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Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2024 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Kubinke und die Verschwundenen: Thriller
Krimi von Alfred Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 119 Taschenbuchseiten.
Vor zehn Jahren hat eine Sondereinheit von sieben Polizeibeamten ein kriminelles Netzwerk ausgeschaltet. Jetzt sind vier dieser Beamten spurlos verschwunden. Die Kriminalinspektoren Harry Kubinke und Rudi Meier ermitteln in dem Fall der verschwundenen Kollegen. Besteht noch eine Chance, sie lebend wiederzufinden?
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, Jack Raymond, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
1
Ein Kaufhaus in Berlin…
„Ich werde euch alle töten!”, brüllte die Frau. Ihr Gesicht war rot angelaufen, die Augen unnatürlich geweitet. Sie war Mitte dreißig und völlig durch den Wind. In ihrer Rechten und Linken hielt sie jeweils ein ziemlich langes Messer. Beide Messer waren blutbesudelt.
Sie war wahllos durch das Kaufhaus gelaufen und hatte auf jeden eingestochen, der sich in ihrer Nähe befand. Es gab bereits mehrere Schwerverletzte.
Ich war mehr oder weniger zufällig vor Ort. Nach Dienstschluss wollte ich noch etwas besorgen. Es kam ja ohnehin selten genug vor, dass ich pünktlich Schluss machen konnte. Ermittler beim BKA, das ist eben kein Job wie jeder andere. Die normalen Bürozeiten gelten da nicht unbedingt. Schließlich richten sich weder das organisierte Verbrechen noch der gestörte Serienkiller danach.
Ich hatte meine Dienstwaffe dabei.
Die hatte ich jetzt in der Faust.
„Kubinke, Kriminalpolizei!”, rief ich mit durchdringender Stimme. „Lassen Sie das Messer fallen - und zwar sofort!”
Die Augen der irren Frau flackerten.
Ihre Nasenflügel bebten.
Die großen Pupillen machten mir Sorgen.
Von der Iris war fast nichts mehr zu sehen.
Sowas deutet immer darauf hin, dass jemand Drogen genommen hat. Und dann kann man für nichts mehr garantieren.
„Ich töte alle!”, rief die Messerfrau mit schriller Stimme. Sie fuchtelte mit ihren Messern in der Gegend herum, so als wäre sie nicht nur von Kaufhauskunden und Verkäuferinnen, sondern zusätzlich noch von unsichtbaren Feinden umgeben.
Ihr Gesicht war eine verzerrte Maske.
Sieben Meter gelten als Sicherheitsabstand für einen Messerangreifer. Messer sind nämlich fiese Waffen. Eine blitzschnelle Bewegung, dann eine zweite und dritte und man hat gleich mehrere Einstiche. Dagegen gibt es keine Verteidigung. Man bekommt einen Schock und ist wehrlos. Wehrlos und so gut wie tot. Das geht blitzschnell. Wer immer auch behauptet, er könnte einen Messerangreifer entwaffnen, der lügt. Das kann niemand. So etwas funktioniert nur im Film, aber nicht in der Wirklichkeit. In der Wirklichkeit gibt es nur zwei Dinge, die einen dagegen schützen können: Abstand halten ist das eine.
Das ist die Option, die man hat, wenn man keine Schusswaffe bei sich trägt.
Die andere Option hat man man nur mit einer Pistole.
Sie läuft darauf hinaus, den Messerangriff durch einen gezielten Schuss zu beenden.
Sieben Meter.
Ich war längst näher an ihr dran.
Viel näher.
„Ihr seid keine Menschen!”, rief sie. „Ihr seid in Wahrheit Reptiloide! Ihr seht nur aus wie Menschen! Ihr tarnt euch. Aber ihr seid Reptiloide, die seit Jahrtausenden die Erde heimsuchen und und uns alle beherrschen!”
„Ich bin Harry Kubinke von der Kripo”, wiederholte ich. „Kein Reptiloide. Ich schwörs.”
Sie starrte mich an.
„Du?”
„Die Messer weg, sofort.”
„Du bist der einzige echte Mensch hier!”
„Dann kannst du mir ja vertrauen”, sagte ich. „Also die Messer fallenlassen!”
„Du bist ein guter Mensch!”
„Die Messer weg!”
„Der einzige echte Mensch hier!”
„Ich bring dich in Sicherheit”, sagte ich. „Aber nur, wenn du vorher die Messer ablegst!”
Sie schien unschlüssig zu sein, was sie als nächstes tun sollte.
Immerhin.
Sie überlegte.
Das war mehr, als zu hoffen gewagt hatte. Die Hände mit den Messern sanken etwas nach unten.
Ein gutes Zeichen, dachte ich.
Ich glaubte, dass ich sie erreicht hatte. Dass ich irgendwie zu ihr vorgedrungen war und sie noch zum Guten beeinflussen konnte.
Ein Irrtum, wie sich leider herausstellen sollte.
Sie machte einen Ausfallschritt zur Seite.
Da stand eine junge Verkäuferin. Vermutlich noch in der Ausbildung, so jung, wie sie aussah.
Sie war die ganze Zeit schon wie erstarrt. Der pure Schrecken hatte sie gelähmt und trotz des Zeichens, das ich ihr gemacht hatte, war nicht mehr als zwei Schritt zur Seite gewichen.
Die irre Messerstecherin hatte ihr blitzschnell eine ihrer Klingen durch den Hals gezogen. Blut spritzte bis zu mir hinüber. Die Verkäuferin hielt sich den Hals, aber das Blut strömte ihr durch die Finger.
Ich schoss und traf die irre Messerfrau im Kopf. Sie ruderte mit den Armen, so als wollte sie noch viele unsichtbare Gegner - getarnte Reptiloide vermutlich - abstechen und fiel dann wie ein gefällter Baum mit einem dumpfen Geräusch zu Boden.
Reglos blieb sie liegen.
Ihre Körperhaltung war eigenartig verrenkt.
Die Augen starr.
2
„Es macht Ihnen niemand einen Vorwurf”, sagte mein Chef, Kriminaldirektor Hoch, als ich zusammen mit meinem Kollegen Rudi Meier dort saß und wir über den Vorfall sprachen. Das war Tage später. Und es lagen inzwischen neue Erkenntnisse zu der Sache vor.
„Ich mache mir selbst einen Vorwurf”, sagte ich.
„Die Frau hatte laut Gerichtsmedizin Designer-Drogen genommen. Die genaue chemisch-korrekte Bezeichnung erspare ich Ihnen.. Es handelt sich letztlich um ein starkes Psychopharmakum, das Halluzinationen und Wahnzustände auslösen kann. Genau das ist hier passiert.”
„Ich dachte, dass ich sie retten könnte”, sagte ich.
„So jemand ist unberechenbar”, sagte Kriminaldirektor Hoch. „Sie haben Ihr Bestes getan.”
„Das war leider nicht gut genug.”
„Man kann nicht jeden retten.”
„Ich weiß.”
„Wie gesagt, es macht Ihnen jemand einen Vorwurf.”
„Ich hätte sofort schießen sollen”, sagte ich. „Dann würde wenigstens die Verkäuferin noch leben. Aber ich habe gedacht, dass ich die Situation ohne Blutvergießen beenden kann.”
„Du konntest nicht wissen, was mit der Frau genau los ist”, mischte sich mein Kollege Rudi Meier ein. „Sowas kann jedem von uns passieren.”
„Das mag sein”, sagte ich. „Aber das macht es nicht besser.”
3
Eine regennasse Nacht in Hannover. BKA-Ermittler Kriminalhauptkommissar Theo Görremann verließ das ‘Magic’, eine Nobeldisco, die einst als Umschlagplatz für Kokain und Designer-Drogen galt. Görremann schlug den Kragen seines Mantels hoch. Sein Wagen stand auf der anderen Straßenseite vor einer Snack Bar, die rund um die Uhr geöffnet hatte.
Görremann fühlte das Vibrieren seines Mobiltelefons und nahm das Gerät aus der tiefen Manteltasche.
Auf diesen Anruf schien er gewartet zu haben. „Ich bin gleich bei dir”, sagte er in gedämpftem Tonfall. „Ja, ich habe mit ihm gesprochen… Wir reden später darüber, hörst du? Ich habe da etwas herausgefunden, was kaum zu glauben ist und ehrlich gesagt denke ich auch, dass man das erstmal überprüfen sollte…” Eine kurze Pause folgte, während Theo Görremanns Gesicht einen angestrengt wirkenden Zug bekam. „Am Telefon geht das nicht....