Méxicanisches Tagebuch (eBook)
264 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-5743-2 (ISBN)
Der Autor ist der Sohn einer Modeschöpferin und eines Kunstprofessors in Kassel. Geboren im Jahre 1948. Er studierte und praktizierte Architektur und Städtebau. Und veröffentlichte außer einer Reihe von Fachbüchern auch einige erzählerische Werke. Bisher allerdings fast ausschließlich in Kleinauflagen. Geplant ist die Neuauflage einiger seiner Werke. Dieser Band ist der erste einer kleinen Reihe.
5. September 1989 - Dienstag
Am Abend vor dem Abflug besuche ich ein befreundetes Ehepaar mit teilweise lateinamerikanischen Wurzeln, das in der Nähe meines Büros wohnt, um noch zusätzliche Informationen über Land und Leute zu bekommen. Entschuldige mich wegen des frühen Abfahrtstermins schon gegen zehn Uhr und fahre nach Hause. Muss aber nach dem Packen noch etliches in der Wohnung richten, so dass es elf wird und ich mir vornehme, am Morgen reichlich Zeit einzuplanen. Abfahrt des Zuges nach Frankfurt ist kurz nach sieben. Stelle den Wecker also auf kurz nach fünf. Schlafe gut und wache prompt auf. Reichliches Frühstück, dabei Leeren des Kühlschrankes um verderbliche Lebensmittel (Pfannengericht mit Sojakeimen, Würstchen, drei Eiern, Banane, Curry / Nachtisch Fruchtjoghurt) bis gegen halb sechs, verspüre schon leichte Hektik. Körperpflege satt, Bad putzen, Küche putzen, Spülen und letzte Inspektion. Immerhin bin ich fünf Wochen weg. Abfahrt um sechs Uhr zehn.
Bahnhof: Habe Probleme mit dem Schließfach. Nehmen Geld, aber schließen nicht. Erst das dritte Fach funktioniert. Vier Mark Verlust. Stelle Auto auf dem Parkplatz beim Büro gegenüber dem Binding Eck ab. Spaziergang zum Bahnhof - es ist etwa halb sieben. Unser Professor ist schon da. Der Kollege Michael holt die Fahrkarten ab. Kaufe mir die „Zeit“ als Reiselektüre.
Bahnsteig: Sechs Uhr fünfundvierzig. Der IC steht schon auf Gleis Sieben. Suchen schon Plätze. Die letzten Leute treffen ein, Sonja als Letzte um sieben. Abfahrt pünktlich. Zwanzig Minuten bis Mannheim, dann über zehn Minuten Aufenthalt! In Frankfurt mit Gepäckkarren an das andere Ende des Bahnhofs (Gleis 21); vorwiegend Stehplätze im Flughafenzug. Professor trifft einen Kollegen, weiß später aber nicht mehr, wer er war.
Flughafen: Umständlicher Aufstieg in die Höhen der Schalterhalle. Gleich „Check-in“ bei American Airlines mit einer ziemlich muffigen Angestellten, die unser Gepäck prüft und inquisitorisch nach Sachen fragt, die einem „von anderen übergeben worden seien - vor dem Flug, auf dem Weg - alles ihr Eigentum - welche Elektrogeräte, Walkman“ etc., etc. Dann Passkontrolle. Der Professor und ich müssen keinen Fragebogen in die USA ausfüllen, da Dauervisum. Auch für die anderen eigentlich sinnlos, da wir als Transitreisende amerikanischen Boden nicht betreten. Dieselbe Prozedur übrigens später kurz vor dem Anflug auf Dallas: unnötige Schreibarbeit für Zollerklärungen. Dann Aufgabe der Koffer mit Gewichtskontrolle von einer unechten Blondine mit Windstoßfrisur. Reichlich grell.3 Bin relativ früh fertig und gehe schon vor. Langwierige Prozedur. Wir sitzen und stehen sicher zwanzig Minuten dort, dann ist Gesamtaufbruch zur zweiten Passkontrolle. Den „Nicht-Visum-Leuten“ und den Latinos4 werden die Pässe abgenommen und später in Dallas wieder ausgehändigt. Koffer durch „Film-safe“-Durchleuchter, selbst mit Piepser gefilzt. Endlich in der
Lounge: Relativ kurze Wartezeit, erst Aufruf der „Familien mit Kindern“ und Behinderte, dann Reihen Zwanzig bis Vierzig. Wir sind dabei, gehen über den Laufsteg in die recht große Douglas DC 10. Die erste Klasse hat prächtig breite Sitze und lässt Gutes hoffen, aber die „Economy-Class“ enttäuscht: je zwei Sitze an den Außenseiten und in der Mitte je fünf Sitze, das alles reichlich eng und durch den langen Gebrauch auch recht schäbig. Sesseldesign in hellerem und dunklerem Blaugrau mit rechteckigen Kästchen. Als Begleitmaterial gibt es viel Werbung und einen Kopfhörer zum Anschluss an die Armlehne. Zwölf Programme Musik und Filmton. Darunter Klassisches der populären Art (Offenbachs „Gaité Parisiennes“, Dvoráks „Tschechische Tänze“ und ähnliches). Leselämpchen und „Call for service“, den ich zwischendurch nichtsahnend betätige und damit den Steward herbeirufe. Kurz vor dem Abflug kommt noch eine junge Frau, die den bisher freien Platz neben mir am Fenster (ich habe Gangseite) belegt und sich mit Buch und Walkman gleich einigelt. Die meiste Zeit des Flugs schläft sie, in ihre Schlafdecke gehüllt. In einem kurzen Gespräch gegen Ende des Flugs erfahre ich, dass sie Amerikanerin ist und nach Hause fliegt, nachdem sie ihren in Deutschland stationierten Verlobten geheiratet hat (Soldat irgendwo südlich von München, am Ammersee etwa). Sie ist klein und hat strubbeliges schwarzes Haar, wirkt eher spanisch-gemischt.
Abflug: Erfolgt fast rechtzeitig gegen halb elf nach etwa fünf Minuten Wartezeit. Während des Aufstiegs (schon über den Wolken) gibt's Erdnüsse und Getränke, später ein Mittagessen: 1. Pastete mit Waldorfsalat, 2. Gefülltes Hühnchen mit Limone und Salbei, dazu Broccoli und Bratkartoffeln (mäßig!), 3. Käse (Bel Paese-Streichkäse) mit trockenem Brötchen, 4. Nachtisch (vergessen). Ich wappne mich für die lange Zeit mit Walkman und Aitmatow5, aber der Walkman eiert, die Batterien sind leer und ich habe keine Lust, die neuen einzusetzen. Das Buch ist schnell ausgelesen. Nach zwei Stunden und etlichem an Werbung à l'américaine auf dem Bildschirm vor uns gibt es eine wissenschaftliche Sendung und einen schrecklichen amerikanischen Spielfilm, „Cousins“, nach Art von „Dallas“, für die der Raum verdunkelt wird, so dass ich den guten Aitmatow nur mit Spot lesen kann. Zwischendurch döse ich 'mal eine Stunde. Da man draußen wenig sehen kann, ist es etwas langweilig. Zwischendurch Smalltalk mit unseren Leuten. Etwa eine Dreiviertelstunde vor der Ankunft in Dallas gibt es ein Abendessen: 1. eine Scheibe Brot mit Gemüsesalat und einige Scheiben Roastbeef und Kassler, danach ein kleines Marzipanbrot. Alles recht ordentlich, aber wenig.
Formaler Schreibkram kurz vor der Landung. Wir werden gebeten, sitzenzubleiben. Und werden ganz zum Schluss mit einigen anderen Passagieren über viele Gänge in die Transit-Lounge gebracht.
Dallas: Es ist glühend heiß in den Transitgängen, draußen ist 35°. Lounge und Flugzeug sind dagegen sehr stark klimatisiert, fast zu kühl, so dass ich den Pullover anlasse. Von Dallas sehen wir wenig, es ist total flach. Immerhin sind mir beim Anflug einige Besonderheiten aufgefallen:
- Texas ist ziemlich grün, viel Weide und Landwirtschaft, etliche Wälder und Seen;
- Die Siedlungen sind typisch Vorstadt: Einhänge mit gleichen Einfamilienhäusern, geschwungene Straßen, Swimmingpools, mehrere Garagen je Haus.
- Die regelmäßig verteilten Wasserhochbehälter in Linsenform auf einem Kranz von dünnen Stützen.
Abflug nach México-Stadt: Kleine Maschine mit Mittelgang und je drei Plätzen rechts und links. Habe den Fensterplatz. Da das Wetter diesig ist, sieht man allerdings wenig. Außerdem ist die Tragfläche im Weg. Die Flugzeuge starten wie auf der Autobahn: alle rollen hintereinander, schließen auf und stehen im Stau. Jede Minute startet dann eine. Flugdauer 1:45 Stunden. Das Personal spricht Spanisch und Englisch. Kurz nach dem Start wird ein weiteres Essen serviert: 1. Vorspeise (vergessen), 2. Gulasch mit Erbsen und Reis, 3. ein süßes Stück Schokoladenkuchen mit Mandeln und Ahornsirup. Der Flug geht direkt südwärts. Er enttäuscht alle Erwartungen. Die flache Landschaft am Golf ist offensichtlich fruchtbar und sehr grün: keinerlei Wüsten, Kakteen etc. Je weiter südlich es geht, desto diesiger und wolkiger wird es - statt praller Sonne ist kaum etwas zu sehen. Beim Anflug auf México-Stadt fliegen wir mitten durch eine Wolke: Mattscheibe. Erst über der Innenstadt, die wir im weiten Bogen über- und umfliegen, denn der Flughafen liegt im Osten, lockert es etwas auf und man hat einen enormen Eindruck von dieser großen Stadt. Wir landen ziemlich im Zeitplan, müssen dann über eine Treppe auf das Rollfeld und zu Fuß in das Empfangsgebäude, das nicht in Ansätzen die Größe von Frankfurt erreicht. Dafür ist es wesentlich übersichtlicher und freundlicher. Die Koffer kommen schnell, die Passabfertigung geht zügig. Nur Jorge wird zurückgehalten und sein Pass offiziell geprüft: für Chilenen gibt es Einwanderungs-Restriktionen, also wird er hier etwas misstrauisch behandelt, aber dann freigegeben. Die beiden anderen „Latinos“, ein Brasilianer und ein Argentinier, werden nicht beanstandet.
Flughafen: Unser deutscher Ansprechpartner Eckhart erwartet uns an der Absperrung in der ersten Reihe - wir drängeln uns durch eine dichte Menge wartender Leute und kommen in eine sehr lange, schmale Empfangshalle. Zum Verschnaufen und Orientieren setzen wir uns erst einmal in ein Café und trinken Cola. Im TV über uns an der Säule turnt Popeye herum, bei der Kofferausgabe lief James Bond. Einige tauschen schon Geld. Dann geht es in vier Taxis ins Hotel, das sehr zentral in der Nähe des Alameda-Parks liegt. Eine Gruppe kommt mit Verspätung.
Hotel Metropol: Wir bekommen unsere Zimmerschlüssel gleich zugeteilt. Jeder kann in einem...
Erscheint lt. Verlag | 8.10.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik ► Architektur |
Schlagworte | 2. Auflage für die Öffentlichkeit • Erfahrungsaustausch • Forschungsprojekt für Studenten • Land und Leute • Reisebericht México |
ISBN-10 | 3-7597-5743-X / 375975743X |
ISBN-13 | 978-3-7597-5743-2 / 9783759757432 |
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