Thermodynamik (eBook)
380 Seiten
De Gruyter (Verlag)
978-3-11-108055-0 (ISBN)
Das Buch bietet eine umfassende Einführung in die phänomenologische Thermodynamik für Ingenieure. Ausgehend von der Darstellung grundlegender Konzepte und Begriffe wie System, Zustand und Prozess werden die Hauptsätze der Thermodynamik formuliert und anhand modellhafter Beispiele in ihren Konsequenzen erläutert. Die 7., umfassend bearbeitete Auflage bietet ein neues Vorwort.
Herbert Windisch, Hochschule Heilbronn (em.)
42 System und Zustand
2.1 System, Systemgrenze, Systemeigenschaften
Lernziel
Objekte oder Bereiche für energetische Untersuchungen müssen den Systemvarianten zugeordnet werden können. Die Systemgrenzen müssen sinnvoll gezogen und deren idealisierte Eigenschaften mit den hier definierten Fachausdrücken benannt werden können.
Um Maschinen, Anlagen oder einzelne Bereiche daraus zu untersuchen, ist es zweckmäßig, sich von einer detaillierten Betrachtung zu lösen. Zur besseren Übersicht wird eine idealisierte, vereinfachte Form eingeführt. Diese vereinfachten Systeme werden zur Kennzeichnung der örtlichen oder stofflichen Ausdehnung durch Systemgrenzen gegenüber der Umgebung eingegrenzt. Die Thermodynamik verwendet zwei Grundtypen von Systemen.
2.1.1 Systeme
Das offene System
Systeme, die mit Materie durchflossen werden, z. B. ein Wärmeaustauscher (Abb. 2.1), nennt man offene Systeme.
Abb. 2.1: Wärmeaustauscher (Rekuperator)
Gase und Flüssigkeiten werden unter dem Begriff Fluide zusammengefasst. Die Systemgrenze, die um ein offenes System gesetzt wird, ist in der Regel ortsfest. Das Innere des Systems ist meist nicht von Interesse. Lediglich an den Systemgrenzen werden Energiebilanzen erstellt. Man spricht deshalb auch von einem Bilanz- oder Kontrollraum. Das Ersatzbild für den Wärmeaustauscher aus Abb. 2.1, z. B. ein Wasser/Öl-Kühler, wird wie folgt skizziert (Abb. 2.2).
5Abb. 2.2: Ersatzbild Wasser/Öl-Kühler
Das geschlossene System
Systeme, die eine materieundurchlässige Systemgrenze haben, nennt man geschlossene Systeme. Das bedeutet, die Anzahl der im geschlossenen System vorhandenen Atome oder Moleküle ist immer konstant. Die Systemgrenzen sind verschiebbar. Ein geschlossenes System liegt z. B. beim Kompressionstakt eines 4-Takt-Verbrennungsmotors vor. Die Ventile sind geschlossen und der Kolben komprimiert das eingeschlossene Gas. Das Gas stellt das geschlossene System dar (Abb. 2.3).
Abb. 2.3: Zylinder mit beweglichen Kolben
2.1.2 Systemeigenschaften
Den beiden Systemen werden nun bestimmte Eigenschaften zugeordnet. Genauer gesagt, es wird definiert, welche Durchlässigkeit die Systemgrenzen haben. Der Energieinhalt eines Systems kann durch Wärmeaustausch oder durch Einwirkung von Arbeit verändert werden.
6Ein System, das an den Systemgrenzen keinerlei Wärmeaustausch zulässt, nennt man ein adiabates System. Das Gegenteil einer adiabaten Systemgrenze ist eine diatherme Wand.
Ein ideal isoliertes Rohr, das durchflossen wird, stellt also ein „adiabates offenes System“ dar. Ein adiabates System lässt aber die Einwirkung von Arbeit zu. Abb. 2.4 zeigt einen ideal isolierten Zylinder mit einem verschiebbaren Kolben, der ebenfalls ideal isoliert ist. Es liegt hier ein „geschlossenes adiabates System“ vor.
Abb. 2.4: Geschlossenes adiabates System
Üblicherweise wird nur die Systemgrenzeigenschaft „wärmeundurchlässig“ gekennzeichnet. Es ist aber auch denkbar, dass über die Systemgrenzen zwar Wärme, aber keine Arbeit einwirken kann. In diesem Fall spricht man von einem „rigiden System“.
Ein geschlossenes, adiabates und rigides System bezeichnet man als „abgeschlossenes System“. Es wird gebraucht, wenn Wechselwirkungen im System ohne jeglichen Einfluss der Umgebung betrachtet werden sollen.
Eine weitere Systemeigenschaft beschreiben die Ausdrücke homogen und heterogen. Sind in einem System die Stoffeigenschaften an jeder Stelle im System gleich, so spricht man von einem „homogenen System“. Das Gegenteil davon ist ein „heterogenes System“. Heterogene Systeme sind mathematisch nicht oder nur mit großem Aufwand beschreibbar und daher nicht für unsere Untersuchungen geeignet. Ein 7Grenzfall, bezüglich der Beschreibbarkeit, zwischen einem homogenen und einem heterogenen System ist das „kontinuierliche System“. Hier verändern sich die Stoffgrößen oder Stoffeigenschaften kontinuierlich mit einer Koordinate oder über die Zeit.
Abb. 2.5: Homogenes, heterogenes, kontinuierliches System
Ein Behälter, der mit einem Gas gefüllt ist, das sich im Ruhezustand befindet, kann als Beispiel für ein homogenes System genannt werden. Bereiche, die in ihren physikalischen und chemischen Größen homogen sind, bezeichnen wir als Phase. Enthält z. B. ein Behälter eine gasförmige und eine flüssige Phase, so sprechen wir von einem Mehrphasensystem.
Ein Beispiel für ein heterogenes System ist ein Zylinder, dessen Boden mit siedendem Wasser bedeckt ist. Darüber befindet sich Wasserdampf mit schwebenden Wassertropfen, an den Wänden kondensiert Wasserdampf und bildet neue Tropfen.
Ein Behälter, der mit einer Flüssigkeit gefüllt ist, stellt z. B. ein kontinuierliches System dar. Die Größe Druck ändert sich „kontinuierlich“ mit der Füllhöhe. In jeder Höhe z lässt sich der Druck p mit p=ρ⋅g⋅z+pamb berechnen (Abb. 2.5).
ZusammenfassungMan unterscheidet offene und geschlossene Systeme. Ein offenes System wird von Materie durchflossen, in geschlossenen Systemen ist die Stoffmenge konstant.
Die Systemgrenzen sind adiabat, diatherm oder rigid. Ein geschlossenes, adiabates und rigides System wird als abgeschlossenes System bezeichnet. Die Materieeigenschaften im System sind homogen, kontinuierlich oder heterogen.
Einphasensysteme sind meist homogen oder kontinuierlich, Mehrphasensysteme immer heterogen.
8Kontrollfragen
Ordnen Sie folgende Systeme ein und geben Sie die Systemeigenschaften an:
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Eine perfekte Thermoskanne, die bis zum Deckel mit Flüssigkeit gefüllt ist
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Eine Sauerstoffflasche ohne Gasentnahme
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Ein Kochtopf mit dichtem Deckel, gefüllt mit kaltem Wasser
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Ein Kochtopf mit dichtem Deckel, teilweise gefüllt mit kochendem Wasser
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Ein Kochtopf ohne Deckel mit kochendem Wasser
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Ein mit inkompressiblen Fluid durchflossenes Rohr mit perfekter Isolierung
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Ein Gasbehälter mit perfekt isolierten, ortsfesten Wänden, die keinerlei Möglichkeiten zulassen um Arbeit an dem System zu leisten.
-
Das Innenrohr des Wärmeaustauschers (Abb. 2.1, Rekuperator)
Nennen Sie ein Beispiel für ein rigides, diathermes, geschlossenes und homogenes System
Lösungen unter www.degruyter.com
2.2 Zustand und Zustandsgrößen
Lernziel
Mit Hilfe der Zustandsgrößen soll der energetische Zustand vollständig beschrieben werden. Sie sollten Vorgänge im Inneren der Materie mit den Zustandsgrößen verbinden können und die Definition der Einheiten der Zustandsgrößen kennen. Weiterhin müssen Sie die verschiedenen Kategorien von Zustandsgrößen kennen und die verschiedenen Zustandsgrößen diesen zuordnen können. Mit Hilfe der thermischen Zustandsgleichung müssen die abhängigen Zustandsgrößen berechnet werden können. Die individuelle Gaskonstante muss aus der universellen Gaskonstante bestimmt werden können. Die Darstellung von Zuständen in Zustandsdiagrammen muss beherrscht werden.
2.2.1 Zustand und Prozess
Der energetische Inhalt eines Systems lässt sich mit physikalisch messbaren Eigenschaften wie Druck, Temperatur, Geschwindigkeit usw. beschreiben. Dabei sind diese Eigenschaften variabel, d. h. der gleiche Energieinhalt kann z. B. durch verschiedene Anteile an kinetischer oder potentieller Energie in einem System vorhanden sein. Nehmen diese physikalischen Größen feste Werte...
Erscheint lt. Verlag | 20.3.2023 |
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Reihe/Serie | De Gruyter Studium | De Gruyter Studium |
Zusatzinfo | 150 b/w ill. |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik ► Elektrotechnik / Energietechnik |
Technik ► Maschinenbau | |
Schlagworte | Adiabatic processes • Engines • Heat • Thermodynamic Cycles • thermodynamics |
ISBN-10 | 3-11-108055-2 / 3111080552 |
ISBN-13 | 978-3-11-108055-0 / 9783111080550 |
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