Castor Pollux 11 (eBook)

Auf den Spuren des Bösen

(Autor)

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2024 | 1. Aufl. 2024
144 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5656-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Castor Pollux 11 - Michael Schauer
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Es ist nicht der Riss selbst, durch den die Finsteren in unsere Welt gelangen. Jedoch macht er den von Jupiter erschaffenen Schutzschirm durchlässig, weswegen es immer wieder zu Angriffen kommt. Bisher konnte Castor Pollux alle ihre Attacken abwehren, doch die Finsteren werden niemals aufgeben. Erst wenn der Riss geschlossen ist, kann die Menschheit vor ihnen sicher sein.

Die Schwärze um ihn herum wurde nur von dem leuchtenden Nebel erhellt, der in dichten Schlieren kniehoch über dem Felsboden waberte. Es war eiskalt, kälter noch als im All. Ein Mensch hätte in dieser Umgebung keinen Herzschlag lang überlebt, doch Elat war kein Mensch. Kälte hatte für ihn ebenso wenig Bedeutung wie Hitze, weswegen er auch in einem lodernden Feuer hätte stehen können, ohne die zerstörerische Kraft der Flammen zu spüren.

Elat war ein Gott.

Eine Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit und näherte sich ihm. Ein dünnes Lächeln umspielte Elats rissige Lippen.

Bis auf einen Lendenschurz war Mogum nackt. Kein Haar spross auf seiner vollkommen glatten, bernsteinfarbenen Haut. Der kahle Schädel lief zu seinem vorspringenden Kinn hin spitz zu, sodass er die Form eines Dreiecks hatte. Er nickte ihm zu und blieb einige Schritte von ihm entfernt stehen.

Als nächstes und letztes Mitglied ihrer Runde erschien Teren. Wie stets war er in eine schwarze Robe gehüllt, die ihm bis zu den Knöcheln reichte. Und wie gewohnt saß das vogelähnliche Wesen auf seiner linken Schulter, das er Skrabat nannte. Das Tier war groß wie ein Adler, womit jede Ähnlichkeit mit dem König der Lüfte aus der Menschenwelt jedoch bereits erschöpft war. Sein Gefieder hatte die Farbe von kalter Asche und war struppig wie das Fell eines Straßenköters. Ein messerscharfer, blauer Schnabel von der Länge einer Männerhand entsprang dem im Vergleich zum restlichen Körper überproportional großen Kopf. Skrabats milchige Augen waren auf Elat gerichtet.

Wie Mogum zuvor, nickte ihm Teren zur Begrüßung zu. Das pechschwarze, stumpfe Haar fiel ihm bis über die Schultern. Sein Gesicht mit der geraden Nase und den hohen Wangenknochen hätte nach menschlichen Maßstäben als anziehend beschrieben werden können. Wären da nicht die Augen gewesen, die wie kleine graue Steine in ihren tiefen Höhlen lagen.

»Seit unserer letzten Zusammenkunft ist viel Zeit vergangen«, ergriff Teren das Wort. »Wir sind deinem Ruf gefolgt, Elat. Was hast du uns zu sagen?«

In einer unwillkürlichen Geste strich Elat sein blutrotes Gewand glatt, das aus einem lederartigen Material gefertigt war. Mit einer Hand fuhr er durch sein dichtes, schlohweißes Haar, bevor er antwortete.

»Ankrabia wurde zurückgeschlagen, wie ihr sicher bereits wisst. Erneut mussten die Finsteren eine Niederlage hinnehmen.«

»Der Bezwinger ist stark«, grollte Mogum. »Er weiß die Waffe des verfluchten Mars gut zu gebrauchen. Seit sein Gefährte im Besitz des Schwerts einer Jägerin ist, ist er noch gefährlicher geworden.«

»Deine Worte sind gut gewählt«, erwiderte Elat. »Womöglich ist es an der Zeit, unsere Strategie zu überdenken.«

Die beiden anderen Götter tauschten einen schnellen Blick. Skrabat legte den Kopf schief. Er konnte nicht sprechen, verstand aber jedes Wort, wie Elat wusste.

»Woran genau denkst du dabei?«, fragte Mogum.

»Ich denke an den Zerstörer.«

Grenzenlose Überraschung breitete sich auf Terens Gesicht aus. In Mogums Augen war ein fragender Ausdruck getreten. Skrabat stieß ein Geräusch aus, das dem Knarren einer Tür ähnelte.

Teren hatte sich als Erster wieder gefangen. Unglauben schwang bei seinen nächsten Worten in seiner tiefen Stimme mit.

»Hast du vergessen, dass es Bestandteil des Pakts ist, den Zerstörer in seinem Schlaf ruhen zu lassen? Erwecken wir ihn, wird Jupiter die Glorreichen mobilisieren. Niemand kann erahnen, wie eine solche Schlacht enden würde.«

»Ich stimme Teren zu«, bekräftigte Mogum. »Das Risiko ist zu groß.«

Nur mit Mühe bezähmte Elat seinen aufwallenden Zorn. Wie mutlos seine Gefährten doch geworden waren. Wie verzagt, schwach und verweichlicht. Seitdem sie die Welt der Finsteren geschaffen und auf diese Weise Jupiter die Stirn geboten hatten, genügte es ihnen, sich zurückzulehnen und zuzusehen, wie ihre Geschöpfe Angst und Schrecken unter den Menschen verbreiteten, ohne jedoch jemals einen wirklich großen Sieg zu erringen. Hatten sie nicht einst die Erde erobern wollen, als Rache dafür, dass der Göttervater sie so schmählich übergangen hatte? Von diesem Anspruch schienen die beiden weit entfernt.

Offenbar waren die Jahrhunderte der Untätigkeit an Mogum und Teren nicht spurlos vorübergegangen. Seit Langem hatte er das Gefühl, dass sie sich mit dem Erreichten zufriedengaben. Doch stellten sie sich jemals die Frage, woraus dieses Erreichte eigentlich bestand? Sonderlich viel hatten sie zumindest seiner Meinung nach nicht vorzuweisen.

In Elat dagegen loderte die flammende Sehnsucht nach einem ruhmreichen Triumph. Seit es Vakaenos gelungen war, erneut einen Riss in den Schutzschirm zu schlagen, hatte er stattdessen zahlreiche Niederlagen mitansehen müssen. Rodan, Nara, Dardos, Telemach. Sie alle und Weitere waren gescheitert. Obendrein hatte sich Marton als herbe persönliche Enttäuschung erwiesen. Von großen Worten und Ankündigungen einmal abgesehen, hatte er in all der Zeit nichts zustande gebracht.

Eines hatte Elat durch diese Erfahrung immerhin gelernt. Niemals wieder würde er sich mit einem Sterblichen einlassen. Er hatte eine Narretei begangen, die er am liebsten vergessen hätte.

Aber in eine solche Versuchung würde er sowieso kein zweites Mal geraten, wenn er Teren und Mogum von seinem Plan überzeugen konnte. Mit der Hilfe des Zerstörers würden sie erst die Glorreichen vernichten und sich dann zu Herrschern über die Menschheit und die Götter erheben. Er war davon überzeugt, dass es gelingen konnte. Sie mussten es nur endlich wagen.

»Ich verstehe eure Bedenken«, begann er seinen Versuch, sie zu überzeugen, wobei er sich bemühte, dass ihm der Unmut über ihr Zaudern nicht anzumerken war. »Mogum hat recht, mit einem solchen Schritt gehen wir ein Risiko ein. Aber ich frage euch, ist jemals ein großer Sieg errungen worden, ohne etwas zu wagen?«

Wieder tauschten Mogum und Teren einen Blick, bevor ihm Mogum antwortete.

»Es steht eine Menge auf dem Spiel, Bruder. Wir könnten alles verlieren.«

»Das will ich nicht leugnen. Doch wie lautet die Alternative? Immer so weitermachen und darauf hoffen, dass es endlich einem unserer Geschöpfe gelingt, den Bezwinger niederzuringen? Wie viele Finstere sollen noch im See der vergessenen Seelen enden? Ich sage, lasst uns dem ein Ende setzen.«

Daraufhin setzte Schweigen ein, nur unterbrochen vom leisen Krächzen des Vogelwesens. Fast schien es, als würde sich Skrabat seine eigenen Gedanken über das Gesagte machen. Die weißen Augen rollten in ihren Höhlen, während sich sein Schnabel hektisch öffnete und wieder schloss.

»Das Ritual wird Aufmerksamkeit erregen«, ergriff Teren schließlich das Wort. »Jupiter könnte davon erfahren, noch bevor der Zerstörer erwacht ist.«

»Mach dir keine Sorgen. Wir werden einfach alles abstreiten. Ich habe keine Angst vor Jupiter.«

»Denkst du etwa, ich fürchte mich vor ihm?«, brauste Teren auf.

Elat schüttelte hastig den Kopf. »Das wollte ich damit gewiss nicht sagen.«

Und in Gedanken fügte er hinzu: Aber ich glaube, dass es die Wahrheit ist. Teren hatte damals lange gezögert, bevor er sich ihnen angeschlossen hatte. Bis heute schien er seinen Respekt vor dem Göttervater nicht gänzlich abgelegt zu haben. Ohne Zweifel war er das schwächste Glied in ihrer Kette.

»Nur ein Narr würde nicht anerkennen, dass in Elats Worten Wahrheit liegt«, schaltete sich Mogum ein, bevor ein Streit zwischen ihnen ausbrechen konnte. »Vielleicht haben wir tatsächlich zu lange unsere Hände in den Schoß gelegt. Die Zeit rauscht an uns vorbei wie ein reißender Fluss. Sind wir nicht zu mehr bestimmt, als am Ufer zu liegen und ihr dabei zuzusehen? Deshalb sage ich, lasst es uns versuchen.«

Zufrieden wandte sich Elat an Teren: »Also, wie lautet deine Antwort?«

Es war Teren anzusehen, dass er einen Kampf mit sich ausfocht. Obwohl er alles andere als überzeugt wirkte, nickte er schließlich.

Innerlich jubelte Elat, doch er vermied es, seinen Triumph so offensichtlich auszukosten. Empfindlich, wie er war, könnte sich Teren ein weiteres Mal vor den Kopf gestoßen fühlen und seine Zustimmung zurückziehen, was fatal gewesen wäre. Einigkeit bedeutete Stärke, und davon brauchten sie eine Menge, um bei den bevorstehenden Schlachten als Sieger hervorzugehen.

Mit beiden Händen formte er einen Kreis in der Luft. Augenblicklich materialisierte sich fünf Fuß über dem Boden ein flirrender Ball in ihrer Mitte. Das Flirren verschwand und gab den Blick auf Bonifazius frei. Das Gesicht des Obersten Richters wurde wie stets von einer weiten Kapuze verborgen. Die kleinen Totenköpfe auf der Krempe seines Huts schienen sie anzugrinsen.

»Du hast mich gerufen, Herr«, sprach er das Offensichtliche aus.

»Ganz recht, Bonifazius«, bestätigte Elat. »Deine Götter haben eine Entscheidung getroffen, mit deren Umsetzung ich dich hiermit beauftrage.«

»Was immer ihr verlangt. Wie lautet euer Auftrag?«

»Bereite die Erweckung des Zerstörers vor.«

»Des Zerstörers?«

Obwohl er es nicht sehen konnte, hätte Elat geschworen, dass sich die Stirn des Richters fragend runzelte.

»Du hast richtig gehört. Ein neues Kapitel wird aufgeschlagen, und es soll mit einem ruhmreichen Sieg enden. Du kennst das notwendige Ritual.«

»Sein Schlaf währt schon sehr lange. Ich bin nicht sicher, ob die vergessenen Seelen ausreichen, um ihn zu beenden.«

»Dann...

Erscheint lt. Verlag 10.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bastei • Bedrohung • Castor Pollux • Dämonen • Eroberung • Flüche • Gespensterkrimi • Gladiator • Horror • Kaiser Nero • Krieg • Legionär • Morde • Reise • Rom • Schattenreich • Schlacht • Übernatürliche Phänomene • Weltgeschichte • Weltmacht
ISBN-10 3-7517-5656-6 / 3751756566
ISBN-13 978-3-7517-5656-3 / 9783751756563
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