Melissa K. Roehrich schreibt Dark Romantic Fantasy. Sie liebt Kaffee und Drachen, und eines ihrer Hobbies ist, ihre Bücherregale umzuräumen. Sie lebt mit ihrem Ehemann und drei Söhnen in Mitten-im-Nirgendwo, North Dakota, auf einer Farm, zusammen mit Hunden, Katzen und Hühnern. Wenn sie nicht gerade schreibt, versucht sie, ihren Mann davon zu überzeugen, dass sie sich Ziegen und Enten zulegen sollten, und eines Tages wird sie damit erfolgreich sein.
1
SCARLETT
Bist du sicher, dass er heute Nacht hier sein wird?«, kam es kühl und gelangweilt von der niedrigen Gartenmauer.
»Ich bin ihm schon seit Wochen auf der Spur«, antwortete eine Stimme aus Seide und Honig. »Er wird kommen.«
»Das hast du bereits vor einer Stunde gesagt«, knurrte die erste und ließ den Dolch in ihrer Hand herumwirbeln.
»Warum stellst du mir dann ständig die gleiche gottverdammte Frage?«
»Seid so gut und denkt daran, dass ich ihn als Erste bekomme.«
»Tust du doch immer«, schnurrte die zweite.
»Genug. Ihr beide.« Eine eisige dritte weibliche Stimme unterbrach ihr Gezanke.
Wenn der Mond sich in jener Nacht am Himmel gezeigt hätte, dann wären in seinem Licht drei Gestalten zu erkennen gewesen, die in den Schatten auf jener Gartenmauer kauerten und warteten. Ganz in Schwarz, von den Stiefeln bis zu den Kapuzen auf ihren Köpfen. Waffen funkelnden an jedem Zentimeter ihrer Körper. Stahldolche und Schwerter. Bögen und Pfeile. Äxte und Peitschen. Drei Frauen, die jede einzelne dieser Waffen, die sie zierten, mit tödlicher Effizienz zu führen wussten. Drei Frauen, die ihre Körper als Waffe zu gebrauchen verstanden – in jeder Art, auf die eine Frau ihren Körper als Waffe gebrauchen konnte. Drei Frauen, die viel klüger waren als die meisten, was vermutlich ihre wertvollste Waffe war. Drei Frauen, die gemeinsam aufgewachsen und ausgebildet worden waren. Drei Frauen, die von den meisten gefürchtet wurden. Wirklichkeit gewordene Albträume.
Doch in dieser Nacht schien der Mond nicht, deshalb entgingen dem ebenfalls in Schwarz gekleideten Mann die drei Frauen bei der Mauer, obwohl er ständig nervös über seine Schulter spähte. Der Mann hörte nicht, wie hinter ihm, leiser als die Pfoten einer Katze, Füße auf dem Boden landeten. Er wusste nicht, dass er Gesellschaft hatte, bis er die Spitze eines Dolchs im Rücken spürte und die Stimme aus Seide und Honig ihm ins Ohr schnurrte: »Hallo, Dracon.«
Der Mann fluchte und griff nach der Klinge an seiner Seite. Doch bevor seine Hand das Heft ergreifen konnte, schnalzte die Stimme missbilligend mit der Zunge. »Wenn ich du wäre, würde ich das lassen.«
»Ich warte schon seit Wochen auf dich, Miststück«, höhnte der Mann. »Seit du mich hast wissen lassen, dass der Unsichtbare Tod mir folgt.«
»Ach ja?«, flüsterte sie mit sanfter Stimme.
»Ja, also lass uns die Sache klären wie die ausgebildeten Spezialisten, die wir sind, statt mir wie ein Feigling eine Klinge in den Rücken zu rammen.«
»Hmm, so reizvoll das auch klingt, ich glaube nicht, dass das heute Nacht passierten wird.«
»Warum nicht?«
Die Frau trat einen Schritt zurück und entließ Dracon mit einem Stoß, der ihn mehrere Schritte vorwärtstaumeln ließ. »Weil heute Nacht meine Schwestern bei mir sind.« Selbst in der Dunkelheit konnte die Frau sehen, wie alle Farbe aus dem Gesicht des Mannes wich.
»Was?«, flüsterte er.
Ein grausames Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
»Und eine von ihnen hat noch eine Rechnung mit dir zu begleichen.« Der Tonfall der Frau war mit einem Mal düster und voll boshafter Belustigung, als ihre Gefährtinnen sich aus den Schatten lösten. Sie hob die Nase, und ihre zarten Nüstern blähten sich. »Warum pissen sie sich bei euch beiden eigentlich öfter ein als bei mir?«
»Nein«, keuchte der Mann und wich taumelnd vor ihnen zurück. »Nein. Ich habe nichts getan, womit ich das verdient hätte. Nein!«
»Nun, das stimmt nicht«, sagte eine der Frauen in zuckersüßem Tonfall, während sie sich ihm näherte.
»Doch, es stimmt! Ich habe immer nur im Auftrag getötet. Genau wie ihr.« Der Mann stolperte im Zurückweichen über etwas und fiel auf den Steinboden. Er schob sich mit den Händen noch weiter zurück. »Ich habe nichts getan, was rechtfertigen würde, dass er mir seine Schatten auf den Hals hetzt!«
Die Frau zog mit behandschuhten Fingern einen Dolch aus der Scheide an ihrer Seite und tippte mit der Spitze gegen ihre Fingerkuppe. »Er hat uns nicht geschickt. Manchmal treiben wir unsere eigenen Schulden ein, und ich bin schon sehr lange auf der Suche nach dir.« Ihre Stimme war loderndes Feuer und Schnee und Eis und Schatten.
»Dann seid ihr eindeutig nicht so gut, wie die Gerüchte glauben machen«, schnaubte er höhnisch.
Weniger als einen Atemzug später schoss der Dolch aus ihrer Hand und durchbohrte sauber die seine, sodass sie auf den Boden unter ihm genagelt wurde.
Er schrie gequält und wollte den Dolch herausziehen, doch ein Stiefel senkte sich auf seine andere Hand. Er keuchte auf vor Schmerzen.
»Stimmt«, schnurrte die Frau, die den Dolch geworfen hatte. »Wir sind besser.«
Diejenige, die er den Unsichtbaren Tod genannt hatte, kam auf ihn zu und befreite den Dolch aus seiner Hand. Sie warf ihn zurück zu seiner Besitzerin, die ihn mühelos auffing, die Stirn runzelte und murrte: »Götter, jetzt riecht er nach ihm.«
Die anderen beiden Frauen hakten jede einen Arm unter seine Schultern und schleiften ihn den Pfad entlang. Der Mann trat mit seinen Stiefeln um sich, wand sich hin und her, versuchte auf jede nur erdenkliche Weise, sich loszumachen. Sie taten so, als zerrten sie einen Sack Kartoffeln hinter sich her. Man hatte ihnen ausführlich beigebracht, wie man mit seiner Art umging.
Und wie man sie tötete.
»Wo bringt ihr mich hin? Wo gehen wir hin?«, schrie er.
»Die Jungfer des Todes hat ein paar Fragen an dich«, sagte die dritte Frau, als sie ihn gegen die Gartenmauer stießen. Sie war dicht von Efeu und Dornenranken überwuchert, und der Mann schrie auf, als diese sich in seine Handflächen, seine Haut und sein Gesicht gruben.
»Nein. Bitte, nein«, bettelte er. »Ich ziehe die dritte ihr vor!«
Die Jungfer des Todes ging vor ihm in die Hocke und hob seinen Kopf mit der Fingerspitze, um ihm in die Augen blicken zu können. »Oh, der Leibhaftige Tod kommt auch noch zum Zug … wenn ich mit dir fertig bin.« Da war nichts Menschliches in ihren Augen, als sie den Mann vor ihr musterte. »Vor sieben Jahren wurdest du beauftragt, meine Mutter zu töten … und mich.«
Bei diesen Worten begann der Mann zu zittern. »Du … Du bist die Tochter. Du bist diejenige, die … Du wirst seit sieben Jahren vermisst.«
»Sieht aus, als wäre ich gefunden worden.«
Sie stieß einen Dolch in die Sohle des Mannes, direkt durch den Stiefel. Die Spitze kam auf der anderen Seite wieder heraus und durchtrennte die Schnürsenkel.
Der Mann schrie erneut auf und schluchzte: »Es war ein bezahlter Auftrag. Er hat mich reingelegt. Ich wusste es nicht.«
»Du wusstest nicht, wen du tötest? Das scheint mir höchst unwahrscheinlich«, sagte die Jungfer des Todes mit einem Lachen, in dem ein Hauch von Wahnsinn mitschwang. Sie zog einen weiteren Dolch aus ihrem Stiefel. »Wer war an diesem Tag bei dir?«
»Das darf ich nicht sagen«, schluchzte er noch einmal.
»Nun, das ist wirklich bedauernswert«, seufzte sie. Dann stieß sie den Dolch in den Oberschenkel des Mannes.
»Ich kann es nicht sagen«, schrie er und atmete heftig durch zusammengebissene Zähne. »Es ist mir verboten. Ich bin durch uralte Blutmagie gebunden. Ich kann es nicht aussprechen.«
»Unsinn«, fauchte die Dritte, der Leibhaftige Tod. »In diesem Land gibt es niemanden, der zu derartiger Magie fähig wäre. Magie existiert hier nicht.«
»Doch, das tut sie«, keuchte der Mann. »Ich schwöre es!«
»Er lügt«, knurrte sie und begegnete dem Blick der Jungfer des Todes.
»Vielleicht. Ist mir scheißegal.« Sie erhob sich. »Wir haben Stunden, um herauszufinden, ob er uns wirklich Lügen erzählt.« Dracon begann erneut, um sich zu schlagen und sich am Boden zu winden. »Sag, Dracon, wusstest du, dass deine Fae-Magie dich hier nicht heilen wird?«
Dracon zitterte jetzt heftig. »Ich wusste nicht, wer deine Mutter war, bis es zu spät war. Ich schwöre es!«
Die Jungfer des Todes grinste nur. »Erinnerst du dich noch, wie du meine Mutter getötet hast? Wie du sie Stück für Stück auseinandergenommen hast? Denn ich erinnere mich. Ich war versteckt in einem Abfalleimer in jener Gasse und habe die ganze verdammte Zeit zugesehen.«
Dracon begann zu wimmern, als die anderen beiden Frauen an ihre Seite traten. Die drei standen dort und blickten auf ihn herab, Grausamkeit in jedem Zug ihrer Gesichter. Jede für sich zog einen Dolch aus ihrem Mantel und näherte sich ihm.
Dracons Schreie begannen von Neuem.
Als Scarlett Monrhoe erwachte, hallten Dracons Schreie noch immer in ihrem Kopf wider. Sie träumte nur noch selten von jener Nacht, und im Gegensatz zu ihren üblichen Träumen handelte es sich bei dieser Erinnerung sogar um einen glücklichen Moment. Sonst wurde sie schweißgebadet und mit vom Schreien schmerzender Kehle aus dem Schlaf gerissen. Diese Albträume waren der Grund, warum sie seit Monaten nicht gut geschlafen hatte, und deshalb überraschte es sie auch...
Erscheint lt. Verlag | 1.11.2024 |
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Reihe/Serie | Liebe und Dunkelheit-Serie |
Übersetzer | Antonia Zauner |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Lady of Darkness |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | 2024 • Assassine • Dark Romance • Dark Romantasy • dark romantic fantasy • eBooks • enemies to lovers • Fae • Fantasy • found family • Love Triangle • multiple PoV • Neuerscheinung • Rivals to Lovers • Romantasy • Slow Burn • spicy books • TikTok |
ISBN-10 | 3-641-32129-8 / 3641321298 |
ISBN-13 | 978-3-641-32129-1 / 9783641321291 |
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