Kai Strittmatter, Jahrgang 1965, studierte Sinologie in München, Xi’an (Volksrepublik China) und Taipei (Taiwan). Für die »Süddeutsche Zeitung« war er ab 1997 acht Jahre lang Korrespondent in Peking. Von 2005 bis 2012 berichtete er für die SZ von Istanbul aus über die Türkei und Griechenland, von 2012 bis 2018 war er wieder deren Korrespondent in Peking. Inzwischen ist er Skandinavien-Korrespondent für die Zeitung. Er gilt als einer der besten China-Kenner Deutschlands. Bei Piper von ihm erschienen: »Gebrauchsanweisung für China«, »Gebrauchsanweisung für Istanbul«, »Die Neuerfindung der Diktatur« und »Chinas neue Macht«.
»Eine herzenswarme, kluge China-Einführung, virtuos aufgeschrieben.«
»Leser bekommen spannende Einblicke in das Land, in dem weiß die Farbe der Trauer ist, Pandas für die Regierung arbeiten und die Kommunisten selbst die frechste Fälschung sind.«
ShiDer Anfang ...... ist in diesem Buch da, wo in chinesischen Büchern traditionell das Ende ist. Seit Tausenden von Jahren lesen Chinesen von rechts nach links, also von hinten nach vorn. Was auch wieder Blödsinn ist, weil: Unser Hinten ist ihr Vorn. Wenn sie lächeln sollen für ein Foto, sagen Chinesen nicht auf Englisch "Käse", sondern auf Chinesisch "Aubergine". Sie "essen" ihre Suppe nicht, sondern "trinken" sie, und sie tun das nie vor, sondern stets nach dem Essen. Dafür stellen sie den Nachnamen vor den Vornamen. Im Herzen sitzt bei ihnen die Vernunft, und weiß ist die Farbe ihrer Trauergewänder. Amerika nennen sie das "Land der Schönheit" und Deutschland das "Land der Tugend".Höchste Zeit für einen Kompass.Zhi nan zhenKompass.Oder: Am Ende trifft man sich dochChinesische Erfindung wie auch Fußball, Buchdruck oder Papier (alles Altertum) und Obstsalat mit rosa Mayonnaise (Peking, Anfang des 21. Jahrhunderts). Wurde wie alle chinesischen Spielereien vom Abendland schamlos geklaut und nachgebaut, bekam jedoch von seinen Erfindern einen genialen Kopierschutz verpasst, den der Westen bis heute nicht knacken konnte weil er ihn noch nicht einmal bemerkt hat. An dieser Stelle sei das Geheimnis verraten:Der Kompass zeigt nach Süden.Zhi nan zhen ist die "Nadel, die nach Süden zeigt", und seit Jahrhunderten kichern sich Chinesen in den Bart, wenn sie Europäer mit dem Kompass in der Hand nach Norden laufen sehen. Die Nadel mag die gleiche sein, in ihrer Deutung gehen Ost und West diametral auseinander. Ähnliches lässt sich beobachten, wenn die beiden sich unterhalten: Man verwendet die gleichen Begriffe und denkt doch in entgegengesetzte Richtungen. Kommunismus ist eines dieser trügerischen Worte, manchmal auch Liebe.Können sie also je zusammenkommen, China und der Westen? Warum nicht: Letztlich haben sie das gleiche Ziel, die nach Norden und die nach Süden rennen solange die Welt nur rund bleibt.Zhong wenChinesisch.Oder: Fremde ZeichenEinmal hatte ich im Zug von München ins Allgäu eine Begegnung mit einem jungen Burschen, der sich besoffen auf seinen Sitz warf, hernach das amerikanische Pärchen auf der anderen Seite des Ganges anpöbelte und ihnen zum Abschied neben den Rucksack kotzte, kurz: jemand, den wir in meiner Heimat ein "Mords-Rindviech" heißen, und es ist mir die Vorstellung doch unangenehm, der Amerikaner wäre zufällig Reiseschriftsteller gewesen und jener Betrunkene tauchte später in einem Buch über die Deutschen als Vertreter der bayerischen Lebensart auf.Obwohl.Es begibt sich aufs glatte Eis, wer die Chuzpe besitzt, aus zufälligen Erfahrungen und Begegnungen allgemeine Schlüsse zu ziehen. Gerade darum möchte ich beginnen mit sieben Widerreden gegen hartnäckige China-Gemeinplätze. Völkerverständigung ist ja nicht nur deshalb etwas Schönes, weil man im Zuge derselben viele hübsche fremde Frauen und Männer kennenlernen kann, die in einem solchen Falle stets das Prädikat "exotisch" tragen, sondern vor allem, weil sie hilft, "Vorurteile abzubauen".Der Leser leiste mir also Gesellschaft bei diesem löblichen Brauch und sehe es als eine Art vorbeugenden Ablasshandel gegen all die Sünden, deren ich mich in den folgenden Kapiteln schuldig mache. Folgendes, lieber Leser, sind Klischees und Märchen, die Sie bitte umgehend aus der "Ich sag jetzt einfach mal"-Windung Ihres Gehirnes streichen möchten:1. "Chinesen essen immer Reis." Das letzte Mal, als ich in meinem Lieblings-Nudelladen war, hörte ich bei einem Dutzend Sorten handgemachter Pasta auf zu zählen. Es waren mittelalterliche italienische Raubkopierer, die Nudel und Nudelverwandtes nach Europa entführt haben.2. "In China gibt es zwei Geschmacksrichtungen: Süß und sauer." Auf ihrem Rückweg ging den Italienern der Rest der chinesischen Küche leider verloren, weshalb Chinarestaurants in Europa auch heute noch ein Hort abgrundtiefer Tristesse sind.3. "Chinesen sind verschlossen, leise, h
Erscheint lt. Verlag | 1.7.2008 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Maße | 118 x 195 mm |
Gewicht | 330 g |
Themenwelt | Reisen ► Reiseberichte ► Asien |
Sozialwissenschaften | |
Schlagworte | China • China; Führer • Gebrauchsanweisung • Gesellschaft • Humor • Kultur • Reise |
ISBN-10 | 3-492-27574-5 / 3492275745 |
ISBN-13 | 978-3-492-27574-3 / 9783492275743 |
Zustand | Neuware |
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