Königskinder - Juliet Marillier

Königskinder

Roman
Buch | Softcover
768 Seiten
2009
Heyne, W (Verlag)
978-3-453-52516-0 (ISBN)
8,95 inkl. MwSt
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Das große Fantasy-Epos unserer Zeit


Sie sind wild, kriegerisch und in zahllose Stämme zerfallen – die sagenumwobenen Pikten. Frieden könnte nur Bridei seinem Volk bringen. Er soll einst den Thron des Nordens besteigen. In der Abgeschiedenheit der Wälder wird der Junge von einem Druiden zum König ausgebildet. Bridei weiß um seine Pflicht – bis eines Nachts Tuala auftaucht, ein Mädchen aus dem Feenvolk. Wird ihre Liebe gegen dunkle Magie, Krieg und Intrigen bestehen?


Juliet Marillier wurde in Neuseeland geboren und wuchs im australischen Dundein auf. Bereits seit frühester Kindheit begeisterte sie sich für keltische Musik und irische Geschichten. Heute lebt die Mutter von vier erwachsenen Kindern in der Nähe von Perth

Der Druide stand in der Tür, so reglos, als wäre er aus dunklem Stein gemeißelt, und sah zu, wie die Reiter den Hügel hinaufkamen. Der Abend dämmerte. Der Schlangensee war hinter den Eichen nur als mattes Schimmern zu sehen, und Saatkrähen flatterten im letzten Tageslicht zu ihren Schlafplätzen und stießen dabei Rufe in ihrer harschen geheimen Sprache aus. Es war Herbst; die Tagundnachtgleiche lag bereits einige Zeit zurück. In der Luft hing eine frische, blaue Kälte, die einem den Atem in der Brust erstarren ließ. Die Bewaffneten hatten nun die ebene Fläche vor dem Haus erreicht und stiegen nacheinander vom Pferd. Zunächst sah es so aus, als hätten sie den Jungen nicht mitgebracht. Der Druide schluckte seine Enttäuschung, seine Frustration und seinen Zorn herunter. Dann sagte Cinioch, der als Letzter eintraf: »Komm, Junge, beweg dich«, und Broichan entdeckte die kleine Gestalt, die vor dem Krieger saß, gut eingepackt in Wollkleidung, eine Gestalt, die die anderen rasch vom Pferd hoben und nach vorn schoben, damit der Druide sie betrachten konnte. Er war so winzig! War dieser Junge tatsächlich fünf Jahre alt, wie Anfreda ihm in dem Brief geschrieben hatte, in dem sie ihm ihre Entscheidung mitteilte? Er war doch sicher noch zu klein, um hierher nach Fortriu geschickt zu werden, so weit weg von daheim. Und zweifellos war er zu klein, um etwas zu lernen. Der Druide spürte, wie er zornig wurde, und zwang sich, gleichmäßiger zu atmen. »ich bin Broichan«, sagte er mit einem Blick nach unten. »Willkommen in Pitnochie.« Das Kind hob den Kopf und ließ den Blick über Broichans Gesicht wandern, über sein dunkles Gewand, den Eichenstab mit der kunstvollen Schnitzerei und das mit bunten Bändern zu zahllosen Zöpfen geflochtene Haar. Die Lider des Jungen waren schwer; er schlief beinahe im Stehen. Es war ein langer Weg von Gwynedd hierher, sie waren zwei Monde unterwegs gewesen. Der Druide sah schweigend zu, wie das Kind sich gerader aufrichtete, das Kinn reckte, tief Luft holte und vor Konzentration die Stirn runzelte. Dann sagte der Junge mit bebender, aber klar verständlicher Stimme: »ich bin Bridei, Sohn des Maelchon.« Er holte erneut Luft; er strengte sich gewaltig an, alles richtig zu machen. »Möge die ... die Leuchtende deinen Weg erhellen.« Er blickte mit strahlend blauen Augen zu Broichan auf; es stand Furcht darin, das war deutlich zu sehen, aber davon würde sich dieser winzige Bursche nicht abhalten lassen. Und den Göttern sei Dank, Anfreda hatte ihrem Sohn die Sprache der Priteni beigebracht. Das würde Broichans Aufgabe gewaltig erleichtern. Vielleicht war fünf ja doch nicht zu jung. »Möge der Flammenhüter dein Herz wärmen«, erwiderte Broichan, wie es die Höflichkeit verlangte. Er sah sich das kleine Gesicht genauer an. Das feste Kinn hatte der Junge von Maelchon, ebenso wie die aufrechte Haltung und den eisernen Willen, der diese müden Augen offen hielt und die auswendig gelernten Worte inmitten eines seltsamen, plötzlichen Erwachens in einer fremden Welt heraufbeschwor. Die liebreizenden blauen Augen, das lockige braune Haar und das leichte Stirnrunzeln hatte er von Anfreda. Das Blut der Priteni war stark und echt in diesem Jungen. Die Mutter hatte gut gewählt. Der Druide nickte zufrieden. »Komm«, sagte er. »Ich werde dir zeigen, wo du schläfst. Cinioch, Elpin, Urguist - gut gemacht. Euer Abendessen wartet drinnen auf euch.« Im Haus folgte der Junge Broichan schweigend an den neugierigen Blicken der Diener vorbei in die Halle, wo zwei alte Männer, Erip und Wid, und ein paar große Hunde vor dem Feuer saßen. Die Hunde hoben die Köpfe und knurrten warnend. Der Junge zuckte zusammen, gab aber keinen Laut von sich. Die alten Männer hatten einen Tisch mit einem Spielbrett und Spielfiguren aus Knochen zwischen sich stehen. Bridei betrachtete interessiert die geschnitzten Priesterinnen, Krieger und Druiden, die alle nicht größer waren als der kleine Finger eines Mannes. Er blieb einen Augenblick stehen. »Willkommen, Junge«, sagte Erip und zeigte beim Grinsen seine Zahnlücken. »Magst du Spiele?« Der Junge nickte. »Dann bist du an den richtigen Ort gekommen«, erklärte Wid und strich sich über den weißen Bart. »Wir sind die besten Spieler in ganz Fortriu. Krähenecken, Brich-die-Mauer, Vormarsch und Rückzug, wir sind Experten darin. Du siehst deiner Mutter ähnlich, Junge.« In den blauen Augen des Jungen stand eine Frage. »Das genügt jetzt«, sagte Broichan. »Komm, hier entlang.« Er würde Wid und Erip daran erinnern müssen, dass er derjenige war, der dieses Kind erzog. Brideis neues Leben begann in diesem Augenblick; der Junge musste seinen Weg beschreiten, unbehindert von dem Wissen, wer er war und was er werden sollte. Für solche Dinge war noch Zeit, wenn er erwachsen war. Sie hatten zehn Jahre, fünfzehn, wenn die Götter freundlich gesinnt waren. In dieser Zeit musste Broichan dieses Kind zu einem jungen Mann formen, der in jeder Hinsicht für die große Rolle geeignet war, die er in Fortrius Zukunft spielen sollte. Brideis Ausbildung musste makellos sein. Tatsächlich war es nur gut, dass er so früh gekommen war. Fünfzehn Jahre würden kaum genügen. »Das hier ist dein Zimmer«, sagte Broichan und stellte seine Kerze auf ein Regal. Bridei sah sich in dem kleinen Zimmer mit dem schmalen Bett, der Truhe und dem winzigen rechteckigen Fenster um, hinter dem rauschende Birken und ein Flecken dunklen Himmels zu sehen waren. »Du siehst müde aus. Schlafe jetzt. Morgen früh beginnen wir mit deiner Ausbildung.« In Pitnochie hatten alle viel zu tun. Bridei lernte bald, der grimmigen Haushälterin Mara und dem schlecht gelaunten Koch Ferat aus dem Weg zu gehen, wenn sie ihren unglücklichen Helfern Befehle zubrüllten oder sich mit beträchtlicher Energie daran machten, den Staub aus Wandbehängen zu schlagen oder eine Hammelseite am Spieß zu drehen. Mara und Ferat stritten sich häufig, obwohl sie nie wirklich zornig wurden. Es war nur, als könnten sie sich über nichts einigen. Auch Bridei war stets beschäftigt. Broichans Unterricht war eine Herausforderung; er begann mit Pflanzen- und Tierkunde, und bald schon lernte er außerdem Übungen, die innere Ruhe und Konzentration fördern sollten. Broichan sagte ihm, dass er zwar ein paar Jahre jünger war als die Jungen, die zur Druidenausbildung in die Nemetons gingen, aber nicht zu jung, um mit dieser Arbeit zu beginnen. Eine Weile musste Bridei jeden Abend, wenn er in seinem Zimmer lag und auf den Schlaf wartete, gegen Tränen ankämpfen. Aber schon bald verblasste die Erinnerung an seine Mutter, seinen Vater und seine großen Brüder. Ein paar Dinge blieben noch: der Gürtel seines Vaters, breites, dunkles Leder mit einer Silberschnalle in Form eines Pferds. Ein süßer Duft nach Veilchen oder einer anderen Wildblume, den er mit seiner Mutter assoziierte. Als selbst diese Erinnerungen immer weiter davondrifteten, blieben ihm immer noch die Abschiedsworte seines Vaters im Gedächtnis: Gehorche deinem Pflegevater bei allem. Gehorche, lerne und weine nicht.

Erscheint lt. Verlag 14.1.2009
Reihe/Serie Heyne Bücher
Unter dem Nordstern
Illustrationen Donato Giancola
Überarbeitung Ralf Reiter
Übersetzer Winter Winter Translations Inc.
Sprache deutsch
Original-Titel The Bridei Chronicles (Vol.1) The Dark Mirror
Maße 118 x 187 mm
Gewicht 460 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Fantasy
ISBN-10 3-453-52516-7 / 3453525167
ISBN-13 978-3-453-52516-0 / 9783453525160
Zustand Neuware
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