Raum und Zeit -  Gottlieb Twerdy

Raum und Zeit (eBook)

nach Einstein und Hawking
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2018 | 1. Auflage
392 Seiten
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99084-280-5 (ISBN)
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Die Raumzeit ist ein Käfig aus Koordinaten. Was will sie gefangen halten? Die Bewegung. Doch unterdessen entwischen ihr die Körper. Was tun sie? Indem die Körper Inhalt und Form wechseln, bringen sie ihre Bewegung aus sich hervor, sowie deren beiden Teile: Raum und Zeit. Die imaginäre Zeit ist eine unzerstörbare Uhr, die auch die Mathematik nicht zerlegen kann. Nur geht sie chronisch verkehrt: vom Ende bis zum Anfang.

Ausbildung: Dipl. Ing., Ziviltechniker Beruf: Architekt, freischaffend Berufung: Philosophie, Literatur, Musik geboren 1952, lebe im Raum Wien

DIE ZEIT

A: Der Raum ist die eine Seite im innersten Widerspruch der Materie, er ist das Werden der Form. Wir kommen nun zur Untersuchung der anderen Seite in diesem Widerspruch, zum Werden des Inhalts. Der Stoffwechsel zeitigt nicht nur seine Form, den Raum, sondern auch seinen Inhalt.

B: Der Inhalt des Stoffwechsels, das sind doch die Dinge selbst, oder zumindest das, was sie austauschen. Was sollte das Werden des Inhalts anderes sein als das Werden der Dinge?

C: Sollten wir nicht das Werden der Dinge vom Werden ihres Austausches unterscheiden? Die Dinge sind das Ergebnis auf Seiten des Körpers. Aber was wird zwischen den Körpern?

A: Das Werden muss auf beiden Seiten stattfinden, damit es funktioniert. Es muss auf beiden Seiten Ergebnisse hervorbringen, sonst findet das Werden nicht statt.

C: Das Werden der Dinge muss die Zeit sein. Wenn alles in der Zeit wird, dann ist sie das Werden. Auf diese Weise sind alle Dinge im Werden.

A: Da sehen wir besser nach. Wir denken die Zeit zuerst als das Kommen und Gehen von einem Ding, von einem Ereignis, sagen wir, von einem Etwas.

C: Das Alte geht unter und das Neue kommt aus dem Alten hervor. Das ist die Veränderung, sie ist das Werden aller Dinge oder Ereignisse.

Die Veränderung

B: Ich schaue lieber auf die Uhr, wenn ich an die Zeit denke.

A: Du glaubst eben nur an das Maß. Aber selbst deine Uhr muss sich verändern, nämlich so wie die Zeit. Deine Uhr liefert nur einen Vergleich.

B: Was wird verglichen?

C: Wenn wir die Zeit mit Uhren und Kalendern abbilden, dann beobachten wir das Kommen und Gehen von Ziffern, die für uns zählen, die uns das Zählen abnehmen. Wir können auch das Kommen und Gehen von Sonne und Mond aufzeichnen, oder von Pflanzen und Tieren, oder von Generationen, von biologischen Arten und von geologischen Schichten.

A: Wir erhalten einen ersten Begriff von der Zeit, indem wir Veränderungen vergleichen. Was hat sich wie verändert, während anderes gleich blieb oder sich vergleichbar veränderte? So gehen wir vor, wenn wir die Zeit suchen, erwägen, beurteilen, messen wollen.

Alsbald beginnen wir, Regelmäßigkeiten in den beobachteten Veränderungen zu erkennen, zu notieren und zu zählen. Wir zählen ihre Wiederkehr und schreiben sie der Zeit zu.

B: Die Dinge verändern sich, weil die Zeit voranschreitet. Die Zeit ist nicht nur die Veränderung, sondern auch der Grund der Veränderung.

A: Nein. Kinder wachsen nicht, bloß weil die Zeit vergeht. Die Zeit ist kein Grund, keine Ursache. Das Wachsen hat andere Gründe.

B: Aber ich werde doch alt, weil die Zeit vergeht.

A: Du wirst alt, während die Zeit vergeht, aber nicht, weil die Zeit vergeht. Du bist ja auch nicht geboren worden, nur weil die Zeit verging oder irgendwie vertrieben wurde.

B: Aber sterben darf ich, wenn meine Zeit abgelaufen ist.

A: Nein, sterben wirst du dann, wenn du zu schwach zum Leben geworden bist. Nicht deine Zeit läuft ab, sondern dein Leben. Du hast keine Reiter im Genick, kein Schicksal und keine Kräfte, so wie keines deiner Atome. Du und sie alle tun nur, was sie können, solange sie es können.

B: Da habe ich kein bisschen Energie, sondern bloß viel Arbeit. Du willst mich auf das beschränken, was ich absorbiere und emittiere.

A: Nein danke, das musst du schon selber entscheiden. Du bist für dich selbst verantwortlich. Du kannst deine Chancen nur nutzen, wenn du das begreifst und dein Leben danach ausrichtest.

B: Wenn mir die Zeit nicht hilft, dann werde ich mich schlecht verändern können. Dann bleib ich lieber der Alte.

A: Wenn du derselbe bleibst, während dir die Zeit davon läuft, dann findet alle Veränderung ohne dich statt. Nicht die Zeit entscheidet, was sich an dir verändert, und was nicht. Das tust du vielmehr selbst.

C: Wir zählen die Veränderungen in der Zeit. Also ist die Zeit verschieden von der Veränderung. Die Veränderung findet statt, während die Zeit das bleibt, was sie ist, nämlich die Zeit.

B: Die Zeit ist der Grund für die Veränderung, nicht auch die Veränderung selbst. Der Grund bleibt gleich, die Zeit ist beharrlich.

C: Nein, das kann nicht sein, die Zeit schreitet selbst auch fort. Auch sie bleibt nicht, was sie ist.

A: Wie soll denn ein beharrlicher Grund die Veränderung hervorbringen? Außerdem, wenn die Zeit der Grund aller Veränderung sein soll, was ist dann der Grund für die Veränderung der Zeit?

B: Auch eine fortschreitende Zeit bleibt noch immer eine Zeit. Die Zeit verändert sich dabei nicht, wenn sie fortschreitet. Es ist doch nur ihr Wesen, fort zu schreiten. Also bleibt dieses Wesen immer gleich.

Die Zeit selber steht still, weil sich ihr beharrliches Wesen nicht verändert. Was fortschreitet, das sind nur die Veränderungen in der Zeit. Was fortschreitet, ist nur das, womit die Zeit gemessen wird.

C: Der Grund aller Veränderungen soll selbst still stehen? Wie bewegt er dann etwas?

A: Anscheinend sollten wir zuerst klären, ob die Zeit selbst in Bewegung ist, oder ob sie ruht.

B: Wie willst du das klären? Kannst du eine ruhende Zeit messen? Auf einer kaputten Uhr kannst du vielleicht die Dicke der Staubschicht messen, aber da ruht nicht die Zeit, sondern der Staub.

C: Nicht die Zeit wirbelt den Staub auf, und sie bringt ihn auch nicht zur Ruhe, sondern das muss die Luft tun. Wenn die Luft beides kann, sich bewegen und ruhen, so fragen wir, was tut unterdessen die Zeit?

B: Sofern sie etwas tut. Die Zeit steht still. Du kannst die Zeit anhand der Staubdicke messen, überhaupt anhand jeder Veränderung.

C: Das Maß muss vom Gemessenen verschieden sein. Das Maß der Zeit muss etwas anderes sein, als die Zeit selbst. Die Zeit muss etwas anderes sein als jede Veränderung, als alle Veränderung.

B: Die Zeit steht still. So liefert sie den Vergleich, und damit die Anzahl der Veränderungen.

C: Die Zeit muss auch etwas anderes sein, als die Zahl der Veränderungen, die in ihr vorgehen.

B: Dann ergibt sich die Zeit als die Veränderung selbst.

C: Vorne stand sie still, nach deinen Angaben.

B: Die Zeit ist der ruhende Grund aller Veränderung.

A: Eine Veränderung ist immer substanziell, nämlich der Wechsel von Form und Inhalt eines Körpers. Wenn die Substanz des Körpers wechselt, sich erneuert, so ändert sie zugleich ihre Form. Den Formwechsel haben wir bereits als den Raum ausgemacht. Er ist das Werden der Form.

Was bleibt, das ist der Wechsel des Inhalts. Die Zeit muss das Werden des Inhalts sein.

B: Da ist der Substanzwechsel die Zeit. Wenn der Substanzwechsel die Zeit sein soll, was unterscheidet dann die beiden?

A: Der Substanzwechsel ist ein stofflicher, materieller Vorgang, nämlich der Austausch von Inhalten oder Teilen.

B: Die Zeit besteht auch dann, wenn aktuell keine Inhalte ausgetauscht werden, wenn die Körper und ihre Substanz ruhen. Das kann zwar immer nur vorübergehend geschehen, aber dennoch muss es geschehen, sonst gäbe es die Körper nicht.

A: Du verteidigst die Beharrlichkeit der Körper, ihre Dauer. Lediglich zwischen Absorption und Emission ruhen die Körper.

C: Die Zeit besteht allerdings auch in diesen Intervallen des Stoffwechsels, denn die Körper wechseln nicht alle gleichzeitig Stoff. Während ein Körper emittiert, absorbiert ein anderer. Während die Zeit für einen Körper ruht, schreitet sie für einen anderen voran.

B: Die Zeit kann also nicht das Resultat der materiellen Veränderung der Körper sein. Denn das sind freilich die Körper selbst.

C: Die Zeit kann auch nicht der Grund dieser Veränderung sein, denn das sind abermals die Körper selbst. Der materielle, faktische Grund aller Veränderung liegt im Stoffwechsel der Körper, in ihrem Wechsel von Absorption und Emission, in ihrer Erhaltungsarbeit.

B: Können Erhaltungsarbeit und Veränderung nicht aufhören? Wenn sie aufhören, dann steht wohl die Zeit still.

C: Solange beide nicht aufhören, solange bewegt sich die Zeit. Daraus ergibt sich, dass die Zeit kein Grund der Veränderung sein kann, sondern ihrerseits eine Folge der Erhaltungsarbeit sein muss. Die Erhaltungsarbeit bestimmt sowohl die Veränderung als auch die Zeit.

B: Kann die Erhaltungsarbeit nicht aufhören?

A: Ich denke, nein. Wenn die Welt aus vereinten Teilen besteht, dann müssen alle Teile stoffwechseln, damit sie zustande kommen und bestehen bleiben. Was am Austausch der Inhalte nicht Teil nimmt, das wirkt nicht länger mit, das büßt seine Wirklichkeit ein. Kann die Erhaltungsarbeit nicht aufhören, so kann auch die Veränderung nicht aufhören.

B: Was bedeutet es, seine Wirklichkeit einzubüßen? Verschwinden solche Teile aus der Welt?

A: Sie tauchen nie auf. In der Welt macht es keinen Unterschied, ob ein absoluter Körper besteht oder nicht besteht, weil er seine Mitwirkung verweigert. Was keinen Unterschied macht, das ist ohne...

Erscheint lt. Verlag 15.10.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Technik
ISBN-10 3-99084-280-3 / 3990842803
ISBN-13 978-3-99084-280-5 / 9783990842805
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