Professor Zamorra 1319 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6870-2 (ISBN)
Kyra starrte auf das offene Grab.
Die Erde war von unten nach oben herausgedrückt worden. Und aufgeplatzt!
Aber das Grab befand sich innerhalb der Schutzzone von Château Montagne!
Eine dämonische Aktion schied deshalb von Vornherein aus.
Doch wer hatte den Leichnam dann ausgegraben?
Oder ... hatte er sich selbst aus dem Erdreich befreit?
Sie konnte es drehen und wenden wie sie wollte. Eines stand fest:
Butler William MacKenzie hatte das Grab verlassen!
Der Geist
der Weihnacht
von Thilo Schwichtenberg
Kyra starrte auf das offene Grab.
Die Erde war von unten nach oben herausgedrückt worden. Und aufgeplatzt!
Aber das Grab befand sich innerhalb der Schutzzone von Château Montagne!
Eine dämonische Aktion schied deshalb von Vornherein aus.
Doch wer hatte den Leichnam dann ausgegraben?
Oder ... hatte er sich selbst aus dem Erdreich befreit?
Sie konnte es drehen und wenden wie sie wollte. Eines stand fest:
Butler William MacKenzie hatte das Grab verlassen!
Hölle, Stygias Privatgemach
Stygia fühlte sich unwohl.
Nein, verbesserte sie sich mit einem grimmigen Grinsen. Nach der Logik der Erdenmenschen müsste sie sich jetzt wohl fühlen. Wenn nicht gar bestens.
Also, woran lag es, dass sie sich so wohl – nein, unwohl! – fühlte?
Ein Blick auf den höllischen Kalender verriet es ihr.
»Na super«, murmelte die Herrin der Hölle sichtlich genervt.
Sie verdrehte die Augen. LUZIFER, dachte sie frustriert, warum?
Es stand ihr nicht zu, die Entscheidungen und Edikte des HÖLLENKAISERS infrage zu stellen. Stellte sie im Grunde auch nicht. Nur, sie war die Herrin SEINER Hölle – und war trotzdem ein Teil des Ediktes.
Würde der KAISER noch hinter der FLAMMENWAND residieren und würde der KAISER gute – oder schlechte? – Laune haben, dann hätte sie ihn gebeten, SEINE Stellvertreterin aus diesem Edikt herauszunehmen. Doch LUZIFER residierte nicht mehr hinter der FLAMMENWAND. LUZIFER tat ... andere Dinge. Dinge, die ihr nicht unbedingt gefielen. Aber was sollte sie tun? Sie konnte froh sein, dass er sie magisch erhöht hatte, damit sie die Hölle sicher in die Zukunft führen konnte.
Vielleicht, dachte Stygia, verfolgte der KAISER einen Plan, den sie nur noch nicht durchschaut hatte?
Stand am Ende gar das Verschwinden der ausgelutschten Seelen mit dem Plan in Verbindung?
Die verdorbenen und verführten Seelen, die als Antrieb und Gerüst der Hölle dienten, landeten normalerweise, wenn sie vollkommen ausgepresst waren, auf den Seelenhalden. Doch in letzter Zeit verschwanden sie von dort. Waren einfach weg. Stygia war ihnen gefolgt – und an einer bestimmten Grenze nicht weitergekommen. Sie wusste also nicht, wo die ausgelutschten Seelen neuerdings hinkamen.
Zuerst hatte sie Vassago im Verdacht gehabt, denn der Erzdämon wollte aus unbegreiflichen Gründen von Anbeginn an ins Licht. Doch letzten Endes war das hier eine Nummer, wenn nicht gar mehrere Nummern größer als die Macht des Uralten, von dem man munkelte, er sei an LUZIFERs Seite aus dem Himmel gestürzt.
Nein, dahinter steckte etwas anderes. Aber vielleicht stand LUZIFERs Handeln damit im Zusammenhang. Wer konnte schon wissen, was in VATER vorging?
Vielleicht, dachte Stygia weiter, hatte er sie auch nur erhöht, weil er ein Machtwesen an der Spitze seiner Armee haben wollte? Doch in welchen Krieg sollte die Hölle ziehen? In einen Krieg gegen die Menschen? Nun, das hatte Asmodis schon versucht – und war kläglich damit gescheitert. Nein, Stygia, obwohl sie von der absoluten Macht beseelt war, war keine Närrin mehr, unbedingt alles und um jeden Preis zu erreichen. Selbstüberschätzung gehörte schon lange nicht mehr zu ihren Tugenden. Sie war unsterblich. Kam Zeit, kam Machtzuwachs. Den richtigen Zeitpunkt abzuwarten und dann zuzuschlagen – das war ihre Devise.
Sie schnaubte genervt. Bevor es zu einem Krieg gegen wen auch immer kam, stand die Animalische Periode an.
LUZIFER sei Dank war sie besagte Herrin der Hölle. Bisher hatte es noch niemand gewagt oder geschafft, ihr ein ihrem Stand angemessenes Geschenk anzubieten.
»Pah«, zischte sie. »Das wäre ja noch schöner, wenn ich in diese kleingeistigen Spielchen einbezogen werden würde. Ich bin die Herrin der Hölle! Ich bestimme, mit wem-« Sie brach ab.
Was hatte sich VATER bei diesem Edikt nur gedacht?
»Was nicht war, kann durchaus noch werden«, murmelte sie unausgeglichen.
Im nächsten Moment grinste sie boshaft. Sie war eine Dämonin, eine Teufelin! Sie hatte sich bisher aus jeder noch so aussichtslos erscheinenden Lage herauswinden können.
Sollte das aufgegeilte Pack nur kommen!
Sie schaute wieder auf den Kalender.
Es hob nicht ihre Stimmung. Denn da war noch ein anderes Gefühl. Ein widerlich widerwärtiges!
Das konnte nur von der Erde kommen!
Die Herrin der Hölle stellte sich vor den großen Flachbildschirm und zappte sich durch die Programme der Menschenwelt.
Viele Erdensender besaßen dieselben zwei Hauptnachrichten. Das eine war ihr Lieblingsprogramm: Krieg.
Überall auf der Erde schwelte, knallte und rumste es wie selten zuvor.
Stygia gestattete sich ein arrogantes Lächeln. Das war ihr Werk. Ihres und das der geeinten Hölle. Die Dämonen gewannen immer mehr Macht auf der Erde. Viel mehr Macht als in den letzten Regierungsjahren von Lucifuge Rofocale und Asmodis.
LUZIFER konnte äußerst zufrieden mit ihr sein.
Der andere Zustand jedoch ... Es tauchten immer wieder Tannenbäume auf, die mit Kitsch und Kugeln behängt waren.
Die schöne Teufelin kniff die Augen zusammen. »Das war doch ...« Sie sah nach oben, an die Decke.
Als wenn es da stehen würde.
»Weihnachten!«, zischte sie. Die Geburt des Guten. Das Fest der Liebe. Das Fest der Familie.
Sie spie angewidert aus.
Das gab es noch immer! Und so lange sich die Menschen diese widerlichen Gefühle in ihren Herzen bewahrten, hatte die Hölle noch einiges an Überzeugungsarbeit und Verführung vor sich.
Es wurde Zeit, auch noch die letzten Dämonen auf die Erde zu senden, damit diese unsägliche Tradition ein für alle Mal aus deren Herzen verschwand!
Gedankenverloren strich sie über ihren Ledergürtel, der ihr nur an einer Stelle unmerklich in die schöne Haut drückte.
Château Montagne, im Park hinter dem Schloss
Weihnachten, dachte Zamorra. Er wird Weihnachten. Die Zeit der Geburt des Herrn, die Zeit der Heiligen Familie. Die Zeit des Lichts. Die Zeit der ... Hoffnung.
Er sah nach oben in den bleigrauen Himmel, der mit seiner prallen Masse alles und jeden zu erdrücken suchte. Sogar die Gedanken.
Und wo stehen wir? Wir nehmen noch immer Abschied von einem unserer treuesten Gefährten.
Es nieselte unmerklich. Die Bäume krallten ihre kahlen Äste anklagend in Richtung Firmament.
Zamorra konnte es ihnen nicht verdenken. Wie gern hätte er jetzt dasselbe getan.
Und doch hatte eigentlich auch er Grund zum Feiern. Nach all den Ereignissen um Kelan und seinen Orden der Tausend war nun endlich Ruhe und Frieden eingekehrt auf Château Montagne.
Die Gemeinschaft stand auf dem kleinen Friedhof des Châteaus, der sich im Laufe der Jahre mehr und mehr mit Gräbern füllte. Nicht immer war auch jemand im Boden gebettet. Oftmals trug das Kreuz nur den Namen. Zur ewigen Erinnerung.
Der Meister des Übersinnlichen ging im Geiste alle Personen durch, die hier zum ewigen Gedenken ruhten. Mittlerweile waren zehn Personen auf Château Montagne beerdigt worden. Nein, korrigierte er sich. Nunmehr waren es elf. Raffael Bois und Tanja Semjonowa, Nele und Paul, Dylan und Nadja sowie Franco und Falc, zwei ehemalige Zauberschüler, Patricia Saris, Noah Moréll und nun ... William MacKenzie, der langjährige Butler des Châteaus.
Sein Name befand sich auf dem schlichen Holzkreuz sowie das Geburts- und Sterbejahr:
William MacKenzie 1910 – 1924
Sie hatten sich alle heute und hier versammelt, die ganze Schlossgemeinschaft: Professor Zamorra und Nicole Duval, Madame Claire und Thomas Craft, Pascal und Nadine Lafitte, Faolan, Henry, Kyra, Lama Gyungo Tensöng und das jüngste Mitglied Eva Wagner mit dem Alraunenmännchen Feofax.
»Wir alle«, begann der Schlossherr, »haben uns heute hier zusammengefunden, um einem großen Streiter des Lichts die Ehre zu erweisen: William MacKenzie.«
Die Trauergemeinde nickte zustimmend.
»William James Griswood MacKenzie war mit Leib und Seele nicht nur der Butler von Château Montagne, sondern auch von Lady Patricia Saris gewesen, der Ehefrau unseres verstorbenen, aber in seinem Sohn Rhett wiedergeborenen Freundes Lord Bryont Saris ap Llewellyn. William war eine absolut treue Seele und diente schon dem alten Lord persönlich. Nachdem er mit seiner Arbeitgeberin Patricia und ihrem Sohn Rhett nach Château Montagne übergesiedelt war, unterstützte er unseren Diener Raffael Bois unauffällig, da sich dessen hohes Alter immer stärker bemerkbar machte. Als William eines Tages vor Château Montagne einen Jungdrachen auflas, adoptierte er ihn kurzerhand und taufte ihn ob seiner Tollpatschigkeit auf Mister MacFool oder kurz Fooly genannt. William fühlte sich verantwortlich für Fooly und versuchte mitunter verzweifelt, ihn zu erziehen, um die von diesem versehentlich verursachten Schäden zu reduzieren.«
Zamorra tat einen flüchtigen Seitenblick auf Nicole. Auf ihrem bisher ernsten Gesicht stand nun ein wehmütiges Lächeln.
»William gab sich, von einigen Ausnahmen...
Erscheint lt. Verlag | 14.12.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • Deutsch • eBook • eBooks • Extrem • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • Lovecraft • Männer • Neuerscheinung • Neuerscheinungen • Paranomal • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-6870-X / 375176870X |
ISBN-13 | 978-3-7517-6870-2 / 9783751768702 |
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