Gespenster-Krimi 162 (eBook)

Gespenstische Weihnacht
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7235-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gespenster-Krimi 162 - Morgan D. Crow, Michael Blihall, Henry Cardell
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Es weihnachtet. Und es weihnachtet in diesem Heft sehr gespenstisch. Denn immerhin ist das ein Band unserer Reihe Gespenster-Krimi. Und in dem bringen wir drei Kurzromane mit Helden aus unserer traditionsbeladenen Grusel-Reihe.
Den Anfang machen Lady Eliza Fitzgibbon und ihr Freund Professor Harker von Musgrave, die in den Gespenster-Krimis schon so einige schaurige Abenteuer erlebten, geschrieben von Morgan D. Crow.
Es folgen die Drudenfüße aus Wien, deren Erlebnisse Top-Autor Michael Blihall erzählt, der selbst eingefleischter Wiener ist - im nächsten Heft erfahrt ihr übrigens, wie es mit Andreas Brauner und seinen Drudenfüßen weitergeht!
Den Abschluss macht Henry Cardell mit seinem Helden Isaac Finley, der erst zwei Grusel-Abenteuer bestanden hat, noch ziemlich grün hinter den Ohren ist und mit sich ringt, ob die Geisterjagd wirklich das Richtige für ihn ist.
Wir wünschen weihnachtlichen Gruselspaß mit diesen drei Storys - und ein wunderschönes Fest!

Wilde Gaben


Dicke Flocken segelten lautlos zu Boden. Sie waren zart, wirkten wie Daunen und konnten für einen Augenblick das Beißen des strengen Frostes vergessen machen, der seit Tagen die südenglische Küste fest im Griff hielt. Jeder Schritt vor die Tür bedeutete unnachgiebige Kälte, die einem augenblicklich in die Knochen fuhr.

Lady Fitzgibbon konnte ein Lied davon singen. In den vergangenen Wochen war sie auf unzähligen Weihnachtsfeiern zugegen gewesen und hatte sich mehr als einmal für ihr Engagement verflucht. Jeder wollte ein Stück von ihr, ob ihr unterwegs die Ohren abfroren oder nicht. Freunde und Familie hatten sie eingeladen; der Kirchenkreis von St. Hilda und St. George erbat höchst freundlich – und nachdrücklich – ihre Anwesenheit; verschiedene Komitees und wohltätige Vereine buhlten um ihre Besuche an diesem und jenem und dem übernächsten Tag ...

Eliza, die junge Baroness Fitzgibbon von Musgrave, hatte seit Anfang Dezember kaum zwei Tage in Folge stillgesessen. Am wohlsten hatte sie sich in all dem Trubel auf dem Ball im Veteranenheim gefühlt und einem zweiten drüben in Milchester, zu dem ihr guter Freund Tobias Graham sie ausgeführt hatte.

Eine Böe drückte einen Schwall Flocken gegen das Fenster ihres Ankleidezimmers. Eliza trat näher und hob prüfend ihre Hände vors Gesicht. Zufrieden stellte sie fest, dass der Geruch des Waffenöls verschwunden war. Nichts als der Wohlgeruch von Handcreme und einem Tröpfchen Parfum stieg von ihren schlanken Fingern auf. Der Weihnachtsmann hatte ihr ein Fläschchen Nuit de Noël von Caron unter den Baum gelegt. Einen teuren, speziell für diese Zeit des Jahres kreierten Duft mit warmem Sandelholz, lieblichem Jasmin, Rose und einer zitronigen Kopfnote.

Vor ein paar Jahren hatte sie sich das erste Fläschchen selbst gekauft. 1922, als das Parfum gerade auf den Markt gekommen war. Nun stand ein neuer schwarz-goldener Flakon auf ihrem Schminktisch. Eliza lächelte bei seinem Anblick. Von allen Geschenken war dieses ihr liebstes.

Sie warf einen letzten Blick auf das schiefergraue Meer, das hinter den Gärten von Musgrave Hall dalag wie der schaumgekrönte Umhang eines Riesen, dann wandte sie sich der Tür zu. Im Gehen zupfte sie ihr Kleid zurecht, dann knipste sie das Licht aus. Heute war es an der Zeit, richtig Weihnachten zu feiern. Abseits aller Verpflichtungen, aller hochherrschaftlichen Aufgaben – abseits aller nervtötenden Verwandtschaft, die ihr seit Sir Henrys Tod in den Ohren lag, wann sie wohl beabsichtigte, wieder zu heiraten.

Heute Nachmittag würden ein paar ihrer liebsten Freunde nach Musgrave Hall kommen. Sie würden alberne Christmas Cracker knallen lassen, sich über die hohlen Witze darin schlapplachen, Trifle essen, Musik hören und sich vor den Kaminen in der Bibliothek Schauergeschichten erzählen.

Darauf freute sie sich schon den ganzen Monat bereits.

Am Kopf der großen Freitreppe entdeckte Eliza ihren besten Freund, Professor Harker. Jener Weihnachtsmann, der ihr das Nuit de Noël geschenkt hatte. Er drehte sich ihr zu, und seine dunklen Augen begannen zu leuchten.

»Hallo«, sagte er, räusperte sich und wiederholte standfester: »Hallo. Ein neues Kleid?«

Eliza lächelte noch mehr. Ja, sie hatte sich etwas gegönnt. Monster zu jagen und Dämonen aus der Welt zu schaffen war ein anstrengendes Handwerk. Hin und wieder durfte man dann auch in meterweise pfirsichfarbene Seide und mit goldfarbenen Pailletten besticken Chiffon investieren.

Die Farbe passte herrlich zu ihrem kastanienroten Haar, das sie im Nacken zum Knoten geschlungen trug. Eine diamantbesetzte Nadel funkelte darin, und nur eine einzelne Strähne, zu einer seicht springenden Locke frisiert, fiel weich über Elizas Schlüsselbein. Dort leistete sie einer einfachen, lang herabhängenden Goldkette Gesellschaft, an deren Ende ein tropfenförmiger Bernstein hing. Es war unbestreitbar, dass Eliza sich in Szene zu setzen wusste.

Harker gab sich Mühe, seine Freundin nicht anzustarren. Er legte einen Arm um sie und drückte sie sanft. »Du siehst wunderschön aus.«

»Danke, Lieber.« Sie schmunzelte. »Das war der Plan.«

An seinem Arm stieg sie die Treppe hinunter in die schachbrettgemusterte Halle. Harker hatte sich nicht sonderlich herausgeputzt, denn der Gedanke war ihm gar nicht gekommen, dass dies für eine Feier unter Freunden nötig wäre. Etwas betreten strich er sich das helle Jackett glatt, das er am Vortag bei seiner Ankunft schon getragen hatte.

»Mach dich nicht verrückt, Lieber. Mir war einfach danach, mich ein bisschen zu putzen. – Oh, schau mal!«

Harkers Puls tat einen Hopser, als er Elizas Geste folgte und Dillinger, den Butler des Hauses, am Fuß der Treppe entdeckte. Dieser war eben damit befasst, eine kleine Leiter beiseitezuräumen. Weder der bedrückend makellose Dillinger noch die Leiter aber weckten Harkers Unruhe, sondern das, wozu sich beides in der Halle eingefunden hatten: Ein schlanker hölzerner Bogen überspannte die letzte Stufe der Treppe – und in ihm baumelte ein dichter, beerenbesetzter Mistelstrauch.

Bevor das Gewächs jedoch seine traditionelle Aufgabe entfalten konnte, läutete die Türglocke. Dillinger schwebte in der typischen Art eines englischen Butlers hinüber und öffnete.

Ein Bote hielt ihm bibbernd ein kleines Paket hin, murmelte ein halbherziges »FRohE WeIhnAChten« und machte auf dem Absatz kehrt. Mit steifen Gliedern bestieg er sein Fahrrad und trat mühselig in die Pedale.

»Ha!«, entfuhr es Eliza. Sie ließ Harker los, raffte ihr Kleid und war in wenigen Sätzen bei Dillinger. »Wundervoll! Ich dachte schon, sie kommen nicht mehr an!«

»Wer kommt nicht mehr an?«, fragte Harker, der gemächlich zu seiner Freundin aufschloss.

»Die Spinnen«, sagte sie.

In der großen Bibliothek von Musgrave Hall war ein drei Meter hoher Tannenbaum aufgestellt worden. Gläserne Ornamente, Strohsterne und Nüsse verzierten seine üppigen Zweige, fein verteiltes Lametta glitzerte im Licht der edlen Lampen.

Eliza hatte viel Zeit und Aufwand betrieben, um ihr Haus festlich zu schmücken. Nebenan im Salon gab es einen weiteren Baum, wenn auch kleiner, dessen Schmuck ganz im Blau der Stofftapeten gehalten war. Dort würde gegessen werden, in der Bibliothek hingegen gespielt und getanzt. Es war der mit Abstand größte Raum des Hauses und Elizas liebster. Sogar vor den beiden steinernen Medusenhäuptern, die über den zwei großen Kaminen wachten, hatte sie nicht Halt gemacht, sondern beiden eine weihnachtliche Mütze aufgesetzt.

Harker war froh, dass Eliza so guter Stimmung war. Nach Henrys Tod war Weihnachten lange Zeit vergiftet gewesen. Nun endlich fand sie wieder Freude daran und konnte ein wenig von der Trauer loslassen.

Er folgte ihr zu dem langen, spiegelblanken Tisch, der gegenüber der Sitzgruppe stand. In der Mitte desselben thronte ein großes, immergrünes Gesteck mit Stechginster und einzelnen Wachsblüten. Ringsherum lagen lauter bunte Knallbonbons und kleine Glasornamente kunstvoll verstreut.

»Ich hatte Boris danach gefragt, weißt du«, sagte Eliza und nahm mit dem Päckchen an der Stirnseite des Tisches Platz. Im nächsten Moment zog sie ein kleines Springmesser hervor. Harker fragte sich, wo in ihrem eleganten Kleid sie es versteckt haben mochte.

»Auch neu?«, fragte er, nachdem er sich neben ihr niedergelassen hatte.

Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu. »Ja. Ein Geschenk von Graham.«

»Passend.«

»Oh, grummel nicht. Es ist sehr praktisch. Und du musst dich auch nicht fürchten: Er kommt nicht. Soweit ich weiß, ist er mit Ali bis nach Neujahr verreist. Geschäftlich. Natürlich.«

»Natürlich.«

Eliza schnitt das Band durch und ließ das Messer wieder an seinen unbekannten Platz verschwinden. Aus dem Packpapier schälte sie einen flachen Karton, auf dessen Deckel eine Karte geklebt war. Sie enthielt einige liebe Zeilen von Boris Price, einem alten Freund.

Eliza kannte Price schon viele Jahre lang. Er war Schauspieler, wie Grahams Freund Allister Bellamy. Wenn man auch zugeben musste, dass Ali noch in den Windeln gelegen hatte, als Price bereits ein gefeierter Star gewesen war. Ob Bühne, ob Film, ob Shakespeare, ob Horror: Boris Price war ein Meister aller Klassen gewesen.

Heute lebte er in einem Dörfchen namens Lower Laurel und vertrieb sich die Zeit mit Studien, Besuchen und allerlei, zuweilen hinterhältigen Scherzen. So erwartete Eliza beinahe, dass ihr ein Springteufelchen entgegenkäme, als sie den Deckel abhob – doch nichts geschah.

»Sieh sie dir an, Harker. Sind sie nicht herrlich?«

Vor ihr lagen, säuberlich durch dünne Wände aus Karton voneinander abgetrennt und in Seidenpapier gebettet, sechs glänzende Spinnen.

»Ich habe mal eine bei Boris gesehen und fand sie so schön. Also habe ich ihn gefragt, ob er mir nicht sagen kann, wo er sie herhat. Sie sind fabelhaft. Ich werde gleich eine aufhängen!«

Vergnügt rieb Eliza sich die Hände. Die aus Christbaumkugeln, Glasperlen und Draht gearbeiteten...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-7235-9 / 3751772359
ISBN-13 978-3-7517-7235-8 / 9783751772358
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