G. F. Unger 2259 (eBook)

Jede Fährte endet

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Aufl. 2024
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-6249-6 (ISBN)

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G. F. Unger 2259 - G. F. Unger
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Es ist schon später Nachmittag, als Jesse Adams auf der Poststraße von Süden her in die kleine Rinderstadt Hills City geritten kommt und sein scheckiges Pferd am äußersten Ende des Saloon-Haltebalkens anbindet. Jesse Adams ist kein junger Bursche mehr. Er mag etwa achtundzwanzig Jahre zählen. Er hat graue Augen, die ruhig und fest blicken, ist etwas über mittelgroß, wiegt hundertsiebzig Pfund und hat kräftige Schultern, eine schlanke Taille und leicht gekrümmte Beine. Er ist ein typischer Reiter.
Seine Augen betrachten prüfend die Pferde an der Haltestange vor dem Saloon. Er wendet sich dann um und betrachtet die staubige Hauptstraße der Stadt.
Schräg gegenüber befindet sich das Gerichtsgebäude. Und dort stehen viele Menschen. Offensichtlich haben sie drinnen keinen Platz mehr bekommen und folgen den Ereignissen durch die offene Eingangstür und die offenen Fenster. Was dort drinnen auch verhandelt werden mag, es muss für die Menschen dieser Stadt und des Landes interessant sein. Für Jesse Adam jedoch ist es vollkommen uninteressant, denn er ist hier fremd und hat keinerlei Beziehungen zu der Stadt und ihren Menschen ...


Jede Fährte endet

Es ist schon später Nachmittag, als Jesse Adams auf der Poststraße von Süden her in die kleine Rinderstadt Hills City geritten kommt und sein scheckiges Pferd am äußersten Ende des Saloon-Haltebalkens anbindet. Jesse Adams ist kein junger Bursche mehr. Er mag etwa achtundzwanzig Jahre zählen. Er hat graue Augen, die ruhig und fest blicken, ist etwas über mittelgroß, wiegt hundertsiebzig Pfund und hat kräftige Schultern, eine schlanke Taille und leicht gekrümmte Beine. Er ist ein typischer Reiter.

Seine Augen betrachten prüfend die Pferde an der Haltestange vor dem Saloon. Er wendet sich dann um und betrachtet die staubige Hauptstraße der Stadt.

Schräg gegenüber befindet sich das Gerichtsgebäude. Und dort stehen viele Menschen. Offensichtlich haben sie drinnen keinen Platz mehr bekommen und folgen den Ereignissen durch die offene Eingangstür und die offenen Fenster. Was dort drinnen auch verhandelt werden mag, es muss für die Menschen dieser Stadt und des Landes interessant sein. Für Jesse Adam jedoch ist es vollkommen uninteressant, denn er ist hier fremd und hat keinerlei Beziehungen zu der Stadt und ihren Menschen ...

Jesse Adams blickt sich noch weiter um und erkennt auf den Gehsteigen an den Ecken und an Hauswänden Männer, die sich abseits halten, Zigaretten rauchen und auf die Zeit warten, da sie zum Abendbrot ins Restaurant gehen können.

Es sind keine Städter, es sind Reiter wie Jesse auch, und sie alle sind durchweg dunkel gekleidet. In ihrer Nähe stehen dunkle Pferde, und jene Burschen sind scharfgesichtig und falkenhaft. Sie sind gewiss Beobachter aus verborgenen Camps von irgendwoher in den Hügeln.

Jesse Adams geht nun langsam in den Saloon hinein. Dort ist nur ein einziger Gast – ein großer, klotzig wirkender, rothaariger Mann, der verwegen wirkt und strahlende Augen hat, so, als wäre die ganze Welt nichts anderes als ein wildes und prächtiges Vergnügen.

Er prostet Jesse zu und sagt kehlig: »Die Bar ist geschlossen, denn Wayne Banner und sein Gehilfe gehören zu den Geschworenen. Aber ich habe mir vorher eine ganze Flasche gekauft, Bruder. Ich lade Sie ein, wenn Sie unbedingt etwas Feuerwasser haben müssen, um den Staub aus der Kehle zu spülen.«

Er betrachtet Jesse Adams abschätzend, und er hat einen harten und scharfen Blick.

»Ist das eine Gerichtsverhandlung dort drüben?«, fragt Jesse und nimmt eines der leeren Gläser. Der rothaarige Riese schenkt ihm aus der Flasche ein. Sie trinken sich dann im Spiegel zu und betrachten sich auch im Spiegel, der hinter der Bar hängt.

»Es handelt sich um Ringo Jacks«, sagt der Rotkopf, als sie die Gläser absetzen. »Er soll ein Viehdieb sein. Das ganze Land ist voller Viehdiebe. Und die Rancher wollen nun bei Ringo Jacks anfangen. Aber sie werden nicht damit durchkommen. Die Jury ist fair, Ringo Jacks soll beim Viehdiebstahl einen Cowboy der Bit Ranch erschossen haben. Und nun möchten ihn die Rancher gern an einem Ast hängen sehen. Doch die Jury ist fair. Die Beweise reichen nicht aus. Ich wette darauf, dass Ringo Jacks das Gerichtsgebäude als freier Mann verlassen wird.«

Nach diesen Worten schenkt er nochmals ein, und sie trinken wieder.

»Ich bin Jeremy Walker«, sagt der Rotkopf dann. »Und ich glaube jetzt, dass Sie vollkommen fremd hier sind, Bruder. Sind Sie geschäftlich unterwegs?« Er fragt es mit einem belustigten Funkeln in den Augen und kneift dabei leicht ein Auge zu. »Tex, dies ist eine ziemlich raue Weide«, murmelt er dann. »Ein Fremder, der hier ahnungslos hereinstolpert, sollte das möglichst schnell Bescheid wissen. Nun, ich bin also Jeremy Walker. Ich bin so bekannt wie ein Stier mit zwei Köpfen.«

»Ich nicht«, murmelt Jesse. »Ich bin nur Jesse Adams und würde gern ein paar Pferde zureiten, oder einen ähnlichen Job annehmen. Ich brauche etwas Reisegeld. Gibt es hier irgendwo einen passenden Job?«

Er hält das noch halb volle Glas in der Hand und sieht den Rotkopf fragend an.

Der betrachtet ihn nun ernst von oben bis unten. Dann verzerren sich seine Lippen zu einem schiefen und scharfen Grinsen.

»Versuchen können Sie es ja, Bruder«, murmelt er. Er hebt wieder sein Glas. Auch Jesse trinkt. Durch die Schwingtür kommt ein Mann. Es ist ein Cowboy. Er hält an, betrachtet die beiden Männer am Schanktisch und wendet sich dann ab. Er verlässt den Saloon.

Draußen wird es lebhaft. Eine Stimme ruft laut: »Die Jury hat keinen Schuldspruch fällen können! Die Beweise reichen nicht aus, sagte der Obmann! Ringo Jacks ist ein freier Mann!«

»Das habe ich vorausgesagt, nicht wahr?« Jeremy Walker fragt es mit schief zur Seite geneigtem Kopf.

Jesse Adams nickt ihm zu und sagt: »Wenn ich wieder bei Kasse bin, lade ich Sie zu einem Drink ein.« Damit geht er hinaus. Er bleibt gleich vor dem Eingang auf dem Gehsteig stehen und späht hinüber. Sein Pferd steht rechts von ihm, etwa zwanzig Schritt entfernt am äußersten Ende der langen Haltebalken.

Die Menschen drängen inzwischen aus dem Gerichtsgebäude und füllen die Straße. Sie bilden eine Art Spalier.

Es kommt ein Mann aus dem Gerichtsgebäude – zögernd und offensichtlich furchtsam. Es ist ein kleiner Mann, ein noch junger Mann. Er ist rothaarig, krummbeinig, wie es nur ein Cowboy sein kann, und er trägt abgenutzte Weidekleidung.

Jesse Adams ist sicher, dass er blaue Augen hat und sommersprossig ist. Er kennt diese Typen. Sie sind drahtig, flink und verwegen. Sie sind so leicht nicht umzuwerfen und nehmen es mit so manchem größeren und äußerlich beachtlicher wirkenden Mann auf.

Der Rotkopf aber ist unsicher. Dies ist auch kein Wunder, denn es starren ihn viele Augenpaare an.

Jesse Adams beobachtet eine Gruppe von Männern, die ganz offensichtlich Rancher sind. Diese Männergruppe aber wirkt hart und unversöhnlich. Sie starrt den krummbeinigen Rotkopf unverwandt an, und dies erzeugt wahrscheinlich die Unsicherheit in ihm.

Er ist unbewaffnet.

Längs der Straße sind jetzt einige Dutzend Cowboys verteilt. Sie stehen überall am Rand der Plankengehsteige, und sie alle wirken grimmig, drohend und gefährlich.

Der Hauch von Gefahr und Gewalttätigkeit weht plötzlich auf der staubigen Hauptstraße von Hills City. Jesse Adams spürt das deutlich, wie es gewiss auch all die anderen Menschen spüren.

Dieser Rotkopf ist Ringo Jacks, der verdächtigt wurde, beim Viehdiebstahl einen Cowboy getötet zu haben. Die Rancher und Cowboys haben ihn vor ein Gericht gestellt. Aber die Beweise reichten nicht aus. Die Jury konnte ihn nicht schuldig sprechen.

Und nun ist Ringo Jacks frei.

Doch es ist eine gefährliche Freiheit.

Von der Jury wurde er zwar freigesprochen, doch dies erkennen die Rancher und Cowboys nicht an. Für sie ist Ringo Jacks offensichtlich schuldig. Und nun haben sie die Ränder der Gehsteige besetzt und warten auf Ringo Jacks. Und irgendwie wird es zu einer Gewalttätigkeit kommen, vielleicht sogar zu einer Lynchpartie.

Es ist still, unwahrscheinlich still. Die Bürger der Stadt, die Rancher mit ihren Cowboys und die Fremden, die zusehen, sie alle beobachten den kleinen, krummen, rothaarigen Mann.

Der steht da und zögert. Es sieht so aus, als wollte er sich umwenden und wieder in das Gerichtsgebäude gehen. Doch dort erscheint nun ein Mann im Eingang. Es ist ein kaum mittelgroßer Mann.

Er trägt einen Stern, er ist also der Sheriff dieses Distrikts.

Ringo Jacks blickt ihn an, und er scheint leise etwas zu sagen. Doch der Sheriff schüttelt den Kopf und macht eine unmissverständliche Bewegung, die nichts anderes bedeutet als: Scher dich aus der Stadt! Fort mit dir!

Neben Jesse Adams taucht jetzt Jeremy Walker auf. Und Jeremy Walkers Gesichtsausdruck ist ernst.

»Sie werden ihn lynchen«, murmelt er. »Und das bedeutet dann den offenen Krieg außerhalb des Gesetzes. Sie werden ihn töten und stellen sich damit ebenfalls außerhalb des Gesetzes. Nun gut ...«

Er verstummt frohlockend. Er wirft einen Seitenblick auf Jesse Adams und grinst wieder sein scharfes Lächeln.

Ringo Jacks geht einige Schritte, und er muss bis fast in die Mitte der Fahrbahn ausweichen. Er hält inne, blickt sich um, wendet sich wieder in die alte Richtung und geht hastig weiter.

Er kommt nun auf gleiche Höhe mit dem Saloon. Jesse Adams kann die unruhigen, angstvollen und ständig ihre Blickrichtung ändernden Augen des Burschen erkennen. Er sieht auch den Schweiß auf dem sommersprossigen Gesicht.

Ringo Jacks hält an und starrt Hilfe suchend und hoffnungsvoll auf den Mann neben Jesse, auf Jeremy Walker. Irgendwie findet nun zwischen beiden ein stummes Frage- und Antwortspiel statt. Jesse Adams hat deutlich diesen Eindruck.

Doch dann senkt Ringo Jacks den Kopf und schluckt mühsam.

»Ich habe kein Pferd«, sagt er heiser. »Jeremy, ich brauche ein Pferd! Kannst du mir ein Pferd leihen?«

»Ich brauche es selbst«, erwidert Jeremy Walker. »Ich bin selbst kein willkommener Gast in dieser Stadt. Ich brauche es selbst. Das siehst du doch ein, Ringo?«

Dieser nickt leicht, schluckt wieder und wendet sich auf...

Erscheint lt. Verlag 17.2.2024
Reihe/Serie G.F.Unger
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-6249-3 / 3751762493
ISBN-13 978-3-7517-6249-6 / 9783751762496
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