Skull-Ranch 139 (eBook)

In Golden City wird gestorben
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7257-0 (ISBN)

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Skull-Ranch 139 - Wolfgang Hohlbein
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Der Mann war tot. Man musste nicht unbedingt Arzt sein, um das zu erkennen. Er lag auf dem Rücken, die blicklosen Augen starr in den Himmel gerichtet. Seine Hände waren in einer letzten verzweifelten Bewegung in den Boden gekrallt. Unter ihm war die staubige Erde schwarz von geronnenem Blut.
In stummer Wut schüttelte George Rockwell, der Town Marshal von Golden City, den Kopf. Schon wieder war ein Mann ermordet worden. Wer würde der nächste sein?
George Rockwell starrte noch einmal nachdenklich auf die reglos daliegende Gestalt hinunter. Die schmale Seitenstraße hatte sich in den letzten Minuten rasch mit Neugierigen gefüllt - Männer, Frauen, Kinder; es gab nicht viele, die der Neugier widerstehen konnten.

In Golden City wird gestorben

von Wolfgang Hohlbein

Der Mann war tot. Man musste nicht unbedingt Arzt sein, um das zu erkennen. Er lag auf dem Rücken, die blicklosen Augen starr in den Himmel gerichtet. Seine Hände waren in einer letzten verzweifelten Bewegung in den Boden gekrallt. Unter ihm war die staubige Erde schwarz von geronnenem Blut.

In stummer Wut schüttelte George Rockwell, der Town Marshal von Golden City, den Kopf. Schon wieder war ein Mann ermordet worden. Wer würde der nächste sein?

George Rockwell starrte noch einmal nachdenklich auf die reglos daliegende Gestalt hinunter. Die schmale Seitenstraße hatte sich in den letzten Minuten rasch mit Neugierigen gefüllt – Männer, Frauen, Kinder; es gab nicht viele, die der Neugier widerstehen konnten.

Rockwell seufzte, drehte sich um und musterte die zusammengelaufene Menge finster. »Geht auseinander, Leute«, sagte er halblaut. »Es gibt hier nichts Besonderes zu sehen.«

Niemand rührte sich, aber damit hatte der Town-Marshal auch nicht ernsthaft gerechnet. Golden City war, obwohl der Höhepunkt des Goldrausches fast überschritten war, noch immer eine typische Digger-Town; eine laute raue Stadt voller lauter rauer Menschen. Der Anblick eines Toten gehörte zwar nicht gerade zum Alltäglichen, aber er warf die Leute auch nicht aus den Stiefeln.

»Verschwindet«, sagte Rockwell, diesmal deutlich verärgert und mit mehr Nachdruck in der Stimme. »Das hier geht euch nichts an.«

»Das finde ich nicht«, sagte ein kleiner, stoppelbärtiger Mann. Er hatte schon geraume Zeit dagestanden und abwechselnd den Leichnam und Rockwell finster angestarrt. Nun schob er sich rüde nach vorne und baute sich in herausfordernder Haltung vor dem Marshal auf. »Das finde ich überhaupt nicht, Marshal«, wiederholte er. »Schließlich ist das nicht der erste Tote in den letzten Wochen, oder?«

Rockwell seufzte hörbar. Der Leichenfund hatte ihm den Tag eigentlich schon gründlich genug verdorben.

»Das stimmt«, sagte er sanft. »Aber es wird auch nicht besser dadurch, dass scheinbar jedermann glaubt, mir erzählen zu müssen, wie ich meine Arbeit zu tun habe. Geht auseinander, Leute.«

Aber so schnell gab der Mann nicht auf. Er hatte einmal das Wort ergriffen, und er konnte nun nicht mehr zurück, ohne vor der Menge das Gesicht zu verlieren.

»Es wäre gut, wenn Sie Ihre Arbeit überhaupt tun würden, Marshal«, fuhr er böse fort. »Das ist jetzt der dritte Mord innerhalb von zwei Wochen. Und Sie haben nicht einmal einen Verdacht, wer der Täter sein könnte. Schließlich bezahlen wir dafür, dass Sie für unsere Sicherheit sorgen.«

Rockwells Mine verfinsterte sich. Er setzte zu einer scharfen Antwort an, überlegte es sich dann aber doch anders und schob sich mit einem stummen Achselzucken an dem Mann vorbei. Das Schlimme war, dass er im Grunde Recht hatte, überlegte Rockwell, während er sich grob durch die Menge zur Straße schob. Der Tote dort in der Gasse war der Dritte innerhalb von noch nicht einmal ganz zwei Wochen. Und er war während der ganzen Zeit nicht einen Schritt weitergekommen. So wie auch die beiden anderen Morde erschien auch dieser Dritte auf den ersten Blick sinnlos. Rockwell kannte das Opfer, Steve Bendix, einen Small-Rancher aus einem benachbarten Valley, schon seit Jahren. Bendix gehörte an sich zu dem Menschentyp, der überall beliebt war und keine Feinde zu haben schien; im Gegenteil. An sich hatte jeder den stillen, stets freundlich gestimmten Rancher gemocht. Er kam selten in die Stadt, aber er hatte jahrelang mit seiner Familie in Golden City gelebt, ehe er genug Geld zusammengespart hatte, um die winzige Farm auf der anderen Seite der Berge zu kaufen, und er hatte, auch nach all den Jahren, noch viele Freunde unter den Bürgern der Digger-Stadt. Nein, Rockwell konnte sich einfach niemanden vorstellen, der Bendix genug hasste, um ihn umzubringen.

Er überquerte die Straße, betrat sein Büro und ließ sich mit einem gemurmelten Fluch auf seinen Stuhl sinken.

Über die große Entfernung hinweg betrachtet, war der Reiter nicht mehr als ein winziger dunkler Punkt, der in der hitzeflimmernden Luft auf und ab zu tanzen schien. Es war heiß. Die Luft schmeckte bitter und metallisch und nach dem trockenen Staub, den der Wind aus dem Bluegrass Valley mit sich trug, und die Sonne schien seit Stunden unbeweglich am Himmel zu stehen und ihre Glut auf die ungeschützte Erde herabzusenken.

John Morgan lehnte sich auf dem Kutschbock des zweispännigen Wagens zurück, klaubte ein Taschentuch aus der Weste und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er seufzte, fuhr sich noch einmal mit dem Tuch über das Gesicht und sah seinen frischgebackenen Schwiegersohn tadelnd an.

»Ich hoffe nicht, dass du vorhast, hier zu übernachten«, sagte er schließlich, als Chet Quade keinerlei Anstalten machte, die Pferde weitergehen zu lassen. »Ich möchte wenigstens heute noch in Golden City ankommen. Ganz zu schweigen davon, dass wir auch noch zurückmüssen.«

Quade wandte für einen Moment den Blick, grinste flüchtig und starrte dann wieder den dunklen Punkt am Horizont an. Das Bluegrass Valley breitete sich weit und scheinbar unbewegt vor ihnen aus und erinnerte an einen riesigen flachen See, der direkt hinter den Felsen, in deren Schatten sie angehalten hatten, begann und irgendwo im Westen von den nur vage erkennbaren Gipfeln der Sawatch-Mountains begrenzt wurde.

»Einen Moment noch, John«, murmelte er, ohne den Blick zu wenden. »Ich möchte noch warten, bis er näher gekommen ist. Irgendetwas stimmt da nicht.«

Morgan runzelte missbilligend die Stirn, blickte aber selbst für Augenblicke in Richtung des langsam näherkommenden Reiters. »Ich kann nichts Auffälliges erkennen«, murrte er. »Entweder hast du bessere Augen als ich, oder...«

»Da stimmt was nicht«, wiederholte Quade, ohne auf Johns Worte zu achten. »Er bewegt sich ja kaum.« Er ließ sich zurücksinken, sah seinen Schwiegervater nachdenklich an und murmelte, mehr zu sich selbst als zu Morgan: »Bei dieser Affenhitze reitet doch kein halbwegs vernünftiger Mensch spazieren.« Er fuhr sich mit der Hand über das Kinn, starrte noch einmal sekundenlang den winzigen dunklen Punkt vor dem Horizont an und griff dann mit einer entschlossenen Bewegung nach den Zügeln, um den Wagen zu wenden. Die beiden Pferde schnaubten protestierend, gehorchten aber. Die Tiere schienen unter der Hitze noch mehr zu leiden als die Menschen. Ihr Fell glänzte vor weißem, flockigem Schaum, und ihr Atem ging hörbar und rasselnd. Aber sie zogen den schweren Wagen gehorsam herum und setzten sich langsam wieder in Richtung Bluegrass Valley in Bewegung.

»So«, machte Morgan. »Kein halbwegs vernünftiger Mensch fährt bei dieser Hitze spazieren, wie? Und was tust du gerade?«

Chet grinste. »Wir kommen noch früh genug nach Golden City«, meinte er. »Jetzt nehmen wir uns erst mal den Burschen dahinten vor, Dad«.

Der Reiter in der Ferne schien sich wirklich kaum zu bewegen. Obwohl sie in seine Richtung fuhren, war er nicht merklich näher gekommen, und auch in Morgan machte sich langsam ein beunruhigendes Gefühl breit. Er lebte lange genug hier draußen, um zu spüren, ob sich jemand normal verhielt oder nicht. Der Reiter dort vor ihnen war noch zu weit entfernt, um Einzelheiten zu erkennen, aber sie konnten zumindest sehen, dass sich das Pferd wahllos von rechts nach links und zurückbewegte und manchmal stehenblieb, um am Gras zu zupfen.

»Fahr schneller«, sagte er leise.

Chet nickte, ließ die Zügel abermals knallen und trieb die Pferde zu raschem Galopp an. Trotzdem schien die Zeit plötzlich quälend langsam zu vergehen. Der Wagen rumpelte über den unebenen Boden, und die starren, ungefederten Achsen gaben jeden Stoß und jede Erschütterung ungemildert an die beiden Männer weiter.

»Du hattest recht«, sagte Morgan plötzlich gepresst. »Da stimmt wirklich was nicht. Gut, dass wir umgekehrt sind.«

Chet nickte, schwieg aber. Sie waren jetzt nahe genug, um Einzelheiten ausmachen zu können. Das Pferd war mittlerweile stehengeblieben und blickte dem sich nähernden Wagen neugierig entgegen. Es wirkte heruntergekommen und müde. Seine Flanken waren staub- und schmutzverkrustet und zitterten so stark, als hätte es Mühe, sich überhaupt noch auf den Beinen zu halten. Der Reiter hing reglos und in seltsam starrer Haltung im Sattel, vornübergebeugt und halb auf den Hals des Tieres gestützt; ein Mann, der am Ende seiner Kräfte war und sich nur mehr durch einen bloßen Reflex halbwegs aufrecht hielt.

Chet zog langsam die Zügel straff und ließ den Wagen etwa zwanzig Meter vor dem Ziel anhalten. Das Pferd wirkte übernervös und ängstlich. Wenn sie es erschreckten und es durchging, würden sie es trotz seiner sichtlichen Erschöpfung mit dem schwerfälligen Wagen kaum noch einholen. Er zog die Bremse an, sprang vom Bock und ging, die rechte Hand ausgestreckt und beruhigende Worte murmelnd, auf das Pferd zu. Morgan folgte ihm in geringem Abstand.

Das Pferd tänzelte nervös auf der Stelle. Seine Ohren zuckten, und als...

Erscheint lt. Verlag 10.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-7517-7257-X / 375177257X
ISBN-13 978-3-7517-7257-0 / 9783751772570
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