Dorian Hunter 147 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6761-3 (ISBN)
In einer mondlosen Nacht sank ein dreizehnter Toter in die bunte Wunderwelt des Korallenriffs herab.
Die zwölf Skelette gerieten in große Erregung und raunten und wisperten.
»Der Dreizehnte ist gekommen. Jetzt sind wir vollzählig.«
»Dreizehn, dreizehn, die magische Zahl!«
»Seht nur, wer es ist! Ausgerechnet er, an dem wir uns furchtbar rächen wollten ...«
Edgar Brian Simon, der Geldgeber von Jeff Parkers Bermuda-Expedition, möchte sich auf seiner Privatinsel von den Fortschritten berichten lassen. Doch dort werden zugleich der Januskopf Pyko und unheimliche Rächer aus dem Totenreich aktiv ...
1. Kapitel
Weitere Tote waren dem ersten in kurzen Zeitabständen gefolgt: sechs Männer und fünf Frauen. Alle waren mit den Füßen in Betonquader eingemauert, und auf ihren Gesichtern spiegelte sich ein Ausdruck des Grauens. Die Raubfische des Riffs, die sonst alles fraßen, machten einen Bogen um sie. Es war etwas Unheimliches an diesen Toten, die sich in einem Kreis auf dem Meeresgrund gruppiert hatten. Ihre Skelette blieben aufrecht im Wasser stehen. Sie bewegten sich, auch ohne die Strömung und Gezeiten. Ein Wispern und Raunen umgab sie.
In einer mondlosen Nacht sank der dreizehnte Tote herab. Ein Mann mit rotem Haar, rotem Schnurrbart und einem ausdrucksvollen Gesicht. Er war mit einem blauen Hausmantel aus Samt bekleidet, der über dem Herzen eingestickte, goldene Initialen trug. Seine Augen fehlten. Auch seine Füße steckten in Spezialbeton, der unter Wasser rasch hart wurde.
Die zwölf Skelette gerieten in große Erregung und raunten und wisperten.
»Der Dreizehnte ist gekommen. Jetzt sind wir vollzählig.«
»Dreizehn, dreizehn, die magische Zahl!«
»Seht nur, wer es ist! Ausgerechnet er, an dem wir uns furchtbar rächen wollten. Er ist gestorben wie wir.«
»Er ist tot und doch nicht tot, und wir sind tot und doch nicht tot. Wir müssen ihn in unseren Kreis aufnehmen, sonst erreichen wir die magische Zahl nicht. Das Leben liegt weit hinter uns. Jetzt beschäftigen uns andere Dinge. Die Rache an ihm hätte uns nur befriedigt, solange er noch lebte.«
»Und jetzt? Und jetzt?«
»Wir werden sehen«, wisperte und raunte es. »Er soll uns berichten. Mörder – unser Mörder – willkommen in unserer Mitte!«
Unnatürliche Kräfte hatten den Betonbrocken mit dem Toten über dem Meeresgrund angehalten. Jetzt schwebte er herab, in die Mitte des Kreises der Toten. Noch konnten sie mit ihm keine Verbindung aufnehmen, aber bald würde der letzte Fleischfetzen von seinen Knochen sich ablösen. Dann würde er vollständig zu einem der Ihren geworden sein.
Dass Jennifer Simon noch lebte, betrachteten wir alle als ein Wunder. Die Ereignisse in der Unterwasserhöhle lagen gerade vierundzwanzig Stunden zurück. Jetzt würde es ruhiger zugehen – dachten wir.
Ich saß mit Coco und drei von den anderen in der großen Salonkabine bei einem späten Frühstück. Da trat Jeff Parker zu uns – leger angezogen, die Kapitänsmütze auf dem kahlen Kopf.
»Gerade ist ein Funkspruch vom alten E.B.S. eingegangen«, sagte er. »Er scheint Schwierigkeiten auf seiner Privatinsel zu haben, denn er fordert uns auf, schleunigst hinzukommen. Er wollte auch wissen, wie wir mit der Erforschung der Rätsel im Bermuda-Dreieck vorankommen.«
Mir schmeckten mein Toastbrot und die Eier mit Schinken nicht mehr, als ich an unseren Aufenthalt in der Dimension der Protoplasmamonstren dachte.
»Was hast du ihm geantwortet?«
»Dass Verschiedenes vorgefallen wäre. E.B.S. hat die Position seiner Insel bekannt gegeben. Unsere Verletzten können dort medizinisch versorgt werden. Wir laufen in einer halben Stunde aus. Dass der Spuk auf Catfish Island beseitigt ist, habe ich E.B.S. auch mitgeteilt.«
»Was ist mit dem Aluminaut, unserem Forschungsunterseeboot, das in Nassau auf der Werft liegt?«
»Soll von einem Schleppschiff zu seiner Insel gebracht werden. Er übernimmt die Kosten.«
Jeff nannte die Position der Privatinsel. Sie lag in der Nähe der Bahamainsel Great Abaco. Mit unserer schnellen Jacht konnten wir sie gegen Abend erreichen. Ich hatte keine Einwände dagegen, die E.B.S.-Insel anzulaufen. Auch Coco sagte kein Wort. Über die angeblichen Schwierigkeiten von E.B.S. hatte Jeff kein Wort verlauten lassen. Ich hoffte sehr, dass es nicht um übernatürliche Dinge ging, denn ich wollte nichts als Ruhe und Frieden. Ich war zwar als der Dämonenkiller bekannt, doch zurzeit wünschte ich mir sehnlichst, diesen Namen nie errungen zu haben. Alles, was ich wollte, war, ein ganz normales Leben irgendwo mit Coco und Martin zu führen und einen Beruf auszuüben, der mich interessierte und der mir einen für die Ansprüche des Normalbürgers ausreichenden Verdienst bescherte. Aber das sollte nicht sein. Mein Schicksal hatte sich entschieden, als ich 1484 als Baron de Conde einen Pakt mit Asmodi geschlossen hatte. Viele Leben hatte ich seither gelebt, und keines war ruhig und friedlich verlaufen.
An diesem sonnigen Morgen kam ich mir sehr alt vor. Dabei war ich in diesem Leben erst Mitte dreißig.
Coco merkte anscheinend, wie mir zumute war, denn sie rückte näher an mich heran. Ich spürte die Berührung ihres Körpers, roch den frischen Duft, der von ihr ausging, und sah in ihre dunkelgrünen Augen. Sie war das Beste, was mir in allen meinen Leben je begegnet war. Mit einer Gefährtin und Geliebten wie ihr hatte das Leben einen Sinn, auch wenn es manchmal sehr aufreibend war. Ohne sie wäre ich sehr einsam und verzweifelt gewesen. Wenn ich sie ansah, fühlte ich mich gleich ganz anders und viel besser.
Pyko hatte nach seinem doppelten Fehlschlag gerast und getobt. Dem Dämonenkiller und seinen Gefährten war es gelungen, lebend jener schrecklichsten aller Horrordimensionen, die schon so viele Schiffs- und Flugzeugbesatzungen im Bermuda-Dreieck verschlungen hatte, zu entrinnen. Darüber hinaus hatten sie auch noch die beiden Mutare Hayzooz und Cazzoon getötet.
Pyko konnte es nicht fassen. Er überlegte lange, was er tun sollte. Schließlich überwand er seinen Stolz und stellte aus seiner Kalksteinhöhle eine magische Verbindung zu seinen fünf Artgenossen her.
Die Zugänge der Kalksteinhöhle lagen unter Wasser. Ein schwarzer See, auf dem hässliche Wasserspinnen mit fingerlangen Beinen herumliefen, bedeckte die Hälfte des Höhlengewölbes. Skelettknochen von längst ausgestorbenen Riesenechsen lagen auf bleichen Kalksteinklippen.
Pyko passte mit seinem Januskopf und seinem langen, schwarzen Gewand, das innen düsterrot abgefüttert war, gut in diese Umgebung. Das vordere Gesicht des Januskopfes wirkte wie ein stilisierter Totenschädel und hatte einen leichten Stich ins Grünliche. Die Augenhöhlen waren leer, die Stirn trug ein V-Zeichen, so wie der Teufel auf alten Gemälden, und ein lila Schein, der gewiss kein Heiligenschein war, begrenzte die hohe Stirn.
Pyko saß auf einer Kalksteinklippe, hielt einen Totenschädel in der Hand und schaute über das schwarze Wasser. Ein unheimlicher rötlicher Schein erhellte die große Höhle. Pykos Magie hatte dieses Licht erzeugt. Pyko brauchte den Totenkopf, um die Verbindung zu seinen Artgenossen herzustellen. Was er dachte, wurde allen gleichzeitig übermittelt; und natürlich konnte Pyko seinerseits auch Gedanken und Äußerungen seiner Genossen empfangen.
Der Dämonenkiller wird mir allmählich unheimlich, dachte Pyko. Nie hätte ich geglaubt, dass er aus der Schreckensdimension herausfindet. Das ist keinem Januskopf je gelungen. Nur ein paar magische Botschaften – letztes Vermächtnis von unglücklichen Brüdern – informierten uns über die Zustände dort. Dorian Hunter besitzt außergewöhnliche Fähigkeiten, von denen sogar wir noch profitieren könnten.
Vielleicht hat er nur Glück gehabt, wandte der Januskopf Ogliv von seinem Stützpunkt irgendwo auf der Welt ein.
So viel Glück gibt es nicht, übermittelte Xeno. Ihr wisst genau, dass es die größte Furcht unserer Rasse ist, die Große Mutter, das gesamte Königreich Malkuth, könnte in die Dimension der Protoplasmamonstren versetzt werden. Ihr kennt die Worte unseres größten Sehers und Philosophen: Wenn einst die Zeit den Tod bezwingt, der lebende Berg die Große Mutter verschlingt.
Sie kannten die Worte alle und schwiegen. Die Prophezeiung war ein Trauma ihrer Rasse.
Pyko meldete sich als Erster wieder.
Jedenfalls bestehen im Bermuda-Dreieck Dimensionsüberlappungen und Verbindungen zu anderen Dimensionen, dachte er. Es gibt noch andere Phänomene, aber darum geht es im Augenblick nicht. Die Verbindung zur Januswelt Malkuth kann im Bermuda-Dreieck noch nicht vollständig abgerissen sein. Wir müssen alles daransetzen, unsere Welt wieder zu erreichen, denn die Erde hat sich als ein sehr gefährlicher Aufenthaltsort erwiesen. Ohne den Rückhalt von Malkuth können wir uns hier nicht halten.
Alle wollten zurück nach Malkuth. Luguri, der Erzdämon, der Beherrscher der Schwarzen Familie der Dämonen, machte weltweit Jagd auf die Janusköpfe; Trigemus, der Rattenpsycho des Hermes Trismegistos war hinter ihnen her; und Olivaro, der auserwählte Sohn der Großen Mutter, war zum Jäger geworden und spürte auch den entarteten Janusköpfen auf der Erde nach, um sie zu töten. Es sah nicht gut aus für sie. Sie fühlten sich als Vertreter einer hoch entwickelten Magie, umgeben von Primitiven, die sie erdrücken und vernichten wollten.
Ich werde Tag und Nacht forschen, um einen Weg der Rückkehr nach Malkuth zu finden, dachte Pyko. Wie sehne ich mich nach den...
Erscheint lt. Verlag | 13.4.2024 |
---|---|
Reihe/Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7517-6761-4 / 3751767614 |
ISBN-13 | 978-3-7517-6761-3 / 9783751767613 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 5,0 MB
Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopierschutz. Eine Weitergabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persönlichen Nutzung erwerben.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich