Die Kunst des Wandels -  Stefan Stockinger,  Julia Buchebner

Die Kunst des Wandels (eBook)

Sechs innere Schlüsselkompetenzen für zukunftsfähige Menschen und Organisationen
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
228 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-045212-1 (ISBN)
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Klimaschutz scheitert heute nicht mehr am fehlenden Wissen. Soziale Gerechtigkeit scheitert nicht am fehlenden Geld und Innovation scheitert nicht an zu wenig kreativen Köpfen. Woran scheitert unser Fortschritt in eine lebenswerte Zukunft aber dann? Er scheitert an Egoismus, Gier, Apathie und an einer irrationalen Angst vor Veränderung. Diese Aspekte werden im Nachhaltigkeitsdiskurs jedoch kaum berücksichtigt. 'Die Kunst des Wandels' will das ändern und die inneren Gesetze des Wandels verständlich machen. Das sechsteilige Kompetenzmodell zeigt auf, wie Veränderungsprozesse auf menschlicher Ebene funktionieren und welche inneren Kompetenzen wir brauchen, um eine nachhaltige Zukunft zu erschaffen. Zusätzlich zu den Erfahrungen und Forschungsergebnissen der Autoren bietet das Buch sieben Experteninterviews mit Gästen aus Wissenschaft und Wirtschaft. Sie machen bewusst, dass jeder äußeren Transformation eine innere und persönlichkeitsbezogene Entwicklung vorangehen muss. Wie dieser Wandel auf persönlicher, gesellschaftlicher und organisationaler Ebene gelingen kann, davon handelt dieses Buch.

Stefan Stockinger und Julia Buchebner sind Diplom-Ingenieure, arbeiten als Redner, Coaches und Prozessbegleiter zur nachhaltigen Transformation sowie als Gründer der 'Inner Change Makers'.

Stefan Stockinger und Julia Buchebner sind Diplom-Ingenieure, arbeiten als Redner, Coaches und Prozessbegleiter zur nachhaltigen Transformation sowie als Gründer der "Inner Change Makers".

2Inner Future Skills


Die integrale Haltung


In unserer westlichen Welt findet seit einigen Jahrzehnten eine unglaubliche Entwicklung statt. Wir leben im Überfluss und können Produkte, Güter oder Lebensmittel aller Art mehr oder weniger ohne Verzögerungen von zuhause aus erwerben. Und auch wenn aufgrund der herrschenden Ungleichheit und der begrenzten Ressourcen nicht alle alles haben können, sind unsere Grundbedürfnisse de facto gedeckt. Die Habenseite ist in weiten Teilen erfüllt, was dazu führt, dass immer mehr Menschen ihre innere Ausrichtung vom Haben zum Sein verlagern.

Das materialistische Weltbild macht Platz und am Horizont lässt sich bereits ein neues, verbundenes Weltbild erahnen. Eines, das von manchen Menschen bereits gelebt wird. Zugegeben sind wir gesamtgesellschaftlich noch weit von einem holistischen Welt- und Wertebewusstsein entfernt. Dennoch deutet einiges darauf hin, dass sich viele von uns in den nächsten Jahrzehnten von einer linearen zu einer integralen Sichtweise weiterentwickeln werden. Doch was genau meinen wir mit »Integral« und warum erscheint es uns überhaupt als erstrebenswerter Weg?

Der Philosoph Jean Gebser, die Entwicklungspsychologinnen Jane Loevinger und Susanne Cook-Greuter, der indische Yogi und Politiker Aurobindo Ghose und viele weitere Gelehrte aus den unterschiedlichsten Disziplinen entwickelten im letzten Jahrhundert Theorien zur Werte- und Bewusstseinsentwicklung des Menschen. Und sie alle befanden die integrale Ebene als den großen und notwendigen Bewusstseinssprung.

Stark vereinfacht kann die integrale Haltung auch als multiperspektivisch bezeichnet werden. Sie kennzeichnet eine Denkweise, die versucht, jegliche Fragestellungen, Probleme oder Themen aus multiplen Perspektiven zu betrachten. Eine Denkweise, bei der man seine eigene Wahrheit nicht als die einzig mögliche Wahrheit erkennt und jeglichen anderen Personen auch ihre Wahrheit zugesteht. Ein berühmter Spruch lautet etwa: »Niemand liegt zu 100 Prozent falsch.« Die integrale Sichtweise geht also davon aus, dass ausnahmslos alle Menschen eine Wahrheit in sich tragen und es diese zu akzeptieren gilt.

In den letzten Jahrzehnten wurde die Idee eines integralen Bewusstseins immer populärer. Selbst Papst Franziskus sprach in seiner Umweltenzyklika Laudato si von einer integralen Ökologie. Im Kern wurde der Begriff vor allem durch die Unternehmensberater Don Beck und Christopher Cowan bzw. durch den Philosophen Ken Wilber geprägt. Beck und Cowan entwickelten die in Businesskreisen weit verbreitete Theorie der Spiral Dynamics, die Wilber wiederum zum Aufbau seiner integralen Theorie inspirierte.

Beide Theorien beschreiben prinzipiell, was auch wir unter der Bezeichnung »integral« verstehen. Sie zeigen, warum die integrale Haltung unsere drei beschriebenen Ebenen – kognitiv, emotional, spirituell – miteinander verbindet und warum es die inneren Zukunftskompetenzen braucht, um sie zu erreichen. Die integrale Haltung kann somit als eine Art Zielbild verstanden werden, das es über das Training der Inner Future Skills zu erreichen gilt. Es sei allerdings erwähnt, dass wir durch unsere praktische Arbeit im Feld hier keine der zuvor genannten Theorien abbilden wollen, sondern vor allem unsere eigene Sicht auf das »Integrale« wiedergeben.

Grundlagen


Bevor wir genauer auf die integrale Haltung eingehen, möchten wir dir eine wichtige Fragestellung aus dem wissenschaftlichen Strukturalismus voranstellen: Wie funktioniert unser soziales und geistiges Leben und welcher Entwicklung folgt es? Um darauf eine Antwort zu finden, stellt man beispielsweise einer Gruppe von Menschen über Jahre hinweg eine Frage und beobachtet dann, wie sich die Antworten im Laufe der Zeit ändern. Folgen sie einem gewissen Muster, so lässt sich daraus eine Struktur ableiten. Ein bekanntes Beispiel für eine derartige Vorgehensweise ist das Heinz-Dilemma:[5]

Ein mittelloser Mann ist mit einer todkranken Frau verheiratet. Eine Apothekerin hat eine Medizin, will diese allerdings nur gegen Bezahlung hergeben. Der Mann kann sich die Medizin nicht leisten. Hat er das Recht, sie zu stehlen? Stark vereinfacht hat unser Mann nun drei mögliche Antworten:

Antwort A: »Ja, denn was ich für richtig empfinde, ist richtig.«
Antwort B: »Nein, denn die Gesetze und die Gesellschaft verbieten das Stehlen.«
Antwort C: »Ja, denn das Leben ist wichtiger als konventionelle Regeln.«

Kurz gesagt lauten die Antworten also Ja, Nein und Ja, unter gewissen Gesichtspunkten. Kommen wir zurück zu unserer Forschungsgruppe von Menschen, deren Antworten beim Heinz-Dilemma über mehrere Jahre beobachtet werden. Ändert eine befragte Person ihre Antwort, so passiert dies in folgender Weise. Wer zuerst mit A antwortet, wechselt später zu B. Alle die B wählen, wechseln daraufhin zu C oder zurück auf A. Niemand hingegen wechselt von A direkt nach C oder umgekehrt. Bedenkt man, dass dies eine moralische Frage ist, so kann man dadurch eine moralische Struktur von A nach B nach C erkennen. Antwort A steht für eine egozentrische Moral: »Nur ich bestimme, was richtig ist und was nicht.« Antwort B steht für eine ethnozentrische Moral: »Meine ethnische Gruppe, die Gesellschaft oder das Gesetz, bestimmen, was richtig ist und was nicht.« Antwort C steht für eine weltzentrische Moral. Hier bestimmt man weder allein, noch lässt man eine bestimmte Gruppe bestimmen. Man wägt die Frage ab und setzt sie in einen größeren Kontext wie »Leben ist wichtiger als Geld« oder »Die Frau könnte noch viel erreichen und der Welt wertvolle Dienste erweisen.«

Werteebenen

Das vorige Beispiel hat uns auf vereinfachte Weise gezeigt, wie sich Moral beim Menschen entwickelt. Werteebenen machen nun etwas Ähnliches, beziehen sich dabei aber nicht auf Moral, sondern auf unsere Weltsicht bzw. unser Wertebewusstsein. In der Theorie der Werteebenen entwickeln sich Menschen und Gesellschaften entlang von sogenannten Memen. Als Mem wird dabei ein mental abgespeichertes Informationsmuster bezeichnet, das über Kommunikation oder Imitation weitergegeben werden kann und somit einer kulturellen Evolution unterliegt. Die Grundlagen für diese Theorie wurden vom Entwicklungspsychologen Clare Graves in den 1950er- und 1960er Jahren gelegt und vor allem in den 1990er Jahren von Beck und Cowen unter dem Namen »Spiral Dynamics« weiterentwickelt. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden diese Wertetheorien dann von vielen Vorreiterinnen aus den unterschiedllichsten Bereichen aufgegriffen – und für das jeweilige Fachgebiet herangezogen und angepasst. Genau das wollen wir hier nun in Bezug auf Nachhaltigkeit tun. Wie funktionieren diese Werteebenen nun?![6]

Gehen wir – wieder stark vereinfacht – mal die Entwicklung von uns Menschen im Lauf der Geschichte durch. Dabei fokussieren wir auf vorwärts gerichtete Entwicklungen und lassen rückgewandte Entwicklungen außer Acht! Wir starten mit den Grundbedürfnissen Essen, Trinken und Atmen. Unser Wertebewusstsein ist auf Überleben ausgerichtet und unser Denken ist automatisch. Wir bezeichnen diese erste Entwicklungsstufe als beiges Mem. Um uns den Gegebenheiten besser anzupassen, beginnen wir, uns zu Clans und Stämmen zusammenzuschließen. Aus einem zuvor individuellen Überlebensinstinkt erwächst ein animistisches Denken und ein erstes Gefühl der Zusammengehörigkeit kommt auf (purpurnes Mem). Wenn nun die Stammesordnung, aus welchen Gründen auch immer, zusammenbricht, machen sich einzelne auf in ein neues, rotes Mem. Hier erwacht das egozentrische Denken. Macht und Dominanz sind die Ziele auf dieser Bewusstseinsstufe. »Der Stärkere gewinnt« ist eine typische Idee des roten Mems und geschichtlich entdecken wir es zum ersten Mal über griechische Sagen oder Eroberer wie Alexander dem Großen. Auch die Zeit um ...

Erscheint lt. Verlag 4.12.2024
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Aktivierung • Veränderung • Verhaltensmodifikation
ISBN-10 3-17-045212-6 / 3170452126
ISBN-13 978-3-17-045212-1 / 9783170452121
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