Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche (eBook)
272 Seiten
Tropen (Verlag)
978-3-608-11534-5 (ISBN)
Reni Eddo-Lodge, geboren 1989 in London, ist preisgekrönte Journalistin und Bloggerin. Sie schreibt unter anderem für »The Guardian«, »The New York Times« sowie »The Independent« und spricht regelmäßig öffentlich über gesellschaftliche Themen wie systeminhärenten Rassismus oder schwarzen Feminismus. »Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche« ist ihr erstes Buch, das jüngst mit dem British Book Award ausgezeichnet wurde.
Reni Eddo-Lodge, geboren 1989 in London, ist preisgekrönte Journalistin und Bloggerin. Sie schreibt unter anderem für »The Guardian«, »The New York Times« sowie »The Independent« und spricht regelmäßig öffentlich über gesellschaftliche Themen wie systeminhärenten Rassismus oder schwarzen Feminismus. »Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche« ist ihr erstes Buch, das jüngst mit dem British Book Award ausgezeichnet wurde.
»Sie werden dieses Buch hassen. Sie werden es nicht hassen, weil es schlecht geschrieben ist, sondern, weil es sie bis ins Mark treffen wird. [...] Lesen Sie dieses Buch, auch wenn es weh tut - das muss so sein. Die gute Nachricht ist: Sie können anfangen, sich selbst und ihre Position zu hinterfragen - und kanalisieren Sie ihre Wut und den Schmerz dann für etwas Nützliches. Es ist ein Prozess. Das Buch von Reni Eddo-Lodge ist dabei nur der erste Schritt.«
Enrico Ippolito, Spiegel Online, 06.02.2019
»Insgesamt ist "Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche" von Reni Eddo-Lodge ein wichtiges Buch über den Rassismus, der sich durch all unsere Lebensbereiche zieht.«
Elif Kavadar, Kontext, Dezember 2019
»"Warum ich nicht länger..." ist ein kontrollierter Wutausbruch aus intellektuellen Schärfe und einer oft schwer auszuhaltenden Unmittelbarkeit. Es fällt schwer, es zur Seite zu legen.«
Bastian Bütter, bodo. Das Straßenmagazin, Ausgabe 06/2019
»Reni Eddo-Lodges Buch ist ein Geschenk, weil es klar und deutlich beschreibt, was struktureller Rassismus ist und warum Weiß-Sein in unseren Gesellschaften ein Privileg ist.«
Laura Freisberg, BR-Kulturwelt, 31.01.2019
»In Warum ich nicht länger mit Weissen über Hautfarbe spreche erklärt die britische Journalistin Reni Eddo-Lodge aus langjähriger Erfahrung den strukturellen Rassismus.«
Laura de Weck, SRF Literaturclub, 30.06.2020
»Dieses Buch als weißer Mensch ohne Migrationshintergrund zu lesen ist wirklich kein Spaß, und trotzdem sollte man es unbedingt lesen, weil es den Blick auf die Gesellschaft, in der man lebt, irritiert. Außerdem irritiert es den Blick, den man auf sich selbst hat.«
Antonia Baum, Die Zeit, 28.02.2018
»Aber Eddo-Lodge spielt nicht einfach die Karte aus, die die weiße Mehrheit blamiert, sondern mach ihrer Empörung mit hinreichenden Argumenten und Erfahrungen Luft.«
Andreas Zielcke, Süddeutsche Zeitung, 22.02.2019
»Reni Eddo-Lodge leistet mit ihrem Buch einen wichtigen Beitrag zu mehr Toleranz und findet wahre Worte zum strukturellen Rassismus. Deshalb: klare Leseempfehlung!«
Alexandra Kagerer, Idowa.de, 22.05.2020
»Reni Eddo-Lodge spürt den historischen Wurzeln der Vorurteile nach, und zeigt unmissverständlich, dass die Ungleichbehandlung Weißer und Nicht-Weißer unseren Systemen seit Generationen eingeschrieben ist.«
Buch-Magazin, Juli 2020
»Reni Eddo-Lodge hat ein Buch voller Wut und Klugheit geschrieben. Es ist ein Appell, Benachteiligungen wahrzunehmen und anzusprechen.«
Tino Dallmann, mdr Kultur, 09.05.2019
»Reni Eddo-Lodge hat ein düsteres Erfahrungsbuch geschrieben. Die Utopie von der gesellschaftlich organisierten Gleichheit aller Menschen ist darüber nicht Makulatur geworden.«
Swantje Karich, Die Welt, 16.03.2019
»Ein schonungslos offenes und äußerst kundiges Buch. Eine Pflichtlektüre.«
Jana Hensel, buchmarkt.de, 25.06.2019
»In Eddo-Lodges Zeilen wird die Wut spürbar, die sie als Kraft zu nutzen versteht.«
Nina Fargahi, NZZ am Sonntag, 30.06.2019
Vorwort
Am 22. Februar 2014 veröffentlichte ich einen Post auf meinem Blog. Ich gab ihm den Titel »Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche«. Er lautete:
Ich spreche nicht länger mit Weißen über das Thema Hautfarbe. Das betrifft nicht alle Weißen, sondern nur die große Mehrheit, die sich weigert, die Existenz von strukturellem Rassismus und seinen Symptomen anzuerkennen. Ich kann mich nicht mehr mit der emotionalen Distanz auseinandersetzen, die Weiße an den Tag legen, wenn eine Person of Colour von ihren Erfahrungen berichtet. Man sieht, wie sich ihr Blick verschließt und hart wird. Es ist, als würde ihnen Sirup in die Ohren gegossen, der ihre Gehörgänge verstopft. Es ist, als könnten sie uns nicht mehr hören.
Die emotionale Distanz ist die Folge eines Lebens, in dem sich jemand vollkommen unbewusst darüber ist, dass seine Hautfarbe die Norm darstellt und alle anderen davon abweichen. Bestenfalls wurde Weißen beigebracht, nicht zu erwähnen, dass People of Colour »anders« sind, falls es uns beleidigt. Sie glauben wirklich, dass die Erfahrungen, die sie aufgrund ihrer Hautfarbe gemacht haben, universell sein können und sollten. Ich kann mich nicht mehr mit ihrer Verwirrung und Abwehrhaltung auseinandersetzen, wenn sie versuchen mit der Tatsache klarzukommen, dass nicht alle die Welt so erleben wie sie. Sie mussten nie darüber nachdenken, was es – in Bezug auf Macht – bedeutet, weiß zu sein, und jedes Mal, wenn sie auch nur vorsichtig daran erinnert werden, interpretieren sie es als Affront. Ihr Blick verschleiert sich vor Langeweile oder funkelt vor Empörung. Ihre Lippen beginnen zu zucken, während sie in den Defensivmodus schalten. Sie räuspern sich, weil sie dich unterbrechen wollen, können es kaum erwarten, das Wort zu ergreifen, hören aber nicht wirklich zu, weil du unbedingt wissen sollst, dass du sie falsch verstanden hast.
Der Weg zum Verständnis von strukturellem Rassismus fordert von People of Colour immer noch, weißen Gefühlen Priorität einzuräumen. Auch wenn sie dich hören können, hören sie nicht zu. Es ist, als würde etwas mit den Worten passieren, kaum haben sie unseren Mund verlassen und ihre Ohren erreicht. Die Worte stoßen auf eine Barrikade des Leugnens und können sie nicht überwinden.
Es besteht keine emotionale Verbindung. Das ist nicht wirklich überraschend, weil sie nicht wissen, was es bedeutet, eine Person of Colour als wahrhaft ebenbürtig anzunehmen, als Person mit Gedanken und Gefühlen, die genauso berechtigt sind wie ihre. In dem Film The Color of Fear 1 von Lee Mun Wah sah ich People of Colour in dem Bemühen, einen starrköpfigen weißen Mann davon zu überzeugen, dass seine Worte ihnen einen weißen rassistischen Standard auferlegten und fortführten, in Tränen ausbrechen. Die ganze Zeit starrte er verständnislos und vollkommen verstört von ihrem Schmerz vor sich hin, bestenfalls trivialisierte er ihn, schlimmstenfalls zog er ihn ins Lächerliche.
Ich habe früher schon darüber geschrieben, dass diese weiße Verweigerung der allgegenwärtigen Politik der Hautfarbe entspricht, die mit der ihr eigenen Unsichtbarkeit arbeitet. Ich kann nicht länger mit Weißen über Hautfarbe sprechen – wegen der konsequenten Verleugnung, der ungeschickten Räder, die sie schlagen, und der geistigen Akrobatik, die sie vollführen, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden. Wer will schon auf eine Systemstruktur hingewiesen werden, die ihm auf Kosten anderer Vorteile bringt?
Ich kann dieses Gespräch nicht mehr führen, weil wir es oft von völlig unterschiedlichen Orten aus angehen. Ich kann mit ihnen nicht über die Einzelheiten eines Problems reden, wenn sie nicht einmal die Existenz des Problems anerkennen. Schlimmer noch ist die weiße Person, die willens ist, die Möglichkeit von besagtem Rassismus einzugestehen, aber glaubt, dass wir dieses Gespräch als Ebenbürtige führen. Das tun wir nicht.
Ganz zu schweigen davon, dass es für mich eine durchaus gefährliche Sache ist, ein Gespräch mit starrköpfigen Weißen zu führen. Während die Aufregung und die Sturheit zunehmen, muss ich unglaublich vorsichtig auftreten, denn wenn ich angesichts ihrer Weigerung mich zu verstehen, meine Frustration, Wut oder Verzweiflung zum Ausdruck bringe, fallen sie auf das althergebrachte, aber immer noch gängige Stereotyp von den zornigen Schwarzen zurück, die sie und ihre Sicherheit bedrohen. Höchstwahrscheinlich bezeichnen sie mich dann als fies und schikanös. Wahrscheinlich werden sich auch ihre weißen Freunde um sie scharen, die Geschichte umschreiben und die Lügen als Wahrheit ausgeben. Das ist den Versuch, sich mit ihnen und ihrem Rassismus auseinanderzusetzen, nicht wert.
In jedem Gespräch mit Netten Weißen Leuten, die sich, sobald es um das Thema Hautfarbe geht, ausgegrenzt fühlen und verstummen, gibt es eine Art ironischen und auffälligen Mangel an Verständnis oder Empathie für diejenigen von uns, die unser ganzes Leben lang unübersehbar als anders kenntlich sind und mit den Folgen leben müssen. People of Colour üben zwangsweise lebenslange Selbstzensur. Die Optionen sind: Sag die Wahrheit und rechne mit Repressalien, oder beiß’ dir auf die Zunge und schau zu, dass du im Leben vorankommst. Es muss ein merkwürdiges Leben sein, wenn man immer die Erlaubnis hat, zu sprechen, sich aber empört, wenn man einmal gebeten wird, zuzuhören. Die Empörung geht vermutlich auf das nie infrage gestellte Anspruchsdenken der Weißen zurück.
Ich kann mich nicht mehr emotional bis zur Erschöpfung verausgaben, um diese Botschaft rüberzubringen, während ich gleichzeitig auf Zehenspitzen auf einem sehr schmalen Grat balanciere, um nur keiner individuellen weißen Person vorzuwerfen, sie würde strukturellen Rassismus perpetuieren, denn sonst werde ich als Charakterschwein gemeuchelt.
Deswegen spreche ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe. Ich habe nicht die Macht, die Funktionsweise der Welt zu ändern, aber ich kann Grenzen setzen. Ich kann die Ansprüche abwehren, die sie mir gegenüber zu haben glauben, und ich fange damit an, indem ich keine Gespräche mehr führe. Das Pendel hat zu weit zu ihren Gunsten ausgeschlagen. Ihre Absicht ist es oft nicht, zuzuhören oder etwas zu lernen, sondern Macht auszuüben, mir nachzuweisen, dass ich mich täusche, mich emotional zu erschöpfen und den Status quo zu stärken. Ich spreche mit Weißen nicht mehr über Hautfarbe, außer es lässt sich absolut nicht vermeiden. Wenn sich in den Medien oder bei einer Konferenz die Möglichkeit bietet, dass jemand hört, was ich sage, und sich weniger allein fühlt, dann nehme ich teil. Aber ich will nichts mehr mit Leuten zu tun haben, die das nicht hören wollen, es ins Lächerliche ziehen und es offen gesagt nicht verdienen.
—
Kaum war er publiziert, nahm der Blogpost ein Eigenleben an. Jahre später treffe ich noch immer neue Leute in verschiedenen Ländern und Situationen, die mir erzählen, dass sie ihn gelesen haben. 2014, als der Post überall im Internet verlinkt wurde, wappnete ich mich gegen die übliche Menge rassistischer Kommentare. Doch die Reaktionen waren merklich anders, und zwar so sehr, dass es mich überraschte.
Es gab deutliche Unterschiede in den Reaktionen, und diese Unterschiede machten sich an der Hautfarbe fest. Ich bekam eine Fülle an Nachrichten von dunkelhäutigen Menschen. Viele »Dankeschöns« und viele »du hast Worte für meine Erfahrungen gefunden«. Es gab Berichte über Tränen und eine kleine Diskussion, wie man das Problem angehen sollte, wobei Bildung als Lösung für die Überbrückung dieser Distanz hoch eingeschätzt wurde. Diese Nachrichten zu lesen war eine Erleichterung. Ich wusste, wie schwierig es war, das Gefühl der Frustration in Worte zu fassen, und als Leute mich kontaktierten und mir dafür dankten, dass ich erklären konnte, was ihnen immer schwer gefallen war, freute ich mich, dass ich ihnen hatte helfen können. Ich merkte, dass wenn ich mich weniger allein fühlte, auch sie sich weniger allein fühlten.
Womit ich nicht gerechnet hatte, war eine Welle an Emotionen von Weißen, die meinten, dass ich der Welt etwas vorenthielt, wenn ich nicht mehr mit Weißen über Hautfarbe sprach, und dass das eine absolute Tragödie wäre. »Herzzerreißend« schien das Wort zu sein, das dieses Gefühl am besten...
Erscheint lt. Verlag | 2.3.2019 |
---|---|
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Black lives matter • British Book Award • Feminismus • nicht-weiß • People of Color • Rassismus • Schwarz • Sexismus • Ungleichheit • white privilege |
ISBN-10 | 3-608-11534-X / 360811534X |
ISBN-13 | 978-3-608-11534-5 / 9783608115345 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 3,7 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich