Brixton Hill (eBook)

Thriller | Falsches Spiel um Cyber-Widerstand und düstere Geheimnisse

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
382 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-77888-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Brixton Hill - Zoë Beck
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Der Tod von Margaret Thatcher, die Occupy-Bewegung und Anonymous halten London in Atem

Emma Vine hat alles erreicht, was man als Eventmanagerin in London erreichen kann: Sie organisiert die schillerndsten Partys, vertritt die größten Stars und hat die wichtigsten Kunden im Portfolio. Doch als ihre Firma in Canary Wharf einer Cyberattacke zum Opfer fällt, erkennt Emma, dass jemand hinter ihr her ist - im Netz und in der Realität ...

Als in ihrer Firma plötzlich die Klimaanlage und der Strom ausfallen und dann sämtliche Ausgänge verriegelt werden und Rauch aus den Belüftungsschächten strömt, muss Emma hilflos zusehen, wie ihre Freundin panisch aus dem 15. Stock des Luxushochhauses springt. Kurz darauf wird Emma verhaftet. Sie soll sich in die Gebäudetechnik gehackt und die Katastrophe ausgelöst haben. Emma sieht sich einer Intrige ausgesetzt. Als dann ein weiteres Attentat verübt wird, bei dem sie selbst das Ziel war, beschließt Emma zurückzuschlagen. Eine erste Spur führt nach Brixton Hill, zu Allen, der sie schon seit Wochen stalkt. Doch sehr schnell kommt Emma einem Verbrechen auf die Spur, bei dem es um sehr viel Geld geht und bei dem ihre eigene Familie eine ganz eigene Rolle spielen könnte.



<p>Zo&euml; Beck, geboren 1975, ist Schriftstellerin, &Uuml;bersetzerin (u. a. Amanda Lee Koe und James Grady), Verlegerin (CulturBooks) und Synchronregisseurin f&uuml;r Film und Fernsehen. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Zo&euml; Beck z&auml;hlt zu den wichtigsten deutschen Krimiautor*innen und wurde mit zahlreichen Preisen, unter anderem mit dem Friedrich-Glauser-Preis, dem Radio-Bremen-Krimipreis und dem Deutschen Krimipreis, ausgezeichnet. <em>Edvard</em> ist ihr erstes Jugendbuch.</p>

2


Dabei war Kimmy Rasmussen überhaupt nicht lebensmüde. Warum auch. Kimmy stand mindestens fünfmal am Tag zufrieden, wenn nicht sogar glücklich am Fenster ihres neuen Büros im fünfzehnten Stock des Limeharbour Tower und schaute hinaus. Vor ihr, oder eigentlich unter ihr, die Großbaustelle für den nächsten Tower, dahinter die vergleichsweise niedrigen alten Wohnblocks und Reihenhäuser, wie man sie in ein paar Jahren hier nicht mehr finden würde. Auch nicht die Menschen, die darin lebten.

Die strenge, klare Architektur der Wolkenkratzer von Canary Wharf hatte Kimmy von Anfang an geliebt. Und auch wenn sie erst einmal mit einem Randplatz vorliebnehmen musste, auch wenn der Ausblick in die falsche Richtung ging – zur Baustelle statt zum One Canada Square –, war Kimmy Rasmussen weit davon entfernt, sich schlecht zu fühlen oder gar ihr Leben beenden zu wollen.

Sie wartete auf Emma Vine, der allein sie es zu verdanken hatte, dass sie den neuesten Auftrag für ihre Agentur an Land ziehen konnte. Vor einem halben Jahr etwa hatten sie sich auf einer Veranstaltung kennengelernt und auf Anhieb gut verstanden. Em war die Frau in der Entertainmentbranche, wenn es darum ging, Liveshows zu inszenieren. Rockstars, Fashion Events, Filmpremieren – Em hatte alle großen Namen in ihrem Portfolio. Kimmy war weniger künstlerisch kreativ, hatte dafür aber ein Händchen für Finanzen und einen Instinkt für gute Geschäfte. Die perfekte Ergänzung.

Das war die berufliche Seite. An Kimmys Privatleben gab es, zumindest seit einigen Monaten, ebenfalls nichts auszusetzen. Nach einer Reihe unbedeutender Liebhaber war sie nun auf einen getroffen, der möglicherweise der vielzitierte Richtige war. Wie sie war er gebürtiger Kanadier, und wie sie liebte er London, gutes Essen und harten Sex.

Außerdem verstand sie sich gut mit ihren Eltern und ihren beiden Brüdern, erfreute sich bester Gesundheit und bewohnte mit zwei netten Spanierinnen ein hübsches Apartment in Bermondsey. Und wie schon erwähnt, würde sie gleich Emma Vine in ihrem Büro empfangen, um auf den gewonnenen Pitch anzustoßen und die Einzelheiten der Projektumsetzung zu besprechen: die Verleihung der British Academy Film Awards. So etwas wie die Oscarverleihung, nur eben in England. Kimmy hatte keine Angst vor dieser Aufgabe, von der manche denken mochten, sie sei zu groß für ihre vergleichsweise kleine Agentur. Sie freute sich darauf. Sie war stolz. Sie hatte Pläne. Sie hoffte darauf, Em für eine dauerhafte Zusammenarbeit gewinnen zu können.

Es gab also wirklich keinen Grund für Kimmy Rasmussen, unglücklich zu sein. Trotzdem würde sie in weniger als einer Stunde aus dem Fenster des fünfzehnten Stocks springen.

Vermutlich fing alles an, als das Internet streikte. Vielleicht war es aber auch zuerst die Klimaanlage, die ausgefallen war. Irgendwann bemerkte Kimmy, dass sich die Temperatur im Raum verändert hatte. Sie hielt schon den Telefonhörer in der Hand und wollte die Nummer des Portiers wählen, als Em hereinkam und sagte:

»Leg wieder auf. Ich weiß, ich bin spät.«

»Ich wollte gar nicht dich anrufen«, sagte Kimmy und legte auf.

»Ich bin mit dem Fahrstuhl stecken geblieben.« Em zog den schwarzen Ledermantel nicht aus. »Kalt habt ihr’s hier drin.« Sie ließ sich auf den Besucherstuhl vor Kimmys Schreibtisch fallen und schlug die langen Beine übereinander.

»Was?!«

»Nicht so kalt wie draußen, aber …«

»Nein, ich meine den Aufzug.«

Em verdrehte die Augen und winkte ab. »Das hat keine halbe Minute gedauert.«

Kimmy schüttelte den Kopf. »So etwas darf nicht passieren. Und dann?«

»Dann ging’s weiter. Einfach so.«

»Hast du den Alarm …«

»Nein. Ich dachte, ich warte erst mal ab.«

So war Em: überlegt, kühl. Kimmy fragte sich, was passieren musste, um sie aus der Reserve zu locken. Und wie es wohl in ihr aussah.

»Ich hätte nach einer Viertelsekunde den Alarmknopf gedrückt.«

Em grinste und lehnte sich zurück. Kimmy nahm wieder den Telefonhörer auf, doch der Portier wusste auch nur zu berichten, dass es kleinere Störungen im ganzen Tower gab, um die man sich unverzüglich kümmern würde.

Als Kimmy wenige Minuten später die Eventkalkulation auf dem Server ihres Rechners aufrufen wollte, reagierte dieser immer noch nicht. Dann wurde der Bildschirm schwarz. Sie konnte auch nicht mehr telefonieren. Kimmy wollte etwas zu Em sagen, doch laute Rufe vom Flur schnitten ihr das Wort ab. Em sprang auf und lief aus dem Büro. Kimmy brauchte einen Moment. Etwas hielt sie fest, eine alte Angst, die sich regte. Sie musste sie abschütteln, um Em zu folgen.

»Jemand steckt im Aufzug fest«, sagte Jono, einer ihrer Praktikanten, als sie zu ihnen kam. Ihr Buchhalter hämmerte sinnlos gegen die geschlossenen Aufzugstüren. Dahinter hörte man eine Frau aufgeregt rufen.

»Bestimmt geht es gleich weiter«, sagte Em. »Vorhin ist er auch schon mal kurz stecken geblieben.«

Die Frau aus dem Off rief weiter um Hilfe.

»Im ganzen Gebäude ist der Strom ausgefallen«, sagte Jono. »Das Internet streikt auch.«

»Wozu hat man Smartphones?«, sagte jemand im Hintergrund.

Kimmy sah, wie Em die Schultern hochzog. »Wir können nur hoffen, dass sich schnell jemand darum kümmert.« Sie schob den Mann, der weiter gegen die Aufzugstür schlug, beiseite und sagte zu der eingeschlossenen Frau, Hilfe sei unterwegs, sie solle sich möglichst ruhig verhalten. Es half nichts, die Frau schrie weiter.

»Panikattacke«, sagte Em, und Kimmy musste denken, dass Em bestimmt noch nie in ihrem Leben eine Panikattacke gehabt hatte. Nicht Em.

Für Kimmy war Angst eine Zeit lang ihr ständiger Begleiter gewesen. Der Grund dafür lag allerdings schon viele Jahre zurück. Damals hatte sie noch in Toronto gelebt. Mit ihrem Freund war sie abends im Bovine Sex Club verabredet gewesen, einem angesagten Indie-Club, der zwischen Chinatown und dem Fashion District lag. Es sollte eine junge kanadische Band namens Metric auftreten, und was Kimmy vorab von der Band gehört hatte, gefiel ihr. Sie freute sich auf den Abend.

Das Konzert fand nicht statt, denn irgendjemand versprühte Reizgas. Massenpanik brach aus. Kimmy stürzte zu Boden, und die Leute trampelten über sie hinweg. Sie spürte, wie ihre Rippen brachen, und das Atmen fiel ihr schwer, nicht nur wegen der Schmerzen, sondern auch, weil das Gas in Nase und Hals brannte. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis jemand sie hochriss und hinaustrug, doch bis dahin hatte sie schon so schlimme Quetschungen und Prellungen besonders im Bereich der Wirbelsäule erlitten, dass sie drei Monate lang im Krankenhaus liegen musste.

Während der ersten Wochen war sie überzeugt gewesen, nie wieder laufen zu können. Sie hatte kein Gefühl in den Beinen. Sie versuchte, sich ein Leben im Rollstuhl vorzustellen. Man gab ihr Antidepressiva und Beruhigungsmittel, damit sie diese Gedanken ertrug. Ihr Freund erwies sich wieder einmal als Feigling – nicht er hatte sie aus dem Club gerettet, wie sie nun wusste, sondern ein Fremder – und verließ sie. Kimmy hielt ihn nicht auf. Tag für Tag lag sie da, starrte an die Decke, weinte, haderte, hasste.

Aber es kam alles in Ordnung. Die Schwellungen gingen zurück, sie spürte ihre Beine wieder, nichts war dauerhaft geschädigt. Nur die Angst hatte sich festgesetzt. Man attestierte ihr eine posttraumatische Belastungsstörung und schickte sie zur Therapie. Sie brauchte lange, bis sie sich wieder in Menschenmengen traute. Bis sie nicht mehr in jedem Gebäude als Erstes überprüfte, wo die Notausgänge waren. Keine Heulkrämpfe mehr bekam, wenn im Fernsehen Bilder von Tränengaseinsätzen gegen Demonstranten zu sehen waren. Heute, gute zehn Jahre später, waren diese Ängste nur noch ein Schatten, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als der Feueralarm im Limeharbour Tower losging.

Rauch quoll in den Flur.

...

Erscheint lt. Verlag 12.8.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte aktuelles Buch • Anonymous • BücherFrau des Jahres 2022 • Bücher Neuererscheinung • Canary Wharf • City of London • Cyberstalking • England • Freundschaft • Gentrifizierung • Hacker • Isle of Dogs • K.-H. Zillmer-Verlegerpreis 2024 • Krimi • Krimi Neuerscheinungen 2024 • London • Maggie Thatcher • Miethaie • Mord • Neuererscheinung • neuer Krimi • neues Buch • Occupy • Politikkrimipreis 2021 • Spannung • ST 5425 • ST5425 • Stalking • Süd- und Südost-England • suhrkamp taschenbuch 5425 • Thriller • Trauma • Vereinigtes Königreich Großbritannien • Westeuropa • WikiLeaks
ISBN-10 3-518-77888-9 / 3518778889
ISBN-13 978-3-518-77888-3 / 9783518778883
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