Nachtwald (eBook)

Thriller | Wem kannst du vertrauen, wenn es dunkel wird? Der atmosphärische Thriller aus Irland
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
320 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491809-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nachtwald -  Tríona Walsh
Systemvoraussetzungen
14,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein Herrenhaus mitten im Wald. Ein unerwarteter Gast. Ein Wochenende, das zum Albtraum wird. Nach sechs Monaten Abwesenheit lernt Lizzie endlich George, den neuen Ehemann ihrer Mutter, kennen. Um die Hochzeit nachzufeiern, fährt die Familie für ein Wochenende nach Westirland in Georges Haus. Statt des erwarteten kleinen Cottages stellt sich dieses als riesiges, etwas verfallenes Herrenhaus heraus. Es liegt mitten in einem dunklen Wald, und selbst die Zufahrt ist so zugewachsen, dass es nur mit einem längeren Fußmarsch erreicht werden kann. Doch dann findet noch jemand den Weg durch den Wald - und dieser Gast wird nicht einfach wieder weggehen. Ein albtraumhaftes Wochenende beginnt, während dem ein Geheimnis nach dem anderen ans Licht kommt. Und danach ist nichts mehr so, wie es vorher war.

Tríona Walsh liebt es, Krimis und Thriller zu lesen und zu schreiben, ist im wirklichen Leben aber ziemlich gesetzestreu. Die zweimalige Gewinnerin des Wettbewerbs »Irish Writers Centre Novel Fair« lebt mit vier Kindern, drei Katzen und einem Ehemann in Dublin. Ihr erster Thriller »Schneesturm« eroberte direkt die Bestsellerlisten in Großbritannien, Irland und Deutschland. Auch ihr zweiter Thriller »Nachtwald« erscheint in vielen Ländern weltweit.

Tríona Walsh liebt es, Krimis und Thriller zu lesen und zu schreiben, ist im wirklichen Leben aber ziemlich gesetzestreu. Die zweimalige Gewinnerin des Wettbewerbs »Irish Writers Centre Novel Fair« lebt mit vier Kindern, drei Katzen und einem Ehemann in Dublin. Ihr erster Thriller »Schneesturm« eroberte direkt die Bestsellerlisten in Großbritannien, Irland und Deutschland. Auch ihr zweiter Thriller »Nachtwald« erscheint in vielen Ländern weltweit. Birgit Schmitz hat Theater- und Literaturwissenschaften studiert und arbeitete einige Jahre als Dramaturgin. Heute lebt sie als Literaturübersetzerin, Texterin und Lektorin in Frankfurt am Main.

Kapitel 1


Drei Tage zuvor

FREITAG, 14:00 UHR

Lizzie trat leicht gegen den Rucksack zu ihren Füßen. In dem halben Jahr auf der Farm hatte sie die Handvoll Bücher und die Kleider zum Wechseln, die sich in der Tasche befanden, eine Million Mal gelesen und getragen. Damals beim Packen hatte sie nicht recht gewusst, was sie mitnehmen sollte. Unter Druck konnte sie einfach nicht klar denken. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn, strich sich die Haare, die ihr noch nicht im Gesicht klebten, hinter die Ohren und wünschte sich, sie hätte einen Sonnenhut mitgebracht. Aber kein Wunder, dass sie vor sechs Monaten, bei zwei Grad mitten im kalten Winter, nicht auf diese Idee gekommen war. Als ihre Mutter sie hier abgesetzt hatte und weggefahren war, ohne sich noch einmal umzusehen, hatte der Eisregen Lizzie sofort bis auf die Haut durchnässt.

Sie schaute die Einfahrt hinunter. Immer noch keine Spur von ihnen.

Sie hatte sich hier vergessen gefühlt. Aber genau das hatte sie auch gewollt. So wie man eine Suchmaschine bitten konnte, alle persönlichen Spuren aus ihren Ergebnissen zu löschen. Ein geplantes Vergessenwerden. Lizzie und ihre Mutter waren sich einig gewesen, dass sie eine Auszeit voneinander brauchten. Der Unfall hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Lizzie schüttelte den Kopf. Sie erschrak noch immer, wenn sie daran dachte, dass sie betrunken Auto gefahren war. Und unverzeihlicherweise sogar mit ihrem Bruder an Bord. Liam hatte keine schweren Verletzungen davongetragen, nur diese fiese Schnittwunde am Kinn. Doch selbst ein winziger Kratzer wäre zu viel gewesen. Nach dem Unfall hatte Claire ihr nicht mehr in die Augen sehen können. Die Familie war eh schon am Limit gewesen, und dann machte Lizzie auch noch so was. Claire hatte sie direkt hierhergebracht. Sie hatte sich bereit erklärt, Lizzie über Liams Befinden auf dem Laufenden zu halten – nachdem Lizzie sie unter Tränen darum gebeten hatte –, aber das war auch schon alles. Keine Besuche. Kein netter Austausch via E-Mail. Ein sauberer Bruch.

Lizzie hob ihren Rucksack vom Boden hoch und setzte ihn auf. Sie würde zur Straße hinuntergehen und dort warten. Sie warf noch einen letzten Blick zurück zur Eingangstür der Klinik. Doch es war niemand da, um sie zu verabschieden, nur der rot-braune Kater beobachtete sie träge aus dem Schatten. Die meisten anderen Patienten hier waren deutlich älter gewesen als sie, und viel mehr als ihre Süchte hatten sie nicht gemeinsam gehabt. Aber obwohl Lizzie auf Distanz zu ihnen geblieben war, hatten sie ihr auf ihre Art doch geholfen. Allein zu sehen, in welchem endlosen Kreislauf der Selbstzerstörung die anderen gefangen waren, hatte eine heilsame Wirkung auf sie gehabt. Sie wollte nicht so sein wie sie. Sie war erst dreiundzwanzig Jahre alt und schämte sich schrecklich dafür, dass sie ihr Leben schon jetzt derart vermasselt hatte.

Sie winkte Castor, dem Kater, kurz zu und ging dann die lange, staubige Einfahrt hinunter.

Das Viehgitter am Tor der Zufahrt schepperte laut, als sie mit ihren Doc Martens darüberstiefelte. Neben einem großen Findling mit der Inschrift Entzugsklinik St. Brigid’s Farm stellte sie ihren Rucksack wieder ab.

Die Therapie war weder leicht gewesen noch irgendwie glamourös. Aber sie hatte funktioniert. Lizzie wurde trocken nach Hause entlassen.

Na ja, nach Hause ging es nicht direkt. Sie würden nach Westen fahren, um dort ein langes Wochenende zu verbringen. Wohin genau wusste Lizzie nicht.

Sie hörte ein Geräusch in der Ferne und blickte hoch. Ein Auto näherte sich. Bei genauerer Betrachtung war es eher ein Kleinbus. Er kam langsam näher und hatte einen unliebsamen Begleiter im Schlepptau: Beklommenheit. Das bevorstehende Wiedersehen bereitete Lizzie Bauchschmerzen. Sie hatte seit Tagen schlecht geschlafen deswegen.

Der Wagen bremste ab und kam zum Stehen. Der Fahrer trug eine Sonnenbrille, die seine Augen verbarg; er beachtete sie gar nicht. Die Schiebetür ging auf, und Claire stieg aus. Sie trug ein blaues T-Shirt, Jeans und Wanderstiefel, was nicht so recht zu ihrer schicken Hochsteckfrisur und ihrem sorgfältig geschminkten Gesicht passen wollte. Federleichtes buntes Konfetti folgte ihr wie ein Kometenschweif.

»Hallo, Mum«, sagte Lizzie und lächelte probeweise.

»Hallo, Lizzie.« Claire verzog keine Miene. Welche Gefühle sie mit der heutigen Entlassung ihrer Tochter verband, zeigte sie nicht. Auch nach all der Zeit blieb sie reserviert. Lizzie konnte es ihr nicht verübeln. Umgekehrt hätte sie sich genauso verhalten.

»Wer hat denn das Konfetti geworfen?«, fragte Lizzie, als ein paar der bunten Papierflocken vorbeiwirbelten; sie wollte eine fangen, trieb sie jedoch nur von sich weg. Sie achtete darauf, kein Misstrauen durchklingen zu lassen.

»Ach, das waren die Angestellten in unserer Pension. Und bevor du fragst: Sie waren auch die Trauzeugen. Wir haben die Hochzeit nicht heimlich groß gefeiert, ohne dir Bescheid zu geben.«

»Weiß ich doch …«, antwortete Lizzie, aber ganz sicher war sie sich nicht. Vor dem Entzug hätte sie sich selbst nicht zu einer Hochzeit eingeladen. Und auch sonst zu nichts.

»Es ist genauso abgelaufen, wie ich dir geschrieben hab. Wir wollten es nur offiziell machen, mit so wenig Brimborium wie möglich.« Claire zog die Augenbrauen hoch. »Liam war auch nicht dabei. Und Freya, Georges Tochter, auch nicht. Nur wir zwei.«

»Ich glaub dir ja.«

»Hoffentlich. Wir haben es vor allem deshalb heute gemacht, weil wir auf die Weise alles prima verbinden können: erst die Heirat in Dublin, dann dich hier einsammeln und dann auf zu Georges Haus in Mayo. Die Farm liegt ja quasi auf dem Weg nach Westen.«

Na also, da war sie doch, die praktisch denkende, vernünftige Claire. Lizzie hatte gewusst, dass sie irgendwo dadrinnen verborgen war. Auf die Nachricht, dass ihre Mutter heiraten wollte, hatte sie fassungslos reagiert. Während sie heute Morgen ihre Siebensachen zusammengesucht und einen letzten Streifzug über die Farm gemacht hatte, hatte ihre Mutter in Dublin einem Mann das Jawort gegeben, den Lizzie noch nie gesehen hatte. Das war bizarr, und alles daran war völlig untypisch für Claire. Lizzie kam es so vor, als wären mit Claire – kaum dass sie die Sorge um ihre Tochter los war – die Pferde durchgegangen. Erst hatte Lizzie das noch für einen Scherz gehalten. In der E-Mail, in der es eigentlich darum ging, wann sie Lizzie abholen würden, hatte Claire die Bombe platzen lassen und ihr von Georges Heiratsantrag berichtet. Die beiden hatten nicht lange gefackelt und gleich Nägel mit Köpfen gemacht.

»Stellst du mir deinen Märchenprinzen denn auch vor?«

»Natürlich.« Claire wandte sich dem Wagen zu und nickte. In der Schiebetür erschien zunächst nur ein Kopf mit grau-blondem, weich fallendem mittellangem Haar. Dann stieg ein sehr großer Mann aus, dessen Kleidung, wie Claires, eher zu einer Wanderung als zu einer Hochzeit gepasst hätte. Mit einem strahlenden Lächeln streckte er Lizzie die Hand hin.

»Hallo, Elizabeth! George Butler, freut mich, dich kennenzulernen. Du kannst auch …« Dann stockte er. Sein Lächeln erstarb. Sie wussten alle drei, was er sagen wollte. »Du kannst auch Dad zu mir sagen.« Ein alberner Scherz, ein spontaner launiger Spruch, um das Eis zu brechen, wenn man sich den unbekannten Kindern einer neuen Partnerin vorstellt. Bei jeder anderen Familie wäre er harmlos gewesen und hätte wahrscheinlich auch die gewünschte Wirkung gehabt. Bei ihrer allerdings nicht.

Der arme George stand nun peinlich berührt vor ihr.

»Mach dir nichts draus«, sagte Lizzie und griff nach seiner Hand. »Schön, dass wir uns kennenlernen.«

George lächelte erleichtert und drückte ihr die Hand.

»Ja, das freut mich auch. Deine Mutter hat mir alles über dich erzählt.«

»Das will ich nicht hoffen«, sagte Lizzie.

George lachte herzlich über ihre Antwort, aber Lizzie brachte nur ein schwaches Lächeln zustande. Das war eigentlich kein Scherz gewesen.

Aber es war gut, George endlich kennenzulernen. Lizzie wusste bislang nur sehr wenig über den neuen Mann an der Seite ihrer Mutter. Claire hatte in einer ihrer Mails erwähnt, dass sie in ihrer Selbsthilfegruppe für junge Witwen und Witwer jemanden kennengelernt hätte. (Obwohl wir natürlich nicht mehr wirklich jung sind, hatte sie geschrieben. Ich bin 45, nicht 25, und er 54. Aber ich schätze mal, das ist alles relativ.) Er stamme aus Mayo und habe eine Tochter, die im selben Alter sei wie Lizzie. Das war’s. Aber nicht nur das Tempo, das die beiden vorlegten, schockierte Lizzie – zwischen ihrem Kennenlernen und ihrer Hochzeit lagen gerade mal die sechs Monate, die Lizzie in St. Brigid’s verbracht hatte. Es gab doch auch noch all das, was vorher passiert war. Vor fünf Jahren. Mit Dad. Sie konnte nicht verstehen, wie Claire danach so spontan sein konnte, so sorglos.

Aber sie hatte nichts gesagt. Hatte keinen Ärger gemacht. Sie war jetzt die neue Lizzie und wollte ihre Mutter glücklich machen. Schließlich hatte sie die letzten fünf Jahre damit zugebracht, Claire das Herz zu brechen. Es wurde Zeit, dass sie dazu beitrug, dass es ihr wieder gut ging. Wie dieser George Butler es offenbar auch tat.

George nahm Lizzies Rucksack und trug ihn zum Kofferraum. Als Lizzie ein paar Schritte auf den Wagen – und damit auch auf Claire – zu machte, wurde beiden gleichzeitig bewusst, dass die meisten wiedervereinten Mütter und Töchter sich in der Zwischenzeit wohl längst umarmt...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2024
Übersetzer Birgit Schmitz
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte atmosphärische Spannung • Bestseller Autorin • Claire Douglas • Clare Mackintosh • Familiendrama • Familiengeheimnis • Freida McFadden • Herrenhaus im Wald • locked room • Lucy Foley • mord in der familie • Mutter Tochter Beziehung • Pageturner • Psychospannung • Psychothriller • Spiegel Bestseller Autorin • Suspense • Thriller für Frauen • unglaubliche Twists • verfallenes haus
ISBN-10 3-10-491809-0 / 3104918090
ISBN-13 978-3-10-491809-9 / 9783104918099
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 8,1 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99