Die Zukunftsbastion
Heyne, W (Verlag)
978-3-453-52499-6 (ISBN)
- Titel ist leider vergriffen;
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»Guten Morgen, Miss Starwood. Ist Mr Walker schon in seinem Büro?« Ich kannte diese Stimme vor der Milchglastür zwischen meinem Büro und dem Vorzimmer, und ich mochte sie nicht. Ich wippte auf meinem Stuhl und lauschte gespannt, was Carmen der Stimme antworten würde. Gleichzeitig lauschte ich dem New Yorker Regen, der ans Fenster kratzte wie eine Ratte, die einen Ausweg sucht aus ihrem Laborkäfig. Tage, an denen ich so früh im Büro saß, waren schlechte Tage. Entweder hatte ich am Vortag bis spät in die Nacht gearbeitet und irgendwann befunden, dass es nicht mehr lohnte, nach Hause in mein Apartment in der 22. Street zu fahren. Oder ich hatte keine Aufträge, brauchte aber so dringend welche, dass ich keinen möglichen Klienten verpassen wollte, und zwar selbst dann nicht, wenn dieser mögliche Klient um sechs Uhr in der Früh hereinschneite. In diesem Fall lag ich in Lauerstellung, seit sechs Uhr, aber niemand war hereingeschneit, bis Carmen gegen neun Uhr die Tür geöffnet hatte, mit einem Song von Bing Crosby auf den Lippen ins Vorzimmer gekommen war und kurz ihren Kopf durch die Tür gesteckt hatte, um »Hi« zu sagen. Sie benutzte ihren missbilligenden Unterton, wie stets, wenn ich früher im Büro saß als sie. Ich hatte nicht mitbekommen, was Carmen der Stimme erwidert hatte. Carmen klopfte wie immer nicht an den Holzteil der Tür, sondern mit allen vier Knöcheln an die Milchglasscheibe, obwohl ich sie schon so oft gebeten hatte, das zu unterlassen. Es klirrte durchdringend. Ich hasste sie. Die Milchglasscheibe. »Ja!«, rief ich. Da war die Tür schon auf, und Carmen stand dort wie eine Erscheinung, die Augen noch unschuldiger und noch rehbrauner als das unschuldige Rehkitz in diesem Disney-Film, den ich mir mit ihr hatte ansehen müssen. Rehbraune Augen, dazu Wellen von blonden Haaren, die auf die Schulter flossen, und Beine, die wie eine Leuchtreklame für die Erbsünde durch die Gegend stolzierten. »Mr Walker? Mr Johnny Vale möchte Sie sprechen«, sagte sie mit ihrer Doris-Day-Stimme, und man nahm ihr ab, dass sie wie Doris Day nur mit Rollkragen-Pyjama, Schal und Handschuh zu Bette stieg, nachdem sie mit den Kindern das Nachtgebet gesprochen, das Geschirr gespült und zum Schluss auch noch der Spinne am Garagentor frisches Wasser hingestellt hatte. Dabei hatte ich sie im Bett schon Dinge sagen hören, die in keinem Doris-Day-Film gesagt werden dürften. Allerdings hatte sie in solchen Situationen auch weder ihre Doris-Day-Stimme benutzt, noch hatte sie deren Rollkragen-Pyjama am Leib gehabt. Oder den Schal. Oder die Handschuhe. Oder irgendetwas anderes. »Hallo, Ry«, sagte der fette Johnny Vale, schob sich an Carmen vorbei und ließ sich in den Ohrensessel fallen, der im hinteren Winkel des Büros stand und den ich vor Jahren davor bewahrt hatte, mit anderem Gerümpel den Weg in die ewigen Jagdgründe für Polstermöbel geschickt zu werden. »Hm«, sagte ich einladend. Johnny Vale hieß in Wirklichkeit Ioannis Valerossios, war fett wie ein byzantinischer Eunuch und sprach auch mit dessen Stimme: hoch, im Falsett, in einem fremdländischen Singsang. Ich hatte vor ein, zwei Jahren mal einen kleinen Job für ihn erledigt, indem ich einen Mann beschattet hatte, der Johnny angeblich etwas geklaut hatte: eine goldene Uhr, einen wichtigen Fingerring, einen Wischmopp, den Johnny von Mama geerbt hatte und hoch und heilig hielt. Ich hatte schnell heraus bekommen, dass es in Wirklichkeit nicht um Mutters Wischmopp oder andere Heiligtümer ging, sondern darum, dass Johnny wissen wollte, mit wem der Schönling nun zusammenlebte - nachdem er dem pomadigen Johnny den Laufpass gegeben hatte. Ich hatte Valerossios ein paar Fotos auf den Tisch geknallt, die den vermeintlichen Moppdieb zusammen mit einem goldlockigen Jüngling zeigten. Unbekleidet und in ziemlich verfänglichen Körperhaltungen. »Hier könnte man meinen, der Knabe würde sich bücken, um dem Räuber die Schuhe zu putzen. Tut er aber nicht. Hier auf dem nächsten Bild ...« Johnny hatte gequält abgewinkt, etwas über die Untreue der Liebenden gefaselt und vom Untergang abendländischer Werte. Dann hatte er die Rechnung beglichen und noch 50 Dollar daraufgelegt. »Wofür sind die?«, hatte ich gefragt. »Die sind dafür, dass Sie dem kleinen Arschloch einen kleinen Denkzettel verpassen werden, einen Denkzettel dafür, dass man auf dieser Welt nicht jede Schandtat begehen darf.« Er hatte mich mit seinen Schweinsäuglein angezwinkert. »Jedenfalls nicht ungestraft.« Er hatte noch eine Zwinkerzugabe gegeben. »Ich soll ihm einen Zettel schreiben?«, fragte ich naiv wie eine altjüngferliche Grundschullehrerin. »Sie sollen ihm so kräftig in die Eier treten, dass sie für ein paar Wochen so grün und blau leuchten wie katholische Ostereier«, hatte Johnny seinen Auftrag präzisiert. »Und für eine Weile unbrauchbar sind. Sie verstehen?« »Katholische Ostereier?«, hatte ich laut überlegt und ihm die Fünfzigdollarnote mit den Fingerspitzen zugeschoben. »Tut mit leid, Mr Valerossios, aber in konfessionelle Zwiste mische ich mich grundsätzlich nicht ein.« Er hatte mit den Achseln gezuckt und den Schein wieder einkassiert. Etwa eine Woche später hatte ich im Lokalteil der New York Times unter »Vermischtes und Vermengtes« oder »Klatsch und Tratsch« eine kurze Notiz gelesen: »Unbekannte überfallen und malträtieren zwei Freunde im Central Park.« Aus den Namenskürzeln konnte ich entnehmen, dass es sich bei den misshandelten Freunden um Johnnys Verflossenen und dessen aktuellen Lover-Boy handeln musste. Wenn man den Klartext aus der blumigen Umschreibung schälte, wusste man, dass die beiden beinahe kastriert worden waren. Ich überlegte, ob ich den Cops eine kleine, anonyme Notiz zukommen lassen sollte, mit wem sie in diesem Fall einmal plaudern sollten. Aber erstens wusste ich, dass die Cops Männer, die ein paar Schwulen gezeigt hatten, wo der Hammer hing, nicht mit großer Begeisterung verfolgen würden. Und zweitens wollte ich nicht, dass Johnny irgendwo erzählte, dass es einen privaten Ermittler gab, der seine Kunden an die Cops verpfiff. Solche hässlichen Gerüchte machten fix die Runde und waren zäh wie alte Laster. Und nun saß dieser Johnny wieder mal in meinem Büro. Meine Freude über das Wiedersehen hielt sich in Grenzen, eng wie ein Nadelöhr. »Mr Valerossios. Was kann ich für Sie tun?«, fragte ich geschäftsmäßig. Ich griff nach einem Ordner mit verstaubten Akten, blätterte interessiert darin, schaute kurz hoch und widmete mich dann wieder den abgeschlossenen Fällen. »Mr Vale, bitte. Und meine Freunde sagen Johnny zu mir.« »Das wird dann wohl nur in Selbstgesprächen vorkommen«, witzelte ich. Valerossios grinste schief und machte: »Ha ha. Ich möchte Sie im Namen einer guten Freundin um einen Gefallen bitten, Ry.« Er zog ein versilbertes Zigarettenetui aus der Tasche, öffnete es, nahm eine Zigarette heraus und hielt sie zwischen Daumen und Zeigefinger vor sich hin. »Ich darf doch rauchen?«, fragte er. »An ihrer Stelle würde ich das nicht tun«, sagte ich finster. »Warum nicht?«
Erscheint lt. Verlag | 5.3.2009 |
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Reihe/Serie | Heyne Bücher | Perry Rhodan, Das Rote Imperium |
Sprache | deutsch |
Maße | 118 x 187 mm |
Gewicht | 376 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Science Fiction |
ISBN-10 | 3-453-52499-3 / 3453524993 |
ISBN-13 | 978-3-453-52499-6 / 9783453524996 |
Zustand | Neuware |
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