Die seltsame Stadt und andere merkwürdige Geschichten (eBook)

Spannender Slow burn Thriller

(Autor)

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2023 | 3. Auflage
116 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-3460-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die seltsame Stadt und andere merkwürdige Geschichten -  Burgitta Egg
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Pauline kommt an einem langweiligen Sonntag in ihre Heimatstadt Riedenburg, um mit dem Schiff nach Weltenburg zu fahren. Riedenburg liegt wie ausgestorben da und als sie die Stadt verlassen will, springt das Auto nicht mehr an. Verzweifelt sucht sie nach einer Erklärung und trifft auf Albert. Ein aufreibendes Abenteuer beginnt. - Wochenlanger Schneefall hat das Dorf verschüttet. Eine alte Frau überlebte und kämpft nun allein gegen Schnee und Kälte, bis ihr die Lebensmittel ausgehen. Ein mitreißender Überlebenskampf. - Gusti bewohnt eine große Villa. Sie führt ein ruhiges und zurückgezogenes Leben, bis ein Ehepaar in ihre Nachbarschaft zieht, die Gusti mit vermeintlich harmlosen Bitten zur Weißglut treiben. Sie bittet ihre Schwestern um Hilfe, die Gustis Befürchtungen zuerst als harmlos abtun.

Burgitta Egg ist ein Pseudonym. Die Autorin lebt und grübelt in Bayern. Bevor sie zum Schreiben kam, hatte sie sich in den verschiedensten künstlerischen Tätigkeiten ausprobiert wie Schnitzen, Töpfern, Stricken, Häkeln, Knüpfen, Sticken und Malen. 2016 brachte eine Sinnkrise ihr das Schreiben näher. Sie schrieb für ihre Enkel lustige Drachengeschichten auf, die nun den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt haben. Zudem veröffentlichte sie in 2021 ihre drei apokalyptischen Kurzgeschichten, die in Riedenburg spielen, ihrem Geburtsort.

Burgitta Egg ist ein Pseudonym. Die Autorin lebt und grübelt in Bayern. Bevor sie zum Schreiben kam, hatte sie sich in den verschiedensten künstlerischen Tätigkeiten ausprobiert wie Schnitzen, Töpfern, Stricken, Häkeln, Knüpfen, Sticken und Malen. 2016 brachte eine Sinnkrise ihr das Schreiben näher. Sie schrieb für ihre Enkel lustige Drachengeschichten auf, die nun den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt haben. Zudem veröffentlichte sie in 2021 ihre drei apokalyptischen Kurzgeschichten, die in Riedenburg spielen, ihrem Geburtsort. Zur Zeit arbeitet sie an ihrem ersten Krimi, der eigentlich eine Liebesgeschichte hätte werden sollen, doch dann kam ihr ein Mord dazwischen. Er liegt in den letzten Zügen und wird, wenn alles gut geht, im Oktober 2021 erscheinen.

Die seltsame Stadt

 

Kapitel 1

 

 

A

ls ich am Morgen losfahre, ist alles wie immer. Auf der Landstraße genieße ich die freie Fahrt mit flotter Musik und treffe heiter die falschen Töne.

 

Im Schambacher Weg stelle ich meinen Wagen ab und werfe mir den Rucksack über. Ich gehe über die kleine Brücke und schlendere voller Vorfreude Richtung Stadtmitte. Mein Schiff wird erst in einer guten halben Stunde ablegen, der Spaziergang wird mir guttun, denke ich.

 

Komisch, kein Mensch ist auf der Straße. Ich mache mir aber keine großen Gedanken und vergleiche meine Erinnerungen mit dem, was ich sehe. Die Metzgerei, an der ich vorbeischlendere, hat sich äußerlich nicht verändert. Auch die Häuser auf der linken Seite nicht.

 

Jetzt wundere ich mich doch und die gute Laune vergeht mir. Aber was noch schlimmer ist, es ist totenstill. Nur meine Sandalen klappern.

 

Eigentlich möchte ich mit dem Schiff zum Donaudurchbruch und im Kloster Weltenburg einkehren. Nach der Brotzeit könnte ich mich an den Kiesstrand setzen, den schönen sonnigen Tag genießen und mit dem letzten Schiff zurückfahren. Ich habe vor, einen ruhigen, erholsamen Sonntag zu verbringen. Doch ich ahne, dass daraus nichts werden wird. Ich bekomme Angst, tue es aber damit ab, dass meine Nerven verrücktspielen, dass ich wieder einmal völlig übertrieben reagiere.

 

Ich überwinde mich, lege mir einen Satz zurecht und läute an einer Haustür. Niemand macht auf. An der nächsten Tür dasselbe. Ich gehe schneller.

 

Ich komme in den Geschäftsbereich der Mühlstraße. Manche Läden haben überlebt, andere wurden ersetzt und wieder andere sind spurlos verschwunden.

Den Bäcker zum Beispiel, der leckere weiße Brezen verkaufte, gibt es nicht mehr. Die Brezen waren ohne Lauge und mit feinem Salz bestreut. Sogar als Kind kam mir der Laden winzig klein vor. Ich hätte ihn gerne noch einmal betreten, nur um zu sehen, wie viele Menschen tatsächlich hineinpassen würden.

Und das Handarbeitsgeschäft, auch weg. Ein mikroskopisch kleiner Eckladen von oben bis unten vollgestopft mit Wollknäueln und Zubehör. Dort habe ich meine erste Wolle gekauft und eine Jacke gehäkelt, die ich Jahre später, ich muss verrückt gewesen sein, wieder auftrennte. Der Jacke trauere ich heute noch nach.

Auch die Eisdiele und zwei Lebensmittelgeschäfte sind verschwunden.

 

Gleich bin ich am Marktplatz. Ich sehe schon das alte Rathaus. Das flache Zeltdach erinnert an eine viereckige Baskenmütze. In das Dachtürmchen, auf dem ein kleines Zwiebelchen sitzt, ist eine Uhr eingelassen. Seit den Achtzigern dient das Rathaus als Fremdenverkehrsamt.

Die Tür ist offen, ich trete ein. Ich muss mal. Auf dem Klo riecht’s nach Flieder. Der Duft erinnert mich an Fronleichnam. Als Kind war die Prozession für mich langweilig, aber an den einzelnen Stationen lagen, wie von Zauberhand ausgebreitet, prächtige Blumenteppiche, die, das hätte ich schwören können, am Vortag noch nicht dagelegen hatten. Darüber wunderte ich mich jedes Jahr, und auch darüber, dass der Wind die Blüten nicht weggeweht hatte.

Ich wasche mir die Hände und trockne sie an einem Handtrockner ab. Wasser, Strom, alles funktioniert, nur Menschen sind nirgends zu sehen.

 

Ich gehe aus dem Fremdenverkehrsamt und schaue über den Marktplatz. Links steht das große Hotel und daneben, unterbrochen von einem kleinen Durchschlupf, sind die Häuser in einer Front aufgereiht bis hinunter zur Altmühl.

Drehe ich mich rechts herum, sehe ich in die Schaufenster des Uhrmachers. Auf dieser Seite stehen die Häuser genauso eng beieinander wie gegenüber. Mit ihren schönen Treppengiebeln prägen sie das altertümliche Stadtbild.

Jenseits vom Fremdenverkehrsamt stand einmal das historisch wertvolle Amtsgericht, das – wir lernen! – vor über zweihundert Jahren auf Eichenpfählen erbaut wurde. Im Rahmen der Verwaltungsreform wurde es überflüssig und zuallerletzt an eine Bank verkauft, die es durch einen grässlichen Bau ersetzte.

 

Um den Marktplatz gruppieren sich hölzerne Sitzbänke, manche mit Lehne, manche ohne. Ich kann mir gut vorstellen, dass an einem Tag wie heute Leute Eis essen oder einfach den anderen beim Spazieren zuschauen, ratschen, dass Kinder herumbrüllen und Hunde schnüffeln, kurz, einen ganz normalen Sonntag verleben.

 

So still. Kein Vogel singt, keine plappernden Menschen, keine schreienden Kinder, die mir gestern noch auf die Nerven gingen. Jetzt würde ich mich über Kindergeschrei freuen.

Kein Laut. Nicht mal eine lästige Fliege. Nichts. Ich drehe mich um meine eigene Achse, schaue mich um und bekomme keine Luft mehr. Ich habe eine Panikattacke. Um den Anfall loszuwerden, renne ich die Bruckstraße hinunter. Sportlich war ich noch nie und ich muss nach Luft schnappen.

Ich laufe bis zum Café, bleibe stehen, pumpe Luft in meine Lungen. Dann steige ich die wenigen Stufen zur Terrasse hinauf. Hier sieht es wüst aus. Als ob ein Riese mit den Tischen und Stühlen gewürfelt hätte.

Ich kämpfe mich zum Terrassengeländer vor und schaue zur gegenüberliegenden Häuserreihe, die am Ufer der Altmühl steht.

Ein Fahrradparkplatz trennt die Häuserreihe in zwei Hälften. An diesem Parkplatz, direkt an der Treppe, die zur Schiffsanlegestelle führt, steht eine Bronzefigur, die zum Jachenhauser Berg schaut. Wahrscheinlich ein Heiliger, weil er einen langen Umhang trägt und die Arme wie zum Schutz ausgebreitet hat. In der rechten Hand hält er einen kurzen Stab oder ähnliches. Ich kann nicht erkennen, was es in Wirklichkeit ist. Ich folge seinem Blick und sehe auch zum Jacherer, wie der Berg von den Einheimischen liebevoll genannt wird.

Der Schwammerl, ein hölzerner überdimensionaler Fliegenpilz mit Sitzgelegenheit, leuchtet zu mir herunter. Ab den Dreißigerjahren entstanden am Berg Häuser, die großzügig verteilt dastehen. Die Altstadt mit ihren engen Gässchen und verwinkelten Straßen hat weniger Platz, dafür mehr Charme. Besonders die Uferpromenade hat durch den Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals an Attraktivität gewonnen.

Im Erdgeschoss der linken Häuserreihe befindet sich eine gläserne Eisdiele. Eine Attraktion, weil die Gäste, während sie ihr Eis genießen, den Schiffen beim An- und Ablegen zuschauen können. Auch hier liegen Tische und Stühle auf der Straße. Kaffeegeschirr liegt am Boden, zum Teil noch heil. Servietten flattern eingequetscht in ihren Haltern.

Die Straße runter stehen Autos kreuz und quer, manche mit offenen Türen.

Ich drehe mich um und schaue zur Burg hinauf, die frisch renoviert über dem Tal thront. Gleich unter der Burg sitzt auf einem Felsvorsprung die Ruine Rabenstein. Noch weiter unten, rechts, auf einer kleinen Anhöhe, erhebt sich die spätbarocke Kirche, die mit ihrem spitzigen Finger in den Himmel zeigt. Übrigens die schönste Kirche der Welt. Um die Kirche herum drängeln sich große und kleine Häuser in unterschiedlichen Formen und Farben. Hier posiert eine Stadt mit Augenmaß, die, verschachtelt und zusammengestöpselt, durch die Jahrhunderte so schön geworden ist.

 

Im Café ist niemand. Das Geschirr auf den Tischen ist benutzt und auf den Tellern vertrocknet der Kuchen. Zerbrochene Teller und Tassen liegen auf dem Boden und Kuchenreste kleben im Teppich. Als läge die Stadt im Dornröschenschlaf. Leider kommen in diesem Märchen keine Menschen vor.

Die Theke ist voll mit Torten und Kuchen. Die Kühlung läuft. Ich verlasse das Café, überquere die Straße und steige die Stufen zum Schifffahrtsbüro hinunter. Ein kurzer Blick genügt, um meine Befürchtung zu bestätigen.

Was ist hier los?

 

Wieder auf der Straße, steige ich in ein Auto, der Schlüssel steckt. Ich versuche zu starten. Nichts rührt sich. Ich versuche es bei anderen Autos in der Nähe, aber keines springt an.

Ich gebe auf, kehre wieder um und laufe auf die Stadtbrücke. Was ich von hier aus sehen kann, ist nichts Besonderes, abgesehen von einem Schuh, der am Flussufer vor sich hindümpelt. Ich kehre ins Café zurück, suche ein Telefon. Neben der Kasse steht eins, es ist tot. Im Hotel muss es jede Menge Telefone geben.

Ich laufe los, überquere die Bruckstraße, den Marktplatz, bin am Hotel, drücke die Tür auf, nehme die beiden Stufen auf einmal, stoße die Schwingtür auf und bin an der Rezeption. Ich schaue in die Gaststube, kein Mensch da. Ohne Skrupel greife ich zum Telefon und wähle 110. Niemand meldet sich. Ich will es mit einem anderen Telefon versuchen und gehe rechts um die Theke in die Küche und rutsche um ein Haar auf dem schmierigen Steinboden aus. Überall liegen Scherben herum. Das Telefon hängt an der Wand. Ich nehme den Hörer ab und wähle noch einmal den Notruf. Wieder nur Tuten.

Ich laufe zurück zum Fremdenverkehrsamt, wähle abermals 110, dann 112, nichts. Dann rufe ich meine Brüder an, keiner hebt ab.

 

Mir reicht’s! Ich hau wieder ab! Sofort! Scheiß auf die Schiffsfahrt, die Lust ist mir sowieso schon längst vergangen. Mein Golf steht im Schambacher Weg, nichts wie hin.

Schnaufend laufe ich ohne Unterbrechung bis zum Auto. Mir kommen die schlimmsten Vorstellungen in den Sinn, und, Gott sei Dank, mein Auto steht noch da. Hektisch fingere ich nach dem Autoschlüssel und schließe auf. Als ich den Schlüssel umdrehe, springt mein Auto nicht an. Ich versuche es noch einmal und noch einmal. Nichts. Jetzt werde ich wieder panisch und halte die Luft an. Mein Kopf sinkt auf das Lenkrad und Tränen tropfen auf meine Hose. Ich drücke die Verriegelungstaste.

Also bin ich gefangen...

Erscheint lt. Verlag 27.11.2023
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Altmühltal • Bayern-Krimi Regionalkrimi • Buchtipp Lesetipp • Dystopie Thriller Smallthriller • dystopie utopie • Dystopie Utopie Buchtipp • Egerer Margit Utopie • Egerer unheimlich spannend • Gruselgeschichten Überleben Schnee • Horrorgeschichten Liebe Verbrechen • Kampf ums Überleben • Lesetipp • Lesetipp Buchempfehlung Drama • Lesetipp Horrorgeschichten Roman • Nachbarn • Regionalliteratur • Regionalroman Regionalgeschichten Margit • Riedenburg • Riedenburg Altmühltal Regionalliteratur • Riedenburg Altmühltal Rosenburg • Schnee Eis • Smallthriller Thriller • Smallthriller Thriller Regionalliteratur • Thriller Smallthriller • Überleben • Unheimlich
ISBN-10 3-7584-3460-2 / 3758434602
ISBN-13 978-3-7584-3460-0 / 9783758434600
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