Das Haus Zamis 109 (eBook)

Die Hölleninsel
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7294-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Zamis 109 - Michael M. Thurner
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»Natürlich habe ich Zeit, Rebecca! Wann soll ich kommen?«
Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang überrascht, dass ich so rasch zusagte. »Nach dem Wochenende. In fünf Tagen also.«
Ich hatte immer schon ein Faible für Rebeccas bezaubernden englischen Akzent gehabt - und für ihr Lachen, tief und grollend, das ansteckend war. »Ich nehme am Montag den erstbesten Flieger nach New York«, antwortete ich erfreut.
Coco Zamis hat vorerst genug von ihrer Familie. Um Abstand zu gewinnen, flüchtet sie aus Europa. Es trifft sich gut, dass ihre alte Freundin Rebecca gerade ein neues Domizil in New York bezogen hat und Coco einlädt, sie zu besuchen. Es handelt sich um das legendäre Dakota Building.
Doch zunächst bittet Rebecca ihre Freundin, einen kleinen Umweg für sie in Kauf zu nehmen. Mit ungeahnten Folgen ...


2. Kapitel


So viel also zu einigen Tagen der Erholung und der Unbeschwertheit. Rebecca, die ich noch während der Taxifahrt Richtung Funchal kontaktieren wollte, reagierte nicht auf meine Anrufe. Ich hinterließ einige ganz und gar nicht damenhafte Flüche auf ihrem Anrufbeantworter, bevor ich mich wieder meiner Umgebung widmete.

Das stinkende und klapprige Gefährt, in das mich der Treue Joao gepackt hatte, bewegte sich in atemberaubendem Tempo die Straße Richtung Funchal entlang. Immer wieder fuhren wir in Tunnel ein, immer wieder begegneten wir Schreckgestalten, die Normalsterbliche nicht wahrnehmen konnten. Es waren Wächtergeschöpfe, die ich niemals zuvor zu Gesicht bekommen hatte: schemenhafte, wie Nebelschwaden zerrissene Wesen, die schrien und brüllten und tobten und grüngelbe Flüssigkeiten gegen das Fahrzeug spien. Die voll Wut und Furor gegen das Taxi angingen, seine magischen Barrieren aber doch nicht durchbrechen konnten.

»Ist immer wieder spannend, so eine Fahrt übers Land«, sagte Joao. Er drehte sich um und grinste mich an, während er mit mindestens einhundertdreißig Stundenkilometer eine kurvige Straße entlangraste, die eine Geschwindigkeitsbeschränkung von achtzig aufwies. »Sie versuchen's immer wieder, meine kleinen Freunde. Haben's aber erst fünfmal geschafft, mich aufzuhalten.«

»Fünfmal?! Und was passierte dann?«

»Musste mir ein neues Fahrzeug besorgen und magisch schützen lassen. Der Verdienstausfall war allerdings bedauerlich. Aus rohen Fleischklumpen, die über mehrere Hundert Quadratmeter verteilt sind, kann man in den wenigsten Fällen Geld- und Geldeswerte der Fahrgäste – hm – extrahieren.«

Ich schloss die Augen und bereitete mich gedanklich auf einen Angriff der Dämonengestalten vor. In den letzten beiden Tagen hatte ich genug Kraft getankt und fühlte mich durchaus in der Lage, den bleichen, transparenten Gestalten beizukommen.

»Warum sorgt Asmodi nicht für Ordnung?«, fragte ich Joao, der nun wieder auf die Autos vor ihm achtete und sich an ihnen vorbeischlängelte, auf die Stadt zu, die sich im prallen Sonnenschein links und rechts von mir ausbreitete. Jeder noch so geringe Platz auf dem steil ansteigenden Gelände wurde ausgenutzt, um Hütten, Häuser und Paläste zu errichten, denen eines gemeinsam war: ein prachtvoller Blick über den Atlantik Richtung Südwesten.

»Asmodi? Pah!« Joao tat eine verächtliche Handbewegung. »Er lässt sich hier nur selten blicken. Man könnte glauben, dass er Angst hätte. Ich würde es Respekt nennen. Er weiß, dass auf der Insel Kräfte wirken, auf die selbst er als Oberhaupt der Schwarzen Familie nur wenig Zugriff hat. Sie dringen aus dem Erdinneren nach oben. Sie sind uralt. Und sie haben die hiesigen Dämonensippen geformt.« Er lachte hässlich. »Wir Madeirenses sind ein sonderbares Volk mit einer langen Geschichte.«

Über den Bergketten rechts von mir lagen dunkle Regenwolken. Doch sie bewegten sich kaum, würden wohl dort hängen bleiben und die Stadt verschonen.

Die Dämonengestalten, die nun immer seltener auftraten, schossen mit irrwitzigem Tempo in die Wolkenfetzen und verschwanden dort. Manche kehrten um und versuchten einen letzten wütenden Angriff auf das Taxi, während die meisten von ihnen in den Regenwolken zurückblieben. Donnergrollen wurde laut, einige Tropfen besprühten unser Fahrzeug.

»Sind das Nebelgeister?«, fragte ich den Treuen Joao.

»Gut erkannt, senhora. Sie wurden von den Patriarchen der großen Familien geformt und beseelt mit unheiligem Leben, das einem Schlund in der Nähe des Pico das Torres entweicht, dem zweithöchsten Berg der Insel.«

»Was meinst du mit unheiligem Leben?«

»Das kann niemand so genau sagen. Man munkelt, dass im Inneren des Vulkangesteins geringe Mengen dämonischer Substanz gefangen sind, die von Zeit zu Zeit entweichen und von den Dämonensippen eingefangen werden. Je mehr Nebelgeister eine Familie besitzt, desto mächtiger ist sie.«

Der Treue Joao lenkte sein Fahrzeug nach einem gewagten Bremsmanöver von der Autobahn und fuhr in die Stadt hinab, alle Stopp- und Vorrangschilder sträflich missachtend. Die letzten Schemen blieben zurück. Ein Wesen in Vogelgestalt, dessen Flügelkrallen in mehrfach verästelnden Wurmfingern endeten, stieß einen enttäuschten Schrei aus, den wohl nur mein Chauffeur und ich hören konnten.

»Was treibt dich eigentlich auf die Insel, senhora? Du musst sehr mutig oder sehr dumm sein, dass du einen Flug hierhergebucht hast. Die meisten Dämonensprösslinge, die ich herumkutschiere, sind aus geschäftlichen Gründen auf Madeira. Oder aber sie wollen sich im Kampf gegen Mitglieder einer ortsansässigen Sippe messen. In manchen Teilen der Welt gehört das geradezu zum guten Ton, einen Madeirenses herauszufordern.«

»Ich bin ebenfalls geschäftlich hier«, gab ich mich verschlossen. »Aber jetzt bring mich ins Hotel.«

»Wie ist dein Name, senhora?«

Es gab keinen Grund, warum ich meine Herkunft verleugnen sollte. »Coco Zamis«, antwortete ich.

Joao bremste abrupt, noch heftiger als sonst. Ich schlug mit dem Kopf gegen die Glasscheibe, die vordere und hintere Sitzreihe voneinander trennte.

»Die Zamis-Tochter?«, fragte Joao. »Das Balg, das den Herrn der Schwarzen Familie immer wieder herausfordert und damit auch noch Erfolg hat?« Er drehte sich zu mir um, nachdem er das Auto endgültig zum Stillstand gebracht hatte, und blickte dann links und rechts aus den Fenstern, als fürchte er weitere, noch gefährlichere Verfolger als die Nebelgeister.

»Asmodi und ich hatten dann und wann unsere kleinen Meinungsverschiedenheiten«, gab ich knapp zur Antwort.

Joao fuhr wieder an, nun langsam und gesittet. Es ging eine steile Straße bergab, scheinbar direkt ins Meer hinab. Hotelbunker beherrschten die Küstenlinie.

»Man kennt dich hier, senhora Coco. Dein Name wird dir in manchen Bereichen der Insel Tür und Tor öffnen. Wie ich bereits sagte, fühlen sich die hiesigen Sippen nur selten an Asmodis Worte gebunden. Und sie bewundern jeden, der sich gegen den Einfluss des Fürsten der Finsternis verwehrt.«

»Gehören zu den Bewunderern auch die Angehörigen der Familie Blandeur? Das würde meine Arbeit einigermaßen erleichtern.«

Neuerlich bremste der kleine Mann, neuerlich krachte ich mit dem Kopf gegen die Scheibe. »Spinnst du völlig?«, fuhr ich ihn an.

»Die Familie Blandeur ...« Der Treue Joao wollte etwas sagen, schluckte die Worte aber dann hinunter. »Ich gebe dir einen guten Rat: Sprich den Hotelverwalter der Grosvenors nicht auf diese Leute an. Die beiden Sippen sind seit Jahrhunderten verfeindet.« Er schüttelte den Kopf. »Wie kann man bloß so naiv sein und ohne jegliches Hintergrundwissen nach Madeira kommen?« Er tat eine weit ausladende Handbewegung. »Sieh dich nur um, Coco Zamis! Für die Menschen mag all das hier ein Paradies auf Erden sein. Eine immergrüne Insel, auf der die Blumen rund ums Jahr blühen und das Klima stets angenehm bleibt und man sich wohlfühlen kann. Doch für Hexen, wie du eine bist, ist dies der Vorhof zur tiefsten, schrecklichsten Hölle.«

Er stieg aus und öffnete mir den Türverschlag. »Du bist eine zu heiße Fracht, senhora Coco Zamis. Du wirst den letzten Kilometer zu Fuß gehen müssen. Ich mag ein dummer und hässlicher Freak sein, aber ich bin nicht lebensmüde. Du wirst von nun an alleine zurechtkommen müssen.« Er hielt die Hand auf. »Und ich erwarte reichlich Trinkgeld von dir, schöne Frau. Du kannst mir ruhig alles geben, was du bei dir trägst. Denn wenn du dich weiterhin so naiv anstellst, wirst du auf Madeira keinen Tag lang überleben.«

Ich ging die letzten Meter per pedes und ließ die ganz besondere Atmosphäre der Insel auf mich wirken. Überall sprossen exotische Blumen und Kakteen aus der Erde, überall streiften Touristen umher und ließen sich vom Zauber Madeiras einfangen.

Und dieser wunderschöne Flecken Erde sollte ein Zentrum einander in erbitterter Feindschaft zugetaner Dämonensippen sein? Warum hatte ich niemals davon gehört? Sorgte Asmodi dafür, dass nicht sonderlich viel über diese ganz besondere Insel geredet wurde?

Je näher ich meinem Hotel kam, desto intensiver nahm ich das schwefelige Odeur von Dämonen wahr. Es ging von den Gebäuden aus, von Pflanzenbeeten, von den Palmen. Über eine steile Zufahrt erreichte ich den Haupteingang, blieb dort stehen und ließ ein weiteres Mal die besondere Blütenpracht auf mich wirken. Was für ein Widerspruch ...

Forschen Schrittes betrat ich das Hauptgebäude des verschachtelten Hotelkomplexes und schritt auf die Rezeption und den Mann zu, der einige Meter von seinen Mitarbeiterinnen entfernt stand. Seine dämonische Aura zog mich wie magisch an.

Er betrachtete mich von oben bis unten, angewidert und dennoch neugierig. »Ein spezieller Gast für unser Etablissement? Ich bekomme solche wie dich nur selten zu Gesicht.«

Für einige Sekunden gab der Mann seine Tarnung auf und...

Erscheint lt. Verlag 14.12.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Coco Zamis • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • Dorian Hunter • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Spin-Off • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-7294-4 / 3751772944
ISBN-13 978-3-7517-7294-5 / 9783751772945
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