Elternunterhalt (eBook)

Das müssen Kinder für ihre Eltern zahlen
eBook Download: EPUB
2020 | 4. Auflage
163 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-75372-5 (ISBN)

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Elternunterhalt - Gisela Lindemann-Hinz, Jürgen Wabbel
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Es ist nicht zu spät! Dieser Ratgeber hilft Ihnen, unberechtigte Ansprüche abzuwehren:
Leicht verständlich: Die rechtlichen Aspekte sind einfach aufbereitet und in einer verständlichen Sprache dargestellt.
Anschaulich: Zahlreiche Beispiele machen die Ausführungen anschaulich.
Übersichtlich: Klar aufgebaut, mit vielen praktischen Tipps, Checklisten und Musterrechnungen.
Aktuell: Mit dem zum 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Angehörigen-Entlastungsgesetz sowie den neuesten Urteilen, etwa zur Verwirkung von Ansprüchen.
Eingehend sind u.a. behandelt:
  • Elternunterhalt und Unterhaltsbedarf,
  • eigener angemessener Bedarf,
  • einzusetzendes Einkommen und Vermögen,
  • Verwirkung von Unterhaltsansprüchen,
  • Verwaltungsverfahren u.v.m.

Zum Autor:
Jürgen Wabbel ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Familien- und Erbrecht in Braunschweig. Daneben ist er in beiden Bereichen als Mediator tätig.

133. Kapitel

Elternunterhalt – Basiswissen


I. Grundlagen des Elternunterhaltes


Der aus dem Verwandtschaftsverhältnis herrührende richtet sich weiterhin nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und begründet beiderseitige Rechte und Pflichten. Das Unterhaltsrecht ist davon geprägt, den sich in der Regel widersprechenden Interessen von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten bestmöglich gerecht zu werden. Es soll ein fairer Interessenausgleich zwischen den beiden Seiten gefunden werden. Zu diesem Zweck kann eine Entscheidung nur auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles getroffen werden. Entscheidende Bedeutung haben dabei sowohl die persönlichen als auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten. Vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Regelung wird die Argumentation mit den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zum Schutz des Unterhaltspflichtigen noch eine weit größere Rolle spielen als bisher, weil nach der derzeitigen Lesart des Gesetzes teilweise massive Einschnitte zu befürchten sind.

Beim Elternunterhalt unterscheidet man wie bei den anderen Unterhaltsschuldverhältnissen auch zwischen Betreuungs- und Barbedarf. Beim Betreuungsunterhalt steht die tatsächliche Versorgung des Unterhaltsberechtigten mit Nahrung, Bekleidung, Wohnung, Pflege im Krankheitsfall etc. im Vordergrund. Unter Barbedarf sind 14die finanziellen Mittel zu verstehen, die der Unterhaltspflichtige dem Bedürftigen für dessen gesamte Lebenshaltungskosten zur Verfügung zu stellen hat. Grundsätzlich ist der Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Unterhaltsverpflichtete kann aber auch verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhaltes in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen (§ 1612 Abs. 1 BGB). In diesem Fall erfüllt das Kind seine Unterhaltspflicht dadurch, dass es dem Elternteil zum Beispiel Unterkunft und Verpflegung und, soweit erforderlich, Betreuungsleistungen zur Verfügung stellt. Ist das Angebot von Kost und Logis für den Elternteil unzumutbar, kann er es ablehnen und stattdessen den geschuldeten Elternunterhalt in bar verlangen. Kann ihm das erwachsene Kind mit großer Familie und kleinen Kindern etwa nur ein Zimmer in seiner Wohnung zur Verfügung stellen, wird der Unterhaltsgläubiger eher Gründe haben, das Angebot abzulehnen als wenn ihm eine eigene, abgeschlossene Wohnung zur Verfügung gestellt werden kann.

Der auf dem Verwandtschaftsverhältnis beruhende Elternunterhalt kann je nach Bedarfslage Unterhaltsansprüche aktivieren, sie ruhen oder wiederaufleben lassen. Er ist an keine Einsatzzeitpunkte gebunden, wie folgendes Beispiel verdeutlichen soll: Ein Elternteil wird Anfang des Jahres hilfebedürftig. Er verfügt zwar über Vermögen, dessen Verwertung ist ihm aber aktuell nicht möglich. Da er über keine anderen finanziellen Ressourcen verfügt, besteht zum Jahresanfang ein Anspruch auf Elternunterhalt gegen den erwachsenen Sohn. Im Herbst des Folgejahres kann – und muss – der Elternteil sein Vermögen auflösen. Die freiwerdenden Mittel führen dazu, dass er ab dem Moment, in dem er über das Geld verfügt, keinen Elternunterhalt mehr beanspruchen kann. Drei Jahre später ist das Kapital aufgezehrt, ohne dass man dem Elternteil den Vorwurf machen kann, es verschleudert zu haben. Jetzt ist er wieder ohne eigenes Einkommen und damit unterhaltsbedürftig. Erneut setzt die Unterhaltspflicht des Sohnes ein.

Im Regelfall wird der Elternunterhalt laufend in monatlich gleicher Höhe gezahlt. Daneben gibt es aber auch Unterhaltsansprüche, die einmalig bzw. unregelmäßig anfallen können. Hierbei handelt es 15sich um Sonderbedarf , der wegen eines außergewöhnlich hohen Kostenaufwandes geschuldet wird. Der Unterschied zwischen laufendem und Zusatzbedarf wird erläutert an folgendem Beispiel:

Beispiel: Die hilfebedürftige Mutter wohnt noch in ihrer eigenen Wohnung. Wegen ihrer kleinen Rente ist sie aber bereits auf laufenden Elternunterhalt angewiesen, wenn auch nur geringfügig. Bei einem Sturz zieht sie sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus und anschließenden Reha-Maßnahmen kann sie wieder allein in ihrer Wohnung leben. Für die Behandlung kommt ihre Krankenkasse nicht vollständig auf. Hier hat sie einen krankheitsbedingten Mehrbedarf, für den der Sohn als Sonderbedarf aufzukommen hat. Im Übrigen ändert sich aber an seinen laufenden Unterhaltszahlungen an die Mutter nichts.

Anders verhält es sich, wenn die Mutter nach dem Oberschenkelhalsbruch auf Dauer pflegebedürftig wird und in einem Heim leben muss. Jetzt bestimmen die regelmäßig für die Heimunterbringung anfallenden Kosten ihren Lebensbedarf. Damit hat der Sohn im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten für diesen Mehrbedarf in Form von laufendem Elternunterhalt aufzukommen.

Im Zusammenhang mit dem Elternunterhalt bestehen auf beiden Seiten Nebenpflichten wie etwa die Pflicht, wechselseitig Auskunft über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zu geben. Außerdem haben beide Beteiligte aus dem Schuldverhältnis Obliegenheiten, wie etwa den anderen nicht zu schädigen, eigene Finanzmittel bestmöglich zu verwerten etc.

II. Kreis der Unterhaltspflichtigen


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB). Diese Vorschrift deckt den gesamten Bereich des Verwandtenunterhaltes ab. Gleichzeitig enthält sie aber auch eine deutliche Einschränkung: Zu Unterhaltszahlungen können nur die Verwandten herangezogen werden, die in gerader Linie mit dem Hilfebedürftigen verwandt sind.

16§ 1601 BGB

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Die übrigen Verwandten in der Seitenlinie wie Geschwister, Onkel/Tante, Neffe/Nichte, fallen nicht in den Kreis der möglichen Unterhaltsschuldner. Auch der Träger der Sozialhilfe muss sich strikt daran halten. Die Kosteneinziehung erfolgt ausschließlich über das Unterhaltsrecht nach dem BGB. Deshalb darf auch der Sozialhilfeträger die Verwandten in der Seitenlinie nicht zum Elternunterhalt heranziehen. In der anwaltlichen Beratung löst diese Auskunft regelmäßig bei diesen Angehörigen große Erleichterung aus. Die gleiche Beschränkung gilt für Verschwägerte und für die Stiefkinder des Hilfebedürftigen. Auch der Ehegatte des unterhaltspflichtigen Kindes schuldet dem Schwiegervater/der Schwiegermutter – grundsätzlich – keinen Elternunterhalt.

III. Nachrangigkeit des Elternunterhaltes


Trotz aller Bereitschaft, für den Lebensbedarf der Eltern aufzukommen, kann für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind folgendes Problem auftauchen: Neben dem bedürftigen Elternteil hat es noch eine eigene Familie, die von ihm ebenfalls finanziell unterstützt werden muss. Für alle unterhaltsbedürftigen Angehörigen reichen aber seine Mittel nicht aus. Soll das knappe Geld unter allen Unterhaltsgläubigern gleichmäßig aufgeteilt werden oder gibt es hier andere Verteilungsvorschriften im Mangelfall? Enkelkinder sind hingegen nach der gesetzlichen Definition Verwandte in gerader Linie. Für sie gilt im Sozialrecht die Besonderheit, dass im Verhältnis zu ihnen Unterhaltsansprüche nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen.

§ 94 Abs. 1 Satz 3 SGB XII

Enkelkinder als Verwandte in gerader Linie 2. Grades sind vor der Inanspruchnahme auf Unterhalt für ihre Großeltern geschützt, weil das Sozialamt diese Ansprüche nicht auf sich überleiten kann.

17Es kommt nicht selten vor, dass neben der Verpflichtung für die bedürftigen Eltern auch noch andere Unterhaltspflichten bestehen. Wer zum Beispiel noch Unterhalt für den geschiedenen Ehepartner und seine in der Ausbildung befindlichen Kinder zahlt wird häufig zu wenig Geld haben, um alle Unterhaltsansprüche bedienen zu können. Der Gesetzgeber hat daher folgenden Weg gewählt: Je nach Art ihres Anspruches werden die einzelnen Unterhaltsgläubiger untergliedert und in verschiedene Gruppen zusammengefasst. Zwischen den jeweiligen Gruppen besteht eine feste Rangfolge, nach der die darin erfassten – gleichrangigen – Gläubiger mit ihrem Unterhaltsanspruch zum Zuge kommen. Die in einer Gruppe aufgeführten Unterhaltsberechtigten werden mit ihrem individuellen Bedarf (Einsatzbetrag) gleichmäßig an dem knappen Geld des Unterhaltspflichtigen beteiligt, notfalls mit einer prozentualen Quote, wenn sein Einkommen zur vollständigen Bedarfsdeckung aller nicht ausreicht.

Bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigte n sieht eine einfache Mangelfallberechnung folgendermaßen aus:

E × V : S = K

E = Einsatzbetrag; V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt);

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten; K = prozentuale Kürzung des Unterhalts.

Beispielsrechnung: Monatlicher Unterhaltbedarf von A: 300 EUR, von B: 250 EUR und von C: 200 EUR. Nach Abzug von berücksichtigungsfähigen Kosten und unter Wahrung seines Selbstbehaltes verbleibt auf Seiten des Verpflichteten ein Einkommen von 500 EUR im Monat.

Mangelfallberechnung für A: 300 EUR × 500 EUR: 750 EUR

= 200 EUR

Mangelfallberechnung für B: 250 EUR × 500 EUR:...

Erscheint lt. Verlag 14.10.2020
Reihe/Serie Beck-Rechtsberater im dtv
Beck-Rechtsberater im dtv
Beck-Rechtsberater im dtv
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Familienrecht
Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Recht / Sonstiges
Schlagworte Bedürftigkeit • Freibeträge • Unterhaltsanspruch • Unterhaltsbedarf • Unterhaltspflichten • Vermögen • Verwaltungsverfahren • Vorsorgemaßnahmen
ISBN-10 3-406-75372-8 / 3406753728
ISBN-13 978-3-406-75372-5 / 9783406753725
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