Sicherer Umgang mit Medikamenten (eBook)
288 Seiten
Schlütersche (Verlag)
978-3-8426-9224-4 (ISBN)
Mechthild Hagedorn, M.Sc., ist Apothekerin und Musikgeragogin. In ihren Seminaren verbindet sie ihr Wissen über geriatrische Medikamente mit Abläufen in der Pflege und trägt damit zur Patientensicherheit bei.
Mechthild Hagedorn, M.Sc., ist Apothekerin und Musikgeragogin. In ihren Seminaren verbindet sie ihr Wissen über geriatrische Medikamente mit Abläufen in der Pflege und trägt damit zur Patientensicherheit bei.
Älter, alt, hochbetagt, langlebig – in der deutschen Sprache gibt es keine in sich schlüssigen Begriffe, um den Weg des Älterwerdens zu benennen, zu beschreiben und um Jahres-Spannen festzulegen. Wann zählen Menschen zur Gruppe der Senioren? Wann ist ein Mensch »alt«?
Eine sehr pragmatische Antwort ist die Unterteilung in die erste Lebenshälfte bis 50 Jahre und in die zweite Lebenshälfte ab 50 Jahre, wobei Menschen in der zweiten Lebenshälfte als alt bezeichnet werden. Auch spricht man vom ersten, zweiten, dritten, vierten und fünften Lebensalter, wobei die vierte Phase etwa zwischen 60 und 80 Jahren liegt, die fünfte ab 80 Jahren.1 Eine weitere Antwort mag nachfolgende Einteilungsmöglichkeit sein2:
• Von etwa 55 oder 60 bis 70 Jahren: ältere Menschen
• Über 70 bis 75 Jahre: alte Menschen
• Über 75 bis 88 Jahre: betagte Menschen
• Über 89 oder 90 bis 100 Jahre: hochbetagte Menschen
• Über 100 Jahre: langlebige Menschen
Viele Faktoren, wie Gesundheit oder Krankheit, Zugehörigkeit zu Gruppen oder Einsamkeit, tragen zum Altwerden bei. Die Gerontologie erforscht das Alter aus allen Perspektiven, zum Beispiel psychisch, biologisch und sozial3.
Alt, älter, Eltern, die Älteren – in unserer Sprache wird die traditionelle Reihenfolge der Generationen festgelegt. Die Eltern sind älter als ihre Kinder, sie sind die Älteren im Vergleich zu ihren Kindern. Allerdings bildet sich im Bild der Generationen die Vielfalt verschiedener Geschlechter-Identitäten, Familien-Strukturen, Kulturen und Nationalitäten in unserer heutigen Gesellschaft nicht vollständig ab.
1.1 Selbstbestimmtes, gesundes Älterwerden
1.1.1 Altersbilder
Kennen Sie das Gefühl, für etwas »zu alt« zu sein? Zu alt, um etwas Neues zu beginnen oder alte Gewohnheiten abzulegen? Schon Kinder fühlen sich »zu alt«, um Dreirad zu fahren oder um mit Puppen zu spielen. In diesem Gefühl, für etwas zu alt zu sein, spiegeln sich Altersbilder wider.4 Wir tragen Altersbilder in uns, die uns nicht immer bewusst sind, die aber unser eigenes Älterwerden ebenso wie unseren Umgang mit älteren Menschen prägen und beeinflussen. Diese Altersbilder werden unter anderem von der Kultur, Religion, Märchen, Sprache und Herkunft geprägt und wandeln sich im Laufe der Zeit. Gerade seit der Jahrtausendwende nimmt die Vielfalt in unserer Gesellschaft zu. »Durch vielfältige Altersbilder können wir Entwicklungsspielräume eröffnen, das Vorsorgeverhalten und die Versorgung verbessern sowie Gesundheit und Lebensqualität über die gesamte Lebensspanne fördern«, wird im Thesenpapier des interdisziplinären, wissenschaftlichen Netzwerks »Altersbilder« 2023 ausgeführt. Sechs Impulse geben die Autoren, um die alternde Gesellschaft zu stärken, um miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam zu handeln:
• Menschen aller Lebensalter in ihrer Vielfalt sichtbar machen
• Auf systemische Probleme hinweisen und Veränderungen anstoßen
• Teilhabe ermöglichen und eine positive Alternskultur prägen
• Einen breiten Dialog starten
• Stereotype klar benennen und dagegen eintreten
• Krankheit, Tod und Sterben enttabuisieren5
In diesen Thesen wird deutlich, dass der Umgang mit dem Altern eine gesellschaftliche Herausforderung darstellt: In jedem Lebensalter sind wir aufgefordert, unseren Blick zu öffnen, Perspektiven zu verändern und das Leben in der Gesellschaft mitzugestalten.
Oft wird Alter mit Krankheit gleichgesetzt. Es entsteht ein defizitäres, von Verlusten und Abbau geprägtes Bild des Alterns6. Das zeigt sich auch in den Begriffs-Paaren »alt und krank« und »alt und gebrechlich«. Die Eigenschaften »krank und gebrechlich« werden sprachlich oft zusammen mit dem Alter genannt. Das Gegensatz-Paar »Jung und Alt« benennt zwei Seiten einer Medaille, die zueinander gehören und nacheinan-der durchlebt werden, aber, gleichzeitig angewendet, paradox wirken. Dennoch wird, zum Beispiel als Zielgruppe in der Werbung, von den »jungen Alten« gesprochen.
Wie mögen die Altersbilder vor etwa 100 Jahren ausgesehen haben, die Altersbilder, mit denen die heute Hochbetagten aufgewachsen sind? Einen Einblick mag das Ge-dicht »Lebensalter« der deutschen Schriftstellerin, Philosophin und Historikerin Ricarda Huch geben, die von 1864 bis 1947 lebte.
Die Lebensalter7
Zehn
Schimmernd umrundet das Kind die Sphäre des Paradieses.
Ach, zerplatze doch nicht! Spielts doch und träumts doch so süß.
Zwanzig
Rose und Nachtigall und Sonne und Wind gratulieren,
Und in den Schatten fiehst du? Ist es nicht Wonne, zu blühn?
Dreissig
Schweiß der Arbeit erfrischt und ziert den Erbauer des Hauses,
Drin er die Seinen bewahrt, sich und der Heimat zum Hort.
Vierzig
Schwinge begrüßend den Hut, da du singend den Gipfel erklommen,
Wie du gewachsen an Kraft, grüßen dich höhere fern.
Fünfzig
Glücklicher Fünfziger, mit noch schwungvollem Gang trittst du
In das schöne Jahrzehnt der Ernte mitten im Kampf.
Denn du wandelst nun schon unter selbstgezogenen Bäumen,
Früchte erquicken dich schon, die du für andre gereift.
Sechzig
Tapfer voran! Und fällt auch der liebste der Kriegskameraden,
Der im Gedränge der Schlacht hilfreich zur Seite dir stand,
Fröhlicher Nachwuchs dringt in die gelichtete Reihe,
Sei er dir freund oder feind, grüß ihn mit Ernst und mit Huld.
Siebzig
Schöner wird täglich die Welt, die zärtlich das Abendrot anhaucht.
Trinke, des Abschieds gedenk, selig das nährende Gold.
Achtzig
Sterne ziehen herauf, des Mondes silberne Welle
Fließt um dein silbernes Haupt. Liebend umfängt dich die Nacht.
Das Gedicht zeigt Eigenschaften des natürlichen, gesunden Älterwerdens auf, die wir jenseits der »Forever-Young-Bewegung« von den vorangegangenen Generationen wieder neu erlernen dürfen.
Ab jetzt steht der älter werdende Mensch im Mittelpunkt des Interesses: Wie erreichen manche Menschen, die den zweiten Weltkrieg mit all seinen Schrecken überlebten, bis heute in körperlicher und seelischer Gesundheit ein so hohes Alter? Welche Faktoren fördern und erhalten die Gesundheit? Was stärkt die Widerstandsfähigkeit von Menschen, größte Herausforderungen gesund zu bewältigen?
Die Konzepte der Salutogenese, Gesundheitsförderung, Prävention und Resilienz werden nachfolgend erläutert und mit einem Lebens-Balance-Modell in Verbindung gebracht. Aus diesen unterschiedlichen Herangehensweisen lassen sich zahlreiche Ansätze zur Biografie-Arbeit und Ressourcen-Orientierung im Umgang mit Senioren und Seniorinnen ableiten.
Das Recht auf Selbstbestimmung wurde 1949 in Artikel 2 des Grundgesetzes verankert8. Es beinhaltet das »Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit«, soweit nicht die Rechte anderer verletzt werden.
Info
Auszug aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Artikel 1
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Artikel 2
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt […].
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. […]
Im Zusammenhang dieses Buchs bezieht sich Selbstbestimmung auf Aspekte der Lebensgestaltung im Alter. Perrar (2021) führt die Selbstbestimmung als psychosoziales Bedürfnis von Menschen mit schwerer Demenz auf. Sie drückt sich im »Sosein-Dürfen« und im eigenen Willen aus.9 Selbstbestimmung kann in Vorsorgedokumenten festgeschrieben werden ( Kap. 1.2).
Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle auch Artikel 1 des Grundgesetzes erwähnt. Das Wort »Würde« hat sprachlich mit Werten zu tun und beinhaltet die Achtung vor Werten. Das lateinische Wort »priscus« bedeutet »alt« oder »altehrwürdig« und fordert im übertragenen Sinne auf, die Werte alter Menschen zu achten. In Kap. 4.4.1 wird die Priscus-Liste vorgestellt, eine Liste mit Medikamenten, die im Alter besonders risikoreich sind und nur unter großer Vorsicht angewendet werden sollten: Die Würde alter Menschen wird durch die Verbesserung der Patientensicherheit...
Erscheint lt. Verlag | 30.10.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Pflege |
Schlagworte | Aufbewahrung • Dosierung • Einnahmevorschriften • Medikamentenmanagement • Nebenwirkungen • Selbstmedikation • Wechselwirkungen |
ISBN-10 | 3-8426-9224-2 / 3842692242 |
ISBN-13 | 978-3-8426-9224-4 / 9783842692244 |
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