Sexfrei (eBook)
320 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46081-8 (ISBN)
Anica Plaßmann ist promovierte Pädagogin, die zunächst als Lehrbeauftragte in Kiel unterrichtete, und viele Jahre als Therapeutin Erfahrungen mit Familien sammelte, bevor sie 2010 ihre eigene Praxis für Paar- und Sexualtherapie eröffnete. Ende 2019 erschien in DIE ZEIT ihr viel beachteter Gastbeitrag 'Ungeil'.
Anica Plaßmann ist promovierte Pädagogin, die zunächst als Lehrbeauftragte in Kiel unterrichtete, und viele Jahre als Therapeutin Erfahrungen mit Familien sammelte, bevor sie 2010 ihre eigene Praxis für Paar- und Sexualtherapie eröffnete. Ende 2019 erschien in DIE ZEIT ihr viel beachteter Gastbeitrag "Ungeil".
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser, liebe andere Lesenden,
ich möchte unser aller Leben erleichtern. Uns den Weg freiräumen für schöne Gefühle und Eindrücke. Sexfrei oder mit Sex – wir alle verdienen es, so zu leben, dass es uns erfüllt. Große Hoffnungen verbinde ich mit diesem Buch, nicht nur, weil ich so lange Jahre mit Menschen im Gespräch bin über ihren Weg zu einem erfüllten Leben. Denn ich gönne Ihnen und uns allen viel Freude an unserer jeweiligen Art, Sex zu haben oder auch keinen zu praktizieren. Dass Letzteres gerade auf längere Distanz Schwierigkeiten bereitet – ich wünsche mir sehr, dass es irgendwann anders sein wird. Bis dahin gibt es noch viel zu tun.
Wir kennen uns noch nicht, das wird sich im Laufe des Buches ändern. Nur so viel vorweg: Wir sind Frauen oder Männer, die sich um ihr Sexleben Gedanken machen. Vermutlich habe ich mich damit länger auseinandergesetzt als Sie, denn als Sexualtherapeutin bin ich seit meiner Ausbildung und somit lange vor Eröffnen meiner ersten eigenen Praxis damit beschäftigt, unser aller Weg zu ebnen – hin zu einem Leben mit Sex, aber gerne auch ohne.
Ich stelle Sie mir oft vor, was Sie denken und welche Fragen Sie gerne von mir beantwortet bekämen. Mit Sicherheit liege ich damit an der einen oder anderen Stelle des Buches falsch. Aber mich treibt die Hoffnung an, dass Sie in weiten Teilen zustimmend nicken und erleichtert erkennen, dass Sie nicht allein sind mit Ihren Gedanken. Daher stelle ich mir diesen Austausch zwischen Ihnen und mir gerne wie ein Zwiegespräch vor. Ob wir uns je begegnen werden? Vielleicht bei einer zukünftigen Lesung. Doch auch, wenn wir uns nie persönlich kennenlernen werden: Ich wünsche mir, dass es Ihnen gut geht. Hoffentlich künftig noch besser.
Ich mache es mir beim Schreiben auf meiner Couch mit den Fransenkissen gemütlich, habe meine Liebste(n) um mich herum versammelt. Zu Beginn des Schreibprozesses bereicherte noch mein kleiner Kater Finn die Runde. Ihm nachfolgend Milo. Während diese Zeit des Schreibens ihrem Ende zugeht, ist mir nur noch Finns Schwester Lumi geblieben, die sich meine Aufmerksamkeit mit Ihnen als meinem gedachten Gegenüber teilt. Hier und da linst sie über meine Schulter, schmiegt sich an oder legt sich schlichtweg auf die Tastatur meines Notebooks. In die Zeit der Pandemie startete ich allein. Das war richtig und wichtig, aber auch nicht immer leicht. Gerade während der beiden Trauerzeiten um meine Kater.
Was genau ich Ihnen mit auf den Weg geben möchte? Viele Infos, Erfahrungen, Beispiele aus dem realen Leben, wie meine Patienten sie mir anvertraut haben – und meine Schlussfolgerungen. Denn, das nehme ich ganz vertrauensvoll an: Sie werden für sich das Beste aus diesem Buch herausziehen. Ich freue mich, dass Sie diese Offenheit mitbringen. Sie werden sicher viel für sich mitnehmen können. Ganz sicher sogar. Dass auch Informationen dabei sind, die für Sie nicht sonderlich entscheidend sind, kann ich leider nicht ganz ausschließen. Dann springen Sie bitte weiter, überblättern ein paar Seiten, und greifen dort den Faden auf, wo meine Aussagen für Sie wieder mehr Relevanz besitzen. Wo es zu viel ist oder wird, haken Sie den Text ab. Ich verstehe das, wenn Sie denken: »Da hat sie sich zu viele Gedanken gemacht.« Lieber zu viel als zu wenig, denke ich mir wiederum, denn es geht um unser Wohlbefinden. Hauptsache, ich versorge Sie so gut es mir irgend möglich ist mit neuen Gedanken und mit Ideen für Ihr Leben – mit und gerne auch ohne Sex. Damit mir das gelingt, bekommen
Sie anonymisierte Ausschnitte aus Therapiegesprächen mit meinen Patienten, Überlegungen und Interpretationen von mir und dazu das ein oder andere Anekdötchen aus meiner privaten Biografie an die Hand.
Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung, wenn Sie ohne Sex leben wollen. Ja, diese Haltung kann Probleme auslösen. Aber Sie sind ein Mensch unter vielen anderen ganz verschiedenen Menschen. Wir alle haben mehr oder weniger Lust auf Sex, haben mehr oder weniger vom Sex. Meist führt ein sexfreies Leben noch immer zu großem Staunen. Und zu Irritationen. Sie erregen Anstoß? Falls Sie zur Gruppe der Menschen gehören, die Probleme haben, weil sie sexfrei leben möchten, dann schon hier ein erster, mir sehr wichtiger Hinweis: Bloß nicht aufgeben!
Sexfrei leben – ein Thema, das so alt ist wie die Menschheit. Doch zu Beginn meiner Arbeit als Sexualtherapeutin kam es mir oft vor, als sei es trotzdem Neuland, sich kritisch damit zu beschäftigen. Jetzt aber ist die Zeit gekommen für eine offene Diskussion, so meine ich. Wir kämpfen nicht erst seit #MeToo um unser Recht auf Selbstbestimmung. Schon die Frauenbewegung der Achtundsechziger hat vehement eingefordert, dass jede Frau über ihr Glück selbst bestimmen kann. Die Frage der Sexabstinenz aber wurde kaum gestellt. Warum eigentlich? Bereits vor über zehn Jahren bemühte ich mich, die Redaktionen diverser Printmagazine und TV-Formate auf mein Herzensthema aufmerksam zu machen. Jeweils mit der Bitte, Sexfreiheit in die öffentliche Diskussion einzubringen. Kürzlich habe ich meine Liste noch einmal in die Hand genommen, die Aufreihung mit all den Namen, die ich damals angeschrieben habe – ohne je eine Antwort zu erhalten. Zunächst war ich sprachlos, aber dann ging mir auf, dass es um dieses Thema herum sehr viel Sprachlosigkeit gibt. Und ich kam zu dem Schluss: Es ist ein so großes Tabu, dass sich niemand herantraut. Heute aber nehme ich mir das Tabu vor, die Zeit ist reif.
Das hat mir schon vor zwei Jahren ein Artikel gezeigt, den ich für die ZEIT verfasst habe. Dort habe ich Gehör gefunden, und Sie, liebe Leser*in[1], haben nun das Buch zum Thema in der Hand. Einen Schluss habe ich gezogen: Sexuelle Abstinenz wird völlig zu Unrecht stigmatisiert. Holen wir das Thema also aus der dunklen Schmuddelecke ans Tageslicht. Und was erkennen wir?
Abstinenz ist weitverbreitet. Und normal. Das ist unser aller Realität. Und nicht nur ich mit meiner langjährigen Erfahrung aus der Sexualtherapie-Praxis bin zu dieser Erkenntnis gekommen. Warum nur ist es für etliche Menschen trotzdem eine schockierende Neuigkeit?
Der Mainstream ist pro Sex. Damit wir uns in diesem Punkt recht verstehen: Nicht jedes Anderssein und nicht jede Abweichung vom Mainstream muss meiner Meinung nach neu beurteilt oder von Vorbehalten befreit werden. In der Frage der Sexfreiheit aber ist es dringend an der Zeit, weil sie eine Ausdrucksmöglichkeit von Normalität ist. Zahlenmäßig. Qualitativ. Unverzichtbar. Diese Variante muss zulässig sein, wenn wir eine frei gewählte Sexualität wollen. Dafür sollten wir eigentlich gar nicht erst streiten müssen. Und doch tut es not.
Wir brauchen allerdings viel mehr als das Lippenbekenntnis, diese freie Entscheidung für richtig zu halten. Wir müssen sie auch unserem Partner zugestehen. Das ist unbequem. Und doch zwingend notwendig. Bei Ihrer Lektüre finden Sie über den Aufruf zur Toleranz gegenüber den Abstinenten auch wichtige Hintergründe und Tipps für die Partner von Abstinenten. Diese haben es oft genug furchtbar schwer zu entscheiden, ob sie bei dem Abstinenten bleiben können oder nicht. Ob und wie lange sie es aushalten können, den sexuellen Teil ihres Wesens zu vernachlässigen, unerfüllte Bedürfnisse in Schach zu halten oder sie – oft heimlich – andernorts zu befriedigen. Von Abstinenz sind stets beide Partner betroffen. Im besten Fall finden diese zwei die Sexlosigkeit in Ordnung. Nur ist dem vielfach nicht so.
Ja, auch darum geht es mir in diesem Buch: Ich möchte alle Seiten des Themas beleuchten, damit auch die Partner all jener zu ihrem Recht kommen, die an der Seite eines bekennend sexfreien Gefährten leben. Ihr Anliegen wird hier auch mitgedacht.
Die abstinente Lebensart ist oft eine Frage des Selbstbewusstseins, des Standings, des Zu-sich-Stehens. Zuweilen hilft es da zu wissen, dass Sie nicht allein dastehen mit Ihren Gedanken. Auch da bin ich mit meinem Buch unterstützend zur Stelle. Wie weit es in der Realität damit her ist, zeigt sich uns allen in einem Punkt: Es ist auch heute noch häufig schwierig, zu sich zu stehen. Zu den eigenen Entscheidungen. Geht es um sexuelle Vorlieben, toleriert unsere Gesellschaft inzwischen eine große Bandbreite. Sexfreiheit gehört seltsamerweise bisher nicht dazu. Wenn jedoch das Gros der Gesellschaft nicht mit Verständnis reagiert, was tun? Und wenn sich der eigene Liebesgefährte dagegen aufbäumt, was dann?
Ein paar Antworten habe ich hier für Sie versammelt, damit es nicht mehr eine Frage von Charakterstärke und Rückgrat ist, gegen den Strom zu schwimmen und sein Anderssein zu leben. Ohne sich zu verstecken. Es ist an der Zeit, offen zu uns zu stehen. Deshalb sage ich mit einem entsprechend mulmigen Gefühl: Ich lebe momentan sexfrei, also ohne Sex mit einem Partner. Das ist nicht allein Corona geschuldet, weil die Ansteckungsgefahr eine Annäherung durch gesundheitliche Risiken verkompliziert. Meine Entscheidung, jetzt sexfrei zu leben, passt gerade gut zu mir und zu meinem Schreibprozess. Auch wenn es Momente gibt, wo ich ihn mir wünsche, Paarsex aber nicht verfügbar ist. In meinem Leben gab es lange Zeiten mit Sex wie ohne ihn. Selbstbefriedigung gibt es unabhängig davon, ob ich in einer Partnerschaft war oder bin. Sinnlichkeit ist eine wichtige Qualität in meinem Leben. Ich mache sie nicht nur an Sex fest. Ich möchte über mein Sexleben flexibel entscheiden und es gestalten. Habe ich Angst, dafür Herabsetzung zu ernten? Aber ja! Das ist es mir allerdings wert. Und ich fühle mich meistens wohl damit.
Leben Sie so, dass es stimmig ist. Dass es ist, was Sie wollen....
Erscheint lt. Verlag | 20.3.2021 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Partnerschaft / Sexualität |
Schlagworte | Beziehung • beziehung ohne sex • Beziehung/Partnerschaft • beziehung retten • Beziehungsprobleme • Beziehungsratgeber • Beziehungsratgeber Sex • Darüber spricht man nicht • Dr. med. Sheila de Liz • Ehe • Eheratgeber • Ehe und Sex • glückliche beziehung • Intimität • langweiliges Sexleben • Liebe • Liebe im Alltag • liebe leben • Lustlosigkeit • Monogamie • ratgeber beziehung • ratgeber beziehung und partnerschaft • ratgeber für paare • Ratgeber Partnerschaft • Ratgeber Sexualität • Sexratgeber für Paare • Sexualität der Frau • Sexualität genießen • Sexualität im Alter • Sexualität in Paarbeziehungen • Sexualleben • Sexualtherapeut • Sexualtherapie • sexuelle Abstinenz • Sexuelle Selbstbestimmung • Unlust • Unverschämt: Alles über den fabelhaften weiblichen Körper • Woman on Fire: Alles über die fabelhaften Wechseljahre • Yael Adler |
ISBN-10 | 3-426-46081-5 / 3426460815 |
ISBN-13 | 978-3-426-46081-8 / 9783426460818 |
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Größe: 806 KB
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