Portugiesische Opfer (eBook)
352 Seiten
between pages by Piper (Verlag)
978-3-377-90152-1 (ISBN)
Maike Braun, geboren 1962 in Reutlingen, studierte Naturwissenschaften in Deutschland, den USA und Großbritannien. Heute lebt sie in Hamburg. Nach mehreren Jahre in der Hirnforschung arbeitet sie als selbstständige Beraterin, Mediatorin und Autorin. Sie verbringt jedes Jahr mehrere Wochen in Portugal, weshalb ihr das Thema Klimawandel und die 'Nationale Meeresstrategie' Portugals besonders am Herzen liegen.
Maike Braun, geboren 1962 in Reutlingen, studierte Naturwissenschaften in Deutschland, den USA und Großbritannien. Heute lebt sie in Hamburg. Nach mehreren Jahre in der Hirnforschung arbeitet sie als selbstständige Beraterin, Mediatorin und Autorin. Sie verbringt jedes Jahr mehrere Wochen in Portugal, weshalb ihr das Thema Klimawandel und die "Nationale Meeresstrategie" Portugals besonders am Herzen liegen.
Kapitel 2
Anruf vom Coronel
Die Familie des Dänen hatte es sich in der Zwischenzeit auf dem Fußboden bequem gemacht, obwohl genügend Stühle für alle vorhanden waren. Der Junge lag auf dem Rücken und spielte auf seinem Tablet. Das Mädchen hatte den Kopf auf den Schoß seiner Mutter gelegt und schlief. Eleanor Stage telefonierte aufgeregt, aber mit gedämpfter Stimme mit jemandem.
Sobald Sé António und Selva den Raum betraten, beendete sie das Gespräch. Sie schob vorsichtig ihre Jacke unter den Kopf des Kindes und stand auf.
»Warum werden wir festgehalten? Ich will mit meinem Mann sprechen.« Sie wirkte erstaunlich gefasst, doch die zusammengepressten Lippen verrieten ihre Anspannung.
Sé António erklärte ihr die Lage. »Das Fell, das wir im Gepäck Ihres Mannes gefunden haben, stammt von einem vom Aussterben bedrohten Luchs. Das ist strafbar.«
»Das ist doch albern. Jan würde nie so etwas tun!« Sie hatte die Stimme erhoben, sodass der Junge kurz aufschaute. Sie bedeutete ihm weiterzuspielen.
»Deswegen wollen wir herausfinden, was passiert ist. Es ist wichtig, dass wir genau nachvollziehen können, wo Sie in den letzten Tagen waren und was Sie gemacht haben«, fuhr Sé António fort.
Die Frau setzte sich an den Tisch und gab widerwillig Auskunft.
Sie hatten den Urlaub an der Algarve verbracht, wie jedes Jahr. Am Montag waren sie mit dem Mietwagen nach Lissabon gefahren, um ein paar Tage dort zu verbringen, bevor sie nach Kopenhagen zurückfliegen wollten. Unterwegs hatten sie einen Halt in einer berühmten Weinkellerei im Alentejo eingelegt und einige Kisten Moscatel gekauft. Gestern war sie mit den Kindern im Ozeanarium, während ihr Mann Geschäftstermine wahrnahm.
»Worum ging es da?«, fragte Selva.
»Eines der Projekte, das die Firma meines Mannes finanziert, befindet sich in Portugal.«
Selva nahm sich vor, Stage später darauf anzusprechen.
»Wer hat Ihre Koffer gepackt?«, fragte Sé António.
»Hören Sie, ich habe keine Ahnung, wer uns das Fell untergeschoben haben könnte.«
»Deswegen ist wichtig«, sagte Selva sanft, »dass Sie uns genau beschreiben, wo sich Ihr Gepäck wann befand. Jedes Detail hilft.«
Eleanor Stage massierte sich die Nasenwurzel. »Mein Mann hat das meiste gepackt«, sagte sie. »Ich habe nochmals das Gepäck der Kinder gecheckt, ob sie auch kein Spielzeug oder Kuscheltier vergessen haben.« Bei dem Wort »Kuscheltier« boxte der Junge seine Schwester in die Seite. Das Mädchen stieß einen Klagelaut aus. Ein Blick der Mutter, und es herrschte wieder Ruhe.
»Niemand hatte Zugang zu unserem Gepäck«, fuhr sie fort, »bis wir ausgecheckt haben. Jemand muss sich im Hotel in den Gepäckraum geschlichen und das Teil im Koffer meines Mannes versteckt haben. Anders kann ich es mir nicht erklären.«
Sie sah Selva aus sehr grünen, geradezu algengrünen Augen an.
»Sie sind nicht direkt nach dem Auschecken zum Flughafen gefahren?«, fragte Selva.
»Wir waren gestern Abend noch weit nach Mitternacht aus. Deswegen haben wir spät gefrühstückt. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, bevor das Buffet abgeräumt wurde«, sagte Eleanor Stage, und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht bei der Erinnerung an den Abend zuvor.
»Also könnte jemand im Hotel an Ihr Gepäck gelangt sein, während sie frühstückten«, schlussfolgerte Sé António.
»Das erscheint mir die plausibelste Erklärung«, antwortete sie.
»Wer könnte ein Interesse daran haben, Ihnen ein Luchsfell unterzujubeln?«
Die Frau schüttelte den Kopf, als sich der Junge auf Dänisch einmischte. Sie hieß ihn still sein. Der Junge redete auf Englisch weiter. Das Mädchen schmiegte sich an seine Mutter und lauschte mit großen Augen seinem Bruder. Selva fragte sich, wie viel das Kind verstand. Dann sagte sie sich, dass es das Wesentliche – der besorgte Blick der Mutter, die trotzige Stimme des Bruders – auch so mitbekam, ohne die Worte zu verstehen.
»Das war der Wildführer«, behauptete der Junge. »Mit dem hat sich Papa angelegt.« Die Mutter griff den Faden auf. »Wir wollten eine Tour im Nationalpark machen, um Wildtiere zu sehen«, erklärte Eleanor Stage. »Jan, also mein Mann, kontaktierte den Wildführer und vereinbarte einen Termin.«
»Wann war das?«, fragte Selva.
»Am Samstag.«
»Also vor vier Tagen«, sagte Selva, was die Mutter nach kurzem Nachdenken bestätigte.
»Wir sind morgens noch in der Dunkelheit aufgebrochen«, fuhr Eleanor Stage fort. »Es war kurz nach drei.« Das Mädchen quakte etwas, und sie strich ihm über das Gesicht. »Ja, du warst noch ganz müde, Schatz.«
Selva wusste, dass fast alle Skandinavier Englisch sprachen, aber dass das bereits auf kleine Kinder zutraf, überraschte sie doch. Eleanor schien die Verwunderung bemerkt zu haben, denn sie sagte: »Ich bin Irin. Ich spreche mit den Kindern zu Hause Englisch.«
»Ach ja, von wo?«, fragte Sé António. »Ich habe als junger Mann für ein halbes Jahr in der Nähe von Dublin bei einem Tierarzt ein Praktikum gemacht.« Zum ersten Mal an diesem Morgen verlor seine Stimme ihre klirrende Kälte.
Er und Eleanor Stage tauschten ein paar kompliziert klingende Namen aus, bis sich Sé António wieder auf seine Aufgabe besann.
»Wie hieß der Wildführer?«, fragte er.
Eleanor Stage erinnerte sich nicht mehr genau. »Er hat sich lediglich mit seinem Vornamen vorgestellt. Raúl oder Rúbio, irgendetwas mit R«, sagte sie.
»Haben Sie vielleicht seine Mobilnummer?«, hakte Selva nach.
»Die müsste Jan haben«, antwortete die Frau. Sé António tippte auf Selvas Notizblock und sagte leise auf Portugiesisch zu ihr: »Check das nachher mal.«
»Die Fahrt dauerte fast zwei Stunden«, fuhr die Frau fort, »und führte erst auf der Autobahn bergan und dann weiter auf kleineren Straßen durch überwiegend waldiges und dünn besiedeltes Gebiet.«
Das Mädchen sagte etwas zu seiner Mutter, und sie übersetzte. »Genau, dir ist einmal übel davon geworden, weil die Straße plötzlich so kurvig war.« Bei der Erinnerung an die Fahrt schmiegte sich das Kind noch enger an seine Mutter. »Bis wir endlich unsere Wanderstiefel angezogen, die Wasserflaschen umgeschnallt und unsere Ferngläser eingestellt hatten, brach schon fast der Tag an.«
Sie waren durch den Wald gestapft und hatten nach Tieren Ausschau gehalten. »Es war recht felsig. Man musst aufpassen, wo man hintrat, damit man nicht ausrutschte oder stolperte.« Ihr algengrüner Blick war auf die Erinnerung gerichtet. »Der Wald bestand vor allem aus Korkeichen, doch hin und wieder roch es nach Eukalyptus. Der Wildführer meinte, noch halte man den Wildwuchs dieser eingeschleppten Bäume unter Kontrolle.«
»Schön wär’s«, murmelte Sé António auf Portugiesisch.
»Aber außer ein paar Krähen gab es da nichts, nada«, meldete sich plötzlich der Junge und spuckte das portugiesische Wort geradezu aus.
»Es waren Blauelstern«, korrigierte ihn seine Mutter, bestätigte aber den Kern der Aussage. »Jan war sauer. Er wollte das vor den Kindern nicht rauslassen, da sie sowieso schon enttäuscht waren.«
»Ich nicht«, quakte das Mädchen dazwischen.
»Das stimmt, Schatz. Du nicht, du hast dich über das Zwitschern der Vögel gefreut.«
»Der Kerl hat uns an der Nase herumgeführt«, sagte der Junge und stampfte mit dem Fuß auf.
Die Mutter ermahnte ihn. Er setzte sich wieder.
»Die Rückfahrt dauerte gefühlt doppelt so lang wie die Hinfahrt«, fuhr sie fort, »was natürlich auch an der Enttäuschung lag.«
»Was hat der Wildhüter dazu gesagt, dass sie keine Luchse gesehen haben?«, fragte Selva.
Eleanor Stage zuckte mit den Achseln. »Nichts, er faselte etwas von ungünstiger Witterung. Es war klar, dass er log. Jan hat ihm dann auch nur hundert Euro, die Hälfte des vereinbarten Geldes, gegeben und ist weggefahren.«
»Wie hat der Wildhüter darauf reagiert?«
Sie zögerte mit einer Antwort. »Er ist handgreiflich geworden. Er hat Jan am Revers gepackt und ihn angebrüllt.«
»Ich bin ihm in den Arm gefallen und habe Papa verteidigt«, sagte der Junge stolz. Eleanor Stage sagte etwas zu dem Jungen auf Dänisch, woraufhin er sich...
Erscheint lt. Verlag | 27.6.2024 |
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Reihe/Serie | Selva Klimt ermittelt |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | analystin • Bücher für den Strand • Klima • Klimakrimi • Klimawandel • Krimi • Krimi für den Urlaub • Küste • Leiche • Lissabon • Meer • Mord • Nelkenrevolution • Porto • Portugal • Romane für den Sommer • Sommer • Strand • Toter • Umwelt • Umweltschutz • Urlaub • Verschwörung • Wasserstoff • Writers 4 Future |
ISBN-10 | 3-377-90152-3 / 3377901523 |
ISBN-13 | 978-3-377-90152-1 / 9783377901521 |
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