Requiem für Druufon
Heyne, W (Verlag)
978-3-453-52498-9 (ISBN)
- Titel ist leider vergriffen;
keine Neuauflage - Artikel merken
Christian Montillon wurde 1974 geboren, studierte in Mainz Germanistik und heiratete danach seine langjährige Freundin. Nach dem Jahrtausendwechsel las er für die Verlage BLITZ und Zaubermond Korrektur und kam so in den Genuss erster Verlagskontakte. Nach Abschluss seiner Doktorarbeit in Germanistik begann er mit dem Schreiben von Romanen, z. B. Coco Zamis, Dorian Hunter, Jerry Cotton, Professor Zamorra, Maddrax, Atlan und Perry Rhodan, Larry Brent und Macabros.
Das Rote Universum holte tief Luft.
Alles strebte diesem einen Augenblick entgegen, der so intensiv war, dass er das Zentrum allen Seins bildete. Er verschlang sämtliche Zeit und inhalierte jedes Atom, das sich seit Anbeginn des Lebens ausdehnte und durch die unendliche Leere reiste.
Es klackte, geisterhaft und hohl.
Unter der blassen Haut pulsierte eine dunkelblaue Ader im Rhythmus eines ruhigen Herzschlags: eins ... zwei ... drei. Die Finger waren nur halb geschlossen, immer wieder kamen fahle Dinge zum Vorschein.
»Das Spiel möge beginnen, Perry Rhodan.«
Der Kosmos erstarrte.
Das Klacken verstummte.
Dann öffnete sich die Hand: »Rien ne va plus; aleae iacunt.«
Perry Rhodan schmunzelte angesichts dieser Sprachvermischung. Rien ne va plus, als säße er in einem Kasino aus dem Terra seiner Jugendzeit. Er sah den näselnden Croupier in einem korrekt sitzenden Nadelstreifenanzug mit perfekt gebundener Krawatte geradezu vor sich. Aleae iacunt, als wolle ihm jemand unbedingt beweisen, wie gebildet er war: Höre-Rhodan-ich-kann-das-Allerwelts-Lateinische-Zitat-grammatikalisch-korrekt-umwandeln.
Zwei Würfel mit jeweils neun Außenflächen fielen aus der Hand. Ihre stumpfen Oberflächen schimmerten in gelblichem Weiß. In der Luft stießen die Würfel noch einmal zusammen, bevor sie auseinanderdrifteten.
Ein seltsam sirrendes Geräusch entstand dabei. Der Unsterbliche schloss die Augen und sah zwei Raumschiffe durch den Leerraum rasen: eines tropfenförmig, klein und ungewöhnlich flirrend, fast, als wäre es organisch. Es schien sich im All zu winden und das Licht der Sterne zu fressen. Das zweite war ein Kugelraumer, ein echter Gigant mit gewaltigem Ringwulst, ein Ultraschlachtschiff der Menschheit ...
... der anderen Menschheit ...
. der Menschheit des Roten Imperiums.
Rhodan riss die Augen auf. Er wollte diese Schiffe nicht sehen, wollte nicht dabei zuschauen, wie sie ...
Die Würfel schlugen auf, gerade in dem Moment, als der Terraner die Augen öffnete. Die Ecke einer Kante splitterte ab wie sprödes Holz. Holz? Rhodan wusste, dass es alles andere als das war. Das Material schoss wie ein winziger Pfeil in Rhodans Fingerkuppe. Ein Blutstropfen, rot und unscheinbar, quoll aus der kleinen Wunde und rann über den Nagel, unter dem es blau schimmerte. Rhodan erinnerte sich nicht einmal mehr daran, wann er sich diese Quetschung zugezogen hatte. Es musste irgendwann während all der Kämpfe gewesen sein.
Die Ader auf dem Handrücken seines Gegenübers pochte - eins ... zwei... drei... - so regelmäßig wie eh und je. »Schau, wie sie fallen, die Knochenwürfel.«
(Knochenwürfel? Rhodan erschauerte.) Sie purzelten und kullerten, tanzten wie die Kinder, aus deren Gebeinen sie einst geschnitzt worden waren. Der eine fiel auf die Null, der andere rollte noch.
»Die Null, Rhodan«, sagte die tiefe Stimme. »Behalt sie in Erinnerung. Vom Jahr Null wirst du noch hören, als die Innerzeit begann. Denn die Wahrheit wartet auf dich. Bavo Velines' Lügen müssen demontiert werden, von Anfang an. In dir darf kein Zweifel mehr bleiben, auch wenn du noch so sehr an das Gute in den Menschen glauben willst. Ach, schau her: Der andere Würfel fällt auf die Zwei ... nein, er rollt noch, sieh nur - die Drei. Drei Wesen aus deinem Standarduniversum, die hinübergewechselt sind ins Rote Universum, um die Wunder der anderen Menschheit zu schauen.«
»Wunder?«, fragte Perry Rhodan. Das Wort rann wie zäher Sirup in sein eigenes Ohr, tropfte in den Gehörgang und zerstob zu tausend Schwingungen.
»Was für den einen ein Wunder ist, mag für Milliarden Intelligenzen auf vielen Welten unendliches Leid sein.« Die Hand streckte sich, Zeigefinger und Daumen umfassten den zweiten fahlweißen Würfel, in dessen Flächen die Augenzahl als schwarze Schmorflecken eingebrannt worden waren: Drei. »Sie sind zum Spielen gemacht. Nur das Kinderbein, aus dem sie geschnitzt wurden, spielt und springt und hüpft und tanzt nie wieder.«
Heiß rann es über Perry Rhodans Wange. »Wieso drei Wesen?«, fragte er. Sie waren nicht zu dritt übergewechselt ins Rote Universum; nur er und der Münchner Gauner namens Wiesel hatten den Wechsel vollzogen. Startac Schroeder hatte das Fenster und den Mund nicht mehr durchklettern können.
All dies war ein Albtraum. Eine Fieberfantasie. Auswirkungen eines Strangeness-Wahns. Ein Zeitkoller. Vielleicht fraßen sich auch irgendwelche Viren durch sein Hirn, die seinen Geist längst über die Grenze des Wahnsinns gestoßen hatte. Es gab tausend Erklärungen, aber eins war wichtiger als alles andere - diese Würfel, diese ganze Knochenstadt gab es nicht.
Durfte es nicht geben und nie gegeben haben, schon gar nicht von Terranern errichtet. Vielleicht von barbarischen Kulturen, von Völkern ohne Ethik, von Truppen der Chaosmächte, der Terminalen Kolonne TRAITOR ... aber ganz bestimmt nicht von Terranern, und mochte es sie auch vor Generationen in ein fremdes Universum verschlagen haben.
»Nun los«, sagte die tiefe Stimme. »Spiel auch du, Rhodan! Zaubern wir ein Lächeln auf das Gesicht der kleinen Farashuu ...«
Wind rauschte in kahlen Ästen. Ein letztes Blatt löste sich, trieb in einer Bö, flatterte höher, immer höher, auf, hinauf zu den Wolken, zum kuschelweichen, weißen Vergessen. Aus den Wolken schälte sich Farashuu Perkunos' Gesicht, eingeschlossen in das groteske viereckige Aquarium des Transpathein-Helmes, wie ihn nur die Kindersoldaten des Roten Imperiums trugen. Die Symbionten umschwirrten die Nase, die Augen, bohrten sich in die Pupillen, weiteten sie, bis sie wie eine Supernova explodierten.
»Zaubern wir ein Lächeln auf dieses Gesicht«, sagte die Stimme noch einmal. Rhodan schrie.
Farashuus Lippen öffneten sich hinter dem golden schimmernden Etwas, und sie zogen sich in die Breite, als freue sie sich, endlich sterben zu können. Ihr Gesicht verglühte in schillernden Regenbogenfarben, doch wo immer die Lichtkometen auftrafen, rissen sie eine Schneise der Zerstörung.
»Farashuu!«, schrie Rhodan. »Nein!« Nein...
»Ruhig«, sagte Finan Perkunos, der Vater der Kindersoldatin.
Und Perry Rhodan erwachte. Schweiß perlte auf seiner Stirn und vermischte sich mit den Tränen.
»Du bist wieder da«, sagte Finan.
»Was . was waren das für Bilder?« Rhodans Worte waren schwammig. Finan Perkunos konnte unmöglich wissen, worauf sie sich bezogen.
Und doch verstand er ihn ganz offensichtlich. »Es war ein Traum. Eine Vision. Ganz wie du es nennen willst. Auswirkungen des Heilkomas. Dein Körper und deine Psyche sind unsere medizinischen Methoden offensichtlich nicht gewohnt und reagieren entsprechend stark.«
Rhodan hustete und würgte. Etwas bewegte sich unter der Zunge, drückte von Innen gegen die Lippen. Er öffnete den Mund, und ein gallertartiges Etwas kroch daraus hervor. Der Wurm hing halb auf Rhodans Kinn. Der Unsterbliche setzte sich ruckartig auf, wischte über den Mund, doch durch die hastige Bewegung flog der Wurm bereits zur Seite und landete platschend auf dem Boden.
Erscheint lt. Verlag | 14.1.2009 |
---|---|
Reihe/Serie | Heyne Bücher | Perry Rhodan, Das Rote Imperium |
Sprache | deutsch |
Maße | 118 x 187 mm |
Gewicht | 335 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Science Fiction • Taschenbuch / Belletristik/Science Fiction • TB/Belletristik/Science Fiction |
ISBN-10 | 3-453-52498-5 / 3453524985 |
ISBN-13 | 978-3-453-52498-9 / 9783453524989 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich