Waldgeheimnisse (eBook)

Spiegel-Bestseller
Der Waldführer für Entdecker - Vorwort von Peter Wohlleben
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
320 Seiten
Ludwig (Verlag)
978-3-641-30181-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Waldgeheimnisse -  Wohllebens Waldakademie
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Wie funktioniert ein Baum? Wem gehört der Wald? Können Bäume kommunizieren?

»Waldgeheimnisse« nimmt seine Leser*innen mit auf eine Entdeckungsreise durch den Wald, bei der mit gängigen Mythen aufgeräumt wird und man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt. Neben den unglaublichen Fähigkeiten eines einzelnen Baumes erzählt es vom Zusammenleben einer Baumfamilie, geht auf tierische und menschliche Spurensuche und weckt durch interaktive Aufgaben den Entdeckergeist.

Mit zahlreichen Abbildungen, Fotos und Steckbriefen wird anschaulich alles erklärt, was wir schon immer über den Wald wissen wollten.

  • Von Waldverstehern für Waldentdecker - Der erste Waldführer, der Sie das Staunen lehrt. Mit zahlreichen Fotografien und liebevoll illustriert
  • Wie funktioniert ein Baum, was bedeuten diese Markierungen an den Stämmen und kann ich mich wirklich am Moosbewuchs orientieren? Gut verständliche Antworten auf zahlreiche Fragen rund um den Wald
  • Neues aus dem Hause Wohlleben - mit über 3 Millionen verkauften Büchern in 45 Ländern


'Wohllebens Waldakademie' ist eine der renommiertesten Bildungsinstitutionen für Wald- und Naturthemen in Deutschland, die seit 2017 eine Vielzahl an Veranstaltungen anbietet: geführte Wanderungen tief in die Wälder, Seminare für ambitionierte Pilz- und Kräutersucher, forstliche Beratung von Waldbesitzenden zu Themen der nachhaltigen Waldwirtschaft sowie diverse Online-Kurse. Das in der idyllischen Eifel gelegene Unternehmen wird seit 2018 von den Inhabern Tobias und Johanna Wohlleben geleitet. Zusammen mit einem 20-köpfigen Team setzen sich die beiden aktiv für den Schutz des Waldes ein, dessen Bedeutung für unser Ökosystem gar nicht überschätzt werden kann.

Gefährliche Kinderstube


Bäume sind Lebewesen. Genau wie Tiere und Menschen haben sie einen Stoffwechsel, nehmen ihre Umwelt wahr und interagieren mit ihr. Sie haben keinen Blutkreislauf und kein pumpendes Herz, und doch sind sie lebendig – anders zwar als Tiere und Menschen, aber ihnen dennoch überraschend ähnlich. Bäume müssen ihr Leben lang am selben Fleck stehen, anders als wir Menschen können sie weder bei Gefahr weglaufen, noch können sie sich ihre Nachbarn aussuchen. Gerade deshalb sind sie in der Lage, ihr Leben lang auf Umwelteinflüsse zu reagieren und sich gegen Feinde zu verteidigen – vorausgesetzt, sie sind gesund.

Werfen wir doch einmal einen genaueren Blick auf die langsamen Giganten und schauen uns an, wie ihr Körper aufgebaut ist.

Das Leben eines Baumes beginnt mit der Befruchtung der Blüten seiner Eltern. In den anschließend gebildeten Samen liegt zusammengefaltet der Embryo. In seinen Genen ist der komplette Bauplan für den Baum enthalten – inklusive gehaltvoller Nährstoffe und reichlich Stärke, damit das Baumkind Wegzehrung für den Start hat. Ist es feucht und mild genug, beginnt ein Samen oft schon nach wenigen Wochen zu keimen. Zunächst bildet sich eine Wurzel, mit der sich der kleine Baum an Ort und Stelle in den Boden vortastet und dort verankert. Erst danach bildet er einen Spross, der seine ersten Keimblättchen Richtung Licht streckt. Die Keimblätter haben häufig eine andere Form als die nachfolgenden Blättchen. Bei Buchenkeimlingen erinnern sie an fleischig dunkelgrüne Schmetterlingsflügel. Die Keimblätter beginnen nach ihrer Entfaltung direkt mit der Fotosynthese und stellen für den kleinen Baum den ersten Zucker her, den er nutzen kann, um die nachfolgenden Zweige und Blätter zu entwickeln.

Keimende Eiche

Nun hat der kleine Baum einen langen Weg vor sich – er wächst unermüdlich Richtung Licht, sofern er nicht zu stark von seinen Familienmitgliedern beschattet wird. Die Mutterbäume bremsen den Nachwuchs, denn nur ein langsamer Jugendstart garantiert ein langes Leben. Je natürlicher seine Umgebung, desto dunkler ist der Wald und desto länger wird es dauern, bis der Tag kommt, an dem mehr Licht für ein rasches Wachstum zur Verfügung steht. Bis dahin kann viel passieren: Ein Wildschwein verspeist den Keimling, ein Reh stutzt den zarten Trieb herunter, oder es ist einfach zu dunkel und der Keimling stirbt irgendwann wieder ab. Von den knapp zwei Millionen Bucheckern, die eine Buche in ihrem Leben hervorbringt, wird nur ein einziges Baumkind zu einem Riesen heranwachsen, der genauso groß und alt wird wie der Mutterbaum – wenn es gut läuft.1 Alle anderen Geschwister werden entweder bereits als Buchecker verspeist oder zersetzt, die übrigen sterben als Jungspunde in der Kinderstube ab.

Wenn im Keimlingsstadium alles gut gegangen ist, wächst der kleine Baum ganz langsam und gemächlich weiter in Richtung Licht. Dafür bildet er jedes Frühjahr neue Triebe aus.

Hat er viel Licht zur Verfügung, sind diese Triebe Dutzende Zentimeter lang, bekommt er jedoch kaum Licht, kann es sein, dass er in einem Jahr nur wenig mehr als einen Millimeter wächst. Solche wartenden Jungbäume erkennt man daran, dass ihre Seitentriebe länger sind als ihre Höhentriebe.

Die Schichten des Baumes


Stehen wir vor einem Baum, schauen wir nur auf die Haut und die äußeren Körperteile wie Zweige, Blätter und Wurzeln. Die inneren Schichten bleiben unseren Blicken in der Regel verborgen.

Die Borke, als Teil der Baumrinde, ist die äußerste Hülle, die genau wie unsere Haut den Baum vor Sonnenlicht, Nässe, Trockenheit und Krankheitserregern wie beispielsweise Pilzen schützt. Genau wie unsere Haut stößt auch der Baum hier regelmäßig alte, abgestorbene Zellen ab – er schuppt sich. Je nach Baumart sind diese abgestoßenen Teile unterschiedlich groß: Bei Platanen platzen riesige Borkenstücke von den Bäumen, und auch bei älteren Kiefern kann man diese um den Stamm herum am Boden liegen sehen. Bei anderen Arten wie der Buche oder der Hainbuche sind die kleinen Schuppen für unsere Augen kaum sichtbar. Manchmal kann man an bestimmten Baumarten auch besondere Phänomene beobachten. Bei den sogenannten »Kragenkiefern« stehen einzelne Bereiche der Borke in kreisförmig angeordneten Schuppen von den Kiefernstämmen ab. Ein ungewöhnlicher Anblick, der sicher schon so manchen Waldspaziergänger verwundert hat. Wie genau dieses Phänomen zustande kommt, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt.2

Glattrindige jüngere Laubbäume weisen manchmal waagerechte punktförmige Reihen kleiner Narben auf. Hier waren im Frühjahr Spechte zugange, die an süßes Baumwasser gelangen wollten. Kurz bevor die Blätter austreiben, herrscht im Baum ein hoher Wasserdruck, und Löcher in der Rinde lassen dieses Wasser austreten. Das lassen sich die Spechte schmecken, aber auch Ameisen, die manchmal kreisförmig um die nassen Flecken herumsitzen, genießen das süße Wasser.

Spechtringelung in einem glattrindigen Laubbaum

Je älter der Baum wird, desto langsamer verliert er Schuppen. Dadurch halten sich ältere Lagen der Rinde außen am Baum, und da diese alten Schichten zum neuen, größeren Durchmesser nicht mehr passen, reißen sie ein. Auch die Bäume sind also vor Falten im Alter nicht gefeit – ebenso wie unsere Haut wird die schützende Hülle mit den Jahrzehnten (und Jahrhunderten) immer faltiger und rissiger. Das kann dazu führen, dass eine mehrere Hundert Jahre alte Buche von der Rinde her irgendwann einer Eiche ähnelt – man sieht ihr die Jahre einfach schon von außen an.

Wird ein Nadelbaum an der Rinde verletzt, versucht er, die Wunde mit Harz gegen Eindringlinge zu schützen. Denn das, was unter der äußersten Schicht liegt, ist kostbar und sehr verletzlich. Borkenkäferattacken gegen gesunde Fichten bewirken, dass der ganze Baumstamm mit glitzernden, klebrigen Tröpfchen übersät ist. Grundsätzlich ist das ein Zeichen dafür, dass die Fichte die Attacke gut abwehren konnte.

Unter der Borke befindet sich das Bastgewebe. Es besteht aus den Zuckerleitungen des Baumes. Dort transportiert der Baum frisch produzierten süßen Saft aus der Krone in die unteren Teile des Baumes, bis hinab in die Wurzeln.

Unter dem Bast liegt die dünnste, empfindlichste, aber auch wichtigste Schicht: das Kambium. Es ist die Lebensgarantie für den Baum, weil es die einzige Schicht des Stammes ist, die zu Wachstum und Erneuerung fähig ist. Nach außen zur Borke gibt sie stetig neue Rindenzellen ab, aber auch nach innen Richtung Holz werden immer wieder neue Zellen hinzugefügt: So entsteht das Dickenwachstum des Baumes mit den Jahresringen. Das Kambium ist sehr nährstoffreich und daher ein Leckerbissen etwa für Borkenkäfer-Kinder. Hat ein Schädling es jedoch erst einmal unter die Borke geschafft, wird es gefährlich, denn ist das Kambium ringsherum großflächig beschädigt, verliert der Baum die Möglichkeit, weiter zu wachsen – er stirbt.

Unter dem Kambium liegt das Splintholz. Es enthält das Xylem, ein Leitgewebe, das dem Transport von Wasser dient – also die Wasserleitungen des Baumes. Man kann sie oft sogar schon mit bloßem Auge erkennen, wenn man sich einen quer aufgeschnittenen Stamm anschaut – ein feiner Ring aus kleinen Poren. Diese Wasserleitungen kann man sich wie feine, durchgehende Röhrchen vorstellen, die sich von den Wurzeln durch die ganze Länge des Stammes bis in die Zweige erstrecken.

Im Inneren des Stammes liegt das Kernholz. Es ist inaktiv und nicht mehr an der Wasserleitung beteiligt. Mit zunehmendem Alter wird das Kernholz immer umfangreicher – die jeweils neu gebildeten Jahresringe bewirken, dass die ältesten Splintholzringe stillgelegt und zum Kernholz werden. Der Baum verstopft diese nicht mehr benötigten Zellen und verfüllt sie bei manchen Baumarten, wie etwa Eiche, Kiefer oder Lärche, mit pilzhemmenden Stoffen. Deshalb ist das Kernholz oft dunkler und je nach Baumart brauner oder rötlicher als die übrigen Schichten des Baumes. Das lässt sich sogar im verarbeiteten Zustand gut erkennen, etwa an Balken oder Möbeln.

Wie wächst ein Baum?


Wenn man bedenkt, dass das Kambium stetig neue, aktive Zellen Richtung Rinde und Richtung Splintholz abgibt, erklärt sich auch der ringartige Aufbau eines Baumes. Mit jedem Jahr nimmt er an Umfang zu – man spricht hier vom sogenannten Dickenwachstum. Diesen Prozess müssen Bäume lebenslang machen – wer nicht dicker wird, stirbt. Bei Palmen verhält es sich anders – hier bleibt der einmal angelegte Stamm im Durchmesser immer gleich. Deshalb werden sie auch nicht zu den Bäumen gezählt.

Das Wachstum können wir bei gefällten Bäumen an den Jahresringen ablesen. Bei dem noch kleinen, im Schatten langsam wachsenden Nachwuchs kann das allerdings bedeuten, dass man eine Lupe benötigt, um die Ringe ablesen zu können.

Die Jahresringe bestehen aus einem hellen und...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Natur / Ökologie
Technik
Schlagworte 2024 • Artenschutz • Bäume • Biologie • Biotop • Botanik • eBooks • Geographie • Nachschlagewerk • Natur • Naturschutz • Natur verstehen • Neuerscheinung • Ökosystem • Peter Wohlleben • Pilze • Umwelt • Umweltschutz • Urwald • Wald • Waldakademie • Wohlleben
ISBN-10 3-641-30181-5 / 3641301815
ISBN-13 978-3-641-30181-1 / 9783641301811
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