Die Bossin (eBook)

Von der Hood an die Spitze des Musikbusiness - Mein Weg zum Erfolg in 20 Rules
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
256 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-32054-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Bossin -  Marina Buzunashvilli
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Erfolg ist eine Entscheidung: 20 Regeln des Business, 20 Lehren fürs Leben
Marina Buzunashvilli gilt als eine der einflussreichsten Größen im deutschen Musikbusiness, ihr Weg an die Spitze aber war alles andere als leicht. Aufgewachsen in Kreuzberg, war ihr Umfeld geprägt von Gewalt und Verbrechen. Einzig ihre Liebe zur Musik ermöglichte ihr den Aufstieg, gegen alle Widerstände. Heute ist Marina Director of PR bei Sony Music Germany, war maßgeblich daran beteiligt, den Deutschrap von Kool Savas, Xatar oder Haftbefehl groß zu machen und arbeitet regelmäßig mit Künstlern wie Robbie Williams und Adele zusammen. Erstmals erzählt sie jetzt ihre ganze Geschichte und teilt die 20 Rules, die sie zum Erfolg geführt haben.

Ein faszinierender Blick hinter die Kulissen des Musikgeschäfts und ein Leitfaden für alle, die ein erfolgreiches, selbstbestimmtes Leben führen wollen - egal was andere davon halten!

Marina Buzunashvilli, 1981 in Wien geboren, wuchs als Tochter einer aserbaidschanisch-georgischen Familie in Berlin Kreuzberg auf. 2004 begann sie in der Agentur Panorama3000 zu arbeiten, zuerst in der Buchhaltung, später dann in der Presse und dem Künstlermanagement. 2012 gründete sie gemeinsam mit einer Agenturkollegin die Musik- und Filmagentur Musicism & Cinelove, aus der heraus 2017 DIE MARINA entstand, eine der einflussreichsten Künstleragenturen im deutschen HipHop. 2019 folgte der Wechsel zu Sony, wo sie vorerst als Head of PR und ab 2020 als Director of PR arbeitete, bevor sie sich 2024 erneut selbständig machte. Marina Buzunashvilli lebt in Berlin.

Lektion 1:
Never judge a book by it’s cover


Ich hole tief Luft. Meine Nasenflügel weiten sich. Ich sauge den Geruch von altem Rauch, durchgesessenem, speckigem Kunstleder und etwas Muffigem ein – die Überreste von vor Tagen verschüttetem Bier? Ungewaschene Haare? Abgetragene Second-Hand-Klamotten mit einem Polyesteranteil von mindestens 90 Prozent? Ich und die Flimmerhärchen in meiner Nase können es nicht richtig ausmachen. Vielleicht ist es auch eine Mischung aus allem. Die Melange der Armut. Die Türen der U8 öffnen sich. Neue Duftnoten mischen sich zu dem Potpourri. Paco Rabannes »1 Million«, frisches Bier, Zwiebeln, Kaffeeatem, Erdbeerlipgloss, Pisse. Ich stoße die Luft mit einem Schnauben aus meiner Nase aus. Hmmmfff. Nicht wegen des Geruchs, zumindest nicht von dem hier draußen. In mir drinnen riecht es nach Wut, Frust und Pubertät – mein ganz persönliches Aroma anno 1996. Die Finger meiner Mutter umschließen die Halteschlaufe, die über unseren Köpfen baumelt, wie die Schlinge eines Galgens, und so fühlt sich diese Scheiß-U-Bahnfahrt auch an. Hmmmfff. Mama stößt ebenfalls Luft und mit ihr Frust und Wut aus ihren Nüstern. Und irgendetwas anderes katapultiert sie aus sich heraus und hinein in den Raum direkt zwischen uns, wo es unsichtbar schwebt und weitere Ziegel auf die Mauer setzt, die immer zwischen uns zu stehen scheint.

Wir drängen uns näher aneinander. Werden gedrängt – freiwillig kommen wir uns in letzter Zeit ungern so nahe. Ich verstehe nicht, warum sie überhaupt zu meinem Frauenarzttermin mitkommen will. Es ist ja nicht so, als würde ich sonst nicht auch alles allein machen. Müssen. Aber vermutlich hatte sie keinen Bock, mit Papa zu Hause zu hocken und ihn anzukeifen, weil er mal wieder tagelang verschwunden war. Mir geht’s zumindest so, auch wenn es nichts Neues ist. Immer wieder ist er manchmal einfach weg – wortlos. Zischt ohne Erklärung oder Entschuldigung nach Baku ab.

»Ja, danke für’s Tschüsssagen, Papa!« Das würde ich ihm gerne sagen, aber die Gelegenheit scheint sich einfach nie so richtig zu ergeben. Denn jedes Mal, wenn er zurückkommt, tut er so, als ob gar nichts passiert wäre. Sitzt wieder in seinem Sessel, guckt sich sein russisches Fernsehen an und erteilt Ansagen. Manchmal überlege ich dann, ob ich mir das vielleicht nur eingebildet habe. Vielleicht war er gar nicht weg. Oder Mama hat gelogen. Vielleicht ist er gar nicht nach Baku gefahren, sondern hat bei irgendeinem Bekannten auf der Couch die Nächte durchgewacht, weil Mama ihn rausgeschmissen hat. Oder er war in einer Spielo und hat die Zeit vergessen. Die Welt. Uns. Wer weiß das schon so genau. Jedenfalls tue ich dann auch immer lieber so, als ob nichts wäre, denn vielleicht ist es besser so.

»Hmmfff« fauchen meine Nasenlöcher erneut. Mamas Blick trifft mich wie ein Dolch. Eigentlich habe ich keinen Bock mehr auf Diskutieren. Aber dann zischt mein Mund doch noch einen Satz hinterher wie eine Dampflok, die eine schwarze Wolke Rauch aus ihrem Schornstein stößt: »Ich wünschte, er wäre nicht mein Vater!« Meine Mutter blickt mich mit einem undurchdringlichen Blick an. Ich denke noch, dass sie es mit diesem Blick als Antwort auf meine Unverschämtheit belassen wird. Wir kennen alle diesen Blick, den Mütter dann draufhaben. Aber dann öffnet sie doch noch ihren Mund. »Na, dann wirst du dich ja freuen.« Ein freudloses Grinsen ziert ihr Gesicht. »Er ist nämlich gar nicht dein Vater.«

Das Warnlämpchen über der Automatiktür der U-Bahn färbt unsere Haarschöpfe kurz feuerfarben, und mit einem dröhnenden Sirenenton schließen sich die Pforten der U8 wieder, die soeben eine ganz neue Hölle für mich geöffnet haben.

Es gab mehrere Zäsuren in meinem Leben, die mich zu dem Menschen formten, der ich heute bin: leitende Director of Public Relations von Sony Music Germany, Deutschraps Promoqueen und Bossin der Szene. Marina, die keinen Nachnamen braucht, damit Leute wissen, von wem die Rede ist. Ich bin DIE Marina. Aber neben all diesen Beschreibungen und Titeln – oder besser gesagt, unter all dem, unter meiner glänzenden, diamantharten Oberfläche – bin ich auch die Marina, die vor Ängsten und Panikattacken während ihrer Karrierehöhepunkte nicht U-Bahn fahren konnte. Jahrelang. Die an den Tagen, als ihre Mutter und ihre Schwester starben, arbeiten ging, als wäre nichts geschehen. Die, noch bevor sie ihren 40. Geburtstag feierte, bereits mehrere Suizidversuche und Herzinfarkte hinter sich hatte. Its all part of the story. Der Marina-Story.

Von einigen dieser Zäsuren werde ich in diesem Buch erzählen. Sehr viele davon haben mit meiner Familie zu tun und damit, was bei uns in meiner Kindheit, Jugend und auch noch im Erwachsenenalter so abging. Und das war eine Menge. Viele der Lektionen, die ich im Laufe meines Lebens und meiner Karriere gelernt habe, die ich hier mit euch teilen werde, stehen in direktem oder indirektem Zusammenhang mit meinem Aufwachsen als Kind meiner Eltern und als Schwester meiner Schwester. Nicht alle, aber viele. Ausschnittweise werde ich euch immer wieder in diese Momente des Wachsens, Aufwachens und Entwachsens meines Lebens mitnehmen. Wir reisen zusammen zurück zu den Orten, Situationen und Augenblicken, in denen etwas »Klick« machte. Mal war es ein metaphorisches Klick, mal aber auch das buchstäbliche Klicken von Handschellen, Knarren oder sich schließenden Türen, die trotzdem alle zum selben Ergebnis führten: Etwas in mir veränderte sich.

Bevor ich in den folgenden Kapiteln also versuchen werde, die Ereignisse meines Lebens zu einer zusammenhängenden Handlung aufzufädeln wie Perlen auf eine Schnur, um darin einen Sinn, ein Muster auszumachen, das euch vielleicht auch helfen kann auf eurem Weg, möchte ich euch zum besseren Verständnis erst mal ein paar Grundkenntnisse über mich liefern. Denn wenn ich eine der 20 Lektionen, über die wir im Laufe dieses Buches noch reden werden, aussuchen müsste, die ich zur wichtigsten von allen erklären müsste, dann wäre das: Never judge a book by it’s cover.

Also:

Meine Eltern waren jüdische Migranten aus der ehemaligen Sowjetunion. Meine Mama kam aus Aserbaidschan, mein Papa – also der Mann, mit dem ich als Vater aufgewachsen bin und von dem ich bis zu dieser alles verändernden U-Bahnfahrt dachte, dass er mein biologischer Vater sei – stammte aus Georgien. Mein biologischer Erzeuger, eine Affäre meiner Mutter, war Israeli, den sie kennenlernte, als sie gemeinsam mit meinem Vater und meiner älteren Schwester von Aserbaidschan nach Israel auswanderte. Mein Vater erfuhr nie etwas davon. Weder von der Affäre noch, dass ich dabei entstanden war. Es war ein Geheimnis, eine Lüge, mit der meine Mutter und nach der geschichtsträchtigen U-Bahnfahrt 1996 dann auch ich bis zu seinem Tod lebten.

Noch bevor ich geboren wurde, verließen meine Eltern Israel jedoch wieder und landeten auf der Suche nach einem besseren Leben erst mal in Wien, Österreich, wo ich 1981 geboren wurde – was übrigens ein Versehen war. Eigentlich wollten meine Eltern direkt nach Deutschland gehen. Aber da mein Vater nicht wusste, dass Österreich und Deutschland zwei verschiedene Länder waren, wurde ich eine gebürtige Österreicherin. Na ja. Lange blieben wir da eh nicht. Die rassistischen und antisemitischen Erfahrungen, die meine Eltern in Österreich durchlebten, waren so unerträglich, dass sie nach gerade einmal einem Jahr, 1982, die Zelte dort abbrachen und nach Berlin zogen, genauer gesagt, nach Kreuzberg. Ich wuchs also am Halleschen Tor auf. Migrantischer Hotspot, Sozialbausiedlungen, Ticker, Arbeiter, Hustler, Linke, Kanacks – mein Zuhause, wo ich das wunderbare und scheußliche Aroma, das einem nicht nur in der U8, sondern überall in Spätis, Kneipen, Gemeindezentren und auf öffentlichen Plätzen begegnete, zum ersten Mal in meine Lungen sog und für immer in mein Herz schloss.

Meine Eltern waren Hustler. Meine Mutter war eigentlich Übersetzerin, aber hat immer drei, vier Jobs gleichzeitig gehabt. Morgens ging sie zu AEG, um im Akkord zu arbeiten. Nicht mal eine Pullerpause hat sie gemacht. Denn je mehr man schafft bei der Akkordarbeit, desto mehr Geld bringt man nach Hause. Arzthelferin und Buchhalterin konnte sie irgendwann auch noch zu ihrem Lebenslauf hinzufügen. Abends ging sie dann noch putzen, wobei ich sie häufig begleiten musste. Neben den Arztpraxen, in denen wir oft nach Dienstschluss sauber machten, zählten auch einige Damen zu ihren Kundinnen, die sie aus der jüdischen Gemeinde kannte, die jedoch wenig mit uns verband, abgesehen vom religiösen Background, der für meine Mutter aber keine große Rolle spielte – im Gegensatz zu meinem Vater. Ihm waren unsere jüdische Identität und Traditionen sehr wichtig. Wir sollten diesen Teil von uns, der in dem neuen Land, in unserem neuen Zuhause so versteckt und selten war, nicht vergessen. Er achtete darauf, dass wir die Feiertage begingen (wenn auch auf Krampf), und er war der Einzige von uns, der regelmäßig in die Synagoge ging. Ich glaube, meine Mutter war zu gepeinigt vom Leben, um irgendwelche religiösen Gefühle empfinden zu können.

Manchmal gaben uns diese Damen aus der jüdischen Gemeinde, für die wir putzen gingen, die Reste von ihrem Sushi mit, wenn wir damit fertig waren, ihre Toiletten zu reinigen. Ich mochte diese nett gemeinte Geste nicht. Ich fühlte mich schäbig dadurch. Es war nicht zu übersehen, dass sie sehr viel mehr Geld als wir hatten, sie lebten auch nicht in Kreuzberg, sondern in Mitte oder Grunewald. Auch hier, bei den Juden und Jüdinnen, die wir kennenlernten, waren wir mal wieder anders....

Erscheint lt. Verlag 16.10.2024
Co-Autor Nina Sternburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 2024 • Adele • azad • be your own f*cking hero • Bill Kaulitz • business • das leben ist kein zufall • Deutschrap • eBooks • Feminismus • Gesetze der Macht • Haftbefehl • Hans Zimmer • hatice schmitt • Hip Hop • in dein gesicht • Kool Savas • Lebensführung • Manuellsen • migrantisch • Migration • Motivation • Musikgeschäft • Neuerscheinung • Persönlichkeitsentwicklung • Positives Denken • Power • power. die 48 gesetze der macht • Ratgeber • Resilienz • Robbie Williams • Robert Greene • Selbstbewusstsein • Selbstwert • Senna Gammour • sony germany • Streaming • Taylor Swift • Tijen Onaran • Vanessa Mai • Xatar
ISBN-10 3-641-32054-2 / 3641320542
ISBN-13 978-3-641-32054-6 / 9783641320546
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