Tom Prox 146 (eBook)

Menschenfracht aus Mexiko

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6750-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tom Prox 146 - Alex Robby
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Seit einiger Zeit häufen sich die Schreckensmeldungen. Im Golf von Mexiko ist eine Reihe von Schiffen gesunken, und nahe dem texanischen Galveston werden immer wieder tote Mexikaner angeschwemmt, offensichtlich Opfer dieser Schiffbrüche. Und tote Mexikaner, die gibt es auch im Grenzland von Mexiko und Arizona. Bloß sind diese Toten nicht ertrunken, sondern in der Wüste verdurstet oder sogar ermordet worden.
Für Tom Prox ist schnell klar, dass es einen Zusammenhang geben muss. Wie groß das Verbrechen und die Organisation, die dahintersteckt, aber tatsächlich sind, das kann der Captain der Ghost Squad zunächst nicht einmal ansatzweise ahnen. Schon bald aber soll er am eigenen Leib erfahren, dass diese Gangster vor nichts zurückschrecken. Buchstäblich bis zum Hals und darüber hinaus wird dem Ghostchef dann das Wasser stehen ...

4. Kapitel


Drei Tage nach diesen Ereignissen hatten sich die Wogen der Erregung immer noch nicht geglättet. Entlang der ganzen Küste von Brownsville bis Galveston herrschte Panikstimmung.

Der »Galveston-Observer« erschöpfte sich in langatmigen Vorwürfen gegen die Regierung und die neuen Verordnungen, welche die armen illegalen Zuwanderer gezwungen hatten, sich verbrecherischen Elementen anzuvertrauen, um so ins Innere des »gelobten Landes« zu gelangen. Dagegen wiederum liefen die Gewerkschaftsblätter Sturm und wiesen darauf hin, dass Tausende Einheimischer erwerbslos geworden seien, seit die mexikanischen Illegalen sich auf den Farmen für weit niedrigere Tarife verdingten.

So standen die Dinge, als drei Tage nach dem Anschwemmen der ertrunkenen Mexikaner ein merkwürdig gekleideter Gent in die kleine Hafenbar »Zur flotten Nixe« trat. Aus dem Innern des Lokals, welches in den Abendstunden immer gut besucht war, schlug ihm erregtes Stimmengewirr entgegen, das von Gelächter unterbrochen wurde.

Der Mann schüttelte den mit einem feierlichen Zylinder geschmückten Schädel und stakte steifbeinig die Kellertreppe hinunter. Unten angekommen, zog er würdevoll seine Kopfbedeckung und ließ sich an einem der runden Tische nieder.

Die Geste mit dem Zylinder und das ganze Aussehen des Fremden ließ die Gespräche der Männer augenblicklich verstummen. Sekundenlang starrten die Matrosen, Fischer und Hafenarbeiter entgeistert auf den neuen Besucher. Dann brach ein Lachen los wie ein Orkan.

»Männchen, du hast dich wohl verlaufen!«, meinte ein untersetzter Seemann, und sein koboldhaftes Gesicht verzog sich zu einem amüsierten Grinsen. »Hier ist die Bar ›Zur flotten Nixe‹ – und kein Beerdigungsinstitut!«

Unter dem Toben der Anwesenden näherte sich der feiste Wirt dem komischen Gast. Eusebio Machio war mexikanischer Abstammung, besaß aber die Schenke bereits seit Jahren und zählte längst zu den alteingesessenen Bewohnern von Galveston. Nur sein gelbliches Gesicht und die großen, blitzenden Ohrringe ließen erkennen, wo seine Wiege gestanden hatte.

»Der Señor wünschen?«

In diesem Moment herrschte vollkommene Ruhe. Jeder spitzte die Ohren, um zu hören, was sich der Gent im karierten Paletot, den gestreiften Hosen und den Lackschuhen bestellen würde.

»Ein Glas Milch, wenn es recht ist!«, bestellte der Gast kleinlaut. »Und geben Sie bitte einen tüchtigen Esslöffel Bienenhonig hinein!«

»Milch, hahaha!«, meckerte der kleine Seemann. »Er säuft tatsächlich Kuhsaft wie ein richtiger Säugling!«

Solche und ähnliche Zurufe flatterten von allen Seiten auf den unbekannten Gent hernieder, der sich jetzt sogar am Gespräch beteiligen zu wollen schien. Er zerrte ein Monokel hervor, klemmte es entschlossen vor sein linkes Auge und musterte die Leute wie einen Haufen dressierter Mantelpaviane.

»Das, was Ihr Kuhsaft nennt, Kleiner, ist sicher das nahrhafteste Getränk, was es gibt«, sagte er im Ton eines Reklamechefs. Er nahm das Einglas wieder ab, erhob sich halb und machte einen Kratzfuß. »Übrigens, wenn die Herrschaften gestatten, mein Name ist Hyronimus Sebastus Knickebein!«

»Hyronimus?« Der kleine Seemann presste die Fäuste gegen seinen Bauch, um einen neuerlichen Lachanfall besser zu überstehen. »Ist das ein Name – oder ein Titel?«

»Knickebein, bitte«, korrigierte der Angeredete salbungsvoll. Dann wurde sein Blick starr, und er griff rasch in das Milchglas hinein. Alle sahen, dass er ein Hühnerei aus der Milch fischte. »Warum legen Sie mir denn Eier hinein?«, erkundigte Knickebein sich verwundert bei Eusebio, der fühlte, wie sich seine Haare sträubten.

»Die sollten Sie lieber braten, Wirt!«, kicherte der merkwürdige Gast und holte nun ein halbes Dutzend Eier aus dem Glas.

Ringsum erhob sich verblüfftes Raunen. »Donnerwetter!« – »Caramba!«

»Du sollst nicht fluchen!«, mahnte Knickebein salbungsvoll. Dabei zog er eine Taschenuhr aus dem Glas, schüttelte sie einmal kräftig und horchte gespannt nach dem Ticken. »Ja, sie ist wasserdicht!«

Sämtliche Gäste machten kreisrunde Augen.

Knickebein redete weiter: »Ihr sollt wissen, dass ich nicht umsonst hier bin. Zurzeit bereise ich den ganzen Staat Texas, um Vortragsabende zu halten. Es handelt sich dabei um etwas, das neuerdings tief gesunken ist!«

»Er meint die vier gesunkenen Seelenverkäufer der Blacksmith Trade-Company, Leute!« Der Kapitän grinste.

Hyronimus schaute ernst aus. »Ich rede nicht von Schiffen, obwohl Sie«, er stierte auf den Kapitän, »weidlich mitgeholfen haben, dass die Dampfer untergingen. No, jetzt rede ich erst mal von der Moral. Das ist nicht etwa ein seltsames Gewächs, sondern ein Sammelsurium von edlen Charaktereigenschaften, die hier allerdings seltener sind als afrikanische Nilpferde.«

Er steckte sämtliche Eier in seine ausgebeulten Taschen und horchte in sich hinein.

»Komisch!«, murmelte er. »Indeed, komisch!« Er nahm den Zylinder ab, griff hinein und holte mit ärgerlichem Gesicht ein weiteres halbes Dutzend Eier aus dessen Innerem.

»Was kannst du denn noch?«, erkundigte der Kapitän sich, dem der seltsame Kerl langsam unheimlich wurde.

»Eine ganze Menge«, war die Antwort. »Schießen, mit den Ohren wackeln und wahrsagen!«

»Zuerst das Schießen!«, grunzte sein Gegenüber lässig.

»Hat jemand zufällig einen Revolver da?«, fragte Knickebein in einem Ton, als erkundigte er sich nach dem Vorhandensein eines Aquariums. Es zeigte sich, dass die meisten Anwesenden einen Revolver mit sich herumschleppten. Der eigenartige Prediger nahm einen schweren Colt entgegen, wog ihn abschätzend in der Hand und spähte zuletzt etwas misstrauisch in die Mündung der Waffe. Diese Gesten waren nicht dazu angetan, das Vertrauen in seine Schießfertigkeiten zu festigen.

»Drückt man hier?«, forschte Knickebein todernst und deutete auf den Abzug.

»Yes!«, schmunzelte ein Hafenschlepper verächtlich. »Aber du musst den Lauf nach vorn halten.«

»Also so.« Er hob den Colt an und zielte auf eine Zierleiste oberhalb des Flaschenschranks. Jeder sah, dass dort drei fingernagelgroße Knöpfe prangten, aber als der merkwürdige Mensch im Paletot abgedrückt hatte, waren sie fort, einfach wegrasiert!

»Thunderstorm!«, ächzte der Kapitän. »Er kann tatsächlich schießen!«

Knickebein lachte freundlich und gab dem Matrosen die Waffe zurück.

»Nun mit den Ohren wackeln!«, kommandierte der Kapitän grinsend. Augenblicklich begannen die Horchgeräte des Paletotträgers zu vibrieren.

»Habe ich nicht behauptet, dass der Kerl ein Esel ist?«, wieherte einer aus dem Hintergrund.

»Du solltest nicht so viel reden!«, brummte Knickebein grimmig. »Pass lieber auf deine Sachen auf!« Er griff in die Hosentasche und zog eine Schnupftabakdose hervor. »Oder gehört dir dieses Ding hier nicht?«

»Verdammt!« Der Gescholtene stürzte herbei und riss ihm die Dose aus der Hand.

»Jetzt das Wahrsagen, Langer!«, erinnerte der Kapitän und stellte sich dicht vor dem Prediger auf. »Fang an!«

Knickebein murmelte beschwörend: »Einmal im Kreis herum, Feuer hinein, Feuer heraus, schnibedibabedibumm!«

»Er hat den Teufel im Leib!«, stammelte jemand aus einer Ecke heraus. Es sollte aber noch weit schlimmer kommen.

»Du bist Kirk Dumbford!«, begann Knickebein mit Grabesstimme. »Bist dreiundsechzig Jahre alt, warst zweimal verheiratet und hast insgesamt neunzehn Jahre ,Staatspension' bezogen!«

»Stimmt!«, bestätigte Dumbford verdattert.

»Du hast dir niemals Mühe gegeben, ein anständiges Leben zu führen«, setzte der Prediger in der Tonart eines heulenden Derwisches fort. »Schon mit dreizehn Jahren bist du von zu Hause ausgerissen. Aber man fing dich wieder ein und brachte dich in eine Erziehungsanstalt! Dort begannst du, finstere ...«

»Gerechter Himmel!« Der alte Sünder zitterte wie Espenlaub. »Woher kennen Sie mich, mein Herr?«

Seeleute und alle, die mit dem Meer zu tun haben, sind von Natur aus sehr abergläubisch. Kein Wunder, dass die Anwesenden, welche ja sämtlich an den Klabautermann glaubten, von Gruseln überfallen wurden. Das, was ihnen hier vorgeführt wurde, war dazu angetan, sie die Fassung verlieren zu lassen.

»Du bist ein Bösewicht, Kirk Dumbford!«, jaulte Knickebein hohl. »Erst vor Kurzem hast ...«

»Hier nicht!« Kirk Dumbford wurde es schwül, als er daran dachte, was alles hinter ihm lag. Auf keinen Fall durfte der Dürre das vor den Anwesenden auspacken. Immerhin gab es einige darunter, denen man nicht weit trauen konnte. Trotzdem war der Alte neugierig. Wenn jemand die Vergangenheit erkennen konnte, würde es ihm vielleicht auch möglich sein, in die Zukunft zu schauen. Und da Kirk Dumbford von dieser noch einiges erwartete,...

Erscheint lt. Verlag 20.4.2024
Reihe/Serie Tom Prox
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • billy-jenkins • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • gf unger • G. F. Unger • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Unger • Western • western-bestseller • Western-roman • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6750-9 / 3751767509
ISBN-13 978-3-7517-6750-7 / 9783751767507
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