Dorian Hunter 136 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5697-6 (ISBN)
Heinrich hatte unzählige Gerüchte über den Hexer Baphomet gehört. »Man sagt, dass du die Toten lebendig machen kannst. Wenn ich nun sterbe, kannst du mich dann wieder zum Leben erwecken?«
Baphomets Augen schienen zu glühen. »Ich würde es für Euch ohne Gegenleistung tun, edler Herr.«
»Und weshalb?«
»Es wäre für mich ein interessantes Experiment ...«
Der zweite Teil des Baphomet-Zyklus! - In der DORIAN HUNTER-Erstauflage, damals noch unter dem Serientitel 'Dämonenkiller', blieb der Zyklus aufgrund einer Indizierung durch den Jugendschutz unvollendet ... und erreichte darum unter den Lesern Legendenstatus.
Jetzt startet der Zyklus jetzt nach 46 Jahren zum zweiten Mal überhaupt in Romanheft-Form - eine Legende wird Realität!
1. Kapitel
Der Ritter blickte sich genau um, band sein Pferd an einen Baum und stapfte gemächlich auf die Hütte zu. Ohne anzuklopfen, riss er die Tür auf, bückte sich und trat ein.
Stickige, heiße Luft schlug ihm entgegen. Die Hütte schien nur aus einem Raum zu bestehen, der fensterlos und niedrig war. Ein paar Schränke und Truhen standen an den rauchgeschwärzten Wänden. Vor dem offenen Kamin, in dem ein Feuer brannte, saß ein Mann, der einen schwarzen Umhang trug und Heinrich den Rücken zukehrte.
Der Ritter schloss die Tür und schritt auf den Hockenden zu, der sich nicht bewegte. Zwei Schritte vor dem Mann im schwarzen Umhang blieb Heinrich stehen.
Heinrich war schon ein paarmal hier gewesen, doch nie hatte er sich dabei behaglich gefühlt. Der Mann, der sich Baphomet nannte, war ihm unheimlich. Unter den einfachen Leuten galt er als ein Hexer.
Die meisten Bewohner der umliegenden Dörfer wagten sich nicht in die Nähe der Hütte. Obzwar Heinrich ein gottesgläubiger Mensch war, hatte er bereits dreimal die Dienste des Hexers in Anspruch genommen – und immer mit Erfolg.
Endlich kam Leben in die hockende Gestalt. Schwerfällig stand der hagere, hochgewachsene Mann auf. Sein Kopf war kahl. Langsam wandte er den Kopf um und starrte Heinrich durchdringend an.
Baphomet sah wie der wandelnde Tod aus. Seine Haut war gelb und runzelig und wirkte wie mumifiziert. Um den hageren Hals trug er eine Bronzekette, an der seltsame Amulette hingen. An den knochigen Fingern steckten ein halbes Dutzend Ringe, die mit unheimlichen Mustern bedeckt waren.
»Habt Ihr Euch alles nochmals genau überlegt, edler Herr?«, fragte Baphomet. Seine Stimme klang wie das Rascheln verwelkter Blätter.
Heinrich nickte. »Ja, ich habe mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich will deine Hilfe in Anspruch nehmen, Baphomet.«
Das Gesicht des Hexers blieb unbeweglich. Seine farblosen Augen blickten den Ritter gleichgültig an. »Dann soll es geschehen, edler Herr«, sagte er. »Habt Ihr alles mitgebracht, worum ich Euch gebeten habe?«
Heinrich löste ein kleines Ledersäckchen von seinem Gürtel und warf es dem Zauberer zu, der es geschickt auffing.
»Du findest darin eine Haarlocke meiner Frau«, sagte Heinrich, »Nagelstücke von ihrem linken Zeigefinger und ein kleines Leinentuch, das mit ihrem Blut getränkt ist. Ja, und ein paar ihrer Achsel- und Schamhaare.«
»Damit werde ich den Keuschheitsgürtel vollenden, den Ihr so unbedingt haben wollt.«
»Und du versprichst mir, dass nur ich diesen Gürtel abnehmen kann?«
»Das verspreche ich Euch, edler Herr. Es ist ein ganz besonderer Gürtel, der auf magische Weise mit Euch verbunden sein wird. Nur Ihr könnt ihn wieder entfernen. Sollte es irgendein anderer Mann versuchen, so würde Eure Gattin entsetzliche Schmerzen erleiden.«
»Und was geschieht, wenn ich sterbe? Wenn ich nicht zurückkomme?«
»Sobald Ihr tot seid, Herr, ist die magische Verbindung zwischen Euch und dem Gürtel unterbrochen. Eure Frau kann ihn dann selbst abnehmen.«
»Sie weiß also ganz genau, dass ich tot bin, sobald sich der Gürtel abnehmen lässt?«
»Ihr sagt es, edler Herr.«
Heinrich schloss einen Augenblick die Augen. Er liebte seine Frau über alles und war rasend eifersüchtig. Der Gedanke, dass sie während seiner Abwesenheit – die möglicherweise länger als zwei Jahre betragen konnte – mit einem anderen Mann intim sein könnte, machte ihn rasend. Runhild war eine leidenschaftliche Frau, die die begehrlichen Blicke vieler Männer auf sich zog. Runhild hatte ihm ewige Treue geschworen, doch er traute ihr nicht; er traute keiner Frau.
»Nie werde ich nochmals heiraten, wenn du stirbst«, hatte sie erst gestern gesagt. »Solltest du sterben, dann werde auch ich sterben.«
Worte, nichts als Worte. Wie würde sie sich tatsächlich verhalten, sollte er sterben? Diese Frage bewegte ihn schon lange Zeit.
Der Ritter räusperte sich und stierte Baphomet an, der ihn noch immer gleichgültig musterte.
»Ihr habt etwas auf dem Herzen, edler Herr«, stellte der Hexer fest. »Vielleicht kann ich Euch helfen.«
Heinrich zögerte. Er hatte unzählige Gerüchte über den Hexer gehört, der angeblich über unglaubliche Fähigkeiten verfügen sollte, für die der christliche Glaube keine Erklärung finden konnte. »Man sagt, dass du die Toten lebendig machen kannst. Stimmt das, Baphomet?«
»Es ist mir gelungen, Tote für kurze Zeit zu erwecken, edler Herr.«
»Wenn ich nun sterbe, Baphomet, kannst du mich dann wieder zum Leben erwecken?«
»Das ist eine schwere Frage, edler Herr. Einen Toten zu erwecken, ist äußerst schwierig. Es ist aber möglich, wenn ich ihn darauf vorbereiten kann, solange er noch lebt.«
»Du könntest mich also zum Leben erwecken, wenn du jetzt deine Vorbereitungen treffen könntest?«
Der Zauberer zögerte mit seiner Antwort. »Ja, es könnte gelingen.«
»Was verlangst du für deine Dienste?«, fragte Heinrich erregt.
Baphomets Augen schienen nun zu glühen. »Ich würde es für Euch ohne Gegenleistung tun, edler Herr.«
»Und weshalb?«
»Ihr würdet mich nicht verstehen, werter Herr. Nur so viel: Es wäre für mich ein interessantes Experiment. Aber ich müsste wissen, weshalb Ihr nach Euerm Tod auferstehen wollt.«
»Das hat dich nicht zu interessieren.«
»Dann tut es mir leid, edler Herr. Dann kann ich Euch nicht helfen.«
Heinrich wandte sich ab und blickte in das hochlodernde Feuer. Zum Teufel!, dachte er. Warum soll ich es ihm nicht erzählen? Der Hexer würde sich hüten, etwas zu erzählen.
»Ich will sehen, ob meine Frau ihr Versprechen hält.«
»Und was hat sie Euch versprochen, Herr?«
»Nach meinem Tod will sie sich nicht wieder verheiraten und auch mit keinem anderen Mann einlassen.«
»Das ist ein Versprechen, das sehr schwer einzuhalten ist, edler Herr.«
»Sie hat es versprochen. Und nur das zählt.«
»Und was wollt Ihr tun, wenn sie ihr Versprechen bricht?«
»Das weiß ich nicht.«
Baphomet legte das Säckchen auf eine Truhe. Er ließ sich nichts von seiner Erregung anmerken.
»Nun – was ist?«, fragte der Ritter ungeduldig. »Triffst du nun die Vorbereitungen, dass ich nach meinem Tod wiedererweckt werde?«
»Wenn Ihr es wünscht, edler Herr, dann tue ich es. Aber ich warne Euch! Es ist äußerst gefährlich. Unheimliche Kräfte werden wirksam werden, Kräfte, die wir alle nicht richtig erkennen können. Vielleicht findet Ihr dann nach Euerm Tod keinen Frieden mehr und müsst als Geist bis ans Ende der Welt herumirren. Überlegt es Euch gut, edler Herr!«
»Ich habe es mir bereits überlegt«, sagte Heinrich mit fester Stimme. »Triff deine Vorbereitungen!«
»Ich habe Euch gewarnt, Herr.«
»Beginne endlich, Baphomet.«
»Setzt Euch, Herr!« Der Ritter ließ sich auf einen kunstvoll geschnitzten Stuhl nieder. Schweigend sah er zu, wie der Zauberer seine Vorbereitungen traf.
Baphomet holte aus einem Schrank ein bauchiges Gefäß und warf einige Kräuter und Wurzeln hinein, die er zerstampfte. Dann fügte er heißes Wasser hinzu, und eine giftgrüne Rauchwolke stieg aus dem Gefäß auf. Mit einem scharfen Messer schnitt er Heinrich eine Haarlocke ab, die er in eine kleine Tonschale warf. Dazu legte er ein paar Fingernagelstücke, die er mit einem Messer abgeschnitten hatte. Die Schale hielt er unter Heinrichs rechten Daumen, in den er mit einer spitzen Nadel stach. Ein paar Blutstropfen quollen heraus und fielen in die Schale.
»Trinkt das, edler Herr!«, sagte er mit seiner raschelnden Stimme.
Heinrich griff nach dem bauchigen Gefäß, aus dem noch immer giftgrüne, stinkende Rauchwolken aufstiegen. Die ölig schimmernde Flüssigkeit roch eklig, doch tapfer trank er die scharfe Flüssigkeit auf einen Zug hinunter.
»Ihr werdet jetzt nach wenigen Augenblicken einen stechenden Schmerz in Euerm Leib verspüren, Herr. Der Schweiß wird Euch ausbrechen, und Ihr werdet für einige Zeit nicht bei Bewusstsein sein.«
Heinrich nickte grimmig.
Es kam so, wie es der Zauberer vorausgesagt hatte. Er stöhnte gequält auf, als ein rasender Schmerz seinen Leib zu zerreißen schien. Große Schweißtropfen rannen über seine Stirn.
Heinrich schloss die Augen und wollte aufstehen. Da brach er bewusstlos zusammen.
Baphomet blieb vor dem Bewusstlosen stehen und grinste breit. Aus einem Tiegel holte er eine penetrant stinkende Salbe, die er über Heinrichs Stirn, die Lider und Schläfen strich.
Der Hexer kniete nieder, schloss die Augen, und seine Lippen formten Worte, die einer längst vergangenen Epoche angehörten. Mit den Händen vollführte er kreisende Bewegungen und zeichnete unsichtbare Muster in die Luft....
Erscheint lt. Verlag | 11.11.2023 |
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Reihe/Serie | Dorian Hunter - Horror-Serie |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7517-5697-3 / 3751756973 |
ISBN-13 | 978-3-7517-5697-6 / 9783751756976 |
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