Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung -  Philip Wimalasena

Die Veröffentlichung von Schiedssprüchen als Beitrag zur Normbildung (eBook)

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2016 | 1. Auflage
377 Seiten
Mohr Siebeck (Verlag)
978-3-16-154640-2 (ISBN)
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Handelsschiedsgerichte nehmen im globalen Wirtschaftsverkehr mittlerweile eine bedeutende Stellung ein. Ihr anhaltender Erfolg hat jedoch einen Preis. Anders als das durch den Öffentlichkeitsgrundsatz geprägte staatliche Zivilverfahren finden Handelsschiedsverfahren in aller Regel außerhalb der Öffentlichkeit statt, ihre Entscheidungen werden nur selten einmal öffentlich bekannt. Eine diskursive, insbesondere eine richterrechtliche Fortbildung des Rechts wird auf diese Weise weitgehend verhindert. Daraus entstehen Nachteile nicht nur für die Verfahrensbeteiligten, sondern auch für den Normbildungsprozess insgesamt. Philip Wimalasena wirbt vor diesem Hintergrund für eine größere Entscheidungstransparenz in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit, die vor allem durch die systematische Veröffentlichung von Schiedssprüchen verwirklicht werden soll. Er analysiert die strukturellen Voraussetzungen einer solchen allgemeinen Veröffentlichungspraxis und plädiert im Ergebnis für eine anonymisierte Veröffentlichung schiedsrichterlicher Entscheidungen. Die Arbeit wurde mit dem Förderpreis der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) e.V. 2015/2016 ausgezeichnet.

Geboren 1983; Studium der Rechtswissenschaften in Bonn, Frankfurt am Main und Lyon; Referendariat am Kammergericht; 2015 Promotion; seit 2014 Rechtsanwalt im Bereich Prozessführung und Schiedsverfahren; derzeit Graduiertenstudium (LL.M.) an der University of Cambridge.

Cover 1
Vorwort 6
Inhaltsverzeichnis 8
Abkürzungsverzeichnis 16
1. Teil: Die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens 20
Kapitel 1: Einführung und Problemaufriss 22
I. Einleitende Bemerkungen 22
II. Gegenstand der Darstellung und Gang der Untersuchung 28
Kapitel 2: Die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens 30
I. Nichtöffentlichkeit und Vertraulichkeit 30
II. Rechtliche Grundlagen einer Vertraulichkeitspflicht 33
1. Vertraulichkeit durch Parteivereinbarung 33
a. Die Parteivereinbarung als Grundlage des Schiedsverfahrens 34
b. Zulässigkeit von Vertraulichkeitsvereinbarungen 34
c. Form und rechtstechnische Umsetzung der Vertraulichkeitsvereinbarung 35
aa. Schiedsklausel 35
bb. Schiedsabrede 38
cc. Konkludente Vereinbarung 39
2. Vertraulichkeit aus der „Natur des Schiedsverfahrens“ 41
a. Genese des Begründungsansatzes 42
b. Vereinbarkeit mit deutschem Recht 46
3. Vertraulichkeit aufgrund von Schiedsordnungen 48
4. Vertraulichkeit aufgrund gerichtlicher Anordnung 51
a. Verfahrensleitende Verfügung des Schiedsgerichts 52
aa. Mit ausdrücklicher Ermächtigung der Parteien 52
bb. Ohne ausdrückliche Ermächtigung der Parteien 52
b. Einstweilige Maßnahmen des staatlichen Gerichts 56
5. Vertraulichkeit aufgrund gesetzlicher Regelungen 58
a. Die Rechtslage in Deutschland 58
aa. Unionsrecht 58
bb. Deutsches Verfassungsrecht 59
cc. Sonstiges Völkerrecht 60
dd. Einfaches Gesetzesrecht 60
b. Überblick zur Rechtslage in anderen Staaten 63
aa. Die Rechtslage in England 63
bb. Die Rechtslage in Neuseeland 64
cc. Die Rechtslage in Spanien 65
dd. Die Rechtslage in Rumänien 66
ee. Die Rechtslage in Hongkong 66
ff. Die Rechtslage in Schottland 66
gg. Die Rechtslage in Norwegen 67
III. Sachliche Reichweite einer Vertraulichkeitspflicht 67
1. Inhalt der Vertraulichkeitspflicht 67
a. Existenz und Beteiligte des Schiedsverfahrens 68
aa. Positives Recht 68
bb. Die Position der Rechtsprechung 69
cc. Praktische Schwierigkeiten der Geheimhaltung der Existenz eines Schiedsverfahrens 71
(1) Schiedsverfahren zwischen Privaten 71
(2) Schiedsverfahren unter Beteiligung der öffentlichen Hand 76
(a) Offenlegung nach Informationsfreiheitsgesetzen 77
(b) Offenlegung aufgrund parlamentarischer Auskunftsrechte 78
(c) Offenlegung aufgrund presserechtlicher Auskunftsrechte 80
b. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 81
c. Verfahrensunterlagen und Beweismittel 85
d. Schiedsspruch 88
aa. Grundsatz: Vertraulichkeit des Schiedsspruchs 88
bb. Mögliche Ausnahmen vom Grundsatz der Vertraulichkeit des Schiedsspruchs 90
(1) Offenlegung mit Zustimmung der anderen Partei(en) 90
(2) Offenlegung aufgrund von gesetzlicher oder gerichtlicher Anordnung 91
(3) Offenlegung zur Wahrung der berechtigten Interessen einer Partei (legitimate interest exception) 92
(a) Shearson Lehman Hutton Inc. v. Maclaine Watson & Co. Ltd. (1988)
(b) Dolling-Baker v. Merrett (1990) 93
(c) Hassneh Insurance Co. of Israel v. Mew (1992) 94
(d) Insurance Co. v. Lloyd’s Syndicate (1994) 95
(e) Ali Shipping v. Shipyard Trogir (1997) 96
(f) AEGIS v. European Re (2003) 98
(g) City of Moscow v. Bankers Trust Co. (2004) 99
(h) Zusammenfassung 101
(4) Offenlegung im Interesse der Justiz (interests of justice exception) 102
(5) Offenlegung im öffentlichen Interesse (public interest exception) 104
(a) Esso Australia Resources Ltd. v. Plowman (1995) 104
(b) Commonwealth of Australia v. Cockatoo Dockyard Pty. Ltd. (1995) 106
2. Zeitliche Geltung der Vertraulichkeitsverpflichtung 108
IV. Persönliche Reichweite der Vertraulichkeitspflicht 111
1. Parteien 111
2. Schiedsrichter 112
3. Parteivertreter 117
4. Zeugen 119
5. Sachverständige 121
6. Schiedsinstitution 123
V. Rechtsschutzmöglichkeiten bei Vertraulichkeitsverletzungen 124
1. Materielle Rechtslage 124
a. Kündigung der Schiedsvereinbarung 125
b. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche 128
aa. Vertragliche Ansprüche 128
bb. Gesetzliche Ansprüche 129
(1) § 1004 Abs. 1 BGB analog i. V. m. § 823 BGB 129
(2) § 97 Abs. 1 UrhG 131
c. Schadensersatzansprüche 132
aa. Vertragliche Schadensersatzansprüche 132
bb. Gesetzliche Schadensersatzansprüche 134
(1) § 823 Abs. 1 BGB 135
(2) § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 17, 19a UrhG 135
(3) § 97 Abs. 2 UrhG 136
cc. Anspruchshöhe 136
2. Prozessuale Durchsetzung 137
a. Zuständigkeit 138
aa. Grundsatz: Parallele Zuständigkeiten 138
bb. Einstweilige Verfügungen des Schiedsgerichts (1041 Abs. 1 ZPO) 139
cc. Einstweilige Verfügungen des staatlichen Gerichts (§ 1033 ZPO) 140
b. Vollstreckung 141
VI. Zusammenfassung 142
2. Teil: Normbildung durch Präjudizien im Schiedsverfahren 144
Kapitel 1: Rechtliche Grundlagen und Erscheinungsformen des Präjudizes 146
I. Begriffliche Klärungen: Recht, Normbildung, Präjudiz 146
II. Normbildung durch Präjudizien im nationalrechtlichen Kontext 150
1. Das Präjudiz im common law und die stare decisis doctrine 151
2. Das Präjudiz im deutschen Recht 155
a. Die Rechtsnatur des Präjudizes 155
b. Die faktische Bindungswirkung des Präjudizes 157
3. Fazit 166
Kapitel 2: Normbildung durch Präjudizien im Schiedsverfahren 168
I. Auftrag und Befugnis des Schiedsgerichts zur Normbildung 168
II. Bezugspunkte schiedsrichterlicher Normbildung 172
1. Nationales und transnationales Recht 172
2. Materielles Recht und Prozessrecht 178
III. Voraussetzungen schiedsrichterlicher Normbildung 180
1. Publizität 181
2. Autonomie 182
a. Begrenzte Aufhebbarkeit von Schiedssprüchen 182
b. Entscheidung aufgrund transnationaler Rechtsgrundsätze 184
3. Kohärenz 185
a. Keine rechtliche Präzedenzwirkung schiedsrichterlicher Entscheidungen 185
b. Faktische Präzedenzwirkung schiedsrichterlicher Entscheidungen . 187
c. Elemente einer faktischen Präzedenzwirkung schiedsrichterlicher Entscheidungen 189
aa. Faktische Präzedenzwirkung schiedsgerichtlicher Entscheidungen als Ausdruck eines normativen Konsenses 190
bb. Verkürzung der Verfahrensdauer und Effizienzsteigerung (Begründungslast) 194
cc. Selbstverständnis der Schiedsrichterschaft 198
dd. Verteilung und Abschichtung von Verantwortung 205
ee. Demonstration fachlicher Expertise durch die Schiedsrichter 207
ff. Schlussfolgerungen 208
IV. Beispiele einer faktischen Präzedenzwirkung von Schiedssprüchen in der schiedsgerichtlichen Praxis 209
1. ICSID-Schiedsgerichte 210
2. Iran-United States Claims Tribunal 214
3. Internationaler Sportschiedsgerichtshof 217
4. WTO-Panels und WTO Appellate Body 219
5. NAFTA-Schiedsgerichte 222
6. UDRP-Panels 224
7. ICC-Schiedsgerichte 227
8. Zusammenfassung 230
V. Vorteile und systembildende Funktionen einer allgemeinen Veröffentlichungspraxis 231
1. Präventive Konfliktvermeidung 231
2. Faire und effiziente Durchführung des Schiedsverfahrens 234
a. Mehr Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit für die Parteien 235
b. Erleichterung der Schiedsrichterauswahl 237
c. Qualitätssicherung und Verhinderung von Missbrauch 239
d. Verhinderung von Nachteilen zulasten unerfahrener Parteien 241
e. Fortbildungsmöglichkeiten für Schiedsrichter und Parteivertreter 243
f. Ermöglichung einer fachwissenschaftlichen Diskussion 245
g. Zeit- und Kostenvorteile 246
3. Steigerung der Akzeptanz und der Legitimität des Schiedsverfahrens 247
a. Größere Legitimität der Schiedsgerichtsbarkeit durch mehr Verfahrens- und Entscheidungstransparenz 248
b. Alleinstellungsmerkmal für Institutionen 252
c. Ausstrahlungswirkung auf staatliche Rechtsprechung 253
4. Keine überwiegenden Nachteile durch allgemeine Veröffentlichungspraxis 254
a. Keine Einschränkung der Flexibilität des Schiedsverfahrens 254
b. Zunahme an Streitigkeiten durch Veröffentlichung unwahrscheinlich 255
c. Wahrung der Vertraulichkeit durch Anonymisierung der Entscheidungen 257
VI. Zusammenfassung 257
3. Teil: Die Veröffentlichung von Schiedssprüchenals Beitrag zur Normbildung 258
Kapitel 1: Publizität von Entscheidungen in der staatlichen Gerichtsbarkeit und in der Schiedsgerichtsbarkeit 260
I. Publizität von staatlichen Gerichtsentscheidungen in Deutschland 260
1. Amtliche Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Gerichte 261
a. Rechtsgrundlagen und Entscheidungsmaßstäbe 261
b. Praktische Durchführung 263
aa. Amtliche und quasi-amtliche Entscheidungssammlungen 263
bb. Juristische Fachzeitschriften und Online-Datenbanken 266
2. Veröffentlichung von Entscheidungen auf Antrag Dritter 266
3. Pflicht zur Anonymisierung veröffentlichter Entscheidungen? 268
a. Anonymisierungspflichten bei amtlicher Veröffentlichung 268
b. Anonymisierungspflichten bei Veröffentlichung durch Private 270
II. Publizität von Schiedssprüchen in Deutschland 271
1. Veröffentlichung in Entscheidungssammlungen und Online-Datenbanken 273
2. Veröffentlichung in juristischen Fachzeitschriften 274
III. Publizität von Schiedssprüchen außerhalb Deutschlands 275
1. Beispiele einer systematischen Veröffentlichungpraxis 275
a. ICSID 275
b. Iran-United States Claims Tribunal 276
c. NAFTA Chapter 11-Schiedsverfahren 277
d. WTO-Panels und WTO Appellate Body 278
e. Internationaler Sportschiedsgerichtshof 279
f. UDRP 279
g. Seehandelsschiedsgerichtsbarkeit 280
h. P.R.I.M.E. Finance 281
2. Beispiele einer unregelmäßigen Veröffentlichungspraxis 281
a. ICC 282
b. LCIA 283
c. SCC 284
d. CIETAC 284
e. Schiedsgericht der Handelskammer Mailand 285
f. Online-Datenbanken: CLOUT und Kluwer Arbitration 286
3. Beispiele einer restriktiven oder fehlenden Veröffentlichungspraxis 287
a. WIPO 287
b. Ad hoc-Schiedsgerichte 287
Kapitel 2: Überlegungen zu einer systematischen Veröffentlichung von Schiedssprüchen in Deutschland 289
I. Keine Rechtspflicht zur Veröffentlichung von Schiedssprüchen 290
II. Einsichtsberechtigter Personenkreis 290
1. „Kleine Lösung“: Einsichtsrecht für Verfahrensbeteiligte 291
2. „Große Lösung“: Allgemeine Veröffentlichung von Schiedssprüchen 292
III. Rechtsgrundlage für die Veröffentlichung von Schiedssprüchen 293
1. Veröffentlichung aufgrund individueller Parteivereinbarung 294
2. Veröffentlichung aufgrund gesetzlicher Vorschriften 295
3. Veröffentlichung aufgrund schiedsordnungsrechtlicher Vorschriften 296
IV. Zuständigkeit für die Veröffentlichung 297
V. Verfahren der Veröffentlichung 298
1. Die Auswahl der zu veröffentlichenden Schiedssprüche 298
a. Notwendigkeit einer Vorauswahl und Auswahlkriterien 299
aa. Veröffentlichung ohne Vorauswahl 299
bb. Veröffentlichung nach Vorauswahl 301
b. Auswahlberechtigter Personenkreis 304
2. Entscheidung über die Veröffentlichung 305
a. Zustimmungsberechtigte Beteiligte 305
aa. Schiedsrichter 305
bb. Schiedsinstitution 307
cc. Parteien 308
b. Ausgestaltung des Zustimmungsverfahrens 310
aa. Ausdrückliche Zustimmung der Parteien zur Veröffentlichung (Zustimmungslösung) 311
bb. Widerspruchsrecht der Parteien gegen die Veröffentlichung (Widerspruchslösung) 311
cc. Form und Frist des Widerspruchs 316
3. Zusammenfassung 317
VI. Form der Veröffentlichung 318
1. Art und Weise der Veröffentlichung 318
a. Nichtanonymisierte Veröffentlichung 319
b. Auszugsweise Veröffentlichung 320
c. Veröffentlichung nach Karenzzeit 321
d. Anonymisierte Veröffentlichung 322
2. Umfang der Anonymisierung 324
a. Das Anonymisierungskonzept der Milan Guidelines 325
b. Identität der Verfahrensbeteiligten 327
aa. Namen der Parteien 327
bb. Namen der Schiedsrichter 328
cc. Namen der Parteivertreter und sonstiger Verfahrensbeteiligter 332
c. Informationen zum Schiedsverfahren 333
aa. Schiedsinstitution 333
bb. Aktenzeichen 334
cc. Schiedsvereinbarung 334
dd. Anwendbares Recht 335
ee. Streitwert Kosten
ff. Schiedsort und Datum der Entscheidung 336
gg. Verfahrenssprache und Sprache des Schiedsspruchs 336
d. Informationen zum Sachverhalt 336
aa. Prozessuale und sachverhaltsbezogene Daten 337
bb. Angaben zu Zahlen und Beträgen 337
cc. Angaben zu Orten 337
dd. Sonstige sachverhaltsbezogene Informationen 337
ee. Rechtliche Argumentation der Parteien 338
e. Zusammenfassung 338
3. Verfahren der Anonymisierung 339
a. Anonymisierungzuständigkeit 339
aa. Anonymisierung durch das Schiedsgericht 340
bb. Anonymisierung durch die Schiedsinstitution 341
b. Verfahren der Anonymisierung und Abstimmung der Veröffentlichung mit den Parteien 341
4. Forum für die Veröffentlichung 342
VII. Zusammenfassung 342
Kapitel 3: Zusammenfassung der Ergebnisse 345
Literaturverzeichnis 354
Sachregister 376

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