G. F. Unger 2289 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6973-0 (ISBN)
Er kommt als Erster aus der engen Schlucht der Bradshaw Mountains geritten, hält seitlich des kaum erkennbaren Pfades an und blickt witternd über den Kopf seines grauen Wallachs hinweg in die Runde.
Vor sich sieht er wildes Land, das zweihundert Meilen weiter westlich am Colorado endet. Weit im Süden beginnt die Gila-Wüste, und im Norden steigt das Land in weiter Ferne aus dem Tonto Basin zur Mogollon Mesa empor.
Er wittert also in das Land vor sich von Süd nach West und dann nach Nord.
Aber er kann nichts erkennen, worüber er sich Sorgen machen müsste.
Nur die Vögel am Himmel fliegen nicht, als wären sie aufgescheucht worden.
Er zieht seinen Wallach halb herum und wartet auf Miguel, der im nächsten Moment an der Spitze der Pferdeherde auftauchen muss ...
Drango, der Kämpfer
Er kommt als Erster aus der engen Schlucht der Bradshaw Mountains geritten, hält seitlich des kaum erkennbaren Pfades an und blickt witternd über den Kopf seines grauen Wallachs hinweg in die Runde.
Vor sich sieht er wildes Land, das zweihundert Meilen weiter westlich am Colorado endet. Weit im Süden beginnt die Gila-Wüste, und im Norden steigt das Land in weiter Ferne aus dem Tonto Basin zur Mogollon Mesa empor.
Er wittert also in das Land vor sich von Süd nach West und dann nach Nord.
Aber er kann nichts erkennen, worüber er sich Sorgen machen müsste.
Nur die Vögel am Himmel fliegen nicht, als wären sie aufgescheucht worden.
Er zieht seinen Wallach halb herum und wartet auf Miguel, der im nächsten Moment an der Spitze der Pferdeherde auftauchen muss ...
O ja, die Herde ...
Ein halbes Jahr hat er sie mit seinen beiden Helfern in den Bradshaws gejagt. Die siebenundfünfzig Tiere sind die besten aus einem halben Dutzend Wildpferdherden.
In einem kleinen Tal haben sie die Tiere zugeritten und zu zuverlässigen Sattelpferden gemacht. Dann haben sie die Tiere auch noch zu Zugpferden gemacht, die im Geschirr traben und ziehen, auf Kommandos und Zurufe reagieren.
Weil sie keinen Wagen im kleinen Tal hatten, mussten die Gespanne Schleppschlitten ziehen, die mit Steinen beladen waren.
Ja, sie haben hart gearbeitet, Wochen und Monate.
Doch jetzt sind die Tiere nach ihren Maßstäben ein kleines Vermögen wert, denn als Cowboy hätte jeder von ihnen in diesem halben Jahr etwa hundertfünfzig Dollar verdient, allerdings bei freier Verpflegung auf einer Ranch.
Miguel taucht aus der Schlucht auf, gefolgt von den ersten Tieren.
Er grinst breit unter seinem Schnurrbart und winkt herüber.
Drango Wade grinst ebenfalls und winkt zurück.
Die Pferde kommen zumeist in Doppelreihe aus der Schlucht, denn diese ist sehr eng, eigentlich nur ein Riss, der vor Urzeiten entstanden ist, als die Felswand der Bradshaws sich spaltete.
Drango Wade betrachtet die auftauchenden Tiere mit Stolz und Wohlgefallen, erfreut sich an ihrem Anblick und ihren Bewegungen.
Drango Wade ist ein noch junger Mann, kaum älter als zwei Jahrzehnte. Und dennoch ist er ein erfahrener Wildpferdjäger. Denn als Kind wuchs er bei den Apachen auf, bis ihn ein weißer Händler kaufte.
Er zählt die Tiere, und es sind immer noch siebenundfünfzig.
Zuletzt kommt Paco aus der Schlucht mit den beiden Packtieren, die ihre ganze Ausrüstung tragen. Auch Paco – der eigentlich mit vollem Namen Francisco Alvarez heißt – grinst blinkend und winkt herüber.
Drango Wade denkt nachsichtig: O Paco, du träumst jetzt gewiss schon von den Schönen in Pikes House.
Er reitet an und an der linken Flanke der Herde entlang, drängt einige Tiere in die Reihe zurück. Auch er freut sich auf Pikes House.
Es ist noch früher Vormittag. Sie werden die kleine Stadt im Rinderland am späten Nachmittag erreichen.
Und dann?
Als er sich die Frage stellt, da wird sofort noch eine andere Frage in ihm mächtig, nämlich die Frage: War Kim Garfield mir länger als ein halbes Jahr treu?
Diese Frage hat er sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gestellt, wenn er im Camp am Feuer unter seiner Decke lag und nach einem harten Tag ausruhte. Denn Kim ist ein wunderschönes Mädchen, das in Pikes House umschwärmt wird wie das Licht von den Motten.
Und welchem Mädchen gefiele das nicht?
Ja, sie wollte auf ihn warten.
Er verspürt wieder ein Gefühl von Stolz, denn er kommt ja wie ein Sieger zurück nach langer Pferdejagd. Selbst wenn er seine beiden Helfer ausgezahlt hat, werden ihm noch mehr als zweitausend Dollar an Gewinn bleiben.
Er wird eine kleine Ranch kaufen können und mit Kim in einem Haus leben und im selben Bett liegen.
Heiliger Rauch, er ist voll dabei, etwas zu schaffen.
✰
Im letzten Tageslicht erreichen sie Pikes House. Die kleine Stadt ist aus einer Post- und Pferdewechselstation entstanden und wurde in diesem Land zum Nabel einer Welt, die einen Umkreis von hundert Meilen hat.
Der Wagenhof mit der Schmiede und den Corrals des Pferdehändlers befindet sich neben der Poststation.
Als sie die Pferde in einen der großen Corrals treiben, kommt der Postagent mit seinen beiden Gehilfen, dann auch der Schmied.
Und jeder von ihnen ist ein Pferdekenner.
Sie nicken und winken den drei Wildpferdjägern zu und haben dann nur noch Augen für die Tiere, die sich in dem fremden Corral unruhig bewegen, dann aber zu den Wassertrögen gehen und vorsichtig daraus saufen.
Ja, sie kosten zuerst vorsichtig.
Jack Warwick, der Postagent, wendet sich nach einer Weile Drango Wade zu, der immer noch im Sattel sitzt, ebenso seine beiden Helfer.
»Ja, das ist was«, sagt er und nickt. »Das sind prächtige Caballos. Aber sind sie auch zu gebrauchen oder noch wild?«
Drango Wade grinst nur mitleidig, aber die Frage ist ja auch nicht ernst gemeint. Sie grinsen nun alle. Denn sie kennen sich zu gut. Der Postagent weiß längst, dass Drango Wade ihm nur erstklassige Pferde bringt, die unter dem Sattel und auch als Gespann vor einem Wagen oder einer Kutsche gehen und auf Zurufe reagieren.
Die Männer haben auch längst mit kundigen Blicken entdeckt, dass mehr als ein halbes Dutzend Zweihundert-Dollar-Pferde unter der Herde sind. Auch all die anderen Tiere sind weit über dem Durchschnitt.
In diesem Land kann man schon für zwanzig Dollar ein brauchbares Reitpferd bekommen, doch von diesen Tieren ist keines unter fünfzig Dollar wert.
Jack Warwick, der hier der Boss ist, nickt Drango Wade zu.
»Ihr habt es gewiss eilig nach einem halben Jahr in den Bradshaws?«
»Si, Señor!«, ruft Miguel aus dem Sattel herüber. »Uns juckt es mächtig!«
Sie sitzen nun ab, doch nur Drango geht mit dem Agenten Jack Warwick ins Haus hinein, wo sich das Office und der Geldschrank befinden.
Drinnen wendet sich Warwick dem Wildpferdjäger zu. »Drango, Sie wollen von hier jetzt gewiss auf dem kürzesten Weg zu Kim Garfield?«
»Richtig, Mister Warwick, sobald ich meine beiden Helfer ausgezahlt habe. Ich brachte Ihnen diesmal besonders gute und wertvolle Tiere. Viele sind mehr als hundert Dollar und einige mehr als zweihundert wert. Ich denke, dass viertausend Dollar für die Herde ein fairer Preis wären.«
Jack Warwick betrachtet ihn ernst und mit einem Ausdruck von Besorgtheit.
Dann murmelt er: »Drango, Sie waren mit Ihren beiden Helfern länger als ein halbes Jahr in den Bradshaws wie auf einer einsamen Insel, abseits der Welt und deren Menschen. Inzwischen hat sich eine Menge verändert.«
»Was, Mister Warwick, was?« Drango fragt es ungeduldig, und man sieht ihm an, dass er jetzt auf unerfreuliche Dinge vorbereitet ist, weil sein Instinkt ihn dies wittern lässt.
»Kim Garfield ist weg«, spricht Jack Warwick. »Sie hat nicht auf dich gewartet, mein Junge. Und weil das so ist, solltest du sie nicht als einen Verlust beklagen, sondern froh sein, dass sich jetzt schon zeigte, was ihre Liebe wert war. Sie ist mit einem prächtig aussehenden Burschen weg, der ein Spieler und Revolvermann ist und der ihr vormachte, dass er ihr die ganze Welt erobern würde. Sie hat ihm in Mary Millers Laden Hemden verkauft. Und dabei hat er sie wohl verzaubert. Vergiss sie, mein Junge.«
Er verstummt mit einem väterlich wirkenden Klang in der Stimme. Und sein Blick ist nun mitfühlend.
Und weil Drango noch schweigt, fügt er hinzu: »Es gibt manchmal Frauen, die sind treu bis in die Hölle und zurück, aber auch welche, die wie Schmetterlinge nach köstlichem Blütenstaub suchen. Vergiss sie also.«
Als Warwick diesmal verstummt, hat seine Stimme einen härteren Klang.
Drango nickt langsam. »Und was gibt es noch?«
Nun staunt Warwick einen Moment, fragt dann: »Ihr habt es wirklich noch nicht gehört? Wart ihr in den Bradshaws wirklich am Ende der Welt und auf einem anderen Stern?«
»Was gibt es noch?« Drangos Stimme klingt trügerisch sanft.
Jack Warwick hebt die Hände, so als würde er sich ergeben, lässt sie wieder fallen und spricht hart: »Seit dem elften April haben wir Krieg. Und am zwölften April wurde der Krieg mit der Beschießung von Fort Sumter praktisch begonnen. Dann hatten wir am einundzwanzigsten Juni die erste wirklich große Schlacht am Bull Run, einem Seitenarm des Potomac. Die Konföderierten unter den Generalen Beauregard, Johnston und Jackson schlugen die Truppen des Nordens. Und weil General Jackson besonders standhaft kämpfte, nennt man ihn nun Stonewall Jackson. Und davon habt ihr bisher noch nichts gehört?«
Warwick verstummt ungläubig staunend.
»Wir waren von der Außenwelt abgeschlossen«, erwidert Drango. »Wir hatten es nur mit einigen Apachen zu tun, die uns die Pferde abnehmen wollten.«
Warwick betrachtet Drango Wade ernst und forschend.
Er sieht einen jungen, indianerhaft wirkenden Mann von etwas über sechs Fuß Größe und etwas über hundertsechzig Pfund Gewicht, einen jungen Mann, der das Leben in diesem Land kennt und von dem ein...
Erscheint lt. Verlag | 14.9.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp |
ISBN-10 | 3-7517-6973-0 / 3751769730 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6973-0 / 9783751769730 |
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