Der Bund der Alchemisten 4

Greg Keyes lernte schon als Kind die Kultur und Sprache der Navajo-Indianer kennen und entwickelte so eine große Faszination für Sprachen, Rituale und Mythen. Nach einem Anthropologie-Studium veröffentlichte er unter dem Namen J. Gregory Keyes seinen erst

Was bisher geschah 1681 entdeckte Isaac Newton in seinem Labor am Trinity College das Quecksilber der Weisen, den Schlüssel zu Materie und Energie, und auf diese Entdeckung folgte eine Flut von Erfindungen. Flammenlose alchemistische Lampen erhellten die nächtlichen Straßen von London und Paris. Ätherschreiber schickten Nachrichten in Windeseile um den Globus. Könige und Prinzen ließen neue, schreckliche Waffen entwickeln, mit denen sie ihre Kriege führten. Und in Boston suchte ein junger Mann namens Benjamin Franklin sein Schicksal. Unzufrieden mit der Lehre in der Druckerwerkstatt seines Bruders, sehnte sich Ben danach, die Wissenschaften zu studieren. In seiner Freizeit las und lernte er, und durch seine Studien entdeckte er einen Weg, den Ätherschreiber so zu verändern, dass er nicht nur die Nachrichten empfing, die für ihn bestimmt waren, sondern alle Botschaften auffangen konnte, die durch den Äther schwirrten. So kam es, dass Ben zufällig in Korrespondenz mit einem ihm unbekannten Mathematiker trat, der nach der Lösung einer komplexen Gleichung suchte. Franklin fand sie, und geblendet von der Liebe zur Wissenschaft gab er sie unverzüglich weiter. Auf einem anderen Kontinent suchte Adrienne de Mornay de Montchevreuil ebenfalls nach ihrem Weg. Unzufrieden mit den Rollen, die ihrem Geschlecht offenstanden, fand ihre verbotene Liebe zur Mathematik endlich ihre Erfüllung, als sie die Sekretärin des Gelehrten Fatio de Duillier wurde. De Duillier stand im Dienste von Louis XIV., dem absolutistischen Herrscher Frankreichs, und seine Arbeit war äußerst dringlich und streng geheim. Obwohl Adrienne das Ziel der Forschungen, an denen sie mitarbeitete, nicht kannte - und sich auch nicht sonderlich darum kümmerte -, erkannte sie die Tragweite sofort, als ein geheimnisvoller Korrespondent ihr über den Ätherschreiber einen Teil der Lösung schickte, und setzte Theorie in Praxis um. So lösten Benjamin Franklin und Adrienne de Montchevreuil gemeinsam ein mathematisches Problem und veränderten damit die Welt ebenso tiefgreifend, wie Newton es getan hatte. Beide gelangten unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass sie Louis XIV. die Waffe verschafft hatten, die er brauchte, um seinen Krieg gegen England doch noch zu gewinnen. Beide bemühten sich verzweifelt, die Katastrophe abzuwenden. Ben segelte nach England in der Hoffnung, dass Sir Isaac Newton helfen könnte, und Adrienne stürzte sich in die gefährlichen Intrigen des französischen Hofes. Sie scheiterten beide. Mit Hilfe ihrer Berechnungen lenkten die Gelehrten des Sonnenkönigs einen Kometen auf die Erde und löschten damit die englische Hauptstadt London aus. Was sie nicht vorhergesehen hatten, waren die weitreichenden Folgen ihrer Tat. Ganze Teile Europas wurden zerstört, und die westlichen Zivilisationen wurden in ein neues, dunkles Zeitalter gestürzt. Ben war als Schüler von Sir Isaac in London, als der Komet seinen Sturzflug begann. Verführt und entführt von Vasilisa Karevna, einer Agentin des russischen Zaren Peter I., musste er in hilflosem Entsetzen zusehen, wie das Zentrum des englischen Imperiums zerstört wurde. Er verlor seinen Bruder, viele Freunde und seine Unschuld. Adrienne - deren Bemühungen sie bis ins Bett des wahnsinnigen Königs Louis XIV. führten - verlor weit mehr: ihre wahre Liebe Nicolas, ihre Jungfräulichkeit und ihre Hand. Und inmitten des Chaos, das auf den Einschlag des Kometen folgte, machte sie eine weitere Entdeckung: Sie trug ein Kind, das Kind von Louis XIV. Hinter der lichten Welt der Materie jedoch waren ganz andere Kräfte am Werk. Geheimnisvolle Wesen in der unsichtbaren Welt der Atome, Wesen, die nicht wollten, dass die Menschheit die Geheimnisse der Alchemie besaß, die den Lauf der Menschheitsgeschichte schon seit Anbeginn subtil gelenkt hatten, begannen nun, weniger subtil vorzugehen. Da sie jedoch in der Welt der Materie selbst keine Macht hatten, benutzten sie menschliche Helfer und Handlanger, um ihre Ziele zu erreichen, und gaben sich als Engel, Dämonen oder Dschinns aus. Die Katastrophe, die von Ben und Adrienne mit herbeigeführt wurde, war letztlich ihr Werk, und sie planten, der Menschheit weiteren Schaden zuzufügen. Newton nannte diese Wesen nach den Engeln des Alten Testaments Malakim. Die Malakim agierten sehr vorsichtig, bestimmten Gelehrten boten sie ihre Hilfe, andere ließen sie töten. Franklin wurde nach der durch den Kometen ausgelösten Sturmflut von Newton aus dem Meer gerettet und setzte seine Lehre bei dem großen Gelehrten fort, der seine Arbeit nun voll und ganz der Erforschung der Malakim widmete. Adrienne hingegen ließ sich von deren Macht verführen. Ihre verlorene Hand wurde auf rätselhafte Weise durch die Hand eines Engels ersetzt, die es ihr ermöglichte, die Struktur des Äthers und der Materie zu sehen - und sie nach ihren Wünschen zu verändern. Nach und nach wurde sie mehr Zauberin als Mathematikerin, und sie entdeckte, dass die Malakim untereinander uneins waren. Die eine Gruppe wollte nur das Streben der Menschheit nach Wissen unterdrücken; die andere plante die völlige Auslöschung der menschlichen Rasse. Unterdessen geriet die Welt immer weiter in Aufruhr. Getrieben von den härter werdenden Wintern baute Zar Peter eine Flotte von Luftschiffen und begann einen Feldzug, um die geschwächten Nationen Europas zu unterwerfen. Jenseits des Atlantiks schloss sich der Schamane Red Shoes vom Stamm der Choctaw mit Monsieur de Bienville, dem Piraten Edward Teach und dem puritanischen Priester Cotton Mather einer Expedition an, um herauszufinden, was aus der Alten Welt geworden war. In Venedig trafen sich schließlich die Wege aller Beteiligten, und es kam zu einer entscheidenden Schlacht, in der Ben mit ansehen musste, wie Adrienne gezwungen war, Isaac Newton zu töten. Und für Adrienne ereignete sich eine weitere Tragödie: Ihr kleiner Sohn Nicolas wurde von den Malakim entführt. Adrienne fand in Russland ein neues Zuhause als Gelehrte am Hofe von Peter dem Großen, Benjamin kehrte nach Amerika zurück und ließ sich in der Stadt Charles Town in South Carolina nieder. Zehn Jahre lang herrschte eine trügerische Ruhe. Das russische Imperium, das in Venedig gescheitert war, drängte jetzt gen Osten, über Sibirien an die westlichen Küsten Amerikas. In Sankt Petersburg zog Adrienne Schüler und Schmeichler an und baute immer schrecklichere Waffen für den Zaren. Benjamin gründete eine geheime Gesellschaft, um Amerika vor dem Einfluss der Malakim zu schützen. Doch diese Ruhe sollte nicht von Dauer sein. Red Shoes, der Schamane der Choctaw, sah Zeichen und folgte ihnen in die weiten Ebenen des Westens. Dort stieß er auf eine vorrückende Armee, eine Armee, die sich aus Russen, Mongolen und Indianern zusammensetzte und die von dem geheimnisvollen und mächtigen Sonnenjungen angeführt wurde. In Charles Town sah sich Ben mit dem plötzlichen Auftauchen von James Stuart konfrontiert, dem englischen Thronprätendenten, der gekommen war, um die Kolonien als sein rechtmäßiges Königreich zu beanspruchen.