Dorian Hunter 148 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6762-0 (ISBN)
»Wer bist du?«, fragte Abi und drückte die Mündung der Waffe noch stärker gegen den Körper des Vampirs.
»Ich heiße Wasa, Gorun Wasa«, ächzte der Dämon.
»Warum wolltest du mich umbringen?«
Der Dämon stieß ein blechernes Lachen aus. »Denk mal zurück. Denk an Gudrun, deine erste Frau, dann ...« Gorun Wasa redete nicht weiter. Er hatte gemerkt, dass Abi innerlich zu Eis geworden war.
»Gudrun«, flüsterte der Däne ...
Eine dämonische Intrige führt den Dänen Abi Flindt, einen Mitstreiter des Dämonenkillers, in die Abgründe seiner persönlichen Vergangenheit.
Ein besonderer Leckerbissen, den ihr auf keinen Fall verpassen dürft: JOHN SINCLAIR-Schöpfer Jason Dark höchstpersönlich gastiert mit seinem Roman »Die Vampir-Familie« bei DORIAN HUNTER!
1. Kapitel
Einer der fünf Vampire gurgelte auf. Mit seiner Beherrschung war es vorbei. Er war der Erste, der sich auf das Mädchen stürzte. Gierig und ausgehungert biss er zu. Dann kamen die anderen, sie rissen ihren Bruder weg, um endlich auch an den begehrten Lebenssaft zu kommen.
Das Mädchen merkte nichts mehr davon. Eine gnädige Ohnmacht hatte sie schon vor dem ersten Vampirbiss umfangen und von den Schrecken erlöst.
Fünf Augenpaare starrten auf den leblos am Boden liegenden, blutleeren Frauenkörper.
»Ah – es tat gut«, sagte Ralf Wasa und wischte sich nachträglich noch einen Blutfaden von seinem knochigen Kinn.
»Ja, es war wie früher«, erwiderte Gorun, Ralf Wasas Bruder, und stieß dabei ein leises, glucksendes Lachen aus.
Die fünf Dämonen waren Brüder. Sie gehörten einem Vampirclan an. Allerdings einem vom alten Schlag. Sie suchten sich ihre Opfer noch bei Vollmond aus, denn die Nacht war ihr Freund. Sie hatten sich kaum der neuen Zeit angepasst. Es gab sogar schon Artgenossen, denen machten die Strahlen der Sonne kaum noch etwas aus. Sie jedoch – die fünf der Wasafamilie – waren konservativ geblieben und wollten es auch bleiben. Sie kleideten sich sogar dementsprechend. Die Anzüge schienen noch aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen. Vier von ihnen trugen Hemden mit steifem, hohem Kragen. Die Hosen schlotterten um die ausgemergelten Körper, und mit ihren Gesichtern konnten sie kleinen Kindern Angst einjagen. Sie glichen sich fast alle. Tief lagen die Augen in den Höhlen. Die Haut war faltig, erinnerte an brüchiges Leder und war dazu bleich wie ein fahler Vollmond in der Winternacht. An den Fingergelenken stachen die Knochen weiß und spitz hervor, und die hohlen Gesichtswangen verstärken den schaurigen Eindruck noch. Die Wasa-Sippe gehörte zwar zur Schwarzen Familie, doch sie war eines der untersten Glieder in der Dämonenhierarchie. Sie gehorchten natürlich Luguri, dem Oberhaupt der Schwarzen Familie, doch sie hätten sich nie angeboten, einen Auftrag für ihn auszuführen. Nein, sie wollten unter sich bleiben und sich hin und wieder ein Opfer holen, wie dieses blondhaarige Mädchen, das ihnen in der Nähe eines einsamen Dorfes in die Finger gefallen war.
»Wann kommen die alten Zeiten wieder?«, fragte Ondin Wasa. Dabei fletschte er sein Vampirgebiss und rollte mit den Augen.
»Nie mehr«, antwortete sein Bruder Ove. »Die Zeiten sind endgültig dahin, und wir müssen uns damit abfinden.«
Ove war der Anführer der Wasa-Brüder. Was er sagte, das führten die anderen aus. Und er war es auch gewesen, der sie zu diesem Treffen in der alten Gruft eingeladen hatte. Dies geschah nicht oft, aber wenn es passierte, musste es einen besonderen Grund geben. Nur hatte bisher noch keiner seiner vier Brüder danach gefragt. Ove Wasa kam von selbst auf das Thema zu sprechen. Er hatte sich von den anderen etwas abgesondert, stand so, dass er sie ansehen konnte. Zwei Kerzen erhellten die Gruft. Sie waren aus Leichenfett gedreht worden und verbreiteten einen für menschliche Geruchsnerven unausstehlichen Gestank. Die Flammen brannten ruhig. Nur manchmal bewegten sie sich und übergossen die fahlen Gesichter der Vampire mit ihrem zuckenden Schein.
»Es geht um ihn«, sagte Ove Wasa.
Das Aufstöhnen seiner Brüder zeigte ihm, dass diese genau wussten, wer gemeint war.
»Du hast ihn gesehen?«, fragte Gorun Wasa.
»Ja, ich habe ihn in den letzten Monaten beobachtet.«
»Wo?«
»Das wirst du noch zu hören bekommen, Gorun. Aber jetzt wieder zu ihm. Wie ich schon erwähnte, die Zeit ist reif. Wir können zuschlagen. Und wir werden es tun. Er befindet sich momentan in einer Situation, die für uns ideal ist. Er zweifelt an sich selbst, denkt immer an seine Vergangenheit und ist deshalb leichter zu überwältigen. Wir werden keine Schwierigkeiten haben. Die ersten Fäden habe ich bereits geknüpft.«
Die vier Zuhörer nickten andächtig. Dann fragte Asgard Wasa: »Wie sollen wir es machen?«
Ove lachte. »Nicht wir. Einer von uns reicht.«
»Und wer wird die Aufgabe übernehmen?«, wollte Ralf wissen.
»Das soll das Los entscheiden.« Ove griff in seine Hosentasche und holte vier präparierte Zündhölzer hervor. »Wer das kürzeste zieht, hat gewonnen.«
Die Vampire drängten sich danach, die Zündhölzer zu ziehen. Dann hielten sie die Stäbchen in den Händen. Ove Wasa verglich genau. Gorun hatte das kürzeste Zündholz gezogen. Er war der Rächer!
Ove legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter. »Vergiss nicht, was er uns angetan hat«, sagte er im Verschwörerton. »Dir obliegt jetzt die Aufgabe, unsere Sippe zu rächen und die Schmach von dem Namen Wasa abzuwaschen.«
Gorun Wasa nickte feierlich. »Ich werde diese mir gestellte Aufgabe bewältigen«, sagte er. »Sein Blut wird mir besonders gut munden.« Bei dem Stichwort warf er einen Blick auf das am Boden liegende Mädchen. »Was machen wir mir ihr? Sie ist jetzt eine von uns.«
Ove Wasa lächelte. »Sie ist ein besonders wichtiges Glied in der Rachekette. Sie wird uns nämlich zu ihm hinführen ...«
Ira Marginter, die blonde, bildhübsche Kölnerin mit der tollen Figur, blieb überrascht stehen, als Abi Flindt aus seinem Zimmer trat.
Abi hob die Augenbrauen, zog die Tür ins Schloss und fragte: »Ist etwas?«
Ira musterte den hochgewachsenen Dänen prüfend. Er hatte sein blondes Haar sorgfältig gekämmt und eine leichte Windbluse über das Sommerhemd gestreift. Seine sonst kalt wirkenden blauen Augen hatten einen gewissen Schimmer, den Ira schon mehr als einmal bei Männern gesehen hatte. Und zwar bei Männern, die verliebt waren. Sollte Abi Flindt etwa ...
Kaum vorzustellen.
Ira räusperte sich. »Du willst weg?«
»Ja.«
»Jetzt noch?«
Abi schüttelte verwundert den Kopf. »Sag mal, bist du mein Kindermädchen?«
»Entschuldigung.« Ira Marginters Gesichtsausdruck verschloss sich. »Wenn ich da an die letzten Wochen und Monate denke ...«
»Ja, ja, schon gut. Du hast recht.« Abi winkte ab. Er wusste selbst, was im vergangenen halben Jahr geschehen war.
Seit seiner Rückkehr aus der Sowjetunion hielt er sich auf Castillo Basajaun auf. Neljas Tod war ihm sehr nahegegangen. Es hatte Abi einen Schock versetzt, dass Nelja von den Janusköpfen beeinflusst worden war und schließlich von Luguri, dem Erzdämon, getötet wurde. Dieser Vorfall hatte Abi noch mehr verbittert, und die fixe Idee, dass es ihm nicht vergönnt war, eine Frau glücklich zu machen, hatte sich in ihm festgesetzt. Abi war noch schweigsamer und verbitterter geworden. Hinzu kam, dass Dorian Hunter und Coco Zamis ihn auf die Suche nach ihrem gemeinsamen Sohn nicht mitgenommen hatten. Abi war sich überflüssig vorgekommen. Beinahe hätte er wie Burian Wagner gehandelt und Castillo Basajaun kurzerhand verlassen, aber dann hatte er in den Pyrenäen einem Dämon das Handwerk gelegt, und kurz darauf hatte er in San Sebastian einen Werwolf gejagt. Aber das waren alles keine großen Taten gewesen. Abi hatte sie gewissermaßen mit der linken Hand erledigt. Er war ein Typ, der immer im Einsatz sein musste, weil er im Innendienst versauerte. Er musste hautnah mit den Dämonen kämpfen und ihnen den Garaus machen.
Und, zum Teufel, es war in der Zwischenzeit allerhand passiert. Martha Pickford, die Haushälterin aus der Jugendstilvilla, war gestorben. Sie hatte sich praktisch für Cocos Kind geopfert. Hideyoshi Hojo war nach Marthas Tod sofort nach London geflogen, um Trevor Sullivan etwas zur Hand gehen zu können. Trevor hatte die Geschehnisse in New York auch nicht ohne Blessuren überstanden.
Genau wie Dorian und Coco, die auf Jeff Parkers Yacht ›Sacheen‹ irgendwo im Bermuda-Dreieck kreuzten, um den Rätseln dieses Gebietes auf die Spur zu kommen.
Vielleicht hätte Abi das Castillo Basajaun trotzdem verlassen, wenn da nicht ein Mädchen namens Isabell gewesen wäre. Er hatte sie zum ersten Mal in Andorra la Vella gesehen, sie dann zufällig wieder getroffen und plötzlich Feuer gefangen. Isabell hatte es sogar geschafft, ihn Nelja vergessen zu lassen und das Trauma, unter dem Abi litt, zu verringern. Abi Flindt hatte den anderen auf dem Schloss nichts erzählt. Das war eine Sache, die nur ihn und Isabell etwas anging. Vorläufig jedenfalls.
Abi lächelte bei dem Gedanken an das Mädchen, und Ira Marginter, die den Dänen die gesamte Zeit prüfend beobachtete, bemerkte es wohl.
»Willst du mir denn nicht wenigstens ihren Namen sagen?«, fragte sie.
Abi schreckte aus seinen Gedankengängen. »Wieso? Wie kommst du darauf?«
»Ich bitte dich!« Iras Stimme klang ein wenig vorwurfsvoll. »Das merkt man doch, dass mit dir etwas nicht stimmt. Das meine ich natürlich im positiven Sinne.«
»Okay, ja, ich kenne da jemand ...«
»Und du hast ein Rendezvous?«
Abi nickte.
»Dann wünsche ich dir viel Spaß. Wo seid ihr denn...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2024 |
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Reihe/Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7517-6762-2 / 3751767622 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6762-0 / 9783751767620 |
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