Per Anhalter durch Norwegen und andere Reise-Erinnerungen -  Robert Zimmermann

Per Anhalter durch Norwegen und andere Reise-Erinnerungen (eBook)

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2021 | 1. Auflage
414 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-3210-6 (ISBN)
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Der Autor berichtet von seiner lustigen Tour mit Segelboot und Damenfahrrad nach Norddänemark (Fährhafen), von seinem Weg per Anhalter durch Norwegen mit all den Begegnungen am Wegesrand, die diese Art zu Reisen mit sich bringt. Es wird erzählt von der Arbeit auf einer Farm in Norwegen, von der Reise von Norwegen ans Mittelmeer mit Aufenthalten in Kopenhagen, Amsterdam, Paris, La Rochelle, Valencia, Barcelona, Ibiza,... Des Weiteren geht es um einen Sommer als Decksmann auf einem dänischem Zweimaster, um das Speerfischen und um das Finden der Liebe.

-geboren 1979 in Nordhausen -Realschulabschluß/FÖJ/Zivildienst -Ausbildung zum Landschaftsgärtner -verheiratet, zwei Kinder - absolut tauchbegeistert, macht Musik, fährt Motorrad, Karate, Paddeln -arbeitet als Hausmeister im Kinder- und Jugendheim

3 WOCHEN VORHER


Es ist ein heißer Tag im Juli, als ich mit meinem Bruder Paul im Hafen von Zecherin auf Usedom vor dem Seeadler stehe und wir den Anleger mit allerlei Kram und Klamotten blockieren. Paul, zwei Jahre jünger als ich, ist Bootsbauer und hat vor einiger Zeit den Seeadler erstanden, einen ollen Jollenkreuzer aus den 60er Jahren. Mit seinen knapp acht Metern sollte er uns Beiden für ein paar Tage genug Platz bieten, uns und dem ganzen Zeug hier auf dem Steg. Wir haben mit dem stählernen Kahn schon ein paar Tagestörns gemacht und wissen, dass er sich gut segeln lässt. Diesmal soll es etwas weiter gehen bis auf die Insel Langeland in Dänemark. Wir wollen dort in Rudkøbing ein paar Freunde und Bekannte treffen und uns ein paar schöne Tage machen, bevor Paul dann zurückfährt und ich weiter Richtung Norden reise. Ich möchte mich mit möglichst wenig Ausgaben und Gepäck bis nach Norwegen durchschlagen und genauso auch Land und Leute kennen lernen. Es gibt noch keinen genauen Plan, außer dass ich per Anhalter reisen und mir das Ganze mit Gelegenheitsjobs finanzieren will. Ich lass dass mal alles auf mich zukommen… Das Beste ist: ich habe mir keinen Termin gesetzt, an dem ich zurück sein muss, ich habe alle Zeit der Welt. Auszeit mit open end. Großartig!

Aber bis jetzt sind wir ja noch nicht weit gekommen, als Erstes muss nun mal alles vom Steg ins Boot und sinnvoll verstaut werden. Das Gute ist, auf ein paar Kisten steht schon drauf was drin ist, zum Beispiel Tuborg Øl oder Flensburger, voll praktisch.

Inmitten der Yachten und all ihren geschniegelten Besitzern mit Segelsportklamotten und verspiegelten Sonnenbrillen stechen wir beiden langhaarigen Halbnackten schon etwas hervor, skeptische Blicke streifen unsere Fuhre und unser Boot. Der Seeadler, einst auf der Wolgaster Peenewerft als Gesellenprojekt gebaut, sieht, milde ausgedrückt, etwas heruntergekommen aus. Hier und da blättert die weiße Farbe ab oder sieht mehr nach gelb als nach weiß aus, man sieht lieblos ausgebesserte Stellen am Rumpf und Rost, aber Paul hat Mast und Baum erneuert und vereinzelt ein paar Schrauben ersetzt, außerdem ist der Lukendeckel neu und der Kompass noch fast jungfräulich. In der Bilge sieht es recht gammelig aus und es fliegen noch die Flaschendeckel vom letzten Festmacher-Bier herum, aber da kommen demnächst sicher noch einige dazu. Luftkammern im Rumpf, die das Boot im Falle einer Kenterung und des damit verbundenen Volllaufens mit Wasser an der Oberfläche halten, sind auch nicht vorhanden, dafür umso mehr Stauraum fürs Gepäck. Mein fetter Rucksack, mit allem, was ich in den nächsten Monaten zu brauchen gedenke, nimmt schon einiges an Platz weg und meine Gitarre kommt auch mit (vielleicht kann ich mir damit auch was dazuverdienen wenn’s eng wird, als Straßenmusiker? Vielleicht wirft man mir dann Geld zu, damit ich aufhöre zu singen?). Den Gedanken, wie es wohl wird mit meiner Mobilität bei dem Gewicht oder falls ich mal ein Stück Weg zu Fuß bewältigen muss, verdränge ich erst mal. Es folgen noch Decken und Klamotten, Pauls Djembe, Bier und Trinkwasser, ein Beutel Zwiebeln, Reis und Nudeln und ein paar Äpfel. Gegen Skorbut, sicher ist sicher. Außerdem gesellen sich noch diverse Tampen und Seile dazu, ein zweiter Anker und eine Taschenlampe. Als ich unseren Trinkwasser-Kanister befülle erhebt sich auf der Motoryacht nebenan ein sonnenverbrannter, mit Goldkettchen behangener Rentner - seine Haut erinnert mich an die einer uralten Schildkröte - und erkundigt sich, wo die Reise hingehen soll.

Ich versuche wie ein erfahrener Seefahrer auszusehen und ernst zu bleiben, als ich sage: ”Neuseeland!” Auf der Sonnenliege neben ihm richtet sich ein weiterer potenzieller Hautkrebs-Kandidat auf und eine Frauenstimme erwidert mit Blick auf den Seeadler: “Na dit glob’ ick ihnen nich’.”

Mein Bruder feixt und wir werfen uns laut ein paar Floskeln im breitesten Thüringer Dialekt zu, so wie man ihn auf dem Dorf spricht. Die beiden gucken entgeistert und haben kein Wort verstanden. Wir sind aufgedreht, wollen langsam die Leinen los machen und den Hafen hier hinter uns lassen, auf zu neuen Abenteuern! Uli, Pauls Freundin, hat mit dem Auto noch ein paar vergessene Kleinigkeiten hergebracht, dann verabschieden wir uns und schmeißen die Leinen los. Endlich!

Mit geblähten Segeln und aufrecht an der Pinne stehend - verlassen wir nicht den Hafen. Stakend und mit dem Bootshaken überall abstoßend dümpeln wir mit müde flatternden Segeln aus dem Hafen, wir haben nämlich keinen Wind und auch keinen Motor dabei. Für unsere Tagestouren hatte Paul meistens einen Außenborder von jemanden geliehen bekommen, aber für diesen Törn nicht. Wäre auch nicht abzusehen, wann sich der Außenborder wieder hier einfinden würde. So treiben wir mehr als das wir segeln aus dem Hafen und den Peenestrom entlang, lassen erst Wolgast und später Peenemünde hinter uns. Wir versuchen jedes Lüftchen mit unseren 22 Quadratmetern Segelfläche einzufangen, es geht schleppend vorwärts und die Sonne dort oben am wolkenlosen Himmel gibt alles. Wir wechseln uns an der Pinne ab und halten die Füße ins Wasser, wägen verschiedene Routen für Dänemark ab. So langsam nähern wir uns dem Greifswalder Bodden, endlich offenes Wasser in Sicht! Mit der Aussicht auf eine kleine Brise steigt auch unsere Stimmung. “Paul, hol doch mal die Seekarten raus, wir müssen unseren Kurs festlegen!” rufe ich meinem Bruder zu, der gerade einige Sachen in der Vorpiek umpackt. “Seekarten? Na, wo hast du sie denn hin gepackt?” “Ich? Du hast sie doch eingepackt, lagen doch bei Uli im Auto! Sag nicht du hast sie liegengelassen?!” Genervt fängt Paul an in der Ablage zu kramen und fördert unter angefangenen Tabakspäckchen, Bändseln und Zetteln einen zerknitterten ADAC-Straßenatlas zu Tage und hält ihn triumphierend in die Höhe: “Alter, Seekarten sind für Anfänger! Außerdem schippern wir doch an der Küste lang.” Das geht ja gut los, aber was soll’s. So wie die Karte aussieht, hoffe ich das sie gedruckt wurde, als es die Ostsee schon gab. Ohne lang zu überlegen beschließen wir Kurs Rügen und segeln bei mäßigem Wind durch den Greifswalder Bodden, um schließlich im Hafen von Lauterbach anzulegen. Auch wenn es langsam anlief blicken wir selbstzufrieden auf unsere erste zurückgelegte Etappe zurück und freuen uns auf die Kommenden. Wir machen uns ein Bier auf und holen Gitarre und Djembe raus.

Als wir am nächsten Morgen aus der Koje kriechen ist alles diesig und grau, keine Spur vom blauen Himmel. Als wir ablegen, rauscht unser Reifen, der uns als Fender dient, auf Nimmerwiedersehen ins Hafenbecken. Also machen wir noch mal kurz fest und “organisieren” im Morgengrauen einen Neuen, einen schwimmfähigen diesmal.

Im Laufe des Vormittags verzieht sich der Dunst und der Himmel klart auf, der Wind ist heute auf unserer Seite und wir kommen gut vorwärts. Im Strelasund ist voll was los, Boote, Angler, kleine Fähren, Fahrgastschiffe... Zu wissen, dass wir, wenn es eng wird, nicht mal eben den Außenborder anschmeißen und einer Gefahrensituation ausweichen können, erfordert sehr viel unserer Aufmerksamkeit. Aber schließlich legen wir in Stralsund an und die Anspannung verfliegt. Wir müssen auf den Brückenzug warten. Mittlerweile ist es wieder unerträglich heiß, wir springen andauernd ins Wasser, weil es nicht anders auszuhalten ist. Wir müssen 4 Stunden warten und nutzen die Zeit außer zum Baden, um mal richtig klar Schiff zu machen und etwas an unserem Kahn herumzuputzen. Die Tatsache, dass wir uns bei dem Gebade und Geschwitze nicht die Mühe machen irgendwas anzuziehen, veranlasst einzelne Passagiere vorbeiziehender Fahrgastschiffe immer mal wieder zu johlen und zu pfeifen, wir grinsen und winken zurück... Zwei, drei Bier bei der Hitze und man legt eine heitere Gleichgültigkeit an den Tag, über die wir selbst immer wieder lachen müssen. Die Sonne scheint, es ist Sommer, wir sind auf dem Wasser und das Bier reicht auch noch ein paar Tage. Oh happy day.

Ich beschließe, unsere Zwangspause zum Kochen zu nutzen. Da wir geschützt in Lee liegen und gerade nicht umherschaukeln krame ich meinen Campingkocher hervor und fülle unseren einzigen Topf im Strelasund mit für Nudeln perfekt gesalzenen Ostseewasser. So werden wir das noch oft handhaben, wozu sollen wir in unser Trinkwasser Salz kippen, wenn wir den ganzen Tag im Salzwasser umherdümpeln? Man muss halt nur aufpassen, dass man keine Qualle mitkocht. Als die Nudeln bissfest sind brate ich Zwiebel- und Wurststücke an und schmeiße dann alles zusammen, ein paar Kräuter und etwas Olivenöl ran - fertig. Uns fällt auf: wir haben keine Teller dabei. Hm. Paul fragt: “Hast du zufällig Besteck im Rucksack?” Betretendes Schulterzucken meinerseits. Habe ich glatt vergessen. Ich habe mein Finnmesser dabei, aber damit zu essen scheint mir doch zu gefährlich. Wir überlegen, welches Werkzeug wir als Besteck missbrauchen könnten, als Paul zwei Holzkeile aus der Backskiste hervorzaubert: “Besser als mit den Händen...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2021
Sprache deutsch
ISBN-10 3-7534-3210-5 / 3753432105
ISBN-13 978-3-7534-3210-6 / 9783753432106
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