Die Pflegeversicherung (eBook)

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2009 | 1. Auflage
169 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-94598-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Pflegeversicherung -  Thomas Gerlinger / Michael Röber
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Überblick über die Pflegeversicherung - nach der Reform 2008!



Die Pflegeversicherung soll das Risiko der Pflegebedürftigkeit eigenständig absichern. Sie steht einerseits in der Tradition des deutschen Sozialversicherungssystems, weist andererseits aber einige Besonderheiten auf, die sie gerade von ihrer nächsten Verwandten, der Krankenversicherung, unterscheiden. Dazu zählt insbesondere ihre explizit subsidiäre Ausrichtung: Die Pflegeversicherung orientiert sich am Modell einer Grundsicherung, nicht am Bedarfsprinzip, und soll primär die Pflege durch Angehörige unterstützen.

Seit ihrer Gründung hat die Pflegeversicherung zum Ausbau der Pflegeinfrastruktur in Deutschland beigetragen. In vielen Fällen hat sie die finanziellen Zwänge für die Betroffenen sowie die psychischen Belastungen familiärer Pflege verringert. Dennoch sind gravierende Probleme unübersehbar. Ein erheblicher Teil der Pflegebedürftigen ist nach wie vor von der Sozialhilfe abhängig. Die Leistungen der Pflegeversicherung haben seit ihrer Einführung einen erheblichen Kaufkraftverlust erlitten, und der Kreis der Leistungsempfänger wird durch einen engen Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeschränkt. Nicht zuletzt sind Qualitätsmängel in der Pflege nach wie vor weit verbreitet. Die Reformen der vergangenen Jahre haben vereinzelte Verbesserungen gebracht, aber die grundsätzlichen Konstruktionsmängel der Pflegeversicherung nicht behoben.

Dieses Buch führt in die Grundlagen der Pflegeversicherung ein. Es erklärt die Leistungen, Organisation und Finanzierung der Pflegeversicherung sowie die Versorgungsstrukturen und die Steuerungsprobleme in diesem Zweig der sozialen Sicherung. Darüber hinaus werden ausgewählte Entwicklungsprobleme und mögliche Handlungsansätze für die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung erörtert.

Die Darstellung berücksichtigt die wichtigsten Veränderungen durch die Pflegeversicherungsreform 2008.

Inhalt 6
Vorwort 10
1 Pflegebedürftigkeit als soziales Risiko 12
Die aktuelle Verbreitung von Pflegebedürftigkeit 12
Die künftige Entwicklung von Pflegebedürftigkeit 14
2 Ziele und Wirkungen der Pflegeversicherung 18
Pflegebedürftigkeit und ihre Absicherung vor Einführung der Pflegeversicherung 18
Die Pflegeversicherung als nicht bedarfsdeckende Grundsicherung 20
Pflege als «gesamtgesellschaftliche Aufgabe» 22
Entlastung der Sozialhilfeträger – Herauslösung aus der Sozialhilfe 22
Pflegeinfrastruktur und Pflegequalität 24
3 Die Leistungen der Pflegeversicherung 26
Leistungsgrundsätze 26
Der Begriff der Pflegebedürftigkeit 28
Die Leistungsformen der Pflegeversicherung 36
Pflegeleistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung 48
Leistungsinanspruchnahme 49
4 Die Organisation und Finanzierung der Pflegeversicherung 54
Organisation der Pflegeversicherung 54
Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung 55
Private Pflegeversicherung 57
Ausgaben und Ausgabenentwicklung in der sozialen Pflegeversicherung 58
5 Leistungserbringer - Leistungserbringung 62
Die Pflegeeinrichtungen 62
Die Träger der Pflegeeinrichtungen 64
Beschäftigte und Beschäftigungsverhältnisse 65
Leistungserbringung durch «schwarze Märkte» 67
6 Das Steuerungssystem der sozialen Pflegeversicherung 70
Staatliche Rahmenvorgaben und Sicherstellungsauftrag 70
Zulassung – Vertragspolitik – Wettbewerb 72
Fehlsteuerungen 79
7 Die Vergütung von Pflegeleistungen 80
Grundsätze der Vergütung 80
Handlungsebenen für Vergütungsvereinbarungen 82
Vergütung in der ambulanten Pflege 84
Vergütung in der stationären Pflege 89
8 Qualität - Qualitätssicherung - Qualitätsmängel 98
Qualitätssicherung – Bedeutung und Akteure 98
Regelungen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung 100
Qualitätsmängel 106
Ursachen für Qualitätsmängel 109
9 Pflegeberatung und Koordinierung von Pflegeleistungen 112
Beratungs- und Unterstützungsbedarf 112
Pflegeberater und Pflegestützpunkte 115
Implementierungsprobleme 119
10 Ausgewählte Probleme und Perspektiven der Pflegeversicherung 124
Die subsidiäre Ausrichtung der Pflegeversicherung 124
Finanzierungsmodelle für die Pflegeversicherung 126
Leistungsumfang und Leistungsgestaltung 136
Zusammenlegung von Pflegekassen und Krankenkassen? 146
Ausblick 148

2.3 Pflege als «gesamtgesellschaftliche Aufgabe» (Seite 21)

Das Pflegeversicherungsgesetz definiert die «pflegerische Versorgung der Bevölkerung » als «gesamtgesellschaft liche Aufgabe» (§ 8 SGB Abs.1 SGB XI). Freilich bedeutet dies nicht, dass die Gesellschaft den Betroff enen die entstehenden Lasten so weit wie möglich abnimmt. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Verantwortung der Pfl egebedürft igen und ihrer Angehörigen, denen die Gesellschaft bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung unter die Arme greift . Länder, Kommunen, Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen sollen «die Bereitschaft zu einer humanen Pflege und Betreuung durch hauptberufliche und ehrenamtliche Pflegekräft e sowie durch Angehörige, Nachbarn und Selbsthilfegruppen» unterstützen und fördern. Sie sollen, so die einleitenden Vorschriften des Gesetzes, «auf eine neue Kultur des Helfens und der mitmenschlichen Zuwendung hinwirken» (§ 8 Abs. 2 SGB XI). Damit ist die Erwartung verbunden, dass die Übernahme von Pflegeaufgaben durch Angehörige, Nachbarn, Ehrenamtliche oder andere bürgerschaft lich Engagierte neue Formen der gesellschaftlichen Hilfe hervorbringt. Häufig wird dieser Ansatz als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer – positiv verstandenen – neuen Balance von staatlichen, marktförmigen, familiären und nachbarschaftlichen freiwilligen Beiträgen und Leistungen interpretiert («Wohlfahrtspluralismus », «neuer Wohlfahrtsmix»). In dieser Sichtweise kann das SGB XI vielfältige Möglichkeiten zur Entwicklung von Konzepten eröffnen, die darauf abzielen, professionelle Hilfen und Beiträge aus dem familiären Umfeld miteinander zu verbinden (Evers 1998: 7ff .). Man kann im Zuschnitt der Pflegeversicherung aber auch mit guten Gründen (siehe z.B. Kapitel 2.2. und 2.4) eine beschönigende Umschreibung für die Abkehr vom Grundsatz einer solidarischen Absicherung von Lebensrisiken und für die Legitimation einer im Kern unzureichenden Absicherung des Pflegerisikos sehen (z.B. Priester 1993, Fuchs 1997: 321ff .).

2.4 Entlastung der Sozialhilfeträger – Herauslösung aus der Sozialhilfe

Die Pflegeversicherung sollte zum einen die Abhängigkeit Pflegebedürftiger von der Sozialhilfe vermindern, zum anderen die Sozialhilfeträger von ihren hohen Ausgaben für Pflegeleistungen entlasten. Diese Ziele wurden mit der Einführung der Pflegeversicherung teilweise erreicht. Allerdings ist die Nachhaltigkeit dieses Teilerfolgs überaus fraglich.

Erscheint lt. Verlag 1.1.2009
Verlagsort Bern
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie
Schlagworte Angehörige • bedarfsprinzip • Belastungen • Betroffene • Familiäre Pflege • Finanzierung • Gesundheitswissenschaften • Grundsicherung • Leistungen • Leistungsempfänger • Organisation • Pflege • Pflegebedürftige • Pflegebedürftigkeit • Pflegebedürftigkeitsbegriff • Pflegeinfrastruktur • Pflegeversicherung • Pflegeversicherungsreform • Qualitätsmängel • Reformen • Risiko • Sozialversicherungssystem • Unterstützen • Unterstützung • Versorgung • Versorgungsstrukturen • Verwandte
ISBN-10 3-456-94598-1 / 3456945981
ISBN-13 978-3-456-94598-9 / 9783456945989
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