Verstummt (eBook)

Thriller | Ein weiterer spannungsgeladener Roman der SPIEGEL-Bestsellerautorin – Will Trent im Einsatz

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
512 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0799-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verstummt - Karin Slaughter
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Als der erfahrene Detective Michael Ormewood zu einem Tatort gerufen wird, sieht er sich mit dem brutalsten Fall seiner Karriere konfrontiert: Die Leiche einer jungen Frau, Aleesha Monroe, wurde grausam verstümmelt aufgefunden. Alles deutet auf das Werk eines krankhaften Serienmörders hin. Special Agent Will Trent ermittelt gemeinsam mit Ormewood, doch das Böse kommt ihnen näher, als ihnen lieb ist. Die Vergangenheit kann nicht länger begraben bleiben ...



Karin Slaughter ist eine der weltweit berühmtesten Autorinnen und Schöpferin von über 20 New York Times-Bestseller-Romanen. Dazu zählen »Cop Town«, der für den Edgar Allan Poe Award nominiert war, sowie die Thriller »Die gute Tochter« und »Pretty Girls«. Ihre Bücher erscheinen in 120 Ländern und haben sich über 40 Millionen Mal verkauft. Ihr internationaler Bestseller »Ein Teil von ihr« ist 2022 als Serie mit Toni Collette auf Platz 1 bei Netflix eingestiegen. Eine Adaption ihrer Bestseller-Serie um den Ermittler Will Trent läuft derzeit erfolgreich auf Disney+, weitere filmische Projekte werden entwickelt. Slaughter setzt sich als Gründerin der Non-Profit-Organisation »Save the Libraries« für den Erhalt und die Förderung von Bibliotheken ein. Die Autorin stammt aus Georgia und lebt in Atlanta. Mehr Informationen zur Autorin gibt es unter www.karinslaughter.com

KAPITEL 1


5. Februar 2006

Detective Michael Ormewood hörte sich im Radio das Footballspiel an, während er die DeKalb Avenue hinunter zu den Grady Homes fuhr. Je näher er der Sozialsiedlung kam, desto angespannter wurde er, und als er nach rechts in das Viertel einbog, das die meisten Polizisten als Kriegsgebiet betrachteten, vibrierte sein Körper förmlich unter der Belastung. Während die Atlanta Housing Authority sich allmählich selbst auffraß, wurden solche subventionierten Projekte wie Grady zu einem Modell der Vergangenheit. Die innerstädtischen Grundstücke waren zu wertvoll, das Potenzial zum Absahnen zu hoch. Gleich anschließend lag Decatur mit seinen schicken Restaurants und sündteuren Wohnhäusern. Weniger als eine Meile in die andere Richtung erhob sich die vergoldete Kuppel des Kapitols von Georgia. Grady war so etwas wie ein Worst-Case-Szenario zwischen diesen beiden, eine lebendige Mahnung, dass die Stadt zu beschäftigt war, um zu hassen, aber auch zu beschäftigt, um sich um ihre Leute zu kümmern.

Da eben das Spiel lief, waren die Straßen ziemlich leer. Die Dealer und Zuhälter hatten sich den Abend freigenommen, um ein sehr seltenes Schauspiel mitzuerleben: Die Atlanta Falcons spielten im Superbowl. Da es Sonntagabend war, versuchten die Prostituierten, ihr Geld zu verdienen und den Kirchgängern etwas zu geben, das sie in der nächsten Woche beichten konnten. Einige der Mädchen winkten Michael zu, als er vorbeifuhr. Er erwiderte den Gruß und fragte sich, wie viele zivile Einsatzfahrzeuge hier anhielten, damit die Beamten, nachdem sie der Zentrale durchgegeben hatten, sie würden zehn Minuten Pause machen, ein Mädchen zu sich winken und sich einen blasen lassen konnten.

Gebäude neun befand sich im hinteren Teil der Siedlung, und die bröckelnden Ziegelmauern waren markiert mit dem Logo der Ratz, einer der neuen Gangs, die in die Homes eingezogen waren. Vier Streifenwagen und ein weiteres Zivilfahrzeug standen vor dem Gebäude. Auf den Bewohnerparkplätzen sah er einen schwarzen BMW und einen aufgemotzten Lincoln Navigator, dessen Zehntausend-Dollar-Sportfelgen im Licht der Straßenlaternen golden glänzten. Michael verkniff es sich, das Lenkrad herumzureißen und dem Siebzigtausend-Dollar-Geländewagen ein wenig an den Lack zu gehen. Dass diese Wichser so teure Autos fuhren, machte ihn stocksauer. Im letzten Monat war Michaels Sohn fast zehn Zentimeter in die Höhe geschossen, und alle seine Jeans waren ihm zu kurz, aber neue Klamotten mussten bis zu Michaels nächstem Gehaltsscheck verschoben werden. Tim sah aus, als würde er auf eine Springflut warten, während Daddys Steuerdollars die Miete dieser Ganoven subventionierten.

Anstatt sofort auszusteigen, blieb Michael kurz sitzen, hörte sich noch ein paar Sekunden des Spiels an und genoss einen Augenblick des Friedens, bevor seine Welt auf den Kopf gestellt würde. Er befand sich jetzt seit fast fünfzehn Jahren bei der Truppe, war direkt von der Armee zur Polizei gegangen und hatte zu spät gemerkt, dass es, abgesehen vom Haarschnitt, keinen großen Unterschied zwischen den beiden gab. Er wusste, sobald er ausstieg, würde alles in Gang kommen wie eine Uhr, die zu stark aufgezogen war. Die schlaflosen Nächte, die endlosen Spuren, die nie irgendwohin führten, die Chefs, die ihm im Nacken saßen. Die Medien würden wahrscheinlich auch Wind davon bekommen. Dann hätte er Kameras vorm Gesicht, kaum dass er das Revier verließ; die Leute würden ihn fragen, warum der Fall noch nicht gelöst sei, sein Sohn würde es in den Nachrichten sehen und von ihm wissen wollen, warum die Leute so wütend auf ihn waren.

Collier, ein junger Streifenpolizist mit Armen, die so muskelbepackt waren, dass er sie nicht gerade herunterhängen lassen konnte, klopfte an die Scheibe und bedeutete Michael, sie zu öffnen. Collier machte dabei mit seiner fleischigen Hand eine Kreisbewegung, auch wenn der Junge wahrscheinlich noch nie in einem Auto gesessen hatte, dessen Scheiben sich per Hand herunterkurbeln ließen.

Michael drückte auf den Knopf auf der Mittelkonsole und sagte: »Ja?«, während das Glas nach unten glitt.

»Wer gewinnt?«

»Nicht Atlanta«, teilte ihm Michael mit, und Collier nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. Atlantas letzte Teilnahme am Superbowl lag mehrere Jahre zurück. Denver hatte sie mit 34:19 überrannt.

Collier fragte: »Wie geht’s Ken?«

»Ken geht’s, wie’s Ken geht«, antwortete Michael, ohne näher auf den Gesundheitszustand seines Partners einzugehen.

»Könnten ihn bei dem da brauchen.« Der Streifenbeamte deutete mit dem Kopf in die Richtung des Gebäudes. »Ziemlich unappetitlich.«

Michael behielt seine Meinung für sich. Der Junge war Anfang zwanzig, wohnte wahrscheinlich bei seiner Mutter im Keller und glaubte, er sei schon ein Mann, nur weil er sich jeden Morgen eine Waffe umschnallte.

Michael hatte in der irakischen Wüste schon einige Colliers getroffen, als damals der erste Bush beschloss, dort einzumarschieren. Das waren alles eifrige Jungs mit diesem Funkeln in den Augen, an dem man erkannte, dass sie nicht nur wegen der drei Mahlzeiten und der kostenlosen Ausbildung zur Armee gegangen waren. Sie waren besessen von Pflicht und Ehre, dieser ganzen Scheiße, die sie im Fernsehen gesehen hatten und die ihnen von den Anwerbern eingetrichtert worden war, die sie dann aus der Highschool pflückten wie reife Kirschen. Man hatte ihnen eine technische Ausbildung und Einsätze nur in der Heimat versprochen, so ziemlich alles, was sie nur dazu brachte, auf der gepunkteten Linie zu unterschreiben. Die meisten von ihnen wurden schließlich mit der ersten Transportmaschine in die Wüste geschafft, wo man sie erschoss, noch bevor sie ihre Helme aufsetzen konnten.

Ted Greer kam eben aus dem Gebäude und zerrte an seinem Krawattenknoten, als bräuchte er mehr Luft. Der Lieutenant war für einen Schwarzen ziemlich bleich, da er die meiste Zeit unter Neonbeleuchtung an seinem Schreibtisch saß und auf seine Pensionierung wartete.

Er sah Michael noch im Auto sitzen und runzelte die Stirn. »Hast du heute Nacht Dienst, oder fährst du nur zum Vergnügen durch die Gegend?«

Michael ließ sich Zeit beim Aussteigen. Er zog den Schlüssel erst aus dem Zündschloss, als der Halbzeitkommentar anfing. Es war für Februar ein ziemlich warmer Abend, und die Klimaanlagen in den Fenstern der Hausbewohner summten wie Bienen um einen Bienenstock.

Greer fuhr Collier an: »Haben Sie nichts zu tun?«

Collier war so schlau, einen Abgang zu machen, und drückte dabei das Kinn an die Brust, als hätte er einen Schlag auf die Nase bekommen.

»Verdammte Sauerei«, sagte Greer zu Michael. Er zog sein Taschentuch heraus und wischte sich Schweiß von der Stirn. »Irgendein kranker Perverser hat sie sich geschnappt.«

Das wusste Michael schon von dem Anruf, der ihn von seiner Wohnzimmercouch geholt hatte. »Wo ist sie?«

»Im sechsten Stock.« Greer faltete das Taschentuch zu einem ordentlichen Quadrat zusammen und steckte es in die Tasche. »Den Notruf konnten wir zu dem Telefon da zurückverfolgen.« Er deutete auf die andere Straßenseite.

Michael starrte die Telefonzelle an, ein Relikt aus der Vergangenheit. Inzwischen hatte jeder ein Handy, vor allem Dealer und Zuhälter.

»Frauenstimme«, sagte Greer. »Das Band kriegen wir irgendwann morgen.«

»Wie lange hat es gedauert, bis jemand hier war?«

»Zweiunddreißig Minuten«, erwiderte Greer, und Michael überraschte nur, dass es so schnell gegangen war. Nach Recherchen eines lokalen Nachrichtenteams dauerte es durchschnittlich fünfundvierzig Minuten, bis auf einen Notruf aus Grady reagiert wurde. Krankenwagen brauchten sogar noch länger.

Greer drehte sich wieder dem Gebäude zu. »Bei dem Fall werden wir Hilfe anfordern müssen.«

Michael stellten sich bei diesem Vorschlag die Haare auf. Statistisch war Atlanta eine der amerikanischen Städte mit den meisten Gewaltverbrechen. Eine tote Nutte war kaum ein welterschütterndes Ereignis, vor allem, wenn man wusste, wo sie gefunden wurde.

So sagte er zu Greer: »Also ein Arschloch, das mir sagt, wie ich meine Arbeit tun soll, ist so ziemlich das Letzte, was ich brauche.«

»Dieses Arschloch hier denkt, dass du genau so was brauchst«, entgegnete der Lieutenant. Michael wusste, dass streiten nichts brachte – nicht weil Greer Insubordination nicht zuließ, sondern weil er Michael zustimmen würde, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen, sich dann aber umdrehen und genau das tun würde, was er sowieso wollte.

Greer fügte hinzu: »Der ist echt übel.«

»Übel sind sie alle«, erinnerte ihn Michael, öffnete die hintere Tür seines Autos und holte sein Sakko heraus.

»Das Mädchen hatte keine Chance«, fuhr Greer fort. »Geschlagen, geschnitten, in jedes Loch gefickt, das man sich nur vorstellen kann. Wir haben’s da mit einem echt kranken Wichser zu tun.«

Michael zog sein Sakko an und dachte, dass Greer klang, als wollte er sich für eine Krimiserie bei den Privatsendern bewerben. »Ken ist aus dem Krankenhaus raus. Meinte, man könnte mal vorbeikommen und ihn besuchen.«

Greer murmelte, dass er im Augenblick wahnsinnig viel am Hals habe, trottete dann zu seinem Auto und schaute sich um, als hätte er Angst, dass Michael ihm folgen würde. Michael wartete, bis sein Chef im Auto saß und vom Parkplatz fuhr, bevor er auf das Gebäude zuging.

Collier stand an der Tür, die Hand an der Waffe. Wahrscheinlich glaubte er, er würde Wache halten, aber Michael wusste, dass derjenige, der das...

Erscheint lt. Verlag 23.7.2024
Reihe/Serie Georgia-Serie
Übersetzer Klaus Berr
Sprache deutsch
Original-Titel Triptych
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller • Georgia • Georgia / Atlanta • Georgia reihe • Grant County • grant county reihe • Karin Slaughter • karin slaughter belladonna • Spannung • spannung buch • Spiegel-Bestellerautorin • Will Trent • will trent serie • will trent serie karin slaughter
ISBN-10 3-7499-0799-4 / 3749907994
ISBN-13 978-3-7499-0799-1 / 9783749907991
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