Kurt im Spiegel (eBook)
508 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7598-5234-2 (ISBN)
In der ehemaligen DDR geboren und aufgewachsen und die Wendezeit in der Armee erlebt, schulte ich in der neuen politischen Situation zum Zahntechniker um. Es gibt bereits eine Veröffentlichung 'Der Bronzerücken - eine biografisch-philosophische Reise' (2021).
In der ehemaligen DDR geboren und aufgewachsen und die Wendezeit in der Armee erlebt, schulte ich in der neuen politischen Situation zum Zahntechniker um. Es gibt bereits eine Veröffentlichung 'Der Bronzerücken - eine biografisch-philosophische Reise' (2021).
Kurt ging wieder darauf ein: „Genau das ist aus meiner Sicht der Schlüssel. So lange ich nicht einmal die Fragestellung zum Alleinsein und zur Stille ertrage, so lange brauche ich auch nicht auf das Unterhaltungsprogramm zu schimpfen. Das Programm werde ich nicht beeinflussen. Es würde meine Seele auffressen, begäbe ich mich hier in einen Kampf. Aber ich kann auf meinen Akku achten. Auch zum Duschen und auf die Toilette geht man meistens allein. Wenn aber der Weg der inneren Freiheit erst einmal erschlossen ist, dann relativieren sich sogar Probleme. Gut, mein Auto sollte auch aus meiner Sicht nicht unbedingt wie eine Kuh aussehen. Aber ihr wisst schon, was ich meine.“
Das Telefon klingelte erneut. „Was ist denn heute los?“ Sie nahm ab. „Ronja Sträuber… Moment.“ Ronja reichte das Telefon an ihren jüngeren Bruder Michel weiter: „Dein Busenfreund…“
„Hallo Gregor… Es bleibt bei unserer Männerrunde. Das kann was werden! … Also dann, bis Samstag!“ Gregor gab das Mobilteil an Ronja zurück: „Mein Busenfreund…! Ronja, ich bin mit Gregor eingeschult worden. Wir haben menschlich einen Draht zueinander. Das ist alles. Papa geht es mit Gregors Vater doch genauso. Darüber beschwert sich auch keiner!“
„Unsere Freundschaft versteht auch nur jemand aus unserer alten Klasse.“, pflichtete Kurt seinem Sohn bei. „Franz und ich lesen sogar die gleichen Bücher. Also, unabhängig voneinander…“
„Na, Gott sei Dank! Der Nachtschrank bleibt tabu. Wir müssen keine Aufbettung für Franz vornehmen. Deine Bücher könntest du trotzdem ruhig mal wieder sortieren.“ Selma missfiel schon langsam die Ordnung auf Kurts Nachtschrank.
„Kein Thema, das wird gemacht. Auf den Samstag bin ich aber wirklich schon gespannt. Wir werden uns über Politik unterhalten. Zwei Väter und zwei Söhne. Und dann auch noch die eigenen…“ Kurt konnte ein lautes Loslachen kaum unterdrücken. Und um sich selbst wieder einzufangen: „Wo waren wir vor dem Telefonat stehengeblieben? Ach ja, das bunte Auto, die innere Freiheit und post hoc – ergo propter hoc in der globalen Ökonomie - bezogen auf die Ewigkeit unter dem Blickwinkel des sozialen Friedens in den einzelnen Volkswirtschaften…“
„Geht es noch geschwollener?!“ Selma liebte klare und einfache Worte.
„Ich kann nur für mich sprechen. Mein Filter schaltet sich automatisch dazwischen. Ich bin gern mit mir allein. Trotzdem kommt bei mir an, was ich wirklich wissen muss. Vielleicht ist es aber auch gerade der Filter, der weitestgehend nur die für mein Leben wichtigen Dinge passieren lässt. Andere ertragen Stille nicht einmal. Es ist aber deren Leben. Ihnen muss das eigene Leben gefallen. Ich wünsche jedem die Kraft, etwas ändern zu können, wenn etwas geändert werden soll. Ronja, du warst vorhin bei dem Wirtschafts- und Finanzkreislauf, und den Entwicklungen und den Folgen für die Gesellschaft.“
„Genau, Papa. Darf ich nach dieser Erkenntnis um die innere Freiheit noch meinen ursprünglichen Gedanken fortführen, oder sollte ich mich erst einmal in die Ecke setzen? Der Überhang wurde doch nicht nur dem Kreislauf entzogen. Er wurde auch zur Spekulation missbraucht. Innenstädte veröden, weil das Geld in leerstehende Immobilien gesteckt und darin geparkt wird. Wohnungen und Häuser werden entmietet, luxussaniert und immer teurer, fast unerschwinglich. Und alles nur aus Spekulation. Der Mittelstand zerbricht. Die gesunde soziale Durchmischung geht verloren. Warum sollte ein Bäcker noch einen Laden in der Innenstadt halten, wenn er sich die Ladenmiete nicht mehr leisten kann? Warum sollte ein Polizist sich das antun, in einer Gegend für Sicherheit zu sorgen, mit der er sich nicht mehr identifizieren kann.“
„Arme Ronja, am Ende wirst du noch fragen, was für die Gesellschaft wertvoller ist. Ist es für die Gemeinschaft besser, als reichster Mann der Welt fast keine Steuern zu zahlen, oder hat die Welt mehr davon, wenn man sich als Einzelperson globale Messenger-Dienste unter den Nagel reißt? Man kann es sich ja leisten…“
„Das sind soziale Fragen, Michel, die uns alle als Gesellschaft angehen. Selbst in Fast-ohne-Steuern-Ländern klagen die Einheimischen zunehmend darüber, dass sich ihre Immobilienpreise den sich dort ansiedelnden Hochfinanz-Gewinnern anpassen. Oder nehmt das immer dominanter werdende Thema des Vererbens. Die Marktpreise passen sich auch hier den finanziellen Möglichkeiten junger Millionen- und Milliarden-Erben an.Dok2 Die Menschen mit normaler Arbeit, die früher mal Tüchtigkeit genannt wurde, bleiben auf der Strecke. Das geht schief, was den sozialen Frieden angeht. Ich weiß selbst, dass ich mich wiederhole! Verkaufen wir als Gesellschaft in diesem Spiel schon unsere Seele?“
„Die ich rief, die Geister, werde ich nun nicht los! Die Erben werden schon in Überhangnetzwerke hineingeboren. Im Arbeitsleben unterschreibt aber jeder dafür, nicht ungefragt zum Silberrücken zu mutieren. Keine Chance auf Überhang!“, konnte Bernd kaum an sich halten.
„Papa, dein Schulfreund Franz hat das doch schon in den ersten Monaten seiner Bürgermeistertätigkeit erkannt, oder? Dass die Menschen im Westen – also, die Systemrelevanten - auch noch auf die Barrikaden gehen werden, wenn das Spiel erst durchschaut ist.“
„Vom Osten lernen, heißt siegen lernen!“ Bernd erschrak fast über seine eigene Erkenntnis. „Das Schwache besiegt das Starke trifft es vielleicht besser.“, ruderte er etwas zurück.
„Also, so genau weiß ich das jetzt mit Franz nicht mehr. Aber ja, als wir im Osten sahen, wie groß die materielle Diskrepanz zwischen den Leuten unten und den Leuten oben damals schon war, und heute erst recht ist, hatte Franz schon die Befürchtung, dass sich das Gefüge im Osten – und damit das soziale Gleichgewicht - verschieben würde. Das war gleich nach dem Fall der Berliner Mauer. Ihr kennt das Bild, in dem der Esel am Laufen gehalten wird, wenn man ihm nur permanent die Möhre vorhält.“
„Der Esel kann sich inzwischen aber die Möhre kaum noch leisten. Deshalb geht unsere Generation doch neue Wege! Wir haben keine andere Wahl! Auch nicht an der Wahlurne.“, argumentierte Michel fest.
„Kurt, ich kann nur für mich sprechen. Ich habe keine Lust darauf, mich zu verschulden – und nur, weil mir die Werbung suggeriert, unverschuldet wäre ich nichts wert. Und dieses System will man auf der ganzen Welt sehen? Ich glaube nicht, dass wirklich alle dieses System wollen – und schon gar nicht mitspielen werden. Das funktioniert für die Überhangnetzwerke, für die, die auf der genau entgegengesetzten Seite der Hochverschuldung abkassieren, aber nicht für die systemrelevanten Arbeiter und Bauern, und schon gleich gar nicht, wenn sich die Lebenshaltungskosten in Richtung Hochfinanz verschieben. Danke, ich verzichte auf die Schulden! Und je größer und globaler die vereinheitlichten Systeme werden, desto abhängiger und anfälliger wird die gesamte Weltwirtschaft. In Flora und Fauna nennt man das ganze Spiel Artensterben. Stirbt hier nicht auch die Vielfalt? Es sterben Kulturen und bereichernde Blickwinkel. Dabei geht es primär gar nicht um Reichtum.“
„Das ist ja ganz was Neues. Ach ja, du nennst es Überhang, Bernd…“
„Du weißt schon, wie ich das meine! Mit der sterbenden Vielfalt stirbt die Diversität. Ja, Michel, in Tier- und Pflanzenreich ist die schwindende Diversität tödlich!“
Kurt ging darauf ein: „Und hier setzt das wissende Feld ein. Was ist natürlich? Was ist göttlich? Erfolg, der losgelöst von wirklichen Bedürfnissen nur ein Ego befriedigt und parallel dazu andere tötet – in welcher Form auch immer, ist weder natürlich noch göttlich. Wenn die Menschen aber nicht mehr weiterwissen, oder sich verkalkuliert haben, dann werden sich neue Wege finden – oder sich die Dinge neu ordnen.“
„Du machst mir langsam Angst, Kurt.“ Woher nahm ausgerechnet ihr Mann diese Gedankengänge?
„In der Vergangenheit hat sich die Menschheit schon oft verkalkuliert! Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Gott hat doch schon längst aufgegeben.“ Diese Bemerkung konnte nur von Bernd kommen.
Ronja hakte ein: „Und warum sollte die Menschheit dieses Mal schlauer sein?“
„Weil wir dazulernen! Aber ich liebe doch alle Menschen!“ Dieser Ausspruch des Ministers für Staatssicherheit in einer der letzten Parlamentssitzungen der DDR-Volkskammer hallte noch Jahre im Osten nach. Bernds Sarkasmus war nicht einmal unangebracht.
„Die Menschen lernen wirklich dazu, vernetzen sich neu, klären sich auf und durchschauen Manipulationen. Es gab Leute, die diese Entwicklung zu spät erkannt, und aus einer Arroganz heraus ignoriert haben. Es gab Politiker, die regelrecht Marionetten der Macher und Bosse waren, obwohl das hohe politische Amt dem Volk und dem eigenen Gewissen verpflichtet sein sollte.“
„Kurt!“
„Gerade weil ich mich selbst als gesellschaftlich sehr interessierten Menschen sehe, waren mir sehr lange die Social-Media-Entwicklungen im Internet suspekt. Am liebsten hätte ich euch manchmal geschüttelt, weil mir eure Zeit, die ihr in dem Medium verbracht hattet, viel zu lang war. Aber als du, Michel, mir sagtest, dass für dich und deine Generation - wenn ihr das erste Mal wählen geht - die Regierungsparteien längst keine Rolle mehr spielen, bin ich neugierig geworden. Und siehe da, ihr informiert euch trotzdem, nur anders - in parallelen medialen Kanälen. Und das, was du mir damals gezeigt hattest, Michel, kam mir dann doch ziemlich fundiert und mündig vor. Die alten Meinungsmacher werden sich warm anziehen müssen, bei so viel Kompetenz und Flexibilität und Hintergrundwissen.“
„Kurt, ist gut...
Erscheint lt. Verlag | 4.8.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga |
Schlagworte | Freigeist • Ich-Du-Philosophie • Zeitgeist |
ISBN-10 | 3-7598-5234-3 / 3759852343 |
ISBN-13 | 978-3-7598-5234-2 / 9783759852342 |
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Größe: 383 KB
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