Paradoxien des Journalismus (eBook)

Theorie - Empirie - Praxis
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2009 | 2008
XI, 737 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-91816-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Paradoxien des Journalismus -
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Prof. Dr. Bernhard Pörksen ist Juniorprofessor für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg.
Dr. Wiebke Loosen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg.
Priv.-Doz. Dr. Armin Scholl ist Akademischer Oberrat am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster.

Prof. Dr. Bernhard Pörksen ist Juniorprofessor für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg. Dr. Wiebke Loosen ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Universität Hamburg. Priv.-Doz. Dr. Armin Scholl ist Akademischer Oberrat am Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster.

Inhalt 5
I Voraussetzungen 11
Kleine Apologie der Festschrift 12
Paradoxien des Journalismus 15
1 Dieexistenzielle Frage: Paradoxien des Journalismus 15
2 Diescholastische Frage: Exkurs zur Definition der Paradoxie 17
3 Diekonzeptionelle Frage: Vom Umgang mit Paradoxien in diesem Buch 20
Literatur 30
II Spannungsfelder des Journalismus 32
1 Journalismus und Öffentlichkeit 32
Die Allgegenwart des Widerspruchs 33
1 Paradoxien als Erkenntnismittel 33
2 Typologie der Öffentlichkeitsparadoxien 34
3 Rezipientenparadoxien 35
4 Kommunikatorparadoxien 39
5 Vermittlungsparadoxien des Journalismus 41
6 Öffentlichkeitsparadoxien im Internet 45
6.1 Das Potenzial des Internets 46
6.2 Quantitäts- und Aufmerksamkeitsparadoxie 47
6.3 Qualitäts- und Glaubwürdigkeitsparadoxie 48
6.4 Vermittlungsparadoxien 50
7 Fazit 52
Literatur 52
Öffentlichkeit als Sisyphusarbeit 58
1 Öffentlichkeit als berufliche Aufgabe 58
2 Lösbare Widersprüche 60
3 Öffentlichkeit versus Natur 62
4 Öffentlichkeit versus Professionalität 64
5 Öffentlichkeit versus Öffentlichkeit 67
6 Umgang mit unlösbaren Widersprüchen 71
Literatur 73
2 Qualität und ökonomisches Kalkül 74
Diffuse Geschäftsgrundlagen 75
1 Von den Anmaßungen des Journalismus 75
2 Die Ko-Orientierung von Journalismus und Medien 78
3 Soziale Verantwortung und Ökonomisierung im Journalismus und in den Medien 82
4 Verantwortung und Macht Journalismus und Medien: Welche Macht für wen? 87
5 Das mediale System der Anmaßungen, oder: Die Aufkündigung der Ko-Orientierung durch die Medien 91
Literatur 93
Das Gesetz der Omertà 94
1 Das zentrale Dilemma 94
2 Der Grundwiderspruch von Qualität und Quote: Nur vermeintlich eine Paradoxie? 95
3 Voodoo Economics: Das Preisgefälle zwischen Information und Aufmerksamkeit 99
4 Nonreporting als Überlebensstrategie des Reporters 101
5 Nachrichtenfaktoren und Nachrichtenwerte – ökonomisch betrachtet 105
6 Die Paradoxie von ‚Medienhypes‘ und die Tragik der Allmende 106
7 Parkinsons Gesetz und das Paradox des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 107
8 Journalistik und Ökonomik: Paradoxien im Olymp der Wissenschaft 110
Literatur 112
3 Sein und Bewusstsein 136
Im Bermuda-Dreieck 137
1 Traditionen des journalistischen Rollenverständnisses 137
2 Journalisten als Subjekte 143
3 Journalisten als Dienstleister für die Gesellschaft 145
4 Journalisten als Arbeitnehmer 146
5 Zusammenfassung und Ausblick 150
Literatur 152
Das fragmentierte Selbst 155
1 Vorbemerkung 155
2 Begrifflich-theoretische Grundlagen 156
3 Neuere empirische Daten 160
4 Schlussbemerkungen 171
Literatur 171
Stability and Change 173
1 Introductory Remarks 173
2 Professional Roles 173
3 Reporting Ethics 175
4 Organizational Environment Autonomy and Job Satisfaction 177
5 Organizational Environment Goals and Practices of Managers 179
6 Conclusions 179
References 182
Abhängige Selbstdarsteller 183
1 Die Bühne der Journalisten – eine Vorbemerkung 183
2 Fesselungen: Funktionsblockaden durch ungünstige Arbeitsbedingungen 184
3 Entfesselungen: Der Wettlauf um die Akkumulierung sozialen Kapitals 190
4 Informationsverlust: Feuilletonisierung und Selbstinszenierung 194
5 Die glamouröse Fassade der Inszenierung – ein Fazit 196
Literatur 197
Diskriminierte Differenz 199
1 Zur Relevanz der Geschlechterdifferenz 199
2 Feministische Theorie und (systemtheoretische) Geschlechterforschung 200
3 Geschlechterdiskriminierung im Journalismus 205
4 Maßnahmen zur Reduktion von Geschlechterdiskriminierung 213
5 Paradoxien in der Geschlechterforschung 216
Literatur 218
4 Nähe und Distanz 222
Die bissigen Schoßhunde 223
1 Politischer Journalismus und politische Macht 223
2 Die Kontextabhängigkeit der Medien 223
3 Die Machtnähe in Frankreich und Österreich 224
4 Die Machtdistanz in den USA, in England und in Deutschland 226
5 Das Fallbeispiel Blochers in der Schweiz 227
6 Die Diskussion eines Medien-Boykotts 228
7 Medien als Plattformen, Multiplikatoren, Lautsprecher 230
8 Paradoxe Reaktionen der Medien 231
9 Die paradoxe Kunst des politischen Journalismus 232
Literatur 233
Zwischen Informationspflicht und Instrumentalisierung 235
1 Schreckensbotschaften 235
2 Terrorismus als Kommunikationsstrategie 235
3 Die Rolle der Medien im neuen Terrorismus 239
4 Das Bild und die Symbolik des Terrorismus 242
5 Informationspflicht oder Instrumentalisierung: eine Abwägung 249
Literatur 252
5 Nation und Weltgesellschaft 255
Die Gleichzeitigkeit des Verschiedenen 256
1 Perspektive und Programm 256
2 Vom Einbruch der Weltgesellschaft in die heile Welt der Journalistik 257
3 Zur Verklappung von Nationen im Kulturbegriff 263
4 Gegenwarten der Weltgesellschaft 266
5 Journalismus und Weltöffentlichkeit 271
6 Ausblick 275
Literatur 279
Das Ende der Eindeutigkeiten 283
1 Der Grundwiderspruch zwischen Sein und Sollen 283
2 Das Beispiel des Karikaturenstreits: Verteidigung absoluter Werte 284
3 Globale Medienkommunikation und die neuen Bedingungen journalistischer Ethik 288
4 Ethos der Achtung: eine globalisierungssensible Verantwortungsethik 291
5 Offenheit für Differenz – eine Schlussbemerkung 294
Literatur 295
6 Medien und Schematisierung 297
Die Erwartbarkeit des Unerwarteten 298
1 Paradoxien des Mediensystems 298
2 Neuheit versus Redundanz 302
3 Schematisierungen 303
4 Medienschemata 304
5 Schematisierung als Instrument der Kontingenzreduktion 307
6 Ein Fazit 309
Literatur 310
Abhängige Unabhängigkeit 311
1 Autonomie der Journalisten und Autonomie des Journalismus 311
2 Die Welt des Journalismus 312
3 Die zweite Realität 315
4 Das Interesse am Nichtinteressanten 318
5 Personalisierung und Generalisierung des Journalismus 321
Literatur 324
7 Fakt und Fiktion 325
Abschied von der Dichotomie 326
1 Auftakt: Das journalistische Programm Studs Terkels 326
2 (K)Ein Platz für Unterhaltung im Journalismus? 328
3 (K)Ein Platz für Fiktionales im Journalismus? 333
4 Jenseits der Gegensätze – Schlussbemerkungen 340
Literatur 342
Die Wahrheit der Fiktion 344
1 Vorstellungswelten und Medienbilder 344
2 Die medial erzeugte Welt ist nicht nur faktisch gegeben, sie ist auch fiktional 345
3 Das Fiktive und das Reale 346
4 Faktualität und Fiktionalität 347
5 Faktisierungs-, Authentisierungs- und Fiktionalisierungsstrategien 351
6 Die Unaufhebbarkeit der Differenz von Realität und medialem Text 352
7 Anfang und Ende als Konstanten des Berichts von der Welt 353
8 Fiktion als Überbrückung 354
9 Das Gute und das Schlechte in der Welt 355
10 Die Fiktion und die möglichen Welten 355
Literatur 357
Die wahre Fälschung 358
1 Zuvor 358
2 Was ist ein Grubenhund? 359
3 Der Grubenhund im Zeitalter der Digitalisierung 362
4 Fazit 368
Literatur 370
8 Literatur und Journalismus 371
Kreativität im System 372
1 Vorbemerkung: Journalismus und Journalismus 372
2 Handwerk statt Genie oder: Warum es keine journalistischen Wunderkinder gibt und man mit 40 als Journalist noch jung ist 372
3 Die Fernsehbiographie des Ralph Giordano 376
4 „Man braucht die logistische und materielle Ausstattung …“ Oder: Vom ‚Beruf‘ des Auslandskorrespondenten 378
5 Ja, es gibt sie: Journalistische Editionen 381
6 Was denn, als ein Werk? Oder: Die Bücher des Georg Stefan Troller 384
7 Nachbemerkung: Bitte um eine sensible Offenheit 385
Literatur 386
Ausbruch in die Fiktion 388
1 Hamburg, die paradoxe Metropole 388
2 Journalisten: Leben im Paradoxon 389
3 Krimis: Die paradoxe Dramaturgie 391
4 Der Medienthriller: Zwischen Recherche und Geheimdienst (Erich Follath, Sebastian Knauer) 392
5 Der Medienthriller: Zwischen Satire und Slapstick (Peter Johannes, Steffi von Wolff) 393
6 Medienthriller: Zwischen Boulevard und Gosse (Thomas Tuma, Udo Röbel) 396
7 Medienthriller: Journalisten von außen und unten gesehen (Michael Koglin, Robert Lynn) 398
8 Medienthriller: Der stereotype Journalist (Robert Brack, Michael Fischer) 399
9 Medienthriller: Die Erfahrung der Journalistinnen (Wiebke Lorenz, Nina George) 402
10 Krimis und Territorialität 403
11 Fazit: Die paradoxe Stadt im Medienthriller 404
Literatur 406
9 Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung 407
Selbstverliebte Fremdbeobachter 408
1 Journalisten fragen, Journalisten antworten 408
2 Spieglein, Spieglein an der Wand: Zum Begriff journalistischer Selbstbezüglichkeit 410
3 Selbstreferenz ohne Fremdreferenz? Zum Paradox journalistischer Selbstreferenz 412
4 Journalismus oder PR? Zum Paradox journalistischer Selbstthematisierung 417
Literatur 424
Der blinde Fleck der Kritiker 426
1 Einleitung 426
2 Ein zyklischer Diskurs mit Tradition 427
3 Wissenschaftliche Konzepte im Wandel – ungehört vom Mediendiskurs 428
4 Die Rolle des Printjournalismus am Beispiel des ‚Erfurter Amoklaufs‘ 431
5 Blinder Fleck: Printjournalismus und Gewaltberichterstattung 434
Literatur 436
Das Management der Widersprüche 437
1 Einleitende Bemerkung: PR und Kommunikationsmanagement 437
2 Managementdilemmata & Managementparadoxien
3 Paradoxien im Verhältnis zwischen PR und Journalismus 443
4 Fazit 450
Literatur 451
10 Partizipation und Rezeption 453
Konstante Innovationen 454
1 Innovationsparadoxien in der Medienentwicklung 454
2 Online-Journalismus und Journalismus online: Eine begriffliche Klärung 455
3 Paradoxien der Netzwerk-Öffentlichkeit: Fragmentierung versus Homogenisierung 459
4 Neuer Journalismus mit alten Formen und Programmen 463
5 Die Ökonomie des Online-Journalismus 467
6 Konvergenz: Ökonomisierungsstrategie oder neuer Journalismus? 470
7 Schlussfolgerungen: Konvergenter Journalismus in Netzwerken 473
Literatur 474
Das Prinzip der zuverlässigen Überraschung 479
1 Endlich – jeder sein eigener Journalist 479
2 Die Gesetze des Schwarms 481
3 Orientierungserwartungen des Publikums 482
4 Ein Fazit 485
Literatur 485
Das multiple Publikum 488
1 Einführung 488
2 Publikumskonstruktionen auf der Ebene des Normenkontexts 489
3 Publikumskonstruktionen auf der Ebene des Strukturkontexts 494
4 Publikumskonstruktionen auf der Ebene des Funktionskontexts 498
5 Publikumskonstruktionen auf der Ebene des Rollenkontexts 501
6 Fazit 502
Literatur 504
III Spannungsfelder der Wissenschaft 506
Normalität der Pluralität 507
1 Theorie und Paradigma 506
Normalität der Pluralität 507
1 Voraussetzungen einer tiefenschärferen Beschreibung des Journalismus 507
2 Vom normativen Individualismus zum „paradoxen Funktionalismus“ 509
3 Vom analytischen Empirismus zur Paradoxie handlungstheoretischen Denkens 512
4 Von den funktionalistischen Systemtheorien zur ‚Zwiebel‘-Paradoxie 515
5 Fazit: Vertiefung – Internationalisierung – Vergleich 519
Literatur 520
Das Ende der Beliebigkeit 523
1 Fertige Antworten, offene Fragen 523
2 Das medientheoretische Chamäleon 525
3 Journalismusfunktionen in der Nachmoderne 527
4 Wahrheit, Sinn und kulturelle Bindung 530
5 Die Kultur der vernetzten Kommunikation 532
6 Kultur als Gesamtmedium 533
7 Rückbesinnung auf normative Gehalte 534
8 Zurück zum Sprachhandeln 536
Literatur 538
Beobachtete Paradoxien 541
1 Anwendungsorientierte Journalistik 541
2 Der Journalist – brauchbarer Elementbegriff für die Journalistik? 542
3 Wo bleibt die Journalistikpolitik? 544
4 Paradoxien – kommunikationswissenschaftlich beobachtet 546
5 Paradoxien in der Journalistik 549
Literatur 551
2 Theorie und Empirie 554
Die Einheit der Differenz 555
1 Theoriebeladene Beobachtung 555
2 Das paradoxe Verhältnis von Theorie und Empirie 557
3 Systemtheoretische und systemempirische Journalismusforschung 561
4 Methoden für die Systemtheorie 564
5 Paradoxien im Verhältnis zwischen Journalismustheorie und Journalismusempirie 569
6 Die normative Kraft des Funktionalismus 573
Literatur 575
Vertrauen durch Misstrauen 580
1 Logische und empirische Paradoxien 580
2 Ein Paradox der Vertrauensforschung 582
3 Entparadoxierung durch Theoriebildung 583
4 Fazit: Paradoxie und Theorie 592
Literatur 593
Von der Gewissheit der Ungewissheit 594
1 Vorbemerkung 594
2 Von Phantasien, Prognosen und Revolutionen 594
3 Zur Ambivalenz der neuen Kommunikationstechniken 598
4 Feldversuche und Pilotprojekte 599
5 Das Beispiel Internet 600
6 Fehlprognosen und Zufallstreffer 603
Literatur 604
Ein Forschungsparadox: Datenflut und Realitätsverlust 606
1 Eine Wende des Faches 606
2 Fluchtpunkte: Theorie und Empirie 607
3 Quantitäten ohne Qualitäten 609
4 Mit dem Rücken zur Praxis 611
5 Systemtheoretische Hindernisse 613
6 Eine unkritische Wissenschaft? 615
7 Nachbemerkung 617
Literatur 617
3 Theorie und Praxis 618
Die hybride Disziplin 619
1 Journalistik, Journalismusforschung, Journalistenausbildung – eine Einordnung 619
2 Integration von Theorie und Praxis – ein Spannungsfeld 622
3 Theorie und Praxis: Integration durch Irritation 630
Literatur 631
Schule des Sehens 632
1 Aporien des journalistischen Handelns: eine Fallgeschichte 632
2 Paradoxien der medienethischen Reflexion: Autonomie und Abhängigkeit 634
3 Didaktische Strategien der Journalistik: Problem-Design 638
4 Das Ziel der Fachdidaktik: informierend irritieren 641
5 Der didaktische Imperativ der Journalistik: Entscheidungsmöglichkeiten bewusst machen und begründen 644
Literatur 646
Die Kluft der Kulturen 648
1 Dialog mit Stereotyp: das Ende 648
2 Der Bruch zwischen Wissenschaft und Praxis 649
3 Die zwei Kulturen 650
4 Mangelnde Praxiserfahrungen in der Wissenschaft 652
5 Blicke über die Zäune: Berufsorientierte Wissenschaften 653
6 Eine Transaktionsstruktur aufbauen und festigen 656
7 Ziele setzen für den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Journalistik 659
Literatur 662
Die Tradition der Dissonanz 664
1 Einleitung 664
2 Perspektive Medienpraxis 666
3 Perspektive Medienforschung 670
4 Zum Bedarf an redaktionsorientierter Medienforschung 673
5 Erfolgsfaktoren redaktionsorientierter Forschung 674
Literatur 677
IV Schluss: Porträt und Gespräch 679
Zwischen Theorie, Empirie und Praxis 680
1 Ausgangspunkte und Prämissen 680
2 Forschungsthemen und Forschungsdebatten 681
3 Anregungen für die journalistische Praxis 684
Literatur 685
Paradoxien der Journalistik 687
Autorenverzeichnis 709

Schule des Sehens (S. 663-664)

Aporien und Paradoxien des Journalismus als zentrale Elemente einer Fachdidaktik

Bernhard Pörksen

1 Aporien des journalistischen Handelns: eine Fallgeschichte

Es ist etwa 12 Uhr am 11. Oktober 1987, und der Stern-Reporter Sebastian Knauer und sein Kollege, der Fotograf Hanns-Jörg Anders, finden endgültig, dass sie lange genug gewartet haben bzw. nun nicht mehr länger warten können. Sie sind nach Genf geflogen, um ein Interview mit dem inzwischen zurückgetretenen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Uwe Barschel, zu führen.1 Barschel ist zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend demontiert: Er gilt als ein Ministerpräsident, der womöglich versucht hat, mit schmutzigen Tricks an der Macht zu bleiben, der aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Widersacher im Wahlkampf, Björn Engholm, bespitzeln lässt, der – so die Aussagen seines Medienreferenten Reiner Pfeiffer – andere beauftragt hat, Björn Engholms Sex-Leben auszuforschen. Nun ist er in Genf – angeblich, um dort einen Entlastungs-Zeugen zu treffen, der alle Vorwürfe als Resultat einer bösartigen Medien-Verschwörung entlarvt. Beide Journalisten sind Profis. Sie haben über einen freien Mitarbeiter herausgefunden, dass Uwe Barschel im Edel-Hotel Beau-Rivage abgestiegen ist, dass er im Zimmer 317 wohnt.

Sie sind sehr früh aufgestanden an diesem Tag, um den Ministerpräsidenten im Frühstückssaal abzupassen, sie behalten Ein- und Ausgang des Hotels über Stunden hinweg im Blick. Und sie haben den Mann an der Rezeption immer wieder im Zimmer 317 anrufen lassen, aber es geschieht nichts, es passiert nichts. Uwe Barschel zeigt sich nicht, und so geht Sebastian Knauer wieder einmal in den dritten Stock, sieht das Schild mit der Aufschrift „Bitte nicht stören!" – und klopft zum wiederholten Male. Als er keine Antwort bekommt, drückt er die Türklinke nach unten, ruft laut nach Barschel und betritt, da offenbar niemand abgeschlossen hat, schließlich den Raum. Im abgedunkelten Zimmer: ein einzelner Schuh auf dem Boden, ein unbenutzt wirkendes Bett, ein aufgeschlagenes Buch des Existenzialisten Jean-Paul Sartre und von Hand beschriftete Notiz-Blätter zum Untersuchungsausschuss in Kiel, die offenbar von dem Gesuchten stammen.

Alles wirkt ein bisschen inszeniert. Sebastian Knauer nimmt die Notizen, die von einem mysteriösen Informanten „R. R." handeln, an sich, er bittet den Fotografen, der die Hotel-Eingänge observiert, die Papiere zu fotografieren, bringt diese dann zurück. Wieder im Zimmer 317 sucht er weiter, öffnet schließlich die Tür des Badezimmers. Was er dann sieht, hat der Spiegel-Redakteur Norbert F. Pötzl in einer minutiösen Recherche-Arbeit und in äußerst drastischer Weise folgendermaßen beschrieben: „In der Badewanne liegt, unter spiegelglatter Wasserfläche, der leblose Körper Uwe Barschels, die Haut blaß und aufgedunsen, die rechte Hand mit einem Frotteehandtuch umwickelt, die linke über der nassen Hemdenbrust.

Nichts deutet ‚auf irgendeine Art von Leben‘ hin: Uwe Barschel, bis vor neun Tagen Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, ist tot – laut Polizei seit mindestens 11 Uhr." (Pötzl 1989: 206) Natürlich kann man, spätestens in diesem Moment, den Reporter Sebastian Knauer verurteilen. Denn Knauer fotografiert blitzschnell und gleichsam reflexartig, er macht drei Bilder des Toten und vier des Hotelzimmers, eilt danach zur Rezeption, veranlasst, dass ein Notarzt und die Polizei gerufen werden. Dann meldet er sich, wie auch bereits am Vormittag, in der Stern-Redaktion, telefoniert mit einem der Chefredakteure, bittet um juristische Unterstützung.

Erscheint lt. Verlag 22.2.2009
Zusatzinfo XI, 737 S.
Verlagsort Wiesbaden
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
Sozialwissenschaften Kommunikation / Medien Journalistik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Beobachtung • Fremdbeobachtung • Journalismus • Journalisten • Journalistik • Literatur • Objektivität • Öffentlichkeit • Selbstbeobachtung
ISBN-10 3-531-91816-8 / 3531918168
ISBN-13 978-3-531-91816-7 / 9783531918167
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