Der Boden - das verborgene Universum zu unseren Füßen (eBook)

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2019 | 1. Auflage
192 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-7246-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Boden - das verborgene Universum zu unseren Füßen -  Ina Sperl
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Der Boden: Er bildet die Grundlage für das ganze Leben auf der Erde - von der freien Natur, über die bewirtschafteten Felder bis hin zum eigenen Garten. Dafür hat er mehr Aufmerksamkeit verdient: Wer genauer hinsieht, wird erkennen, dass der Boden ein faszinierender Mikrokosmos für sich ist. Hier ereignen sich wirklich erstaunliche Dinge: So sorgen zahlreiche Kleinstlebewesen dafür, dass Nährstoffe aus Mineralstrukturen und abgestorbenen Pflanzenteilen gelöst werden und machen sie so für Pflanzen verfügbar. Dieser erzählende Ratgeber nimmt den Leser mit auf die Reise in die Welt unter unseren Füßen und erklärt anschaulich das Zusammenspiel zwischen Bodenlebewesen, Düngung, Bodenbearbeitung sowie gesunden Pflanzen. Es ist spannend zu sehen, welche Einflüsse die industrielle Landwirtschaft auf die Böden der Äcker und der Natur hat. Und ganz nebenbei gibt es praktische Tipps, wie man das Bodenleben im eigenen Garten fördern kann und in der Folge mit prächtigen Pflanzen belohnt wird.

Ina Sperl studierte Kunstgeschichte und Ethnologie in Aachen, Münster, Manchester/UK und Leiden/NL. Seit 1999 arbeitet sie als Journalistin und schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine (z. B. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, WDR Print, Garten Design Inspiration, Gartenpraxis, Gardens Illustrated). Gärten und Gärtnern sind ihre Leidenschaft (seit 2001 Gärtnern auf Kölner Balkons, seit 2013 eigener Garten). Sie hat bereits verschiedene Gartenbücher bei Ulmer veröffentlicht (Wildobst - Schlehe, Hagebutte und Co. Für meinen Garten; Grüne Leidenschaften - 16 Gartenprofis ins Beet geschaut; die Vielfalt kehrt zurück - Alte Gemüsesorten nutzen und bewahren).

Ina Sperl studierte Kunstgeschichte und Ethnologie in Aachen, Münster, Manchester/UK und Leiden/NL. Seit 1999 arbeitet sie als Journalistin und schreibt für verschiedene Zeitschriften und Magazine (z. B. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, WDR Print, Garten Design Inspiration, Gartenpraxis, Gardens Illustrated). Gärten und Gärtnern sind ihre Leidenschaft (seit 2001 Gärtnern auf Kölner Balkons, seit 2013 eigener Garten). Sie hat bereits verschiedene Gartenbücher bei Ulmer veröffentlicht (Wildobst – Schlehe, Hagebutte und Co. Für meinen Garten; Grüne Leidenschaften – 16 Gartenprofis ins Beet geschaut; die Vielfalt kehrt zurück – Alte Gemüsesorten nutzen und bewahren).

Hinweis zur Optimierung
Impressum
Vorwort
Das unbekannte Universum
Menschengemachte Erde
Die eigene Scholle
Nachwort
Service
Dank
Die Autorin

BODEN IST VIELSCHICHTIG: ER HAT GANZ UNTERSCHIEDLICHE FUNKTIONEN


3,6 MILLIARDEN

In einem Teelöffel voller Gartenerde tummeln sich unvorstellbar viele Bakterien. Sie sind mit bloßem Auge nicht zu erkennen.

BODEN IST WANDEL

Auch wenn er statisch scheint, verändert er sich ständig. Wind und Regen tragen ihn ab, organisches Material wird zu neuem Humus.

Ein Teelöffel voll Erde. Schwerer als gedacht. Sechs Gramm bringen die braunen Krümel auf die Waage. Die Erde duftet leicht moderig, nach Vergänglichkeit, aber auch nach Wachstum. Sandkörnchen befinden sich darin und kleine Pflanzenstücke, einen Zentimeter lange Halme und Teile von Blättchen, schon braun und weich, im Vergehen begriffen. Zwischen den Fingern lässt sich die Erde zusammendrücken, die Klümpchen kleben aneinander wie trockener Kuchenteig und färben die Finger braun. Partikel, die sich unter die Fingernägel setzen, lassen sich nur schwer wieder wegbürsten. Das Häufchen Erde sieht unbelebt aus. Doch der Eindruck täuscht – auch wenn kein Wurm, keine Assel und kein Springschwanz mit auf den Teelöffel gekommen sind. In diesen sechs Gramm ist unvorstellbar viel Leben. Gut, dass menschliche Augen nicht alles sehen können, denn unser Hirn wäre heillos überfordert: Rund 3,6 Milliarden Bakterien tummeln sich in diesen Klümpchen – 600 Millionen pro Gramm Erde. Bakterien, die dazu beitragen, dass der Boden fruchtbar ist. Winzige Bodenalgen leben in einer Gemeinschaft mit ihnen und auch unsichtbare Pilzfäden durchziehen die Krümel.

Der Boden unter unseren Füßen lebt. Wer nicht gärtnert, nimmt das kaum wahr. Aber auch wer regelmäßig mit Erde zu tun hat, Gemüse anbaut, Bäume pflanzt oder Häuser baut, erhascht nur einen kleinen Einblick in dieses unbekannte Universum. Da springen winzige Tiere weg, Würmer winden sich, Asseln laufen behände unter einen Stein. Gräbt man tiefer, fallen die Schichten auf. Unter dem dunklen Humus-Horizont wird es gelb und lehmig, grau und steinig oder sandigporös. Noch tiefer liegt das Gestein, aus dem sich der Boden gebildet hat. Ein solcher Querschnitt zeigt, wie dünn die fruchtbare Schicht ist. Manchmal kaum mehr als eine Handbreit Humus, in dem Pflanzen wurzeln können. Im Vergleich zum Durchmesser der Erdkugel ist die Hülle, von der alles Leben abhängt, hauchdünn.

Dennoch wird der Boden als selbstverständlich hingenommen. Er ist da, trägt Menschen und Häuser. Autos fahren auf ihm, Weizen und Bäume wurzeln in ihm. Keller sind vom Erdreich umgeben, Tunnel führen mitten durch ihn hindurch.

Gärtnerglück: Bei guter Planung können auch wenige Quadratmeter Boden eine reiche Ernte hervorbringen. Dann ist kaum mehr Erde zu sehen im Gemüsebeet.

RESSOURCE UND DENKMAL


Für die Landwirtschaft ist Boden eine Ressource. Wertvoll ist hier die fruchtbare Erde: dicker Mutterboden mit viel Humus, der dem Weizen die Nahrung zum Wachsen gibt und Kohlköpfe groß werden lässt. Die Erde muss Ertrag bringen, denn von der erwirtschafteten Summe pro Hektar lebt der Betrieb. Je nach Lage und Beschaffenheit kann dieser Wert ganz unterschiedlich ausfallen. So hatte ein Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche im Saarland 2017 einen Kaufwert von 10 000 Euro, in Bayern von mehr als 60 000 Euro.

Künftig dürfte sich der Wert des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens vervielfachen. Denn kaum mehr als ein Drittel der Erdoberfläche, die nicht von Wasser bedeckt ist, lässt sich überhaupt landwirtschaftlich nutzen – rund 34 Prozent des Festlands. Für einen intensiven Landbau eignen sich allerdings nur zwölf Prozent. Rein rechnerisch entfallen derzeit noch ausreichende 2000 Quadratmeter auf jeden Menschen – eine Zahl, die jedoch im Verhältnis zur steigenden Bevölkerungszahl rapide sinkt (>). Denn Boden ist endlich, er wächst nicht proportional mit. Im Gegenteil: nutzbare Flächen degradieren durch Erosion und schrumpfen durch Bebauung. Künftig wird mehr guter Ackerboden benötigt, stattdessen verlieren wir ihn jedoch.

Für pflanzenliebende Menschen und Hobbygärtner in der Stadt ist Boden ein äußerst wertvolles Gut, das weniger in Geld als in Zeit berechnet wird. Mitunter wird jahrelang auf einen Schrebergarten gewartet. Das Stückchen Erde, auf dem nach eigenen Vorstellungen gegärtnert werden kann, lässt sich kaum in Gold aufwiegen. Hier produziert der Boden nicht nur Lebensmittel, sondern auch Freude und Glück, wenn die Erdbeeren geerntet oder die Frühkartoffeln ausgebuddelt werden. Wenn der Flieder seinen Duft verbreitet oder der neu gepflanzte Kirschbaum die ersten Früchte trägt. Im Garten ist der direkte Bezug zur Erde möglich. Sie klebt an den Fingern und offenbart ihre Eigenschaften, indem sie manche Pflanzen besser wachsen lässt als andere.

Kostbar ist Boden aber auch als Bauland. Dann ist er teurer. Für Makler ist Boden ein wirtschaftlicher Wert, ein Gut, das zeitlich unbegrenzt nutzbar ist – ganz im Gegensatz zur Bebauung. Daraus errechnet sich ein Bodenrichtwert, der je nach Lage völlig unterschiedlich ausfallen kann. Am wertvollsten als Bauland ist Boden in Großstädten. Er trägt die Immobilie, die seinen Wert noch erhöht. So kann ein einziger Quadratmeter Bauland für ein Einfamilienhaus in München je nach Stadtteil bis zu 3000 Euro kosten, etwa das Zehnfache von dem, was in Leipzig gezahlt werden muss. Das, was nicht bebaut wird, ist Weg, Zufahrt und Garten – oft wenig genug, wenn auf einem 250-Quadratmeter-Grundstück ein Haus mit fünf Zimmern untergebracht werden muss.

Auch für die Wissenschaft ist Boden wertvoll. Aus Sicht der Archäologen zum Beispiel ist er Denkmal und Urkunde zugleich. Im Boden erhalten sich Relikte menschlichen Daseins über Jahrtausende, Eichenpfähle von Bauwerken zum Beispiel. Aus den Schichtungen kann man ablesen, was sich abgelagert hat, und Rückschlüsse auf die Erdgeschichte ziehen.

Je nach Perspektive bedeutet Boden also etwas anderes. Immer erfüllt er jedoch Funktionen, die gar nicht genug gewürdigt werden können. Er speichert Regenwasser, filtert den Staub aus der Luft, nimmt Schadstoffe auf, speichert erhebliche Mengen Kohlendioxid. Er verwandelt Gestein zu Tonmineralien und Pflanzenreste in Humus. Er ist Lebensraum eines ganzen unbekannten Kosmos mit ungeahnter Artenvielfalt, die den überirdischen Reichtum noch übertrifft. Er ist die Grundlage des pflanzlichen Wachstums, das nicht nur die Nahrung für Menschen und Tiere bildet, sondern überhaupt erst die Luft zum Atmen produziert. Denn gäbe es keine Pflanzen, so hätten wir auch keinen Sauerstoff, der das Leben ermöglicht.

Nahtlos fügt sich der Acker in die Landschaft ein. Ohne schützende Pflanzendecke liegt die Erde bloß. Doch das Feld ist bestellt, bald wird es hier sprießen.

BODEN VERÄNDERT SICH


Die Endmoränen des Alpenvorlands. Die markanten Hügel des Siebengebirges. Der fruchtbare Löss der Magdeburger Börde, die Geesten Norddeutschlands. Landschaften und damit die Böden scheinen naturgegeben und unveränderlich. Doch das trügt. Die Erde ist ständig in Bewegung. Für das menschliche Zeitempfinden, das Jahrzehnte bis Jahrhunderte umfasst, sind diese Prozesse kaum merklich. Aber Boden wächst – mit einer nicht wahrnehmbaren Langsamkeit von einem knappen Zentimeter pro Jahrhundert – oder wird, vergleichsweise rasant, abgetragen. Er muss also mit einer zeitlichen Dimension betrachtet werden. Was wir sehen, ist immer nur ein Stadium. Berge heben sich, die Erosion kratzt an den Oberflächen. Nichts bleibt so, wie es ist.

Der Boden, den wir kennen, ist über Jahrtausende gewachsen. Ein Prozess, der in einem ganz eigenen Tempo abläuft, so unendlich langsam, dass er sich von unserem Verstand kaum erfassen lässt.

Gestein, das der Witterung ausgeliefert ist, bekommt Risse. Durch diese dringt Feuchtigkeit ein. Bei Kälte gefriert das Wasser, Gestein platzt auf und zerbricht in immer kleinere Stücke. Ähnliches geschieht auch ohne Wasser, wenn die Temperaturen zwischen Tag und Nacht stark schwanken, oder auch durch eindringendes Salz. So verwandeln sich durch die physikalische Verwitterung große Gesteinsbrocken allmählich in kleine Brösel.

Irgendwann siedeln sich dann die ersten pflanzlichen Organismen an. Durch Wasser oder auch durch Kohlensäure, die aus Regen in Verbindung mit Kohlendioxid entsteht, lösen sich die Mineralien aus dem aufgebrochenen Gestein. Diese chemische Verwitterung macht Nährstoffe verfügbar, die das Wachstum von Pflanzen überhaupt erst ermöglichen.

Wo etwas wächst, vergeht es auch. Totes Material von Blättern und Stängeln, aber auch die Überreste von tierischen Organismen, bilden eine organische Masse. Aus ihr entsteht nach und nach eine Humusschicht. Wenn sie eine gewisse Tiefe erreicht hat, zum Beispiel 30 Zentimeter, bildet sich ein sogenannter Unterboden.

Er ist weniger belebt, doch in ihm sammeln sich im Laufe der Zeit verschiedene Stoffe aus den oberen Schichten an.

Boden kann aber auch durch Ablagerungen entstehen. Löss zum Beispiel wurde durch den Wind herbeigetragen und lagerte sich ab. Ein aus Schluff bestehendes Sediment, dessen Schichten häufig noch gut zu erkennen sind. Auf Löss entstehen die fruchtbarsten aller Ackerböden, da sich die Mineralien aus dem porösen Sediment leicht lösen: Man nennt sie Schwarzerden, Braunerden sowie Parabraunerden (>).

Die Entstehung des Bodens wird beeinflusst von Gestein, Klima und Landschaftsrelief, aber auch durch die Fauna, Flora und den Menschen. Die sogenannte Pedosphäre, die belebte...

Erscheint lt. Verlag 2.12.2019
Reihe/Serie GU Natur
GU Natur
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Garten
Technik
Schlagworte agrarböden • Artenschutz • Artenvielfalt • Balkonpflanzen • Bepflanzung • Biogarten • Biologie • Boden • Bodenbearbeitung • bodengeheimnisse • Bodengesundheit • bodenkosmos • Bodenleben • Bodenlebewesen • Bodenschutz • Botanik • das verborgene universum im boden entdecken • Dünger • Entdeckungsreise • Garten • Gartenboden • Gartenbuch • Gartenerde • Gartengeräte • Gartengestaltung • Gartenpflanzen • Gartenpraxis • Gartenteich • Gartentipps • Gärtnern • geheimes leben entdecken • Gesund • GU • Kompost • Kompostieren • Landwirtschaft • Mikrokosmos • Mikroorganismen • Mischkultur • nachhaltig • Nachhaltigkeit • Natur • Naturgarten • Naturschutz • Ökologie • Pflanzen • Pflanzenwachstum • Pflanzenwelt • Schützen • Selbstversorger • Tiere • Tierwelt • Überdüngung • Umwelt • winterharte • Zimmerpflanzen • Zusammenhänge • zusammenspiel tiere-pflanzen
ISBN-10 3-8338-7246-2 / 3833872462
ISBN-13 978-3-8338-7246-4 / 9783833872464
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