Expedition nach Europa
Erstausgabe aus dem Nachlaß Hrsg. und mit einem Nachwort von Andrea Lauritsch
Seiten
2018
ARCO (Verlag)
978-3-938375-83-9 (ISBN)
ARCO (Verlag)
978-3-938375-83-9 (ISBN)
Der gebürtige Wiener Jude Eugen Hoeflich, seit 1927 als Mosche Ya´akov Ben-Gavriêl in Jerusalem, schifft sich im Sommer 1937 in Haifa auf einem polnischen Dampfer nach Europa ein. Ben-Gavriêls Reisealbum ist voller Witz, der sich zu bitterem Galgenhumor wandelt. Denn dieses Europa ist dabei, sich selbst abzuschaffen.
Der gebürtige Wiener Jude Eugen Hoeflich, seit 1927 als Mosche Ya´akov Ben-Gavriêl in Jerusalem, schifft sich im Sommer 1937 in Haifa auf einem polnischen Dampfer nach Europa ein. Das ganze wird als Expedition eines Forschers verkauft, der ethnographische Studien auf fernem Kontinent betreiben will. Die Wilden, die er unter die Lupe nehmen will, sind die Europäer, »interessant wie die Yezidis auch sie beten den Teufel in verschiedenen Formen an«. Und von den Eingeborenen jenes Erdteils, etwa den Wienern, wird er auch gleich behandelt wie ein »Negerprinz« oder »Afrikaforscher, dem der Sex-appeal unbekannter, vermutlich irgendwie angenehm grusliger, lasterhafter Ferne anhaftet«. Die Route führt Ben-Gavriêl über Athen, Istanbul, Constanza, von dort mit dem Zug via Bukarest, Budapest nach Wien mit seinen Kaffeehäusern, den Polizisten mit »von dem Juden Charlie Chaplin erfundenen 'Hitlerschnurrbart' « und Juden, die gleichfalls mit weißen Strümpfen und Lederhosen den heimlichen Nazis auch noch ihre Geheimtracht nehmen. Von dort - wo der Schwejk verboten, Mein Kampf aber munter verkauft wird - begibt er sich auf Streifzüge. Er meidet zwar tunlichst das »Deutsche Himmelreich«, aber wagt sich aufs »polnische Pogromgebiet«, enthüllt, daß die Glasperlen für mohammedanische Rosenkränze und Kamele aus Gablonz stammen, durchquert »Zlín, das Reich des tschechischen Schuhkönigs Bat´a«, bestaunt das slowakische Levoca, den »größten Ort der deutschen Märchen«, trifft in Munkacevo auf »karpathorussische Wanzen, die ... den Blutdurst bengalischer Tiger besitzen«, Schmuggler, die letzten Wunderrabbis, sieht jüdische Kommunisten im frommen Gebet versunken, fühlt sich in der Prager Altneuschul-Synagoge weit entfernt vom Judentum, dem er besonders in Zagreb mit seinen »Hakenkreuzen an Häusern und Bäumen« größtes Unglück prophezeit. Ben-Gavriêls Reisealbum ist voller Witz, der sich zu bitterem Galgenhumor wandelt. Denn dieses Europa ist dabei, sich selbst abzuschaffen, und zuallererst - kleinster gemeinsamer Nenner - seine Juden. Einzig und allein die bedrohte CSR, »letzte Demokratie Mitteleuropas«, verkörpert etwas Anderes, und nur wenig später entladen sich mörderisch die zerstörerischen Triebe. Manches, was der Reporter »aus dem Orient« 1937 visionär beschreibt, enthüllt beklemmend den Ungeist des Jahres 2017.
Der gebürtige Wiener Jude Eugen Hoeflich, seit 1927 als Mosche Ya´akov Ben-Gavriêl in Jerusalem, schifft sich im Sommer 1937 in Haifa auf einem polnischen Dampfer nach Europa ein. Das ganze wird als Expedition eines Forschers verkauft, der ethnographische Studien auf fernem Kontinent betreiben will. Die Wilden, die er unter die Lupe nehmen will, sind die Europäer, »interessant wie die Yezidis auch sie beten den Teufel in verschiedenen Formen an«. Und von den Eingeborenen jenes Erdteils, etwa den Wienern, wird er auch gleich behandelt wie ein »Negerprinz« oder »Afrikaforscher, dem der Sex-appeal unbekannter, vermutlich irgendwie angenehm grusliger, lasterhafter Ferne anhaftet«. Die Route führt Ben-Gavriêl über Athen, Istanbul, Constanza, von dort mit dem Zug via Bukarest, Budapest nach Wien mit seinen Kaffeehäusern, den Polizisten mit »von dem Juden Charlie Chaplin erfundenen 'Hitlerschnurrbart' « und Juden, die gleichfalls mit weißen Strümpfen und Lederhosen den heimlichen Nazis auch noch ihre Geheimtracht nehmen. Von dort - wo der Schwejk verboten, Mein Kampf aber munter verkauft wird - begibt er sich auf Streifzüge. Er meidet zwar tunlichst das »Deutsche Himmelreich«, aber wagt sich aufs »polnische Pogromgebiet«, enthüllt, daß die Glasperlen für mohammedanische Rosenkränze und Kamele aus Gablonz stammen, durchquert »Zlín, das Reich des tschechischen Schuhkönigs Bat´a«, bestaunt das slowakische Levoca, den »größten Ort der deutschen Märchen«, trifft in Munkacevo auf »karpathorussische Wanzen, die ... den Blutdurst bengalischer Tiger besitzen«, Schmuggler, die letzten Wunderrabbis, sieht jüdische Kommunisten im frommen Gebet versunken, fühlt sich in der Prager Altneuschul-Synagoge weit entfernt vom Judentum, dem er besonders in Zagreb mit seinen »Hakenkreuzen an Häusern und Bäumen« größtes Unglück prophezeit. Ben-Gavriêls Reisealbum ist voller Witz, der sich zu bitterem Galgenhumor wandelt. Denn dieses Europa ist dabei, sich selbst abzuschaffen, und zuallererst - kleinster gemeinsamer Nenner - seine Juden. Einzig und allein die bedrohte CSR, »letzte Demokratie Mitteleuropas«, verkörpert etwas Anderes, und nur wenig später entladen sich mörderisch die zerstörerischen Triebe. Manches, was der Reporter »aus dem Orient« 1937 visionär beschreibt, enthüllt beklemmend den Ungeist des Jahres 2017.
Erscheinungsdatum | 11.10.2017 |
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Reihe/Serie | Europa in Israel ; III |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Literatur ► Essays / Feuilleton | |
Reisen ► Reiseberichte ► Europa | |
Schlagworte | 1937 • Armin A. Wallas • Austrofaschismus • Bulgarien • Constanza • der rote mond • Deutsch-jüdische Literatur • Deutschsprachige Literatur Israels • Europa • europa in israel • Exilliteratur • feuer im osten • Georgia • Griechenland • Istanbul • jerusalem wird verkauft • karpathoukraine • Kulturzionismus • Levoca • levoča • Literatur • Memoiren, Berichte/Erinnerungen • Reisebeschreibung • Reportagen und journalistische Berichterstattung • Slowakei • Tschechien • Türkei • Ungarn • Wien |
ISBN-10 | 3-938375-83-3 / 3938375833 |
ISBN-13 | 978-3-938375-83-9 / 9783938375839 |
Zustand | Neuware |
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