Auf der Suche nach den ältesten Sternen (eBook)
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-401328-2 (ISBN)
Anna Frebel studierte Physik in Freiburg, promovierte in Astrophysik am Mount Stromlo Observatory in Canberra, Australien, und ist nach Fellowships in Austin, Texas und am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics seit kurzem Professorin für Physik am renommierten MIT in Cambridge, MA, USA. Die junge deutsche Wissenschaftlerin ist der Shooting-Star unter den Astrophysikern. Anna Frebel entdeckte im Jahr 2005 den metallärmsten Stern, im Jahr 2007 gelang ihr erneut ein sensationeller Fund: sie entdeckte den ältesten -13 Milliarden Jahre alten Stern. Anna Frebel veröffentlicht in den wichtigsten Fachjournalen, u.a. in »Nature«, und ist mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet worden.
Anna Frebel studierte Physik in Freiburg, promovierte in Astrophysik am Mount Stromlo Observatory in Canberra, Australien, und ist nach Fellowships in Austin, Texas und am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics seit kurzem Professorin für Physik am renommierten MIT in Cambridge, MA, USA. Die junge deutsche Wissenschaftlerin ist der Shooting-Star unter den Astrophysikern. Anna Frebel entdeckte im Jahr 2005 den metallärmsten Stern, im Jahr 2007 gelang ihr erneut ein sensationeller Fund: sie entdeckte den ältesten ~13 Milliarden Jahre alten Stern. Anna Frebel veröffentlicht in den wichtigsten Fachjournalen, u.a. in »Nature«, und ist mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet worden.
Anna Frebel ist nicht nur eine genaue und vorurteilsfreie Beobachterin des Alls, sie weiß darüber auch fesselnd zu schreiben.
Das Buch gibt in 11 Kapiteln eine gelungene Übersicht […] Es macht Spaß, diesen Einblicken zu folgen.
Das Buch gibt einen erhellenden Einblick in die Astrophysik der Sterne und die Geschichte des Universums.
1.1. Die ersten Minuten nach dem Urknall
Begriffe wie Raum und Zeit, Temperatur oder Dichte benutzen wir heutzutage oft, ohne weiter darüber nachzudenken, ob es auch ein »Vor« dem Raum oder »Vor« der Zeit gab. Unser physikalisches Verständnis für das Universum beginnt nämlich erst winzige Sekundenbruchteile nach dem Urknall, den man sich als Beginn von Raum und Zeit vorstellen kann. Was wirklich am Anfang des Universums stand, ist und bleibt ein Rätsel. Der Begriff »Urknall« benennt somit diesen eigentlich unbeschreiblichen Anfangszustand.
Wir wissen aber, dass die ersten Minuten nach dem Urknall extrem heiß waren und das Universum lediglich aus einer dichten Suppe aus den verschiedensten kleinsten Teilchen bestand. In den folgenden Minuten bildeten sich daraus Protonen, Neutronen und Elektronen, die Bausteine der Atome. Das Universum dehnte sich nun rapide aus und kühlte dabei schnell ab. An chemischen Elementen existierte bisher nur Wasserstoff (Ordnungszahl 1), genauer gesagt existierten nur Wasserstoffkerne, eben die Protonen. Als die Temperatur nach zwei bis drei Minuten auf eine Milliarde Grad gesunken war, entstanden die ersten gegenüber Wassertoff schwereren Atomkerne wie z.B. Deuterium. Deuterium wird auch »schwerer Wasserstoff« genannt, denn es besteht aus einem Proton und einem Neutron und hat somit die gleiche Ladungszahl wie Wasserstoff, nämlich 1.
Aus Deuterium konnten dann die ersten Heliumkerne (Ordnungszahl 2) gebildet werden, die aus zwei Protonen und zwei Neutronen bestehen. Schon in den ersten zwei Minuten war bei den noch höheren Temperaturen Helium direkt aus vier Protonen gebildet worden. Allerdings war es zu dieser Zeit so heiß, dass diese Heliumkerne immer sofort wieder durch die ebenfalls vorhandenen hochenergetischen Gammastrahlen zerschlagen wurden. Erst der Umweg über die Deuteriumkerne bei den kühleren Temperaturen von etwa einer Milliarde Grad führte dann schließlich zur Bildung großer Mengen von Helium.
Durch die Zusammenstöße von mehreren Heliumkernen bildete sich als das drittschwerste Element noch eine ganz, ganz winzige Menge an Lithium (Ordnungszahl 3). Das Universum bestand also zu jener Zeit aus diesen drei Elementen: Wasserstoff, Helium und Lithium. Rund 75% der Gesamtmasse bestand dabei aus Wasserstoff und ca. 25% aus Helium. Der Lithium-Massenanteil lag nur bei 0,000000002%. Wenn man zum Vergleich diese Massenverteilung in Anzahlen von Wasserstoff- und Heliumatomen ausdrückt, gibt es 92% Wasserstoffatome und nur ca. 8% Heliumatome, da Helium viermal schwerer als Wasserstoff ist. Lithium ist wiederum nur als ein winziger Bruchteil vertreten.
Schon drei Minuten nach dem Urknall war die erste Phase der Elementsynthese abgeschlossen. Das Universum war nun schon zu weit abgekühlt, um weiterhin nukleare Fusion mit Wasserstoff und Helium betreiben zu können. Um später Leben im Universum und somit auch den Menschen hervorbringen zu können, reichten die in den wenigen Minuten nach dem Urknall entstandenen chemischen Elemente Wasserstoff, Helium und Lithium jedoch nicht aus. Die hierzu notwendigen Elemente wie Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Eisen sowie alle anderen Elemente des Periodensystems fehlten noch. Diese wurden erst nach und nach in Sternen synthetisiert. Nur dort konnten aus den vorhandenen leichten Elementen wie Wasserstoff und Helium schwerere erzeugt werden. Denn nur im Inneren von Sternen ist es heiß genug, um alle weiteren Elemente des chemischen Periodensystems zu synthetisieren.
Damit diese Sterne und auch die Galaxien überhaupt entstehen konnten, mussten sich aus den ersten, elektronenlosen und nackten Atomkernen sowie den frei im Universum herumschwirrenden Elektronen erst einmal vollständige und elektrisch neutrale Atome bilden. Für lange Zeit nach dem Urknall sind Atomkerne, Elektronen und Photonen, also die Lichtteilchen, wild durcheinandergerast. Diese Teilchen- und Strahlensuppe war somit ziemlich undurchsichtig, etwa so, wie wenn man durch das Gewimmel der Wassertröpfchen bei strömendem Regen oder Nebel die andere Seite der Straße nicht mehr sehen kann. Denn die Energie und die Richtung der Photonen werden immer wieder durch freie Elektronen verändert. Man sagt auch, sie werden gestreut.
Etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall war das Universum in seiner Größe nun so weit angewachsen und dabei auf 2700 Grad Celsius abgekühlt, dass es zu einer grundlegenden Veränderung kam. Die Atomkerne und die Elektronen bewegten sich nun so langsam, dass die positiv geladenen Atomkerne die negativ geladenen Elektronen einfangen und dauerhaft an sich binden konnten. Die seit dem Urknall umherfliegenden Photonen hatten somit viel weniger Möglichkeiten, von Elektronen gestreut zu werden. Das bedeutete die endgültige Trennung von Materie und Strahlung, das bis dahin undurchsichtige Universum wurde dadurch erstmals durchsichtig.
Die Photonen wurden somit endlich aus dem Labyrinth der Elektronen befreit und konnten ungestört über weite Distanzen fliegen. Das tun sie auch heute noch. Die Photonen aus dem frühen Universum fliegen nach wie vor – sie werden die kosmische Hintergrundstrahlung genannt. Sie ist so etwas wie das schwache Restglimmen des Urknalls von vor fast 14 Milliarden Jahren, die letzte Glut eines gigantischen kosmischen Feuerwerks.
Seitdem das Universum durchsichtig wurde, ist es auch 1100 Mal größer geworden. Da die Energiedichte der kosmischen Hintergrundstrahlung mit zunehmendem Volumen des Universums abnimmt, ist die Temperatur der Hintergrundstrahlung, die heute bei uns ankommt, aber nicht mehr 2700 Grad C heiß, sondern inzwischen nur noch –270 Grad C. Das entspricht ungefähr 2,7 Grad Kelvin. Das Universum hat sich also ausgehend vom Urknall bis heute dem absoluten Temperaturnullpunkt bei 0 Grad Kelvin oder –273 Grad C schon sehr weit angenähert. Mit einer weiteren Ausdehnung des Universums wird in sehr ferner Zukunft der absolute Temperaturnullpunkt irgendwann erreicht werden.
Diese Hintergrundstrahlung wurde 1964 von den amerikanischen Radioastronomen Arno Penzias und Robert Wilson nach diversen Vorhersagen tatsächlich zufällig entdeckt. Die beiden Wissenschaftler erhielten 1978 den Nobelpreis für ihre Arbeiten. 2006 folgte ein weiterer Nobelpreis für die amerikanischen Astrophysiker George Smoot und John Mather. Mit Hilfe des Weltraumsatelliten COBE (»Cosmic Microwave Background Explorer«) hatten sie mit ihrem Team die ersten präzisen Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung vorgenommen und so deren räumliche Struktur und Ausdehnung bestimmen können. Diese und weitere Messungen durch den Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP)-Satelliten, der in Abbildung 1.B im Farbbildteil gezeigt ist, sind eine großartige Bestätigung dafür, dass das Universum eine extrem heiße Phase auf kleinstem Raum durchgemacht hat – also den Urknall.
Abb. 1.B
Schon in der 380 000 Jahre nach dem Urknall entstandenen kosmischen Hintergrundstrahlung konnten Smoot und Mather erste Anzeichen einer ganz leichten Klumpung der Materie im Universum nachweisen. Sie sind die »Kondensationskeime« aller späteren kosmischen Strukturen, also letztendlich auch der Sterne.
Aber erst einige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall war es dann so weit, dass sich der Charakter des Universums wieder vollständig veränderte. Das »dunkle« Zeitalter, das bestanden hatte, seit die Atomkerne die Elektronen eingefangen hatten, ging nun zu Ende. Aus den immer stärker verklumpenden riesigen Gaswolken bildeten sich die ersten Sterne des Universums, die nur aus dem Wasserstoff, Helium und Lithium bestanden, die aus der ursprünglichen, primordialen Urknallsuppe hervorgegangen waren. Diese Sterne erhellten das Universum zum allerersten Mal. Das von ihnen ausgehende UV-Licht führte zur Ionisierung der neutralen Atome in den interstellaren Gaswolken. Die Elektronen wurden dabei durch die intensive Bestrahlung des jungen Sternenlichts aus ihren Atomen herausgeschlagen. So veränderte die Existenz der ersten Sterne die Entstehungsbedingungen für weitere neue Sterne. Die Sternentstehung konnte dadurch effizienter vorangetrieben werden. So entstanden immer mehr Sterne, die sich in riesigen Sternenwolken, den Galaxien, organisierten.
In ihrem heißen Inneren synthetisierten diese Sterne dabei alle chemischen Elemente, die schwerer als Wasserstoff und Helium sind. Diese Elementproduktion führte wiederum zu größeren Veränderungen im Universum. Unzählige Sterne reicherten in ihren Galaxien ihre Materie mit immer größeren Mengen der Elemente an. Nach einigen Milliarden Jahren reichten diese Mengen aus, dass sich in der Galaxie, die wir Milchstraße nennen, unsere Sonne und ihre Planeten bilden konnten. Denn unser Planet Erde besteht zu einem erheblichen Teil aus Eisen und anderen Elementen, die aber erst in Sternen geschaffen werden mussten.
Jetzt, nach 13,7 Milliarden Jahren kosmischer Entwicklung, steht der Massenanteil der Elemente von Lithium bis Uran bei ca. 4%. Vor 4,5 Milliarden Jahren, als die Sonne geboren wurde, waren es noch weniger als 2%. Denn bis auf das wenige Lithium ist dieses gesamte Material in Sternen produziert worden. Sterne, insbesondere die ältesten, sind...
Erscheint lt. Verlag | 7.9.2012 |
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Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Weltraum / Astronomie |
Naturwissenschaften ► Physik / Astronomie ► Astronomie / Astrophysik | |
Technik | |
Schlagworte | Astronomie • Astrophysik • Chemie • Chemische Elemente • Chile • Galaxie • Halo • Kosmos • Metallarme Sterne • Milchstraße • Protostern • Riesenstern • Sachbuch • Sonnenmasse • Spektroskopie • Stellare Archäologie • Sterne Es • Sternhaufen • Supernova • Teleskop • Universum • Urknall • Zwerggalaxie |
ISBN-10 | 3-10-401328-4 / 3104013284 |
ISBN-13 | 978-3-10-401328-2 / 9783104013282 |
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