Die Rhynchonelliden des deutschen Devons (eBook)
224 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-8677-5 (ISBN)
Jürgen Höflinger, Brachiopodensammler, Hobby-Paläontologe und Pfleger der Abteilung Geologie der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg, hat sich nach seinem Arbeitsleben als Entwicklungsleiter in der Telekommunikationsindustrie und als Berater für Mobilfunksystemtechnik der deutschen Brachiopoden angenommen und mehrere Bestimmungsbücher verfasst.
Vorbemerkungen
Stratigraphische Verbreitung
Von allen artikulaten (schlosstragenden) Brachiopoden ist die Ordnung der Rhynchonellida diejenige, die den längsten Zeitraum überdauert hat. Ihre Entwicklung begann im frühen Ordovizium und dauert bis heute an. Sie existiert also schon ca. 480 Millionen Jahre. In unseren Weltmeeren finden sich heute immerhin noch 19 Gattungen. Man muss sich allerdings schon Mühe geben, sie zu finden, da sie sehr zurückgezogen leben. Ihr Diversitätsmaximum erreichten die Rhynchonellida aber im Devon mit ca. 70 Gattungen. Die nachfolgende Grafik zeigt die ungefähre, stratigraphische Verbreitung der Rhynchonelliden-Gattungen vom Kambrium bis heute.
Stratigraphische Verbreitung der Rhynchonelliden-Gattungen (nach LEBRUN 1995)
Natürlich zeigt die Grafik nur Entwicklungstendenzen. Die absolute Zahl der Gattungen wird stark durch die Forschungsarbeit der aktiven Autoren beeinflusst. Zum einen wächst die Anzahl beschriebener Gattungen dadurch ständig, zum anderen können sich Veränderungen der Relationen ergeben. Da die Zahl der Autoren nicht sehr groß und ihr stratigraphischer Bearbeitungsbereich meist sehr eingeschränkt ist, kann es in bestimmten Zeiträumen zu einem Zuwachs kommen, während in anderen Zeiträumen die Anzahl der Gattungen stagniert.
Die Reichweite einer Art
Alle Arten durchlaufen einen gleichartigen Entwicklungszyklus. Eine Art entsteht in einem eng begrenzten, geografischen Gebiet. Mit wachsender Population erweitert sich das Verbreitungsgebiet. Nach Erreichen einer maximalen Verbreitung sinkt die Population wieder. Die Verbreitung schrumpft und schließlich stirbt die Art aus. Bei diesem Prozess spielen Umweltfaktoren und Verdrängungswettbewerb die wichtigsten Rollen. Die Verdrängung geschieht oft durch eine Tochterart, die besser an die Umwelt oder die inzwischen veränderten Bedingungen angepasst ist. Die Lebensdauer der einzelnen Arten ist zwar unterschiedlich, hält sich in der Regel aber doch in bestimmten zeitlichen Grenzen. Zum normalen Entwicklungs-Aussterbe-Zyklus kommen noch regionale und globale Katastrophen hinzu, die zu einem zusätzlichen, abrupten Massenaussterben führen können. Auch das Devon wurde von zahlreichen Aussterbeereignissen heimgesucht.
Für unsere Rhynchonelliden des Devons bedeutet das, dass eine in der Zeittafel aufgeführte, ungewöhnlich große Reichweite einer Art darauf hinweisen kann, dass es sich hier nicht um eine einzige Art, sondern um eine Art und eine oder mehrere zeitlich nachfolgende Tochterarten handelt. Leider ist es in der Paläontologie nicht einfach Arten zu unterscheiden. Eine Art ist schließlich definiert als Fortpflanzungsgemeinschaft. Eine Genanalyse, wie sie bei rezenten Lebewesen möglich ist, scheidet leider aus, ebenso ein Studium der Organe und der sonstigen Weichteile. Es bleiben bei Brachiopoden leider nur die fossilen Relikte der Schalen und der Innenskelette. Nur wenn hier deutliche Merkmalsunterschiede zu erkennen sind, wird der Paläontologe eine neue Art diagnostizieren.
Daraus folgt, wenn in der Literatur ein und dieselbe Art in zwei zeitlich weit auseinander liegenden Formationen erwähnt wird, ist immer Vorsicht geboten. In der Regel wird es sich um verschiedene Arten handeln, auch wenn die äußeren Merkmale ähnlich sind. Sogenannte ‚Durchläufer‘ sind äußerst selten.
Es gibt noch einen weiteren Einfluss, der die Reichweitenangabe einer Art erschwert. Eine Art kann im Laufe ihres Entwicklungszyklus die geographische Lage ihres Verbreitungsgebiets verändern. Das heißt, sie kann in unterschiedliche Regionen in zeitlich verschiedenen Formationen auftauchen. Entsprechend können die Reichweiten in den unterschiedlichen Regionen verschieden sein. Hinzukommende Probleme bei der Parallelisierung der regionalen Formationen führen dazu, dass die Reichweite der Arten in dieser Arbeit oft relativ großzügig ausgelegt werden musste, um allen regionalen Besonderheiten gerecht zu werden. Alternativ müsste man sonst für jede Region die Reichweiten getrennt auflisten.
Die Reichweiten sind bei der Beschreibung jeder einzelnen Art angegeben aber auch am Ende des Buchs in einer Zeittafel zusammengefasst. Hier werden die Reichweiten in Relation zu gut bekannten Formationen, meist aus der Region Eifel, dargestellt. Die regionalen Unterschiede der Formationen konnten nicht berücksichtigt werden.
Konventionen
Die Auflistung der Synonyme erfüllt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Es wurde versucht die wichtigsten Synonyme, aber auch häufig unrichtigerweise benutzte Namen und falsche Schreibweisen aufzuführen.
Die in der älteren Literatur häufig benutzten und wenig aussagekräftigen Gattungsnamen sind meist nur abgekürzt wiedergegeben: T. = Terebratula und Rh. = Rhynchonella und in der Regel auch nicht als Synonyme aufgeführt, wenn sich das grammatische Geschlecht des Artnamens nicht geändert hat.
Fundorte außerhalb Deutschlands sind in der Regel nicht detailliert aufgelistet. Es sind aber oft die Länder in verkürzter Form angegeben, in denen die Art vorkommt. Für die Abkürzung wurden die Kfz-Nationalitätenkennzeichen verwendet (z.B. B=Belgien, PL=Polen). Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die direkten Nachbarländer wurden dabei bevorzugt. Weiter entfernte Länder nur in Einzelfällen erwähnt.
In der Regel sind in diesem Buch nur in Deutschland vorkommende Arten berücksichtigt worden. Bei einigen aus europäischen Nachbarländern bekannten Arten kann aber nicht ganz ausgeschlossen werden, dass sie auch in Deutschland auftreten könnten, obwohl keine oder nur wenig gesicherte Fundmeldungen vorliegen. Das gilt besonders für belgische und auch französische Arten, die in der Osteifel oder der Region Aachen vorkommen könnten und auch für böhmische und polnische Arten, die eventuell rechtsrheinisch zu finden sind. Diese weniger wahrscheinlichen Arten sind, soweit möglich, dennoch berücksichtigt worden.
Die Beschreibung einer Art beginnt immer mit der Längenangabe. Diese Angabe ist zwar nur ein ungefähres Maß, sollte aber stets genau beachtet werden, denn es gibt verschiedene, homöomorphe, d.h. gleich aussehende Arten, die sich aber in der Größe unterscheiden. Ebenso ist bei Abbildungen auf die Längenangabe zu achten, da Belegstücke meist vergrößert abgebildet sind.
Der Umriss eines Brachiopoden zeigt sich bei der Sicht auf die Armklappe und in gleicherweise bei der Sicht auf die Stielklappe. Bei einem Foto muss dazu die Seitenkommissur waagerecht in der Ebene des Fotos liegen. Für eine zeichnerische Darstellung gilt das analog. Leider ist das nicht immer leicht zu realisieren, so dass der sichtbare Umriss verzerrt wird und sich eine Diskrepanz zwischen Beschreibung und Abbildung ergeben kann. In diesen Fällen sollte man eher der Beschreibung vertrauen.
Die aus der Literatur übernommen Abbildungen sind mit den Informationen versehen, die in Originalliteratur vorgegeben waren. Sofern der Namen einer Art hierbei nicht mehr mit dem heute gebräuchlichen Namen übereinstimmt, so ist er nicht fett gedruckt. Sollte der Namen noch übereinstimmen, so ist er fett gedruckt. Das gilt insbesondere für die fotografische Wiedergabe von Belegstücken. Hier ist der Name fett gedruckt, da es sich stets um den aktuell gültigen Namen handelt.
Die in Deutschland auftretenden, devonischen Faunen besitzen Beziehungen und Überschneidungen vorwiegend mit Faunen aus Belgien, Frankreich, Böhmen, Polen und auch Marokko. Einige Arten haben ihr Hauptvorkommen außerhalb Deutschlands und wurden für außerdeutsche Typregionen erstbeschrieben. In diesen Fällen wurde versucht, auch Belegstücke dieser Länder abzubilden.
Nomenklatur
Der Name eines Tieres – das gilt für fossile wie rezente Tiere – ist nach strengen Regeln aufgebaut, die von der ICZN (International Commission on Zoological Nomenclature) festgelegt wurde. Er ist im Wesentlichen aufgebaut aus dem Gattungsnamen (großgeschrieben), dem Artnamen (kleingeschrieben), dem Namen des Erstbeschreibers und dem Jahr der Veröffentlichung der Erstbeschreibung. Nach den Regeln wird der Name einer Art nach dem Prioritätsprinzip festgeschrieben, d.h. der Name, den der Erstbeschreiber vergeben hat, ist immer vorrangig vor später vergebenen Namen. Er ändert sich nicht mehr, es sei denn, er wird aus anderen Gründen für ungültig erklärt (z.B. Mehrfachbenutzung desselben Namens). Die Zuordnung einer Art zu einer Gattung kann sich allerdings im Laufe der Zeit durch neue Forschungsergebnisse ändern. Es kommt immer wieder vor, dass neue Gattungen kreiert werden und altbekannte Arten diesen zugeschrieben werden. Nicht immer finden diese Änderungen in der Systematik allgemeine Anerkennung. Leider ist die Paläontologie keine so exakte und nachvollzielbare Wissenschaft wie die Mathematik. Vieles beruht auf Interpretation und die kann unter Umständen auch sehr subjektiv sein. Die in diesem Buch benutzten Gattungsnamen stellen nach bestem Wissen den derzeitigen Stand der...
Erscheint lt. Verlag | 16.3.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik |
ISBN-10 | 3-7504-8677-8 / 3750486778 |
ISBN-13 | 978-3-7504-8677-5 / 9783750486775 |
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