Noch unser Sport? (eBook)
328 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-7071-2 (ISBN)
Als leidgeprobter MSV-Fan beschäftigt sich Daniel Schlothmann schon seit seiner Kindheit intensiv mit dem Fußball und saugt seitdem alle möglichen Zahlen, Daten, Statistiken und Informationen zu seinem Lieblingssport in sich auf. Nachdem der promovierte Volkswirt im Jahr 2017 ein Buch zur Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten Donald Trump veröffentlicht hatte, folgte 2018 seine "Chronik der Fußball-Weltmeisterschaften" in der er sich mit allen WM-Turnieren seit der ersten, 1930 in Uruguay ausgetragenen, Auflage auseinandersetzte.
Regeländerungen
Seit der englische Fußballverband Football Association (FA) im Jahr 1863 erstmals Fußballregeln festlegte, wurden diese viele Male geändert.
So verbat die FA den Feldspielern erst im Jahr 1871 das Handspiel und durften bis zum Jahr 1870 mehr als elf Spieler pro Mannschaft auf dem Feld stehen. Halbzeitpause und Seitenwechsel wurden erst 1875 und der Strafstoß 1891 eingeführt. 1896 wurde in den „Jenaer Regeln“ festgelegt, dass Fußballfelder in Deutschland frei von Sträuchern und Bäumen sein müssen. 1903 wurde Torhütern das Handspiel außerhalb des Strafraums verboten und erst im Jahr 1939 wurden Rückennummern offiziell eingeführt.
Heutzutage werden die Regeln in jährlichen Konferenzen zwischen dem Weltfußballverband FIFA und dem International Football Association Board (IFAB) kontrolliert und gegebenenfalls angepasst. Im offiziellen Regelwerk der FIFA gibt es 17 Spielregeln, die seit ihrer Neufassung 1938 im Wesentlichen beim Alten geblieben sind.
Nichtsdestotrotz wurden die Regeln in den vergangenen 30 Jahren an der einen oder anderen Stelle angepasst und insbesondere neue technische Hilfsmittel eingeführt, die das Spiel gerechter machen sollen. Die wichtigsten dieser Regeländerungen, auf die im vorherigen Kapitel bereits kurz eingegangen wurde, sollen nun ausführlicher diskutiert werden.
Rückpassregel
Viele jüngere Fußballfans können sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, dass es Zeiten gab, in denen der Torwart einen mit dem Fuß gespielten Rückpass oder einen Einwurf des Mitspielers mit der Hand aufnehmen durfte.
Tatsächlich war dies bis Anfang der 1990er Jahre noch der Fall. Bis dahin durfte der Torwart den Ball bei einem Rückpass mit der Hand aufnehmen und vier Schritte weit in der Hand halten. Dies ermöglichte es insbesondere in Führung liegenden Mannschaften bzw. einen Vorsprung verteidigenden Mannschaften das Spiel zu verzögern. Beispiele für solche Spiele waren der sogenannte Nichtangriffspakt von Gijón zwischen Deutschland und Österreich im letzten Gruppenspiel der WM 1982, bei dem das frühe 1:0 der deutschen Mannschaft für beide Teams zum Erreichen der nächsten Runde reichte. Im Finale der WM 1990 zwischen Deutschland und Argentinien versuchte Argentinien auf diese Art lange Zeit das 0:0 zu retten.
Als Reaktion auf solche Spiele führte die FIFA 1992 die Rückpassregeln in Abschnitt XII ihres Regelwerks ein. Im Wesentlichen sagte die Regel zunächst aus, dass es dem Torwart nicht gestattet ist, den Ball mit seinen Händen zu berühren, wenn das Zuspiel durch einen Mitspieler der eigenen Mannschaft kontrolliert per Fuß erfolgt ist. Bei Missachtung der Rückpassregel erhält die gegnerische Mannschaft einen indirekten Freistoß an der Stelle, an der der Torwart den Ball regelwidrig berührt hat. Sollte dies innerhalb des Torraums geschehen sein, wird der Freistoß auf die parallel zur Torlinie verlaufende Torraumlinie zurückverlegt, und zwar so nah wie möglich dahin, wo das Vergehen stattgefunden hat. 1997 wurde die Regel auch auf Einwürfe erweitert. Außerdem wurde die ursprüngliche Regel, dass ein Torwart den Ball vier Schritte in der Hand halten darf, durch die Sechs-Sekunden-Regel ersetzt.
Die neue Regel wirkte sich – nicht überraschender Weise – vor allem auf das Torwartspiel aus. Waren bis dahin Strafraumbeherrschung, Stellungsspiel und Reflexe die wichtigsten Eigenschaften für Torhüter, gewannen nun auch die fußballerischen Fähigkeiten der Keeper mehr und mehr an Bedeutung. So mussten sich insbesondere Torhüter, die nur ins Tor gestellt wurden weil sie die schlechtesten Fußballer waren, ganz besonders umstellen.
Heutzutage sind herausragende fußballerische Fähigkeiten eine Grundvoraussetzung, um als Torhüter zur absoluten Weltspitze zu gehören. Deutschland verfügt mit Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen derzeit über zwei der weltbesten Keeper mit dieser Eigenschaft.
Während die Rückpassregel heutzutage nur noch in ganz seltenen Fällen zur Anwendung kommt, da sich die Torhüter darauf eingestellt haben bzw. die meisten heutigen Torhüter die Zeit vor der Regel gar nicht kennen, entschied die Rückpassregel in der Bundesligasaison 2000/2001 sogar die Meisterschaft. In jener Saison kämpften am letzten Spieltag der FC Schalke 04 und Bayern München um den Titel. Da Schalke sein Heimspiel gegen Unterhaching mit 5:3 gewann, musste Bayern beim Hamburger SV mindestens Unentschieden spielen, um Meister zu werden. Als Sergej Barbarez den HSV in der 90. Minute mit 1:0 in Führung schoss, sah Schalke wie der neue deutsche Meister aus. Nach einem vom Hamburger Torwart Mathias Schober mit der Hand aufgenommenen Rückpass in der Nachspielzeit entschied Schiedsrichter Markus Merk auf indirekten Freistoß für die Bayern. Diesen konnte Patrik Andersson in der dritten Minute der Nachspielzeit zum 1:1 verwandeln, so dass Bayern München in letzter Sekunde doch noch deutscher Meister wurde.
Während Fans des FC Schalke 04 wohl bis heute keine großen Freunde der Rückpassregel sind, war die Einführung dieser Regel insgesamt gut für das Spiel. Spielverzögerungen wurden reduziert und das Spiel ist seitdem entsprechend schneller geworden. Diese Regeleinführung kann also durchaus als positiv gesehen werden.
Wechselkontingent
Grundsätzlich sind Auswechslungen im Fußball erst seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre möglich. Nachdem in der Saison 1967/68 ein Wechsel pro Spiel erlaubt war, durften die Trainer gemäß FIFA-Statuten in der Zeit von 1968 bis 1994 zweimal pro Spiel Auswechslungen vornehmen.
Bei der Weltmeisterschaft in den USA 1994 durften die Trainer zwei Feldspieler plus den Torwart wechseln. Diese Regelung galt auch in der Saison 1994/95.
Seit der Saison 1995/96 dürfen in einem Pflichtspiel drei Wechsel pro Team in der regulären Spielzeit vorgenommen werden.
Unter anderem im DFB-Pokal wurde ab dem Achtelfinale der Saison 2016/17 ein Pilotprojekt gestartet, bei dem Trainer in der Verlängerung einen vierten Wechsel vornehmen konnten.
Im März 2018 entschied das IFAB dann die Regel in ihr Regelwerk aufzunehmen.4 So konnten die Trainer seit der Weltmeisterschaft 2018 von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Erstmals genutzt wurde diese Möglichkeit im WM-Achtelfinale zwischen Spanien und Russland, als der Russe Aleksandr Erokhin in der 97. Minute als vierter Mann eingewechselt wurde.
Aufgrund der durch Corona extrem engen Spielpläne und damit einhergehenden Belastung entschied das IFAB im Mai 2020, dass vorerst bis zu fünf Wechsel pro Spiel (plus gegebenenfalls ein zusätzlicher Wechsel in einer Verlängerung) gestattet sind. Um Zeitspiel durch häufige Wechsel zu vermeiden, dürfen die Trainer das Spiel allerdings weiterhin nur maximal dreimal für ihre Auswechslungen unterbrechen. Interessant sein wird zu sehen, ob es tatsächlich dabei bleibt, dass die Möglichkeit des fünften Wechsels eine – wie ursprünglich geplant – vorübergehende Regel bleibt, oder ob dies als feste Regel in die Fußballregeln aufgenommen wird. So entschied das IFAB am 28.05.2021, die Regelung zunächst bis zum 31.12.2022 zu verlängern. Am 25.03.2022 sprachen sich die Mitglieder des IFAB schließlich dafür aus, dass die Möglichkeit von fünf Auswechslungen pro Spiel erhalten bleibt, so dass aus der Ausnahmeregel eine dauerhafte wird.
Einführung der 3-Punkte-Regel
Lange Zeit wurde im Fußball nach der sogenannten 2-Punkte-Regel gespielt. Dabei erhielt der Sieger eines Spiels 2:0 Punkte, der Verlierer 0:2 Punkte und bei einem Unentschieden beide Teams 1:1 Punkte.
Zur Saison 1982/83 wurde dann in der höchsten englischen Spielklasse die 3-Punkte-Regel eingeführt. Bei dieser wurden nur noch Pluspunkte vergeben und der Sieger erhielt nun drei Punkte. Bei einem Unentschieden erhielten beide Teams weiterhin einen Pluspunkt. Mitte der 1990er Jahre wurde diese Regel auch von der FIFA übernommen, so dass bei der WM 1994 in den USA in den Vorrundengruppen erstmals die 3-Punkte-Regel angewandt wurde. In den Ligen wurde die Regel von der FIFA ab der Saison 1995/96 weltweit eingeführt, so dass auch in der Bundesliga ab jener Saison mit dem neuen Punktesystem gespielt wurde.
Das Ziel der neuen Punkteregel bestand darin, das Spiel attraktiver zu machen, da Mannschaften mit der Aussicht auf drei Punkte eher auf Sieg spielen sollten, als beim alten 2-Punkte-System. Man verband auch die Hoffnung damit, die Anzahl an 0:0 endenden Partien zu senken.
Vergleicht man zunächst die WM 1990, bei der noch mit dem 2-Punkte-System gespielt wurde, mit der WM 1994, lässt sich feststellen, dass acht der 36 Gruppenspiele 1990 remis endeten und ebenfalls acht von 36 Gruppenspielen 1994. Die Anzahl der torlosen Spiele sank von drei auf zwei. Im Vergleich der beiden WMs lässt sich somit keine Auswirkung der neuen Regel feststellen.
In der Bundesliga endeten 491 von 1.604 Spielen in den fünf letzten Saisons der 2-Punkte-Regel und 437 von 1.530 Spielen in den ersten fünf Saisons mit der...
Erscheint lt. Verlag | 17.6.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport |
ISBN-10 | 3-7562-7071-8 / 3756270718 |
ISBN-13 | 978-3-7562-7071-2 / 9783756270712 |
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