affecting bile acid circulation, with simple oral administration of the drug.
The overall outcome of the present study is an experimental and virtual screening platform suitable for identification of potent and virus-selective HBV/HDV entry inhibitors. The concepts of selectivity, target specificity and substrate specificity explained in chapter 3 are basic components of this platform and pioneer in the further development of HBV/HDV entry inhibitors from the group of small molecules.
Mit dem Jahr 2012 eröffnete sich allerdings ein ganz neues Feld für Therapiemöglichkeiten, da zu diesem Zeitpunkt das ,,Na+/Taurocholate Cotransporting Polypeptide“ (NTCP, Gensymbol: SLC10A1) als spezifischer hepatozellulärer Rezeptor für HBV und HDV identifiziert wurde. NTCP war bis dahin nur als natriumgekoppelter Transporter für Gallensäuren bekannt, welcher in der basolateralen Membran von Leberzellen exprimiert wird und dort Gallensäuren aus dem Blut zurück in Leberzellen transportiert. Somit ist NTCP ein wichtiger Bestandteil des enterohepatischen Kreislaufs der Gallensäuren.
Mit seiner zweiten Funktion als Rezeptor für HBV und HDV stellt NTCP ein interessantes therapeutisch nutzbares Zielmolekül dar. Mit einer medikamentellen Blockierung von NTCP wird versucht, den Eintritt (engl „entry“) der beiden genannten Viren zu verhindern. Es dauerte bis zum Jahr 2020, bis der erste sogenannte „Entry-Inhibitor“ für die Therapie von HDV Infektionen zugelassen wurde. Es handelt sich um ein synthetisches Peptid mit dem Markennamen Hepcludex®, das seinen Ursprung in den Virushüllen von HBV und HDV selbst hat und nach subkutaner Applikation an NTCP bindet. NTCP wird dadurch für eine Virusbindung unzugänglich macht. Da besonders in armen Regionen der Welt Bedarf an Therapeutika besteht, ist ein Entry-Inhibitor auf Grundlage eines injizierbaren Peptides jedoch für diesen Bedarf nicht die beste Wahl, da Anforderung an Lagerung und Transport schwerer zu gewährleisten sind als bei einem Medikament in Tablettenform. Hinzu kommt, dass durch dieses Peptid auch die Gallensäuretransportfunktion von NTCP gehemmt wird und so in die Gallensäurehomöostase eingegriffen wird.
In der vorliegenden Arbeit konnten Struktur-Wirkungs-Beziehungen aufgezeigt werden, die veranschaulichen, dass eine selektive Hemmung der Virusrezeptorfunktion bei erhaltener Gallensäuretransportaktivität an NTCP grundsätzlich möglich ist. Aus der Gruppe der Betulin-Derivate zeigte 3,28-Di-O-acetyl-29-Hydroxybetulin das beste Profil mit einem IC50 der präS1 Peptid Bindung von 8 µM und einem Selektivitätsindex von 125. Unter den Propanolamin-Derivaten weist Substanz A000295231 das beste Profil auf mit einem IC50 von 16 µM und Selektivitätsindex von 65.
Außerdem konnte durch ein einheitliches experimentelles Verfahren ein großer Datensatz generiert werden, der die weitere bioinformatische Aufarbeitung unter Verwendung von Pharmakophor und QSAR Modellen ermöglicht. Es konnte ein virtuelles Screeningverfahren durchgeführt werden, mit dem die Identifizierung neuartiger, potentiell oral anwendbarer Entry-Inhibitoren ermöglicht wird. Unter diesen Substanzen zeigte die Verbindung ZINC000253533654 mit einem IC50 von 9 µM die beste Aktivität, welche auch durch in vitro Infektionsexperimente bestätigt werden konnte. Allerdings liegt der Selektivitätsindex dieser Verbindung bei 1. Trotzdem sind die gewonnenen Daten und Erkenntnisse geeignet, molekulares Medikamentendesign durchzuführen und im Idealfall einen Wirkstoff zu entwickeln, der selektiv die Virusbindung an NTCP hemmt ohne Einfluss auf den Gallensäurekreislauf zu nehmen, bei einfacher oraler Verabreichung.
Das Resultat der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit ist eine Plattform, die sowohl experimentell als auch bioinformatisch derart ausgestaltet ist, dass umfangreiche Grundlagenstudien auf dem Weg zu einem Entry-Inhibitor durchgeführt und analysiert werden können. Die in Kapitel 3 erläuterten Begriffe der Wirkungs-Selektivität, Target-Spezifität und Substrat-Spezifität werden dabei mit einbezogen und sind wegweisend bei der Entwicklung neuer HBV/HDV Entry-Inhibitoren aus der Gruppe der small molecules. Infections with hepatitis B (HBV) and D virus (HDV) are the main cause of liver carcinoma as a result of chronic hepatitis. Despite the availability of vaccination against HBV, which also successfully protects against HDV infections, more than 800,000 people annually die from this serious disease, mainly in poor regions of the world. Antiviral therapies using interferons and/or nucleos(t)id analoga are usually sufficient to keep chronic hepatitis under control. However, these therapeutics usually have to be given livelong causing some serious side effects. Furthermore, the chance of curation is very low.
In 2012, however, a new field of therapeutic opportunities opened up, as the "Na+/taurocholate cotransporting polypeptide" (NTCP, gene symbol: SLC10A1) was identified as the specific hepatocellular receptor for HBV and HDV. Previously, NTCP was known to be a sodium-coupled transporter of bile acids expressed at the basolateral membrane of hepatocytes. There it delivers bile acids from the portal blood back to the liver. Thus, NTCP represents an important component of the enterohepatic circulation of bile acids.
Due to its second function as receptor for HBV and HDV, NTCP represents an interesting drug target. Blocking of NTCP with small molecules is an attempt to prevent the entry of the two mentioned viruses. In 2020, a first so-called entry inhibitor was approved for therapy of HDV infections. It represents a synthetic peptide with the brand name Hepcludex®, which originates from the viral envelopes of HBV and HDV and binds to NTCP after subcutaneous application. This makes NTCP inaccessible for virus binding. However, due to the particular need for therapeutics in poor regions of the world, an entry inhibitor based on an injectable peptide drug is not optimal, since storage and transport requirements are difficult to guarantee. In addition, many substances, including the above-mentioned peptide, also inhibit the bile acid transport function of NTCP, thus interfering with bile acid homeostasis.
The present study demonstrates that structure-activity relationships can be defined for selective inhibition of the viral receptor function of NTCP without tackling its bile acid transport function. Among the group of betulin derivatives, 3,28-di-O-acetyl-29-hydroxybetulin showed the best profile with an IC50 of preS1 peptide binding inhibition of 8 µM and selectivity index of 125. Among the propanolamine derivatives, compound A000295231 showed the best performance with IC50 of 16 µM and selectivity index of 65, respectively.
In addition, the uniform experimental procedure of the present study generated a large dataset enabling further bioinformatics processing by using pharmacophore and QSAR models. A virtual screening could already be performed that identified novel, potential oral HBV/HDV entry inhibitors. Among them, compound ZINC000253533654 showed the best activity against preS1 peptide binding with an IC50 of 9 µM, which was also confirmed by in vitro infection experiments. Unfortunately, the selectivity index of this compound was low at 1. Nevertheless, the data and findings obtained are suitable to perform molecular drug design and to develop a drug that selectively blocks virus binding to NTCP without affecting bile acid circulation, with simple oral administration of the drug.
The overall outcome of the present study is an experimental and virtual screening platform suitable for identification of potent and virus-selective HBV/HDV entry inhibitors. The concepts of selectivity, target specificity and substrate specificity explained in chapter 3 are basic components of this platform and pioneer in the further development of HBV/HDV entry inhibitors from the group of small molecules.
Erscheinungsdatum | 10.07.2022 |
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Reihe/Serie | Edition Scientifique |
Verlagsort | Gießen |
Sprache | deutsch |
Maße | 148 x 210 mm |
Gewicht | 200 g |
Themenwelt | Veterinärmedizin ► Allgemein |
Schlagworte | Gelbsucht • Hepatitis • virale Erkrankungen |
ISBN-10 | 3-8359-7033-X / 383597033X |
ISBN-13 | 978-3-8359-7033-5 / 9783835970335 |
Zustand | Neuware |
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